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- Emil und die Detektive - Kästners meistverfilmtes Kinderbuch: Eine Analyse der deutschen Literaturadaptionen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
EMIL UND DIE DETEKTIVE (1929) ist nicht nur Kästners erster Roman für Kinder, sondern auch sein erst- und meistverfilmter Roman Neben etlichen internationalen Übersetzungen und Verfilmungen wurde der Roman in Deutschland drei Mal verfilmt und zwar in den Jahren 1931, 1954 und 2001. Folglich umfassen die Werke eine zeitliche Spanne von über siebzig Jahren. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit Kästners literarischer Vorlage sowie den deutschen Verfilmungen. Die umfassende Zeitspanne zwischen den Werken macht eine Untersuchung des in Berlin spielenden Romans sowie der dort gedrehten Filme aus unterschiedlichen Gründen interessant. Zum einen haben sich in dieser Zeit Gesellschaft und Städte stark gewandelt und modernisiert, zum anderen ist der Film kontinuierlich weiter entwickelt worden. Wie wurden also die Darstellung der Handlung, die Figuren sowie das Milieu der Stadt verändert, um aktuelle Funktionen zu erfüllen? Inwiefern gehen Figuren- und Städtewandel einher? Werden aktuelle politische Ereignisse der jeweiligen Entstehungszeit einbezogen? Zudem ist zu beachten, dass der Film ein im Vergleich zur Literatur grundverschiedenes, eigenständiges Medium mit einem spezifischen Zeichensystem ist.
Textprobe: Kapitel 3.3.1.2, DER MANN MIT DEM STEIFEN HUT: Im Film wird die Figur analog zum Roman in Bezug auf Leben und sozialen Hintergrund nicht näher beschrieben. Ein wesentlicher Unterschied zum Roman ist allerdings die Selbstcharakterisierung durch die kontinuierlich zu beobachtende Mimik, Gestik und Art der Bewegung. Auf diese Art und Weise erhält der Leser des Romans keine Informationen, der Filmsehende hingegen rezipiert diese Aspekte natürlicherweise kontinuierlich mit. Die Figur hat durchgehend einen als grimmig zu bezeichnenden Blick und ein >>falsches Grinsen<< im Gesicht. Sein >>Schlürfen<< im Restaurant stellt ihn ebenso als unsympathisch heraus. Auch sein Hitler-Bärtchen trägt bei der heutigen Rezeption dazu bei, was damals allerdings nicht negativ auffallend war. Insgesamt gesehen ist Grundeis sehr wortkarg, wirkt jedoch in den wenigen Gesprächen sehr unfreundlich. Unter anderem fährt er die Bedienung im Restaurant scharf an, als diese nicht sofort auf sein Rufen reagiert. ‚Donnerwetter, wie lange soll ich noch auf sie warten. Ich hab doch meine Zeit nicht gestohlen. Hier ham‘ Sie ihren Zaster, alter Knallkopf.‘ Die Möglichkeiten der 'Erzählercharakterisierung' werden in der Verfilmung bezüglich der Figur eingesetzt. Grundeis tritt erstmalig auf, als Emil das Zugabteil betritt. Man sieht zunächst aufgrund einer vors Gesicht gehaltenen Zeitung nichts von ihm. Sein Gesicht zeigt sich erst langsam in einer Großaufnahme hinter der Zeitung, als er hört, dass Emil in Berlin etwas 'Geschäftliches' erledigen will. Durch diese Großaufnahme und seinen plötzlich interessierten, stechenden Blick in Richtung Emil erkennt der Zuschauer sein offensichtliches Interesse und dass er etwas im Schilde führen könnte. Seine Mimik lässt eine gewisse Hinterlist vermuten. Hier wird die Kameraeinstellungsgröße bewusst genutzt. Zur 'Erzählercharakterisierung' gehört weiterhin der Musikeinsatz. Im Zugabteil wird durch eine als dramatisch zu bezeichnende Kammermusik Emils Angst vor Grundeis verdeutlicht. Grundeis wird also durch Emils Reaktion auf ihn fremdcharakterisiert