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- Fingerübungen - die Schriftstellerinnen Brigitte Reimann und Christine Brückner in ihren Briefen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die beiden Autorinnen der deutschen Nachkriegsliteratur Brigitte Reimann und Christine Brückner waren, die eine im Osten, die andere im Westen, leidenschaftliche Brief-Schreiberinnen. Über viele Jahre hinweg standen sie kontinuierlich mit verschiedenen Personen sowohl privat als auch geschäftlich in schriftlichem Kontakt. Von beiden Schriftstellerinnen sind zahlreiche Briefe veröffentlicht worden, welche der Autorin als Grundlage für dieses Buch dienten. Briefe von Schriftstellern weisen immer schon mehr als nur Binnenperspektiven aus. Welche Dimensionen dabei zu erschließen sind, macht dieses Buch namhaft. Es führt uns in mehrere Perspektiven ein. Neben dem Privaten des persönlichen Briefwechsels und das durch ihn erhellte Öffentliche werden Ost-West-Horizonte und nicht zuletzt die weibliche Geschlechterperspektive betrachtet. Beide Brief-Autorinnen entwerfen in ihren Briefen direkt und indirekt ein Bild ihrer Person, ihres Lebens und Schreibens. Beiden dient darüber hinaus der Brief als strategisches Mittel, um sich ihrer schriftstellerischen Existenz sozial und ökonomisch zu versichern. Die Differenz zwischen beiden liegt einerseits im Privaten und andererseits in der Differenz der Systeme und damit in der gesellschaftlichen Funktion von Literatur, die unterschiedliche Strategien der schreibenden Selbstbehauptung erfordern. Dieses Buch eröffnet durch das Medium des Briefes zweier deutscher Schriftstellerinnen neue Einblicke in den Alltag des Literaturbetriebs sowie in den existentiell ganz unterschiedlichen Alltag in den ehemals beiden deutschen Staaten und ist ausgesprochen lesbar geschrieben.
Textprobe: Kapitel 2.2, Das Verhältnis von Produzent und Rezipient: Im Gegensatz zum Werk eines Autors, in dem er sich bewusst schreibend an eine anonyme Öffentlichkeit wendet, richtet der Absender eines Briefes sein Augenmerk auf eine ganz bestimmte, ihm (in irgendeinem Grade) bekannte Person. Weder Habitus noch Mimik, Gestik und Sprache des Absenders sind dem Gegenüber gegeben, selbst Ort und Zeit sind verschieden. Ein Brief ist ein Gespräch unter Abwesenden, aber doch mehr oder weniger Vertrauten. Der Absender ist darauf angewiesen, mit Hilfe der ihm zur Verfügung stehenden schriftlichen oder allgemein graphischen Möglichkeiten sowohl Sachverhalte als auch Emotionen zu vermitteln. Ebenso ist dem Absender die unmittelbare Reaktion des Empfängers zwar unbekannt, doch will er sie natürlich beeinflussen. Somit hat diese Form der Kommunikation zwei entgegengesetzte Aspekte: den der Produktion sowie den der Rezeption bzw. Reflexion. Für den Verfasser eines Briefes ergibt sich die Gelegenheit zur performativen Darstellung. Er konstituiert auf diese Weise seine Identität. Nicht mehr die Akkumulation von Charaktereigenschaften, sondern der performative Akt der Darstellung konstituieren das, was als Identität einer Person wahrgenommen werden kann. Die Inszenierung der Identität ist gebunden an Medialität. Das bedeutet, dass der Briefverfasser mit jedem neuen Brief eine neue Identität gründet, die er performativ entwirft. Auf diese Weise werden Briefe zu einem dokumentarischen Begleittext eines Menschen, in dem der Rezipient die immer wieder neue performative Inszenierung der Identität verfolgen und ggf. auswerten kann. Empfänger von Briefen sind sowohl passiv als auch aktiv. Passiv in dem Maße, als sie keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Erhaltes und erst recht nicht auf den Inhalt eines Briefes haben. Aktiv sind sie im Prozess der Reflexion dessen, was sie mitgeteilt bekommen. Nicht jeder Leser eines Briefes, besonders eines weniger formellen Privatbriefes, hat die gleichen Empfindungen und Assoziationen wie ein anderer, was einerseits in seinem Verhältnis zum Produzenten, aber andererseits auch in seiner persönlichen momentanen Situation begründet ist. Der Leser verfügt ebenso über Individualität wie der Absender eines Briefes.
Dietlinde Schmalfuß-Plicht, M.A., wurde 1963 in Thüringen geboren. Zunächst studierte sie nach dem Abitur Bibliothekswesen und war als Dipl.-Bibliothekarin in verschiedenen Bibliotheken tätig. 2001 entschloss sich die Autorin neben ihrer Berufstätigkeit ein Fernstudium der Literaturwissenschaft und Philosophie zu absolvieren, welches sie 2009 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich abschloss. Im gleichen Jahr eröffnete sie eine Philosophische Praxis, die sie neben ihrer Beschäftigung in einer Universitätsbibliothek betreibt. Das Leben von Frauen in Verbindung mit den ihnen gegebenen Ausdrucksmitteln war und ist für die Autorin sowohl in literaturwissenschaftlicher als auch in philosophischer Hinsicht ein Thema, mit dem sie sich immer wieder auseinandersetzt.
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