und erneut, jetzt auch mittels der Musik, als durchaus unheimlicher Mann dargestellt. Auch der Einsatz der Beleuchtung fällt in dieser Sequenz auf. Grundeis sitzt auf dem einzig von Schatten umgebenen dunklen Platz. Durch diesen sowie seinen schwarzen Hut und Anzug grenzt er sich deutlich vom ausgeleuchteten Emil ab und wirkt furchteinflößend. Ebenfalls wird durch ein filmisches Mittel im späteren Verlauf des Films, dem 'Flashback', Grundeis‘ wahrer Charakter identifiziert. So wird damit die Vermutung, dass Grundeis Emil absichtlich mit Bonbons 'vergiftet' hat, eindeutig bestätigt, da Emil diese später in Grundeis‘ Jackentasche entdeckt und damit die Erinnerung an die Zugsequenz erneut ins Gedächtnis des Zuschauers gerufen wird. Dem Rückblick kommt eine 'aufklärerische Funktion' zu, da durch diesen Grundeis als Täter eindeutig identifiziert werden kann. Auf den Einsatz weiterer filmsprachlicher Mittel wie Einstellungsgröße, Perspektive oder Blickwinkel, zur näheren Beschreibung der Figur Grundeis, wird weitgehend verzichtet. Dies könnte darin begründet sein, dass Lamprecht die negative Darstellung im Zug bereits ausreicht. Als Grundeis in Berlin ankommt, sieht man diesen somit lediglich kurz ruhig die Straßen entlanggehen, während die Kamera neutral beobachtet. 3.3.1.3, PONY HÜTCHEN: Pony Hütchen ist in Film und Romanvorlage die einzige weibliche Kinderfigur. Viele Aussagen der Figur wurden dem Roman entnommen. Gespielt im Film lassen sie die Figur sehr keck, 'altklug und kokett' erscheinen. In ihren Aussagen wird weiterhin deutlich, dass sie sich als besonders erwachsen geben möchte. Dies zeigt sich besonders in Interaktion mit der hier als 'verschüchtertes, weltfremdes Muttchen' dargestellten Großmutter, aber auch in ihrer Beurteilung anderer Figuren. So sagt sie über Emil, als dieser nicht am vereinbarten Treffpunkt erscheint: ‚Wer weiß was der Emil wieder angestellt hat. Ich sag‘s ja immer, die Jungs heutzutage.‘ Die Figur wird als hilfsbereit dargestellt, fällt aber vor allem durch ihre >>frechen Sprüche<<, auch gegenüber Erwachsenen, auf, so dass selbst die Großmutter sie als 'dumme Göre' bezeichnet und nicht wie im Buch als 'alberne Liese'. Die Komik des Films wurde damit zwar erhöht, allerdings zu Lasten der Sympathie der Figur. Gleichzeitig werden an ihr auch typische Geschlechterrollen deutlich. Während die männlichen Detektive aufregende Abenteuer erleben und nachts am Lagerfeuer eine Zigarette rauchen, bringt sie stolz belegte Brote in einem Strohkorb und muss beziehungsweise möchte bereits früh wieder nach Hause, damit sich die Großmutter nicht noch mehr Sorgen macht. Die übrigen Jungen dagegen sagen zu Hause bloß kurz Bescheid und bleiben die halbe Nacht unterwegs. Weiterhin wird mit Hilfe der Figur eine Dreiecksgeschichte zur Rahmenhandlung hinzugefügt. Emil und Gustav kämpfen beide um die Gunst des Mädchens und machen ihr Geschenke. Zur Verdeutlichung der Emotionalität wird an dieser Stelle auch eine Großaufnahme eingesetzt. Als Gustav und Pony Hütchen sich kennen lernen wird detailliert gezeigt, wie sich ihre Blicke treffen und sie sich gegenseitig schüchtern anblicken. Diese emotionale Einbindung des Zuschauers ist auch für das Verstehen der Eifersucht Emils wichtig.
Bianca Kramer wurde 1986 in Hannover geboren. Ihr Studium der Germanistik und Mathematik für das Lehramt an Haupt- und Realschulen an der Universität Kassel, schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem 1. Staatsexamen erfolgreich ab.
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