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- Die Verlage S. Fischer und Rowohlt im Vergleich: Belletristik und Verlegerpersönlichkeiten im Wandel der Zeit
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Verlage S. Fischer und Rowohlt haben eine lange Tradition. Samuel Fischer und der jüngere Ernst Rowohlt vertraten je ihr eigenes Programm und pflegten auf unterschiedliche Weise das Verhältnis zu ihren Autoren. Die Interessen Samuel Fischers betrafen die moderne Literatur. Rowohlts Leidenschaft galt der Lyrik und darüber hinaus zeigte er sich den unterschiedlichsten Ideologien gegenüber aufgeschlossen. Besonders in Zeiten der Inflation und der Verfolgung durch die Nationalsozialisten wurden die Verlage schwierigen Bedingungen ausgesetzt. Die von Krisen geprägten Verlage konnten sich aber durch den Ehrgeiz großer Verlegerpersönlichkeiten als nachhaltig erweisen und zählen heute zu den bedeutendsten und mächtigsten Vertretern des deutschen Verlagswesens. Dieses Buch geht nicht nur auf die Geschichte und Verlagspolitik, sondern ebenso auf die Personen ein, die bislang hinter den Verlagen S. Fischer und Rowohlt gestanden haben. Es werden besonders das Belletristikangebot und die Bandbreite der Autoren im Laufe ihrer Entwicklung untersucht.
Textprobe: Kapitel 2, Zu den Verlegerpersönlichkeiten der Verlage: 2.1, Verleger des S. Fischer Verlags: 2.1.1, Samuel Fischer: ‘Cotta des Naturalismus’: Samuel Fischer stammte aus Liptó Szent Miklós in Oberungarn. Bereits 1874, im Alter von etwa 14 Jahren, hatte er sich nach Wien begeben, wo er zunächst eine Lehre bei einem Buchhändler absolvierte. Seine ersten praktischen Erfahrungen machte er in der ‘Central-Buchhandlung’ und deren Nachfolgeunternehmen in Zusammenarbeit mit Hugo Steinitz. Nach der Gründung seines Verlags sollte er bald als ‘Cotta des Naturalismus’ gelten. Sein Engagement für das von ihm geliebte Theater spiegelte sich im Verlagsprogramm deutlich wider. Zur damaligen Zeit galt das Drama auf deutschem Boden im Gegensatz zum Roman als unverkäuflich und Fischers anfängliche Verlegungen waren somit ein Wagnis. Doch er achtete nicht so sehr darauf, was die Leser derzeit interessierte, und war mehr bestrebt etwa die radikalen Werke der Naturalisten, die zu jener Zeit so stark von der Zensur bedroht waren, gesellschaftsfähig zu machen. So ging er etwa mit der Veröffentlichung der Schriften Emile Zolas große Risiken ein. Der moderne Verleger trat dem Literaturverein ‘Durch’ bei und war schließlich an der Gründung des Theatervereins ‘Freie Bühne’ beteiligt, in der er als Schatzmeister agierte. Hieraus entstand die Verlagszeitschrift ‘Freie Bühne für modernes Leben’, die sich anfangs noch dem Naturalismus als Hauptthema widmete. Vor allem mit der Aufführung von Gerhart Hauptmanns ‘Vor Sonnenaufgang’ durch die ‘Freie Bühne’ war eine Neuentdeckung Fischers verbunden. Sofort zeigte er sich als Bewunderer des Skandalwerks und bemühte sich insgesamt um Hauptmann als Autor. Sein verlegerisches Interesse galt stark russischer Literatur, wie den Schriften Dostojewskis sowie auf dem Werk nordischer Literaten, wie dem seines Debüt-Autors Ibsen. Nach 1900 spielten für den Verleger mit Thomas Mann, Hermann Hesse und Jakob Wassermann besonders drei deutsche Neuentdeckungen eine große Rolle. Trotz seiner guten Meinung von Thomas Mann war er skeptisch, was die Vermarktung der ‘Buddenbrooks’ in ihrer Originalausführung anging und bestand zunächst auf einer Kürzung. Da Mann sich darauf nicht einlassen wollte, ließ sich Fischer schließlich doch umstimmen. (S. 35-50) Samuel Fischer hatte ein anderes Wesen als etwa Ernst Rowohlt, der Volontär in seinem Verlag gewesen war. So stand er nicht freiwillig im Mittelpunkt und führte ein zurückgezogenes Leben. Barbara Hoffmeister bemerkt, dass der Verleger auf jeglichen Gruppenfotos stets am Rande zu finden und somit fast zu übersehen war. Zudem erwähnt die Biografin den Mangel an persönlichen Berichten und Anekdoten über Samuel Fischer. Somit ist es vielleicht durch seine öffentliche Zurückhaltung begründet, dass insgesamt wenige Informationen neben den bloßen Lebensdaten vorliegen. Ein Wendepunkt im Leben Samuel Fischers war der Tod seines neunzehnjährigen Sohnes Gerhart, welcher an einer schweren Krankheit gelitten hatte. Für den Vater war es ein schwerer Einschnitt, infolge dessen auch sein Gehör nachließ. Um sich einigermaßen von seiner Trauer abzulenken, konzentrierte er sich auf seine Arbeit als Verleger. Doch auch diese war längst verbunden mit der Sorge um die Zukunft von S. Fischer. Da Gerhart verstorben war, musste ein anderer seine Nachfolge antreten. (S. 316-322) Seine Tochter kam für ihn nicht in Frage, denn sie war zum Zeitpunkt seiner ersten Erwägungen nicht einmal zehn Jahre alt und darüber hinaus weiblich, was nicht den patriarchalisch geprägten Vorstellungen Fischers entsprochen haben dürfte. Ernst Rowohlt dagegen hatte gute Chancen auf den Posten gehabt, doch ging dieser lieber seine eigenen Wege. Ein Grund dafür war, dass Rowohlt zu Lebzeiten Samuel Fischers keine Möglichkeit sah mehr Mitbestimmung zu erlangen, da Fischers eine sehr dominante Einstellung hatte. Diese Not brachte ihn später soweit, seinem zukünftigen Schwiegersohn Gottfried Bermann, der eigentlich Arzt war, schließlich das ungewöhnliche Angebot zu machen vom Arzt zum Verleger zu wechseln. Er beschrieb Samuel Fischer in seinen Lebenserinnerungen als einen humorvollen, strengen und melancholischen Mann, der sich den Erwartungen seiner Autoren in aller Treue und Großzügigkeit verpflichtete. So kam er diesen stets entgegen, ganz unabhängig davon, ob er die im Vertrag festgelegten Bedingungen überschritt. Besonders aber zeichnete er sich dadurch aus, dass er ein unschlagbares Gespür für gute Literatur hatte und seine Meinung zu den Werken mit Offenheit auf den Punkt bringen konnte. (S. 39-40) Ein ganz wesentliches Merkmal seiner verlegerischen Mühe jedoch war es, das Gesamtwerk seiner Autoren zu pflegen. Zu Anfang hatte er die ‘Modernen Dramen’ von Ibsen herausgegeben, die dessen Gesamtwerk darstellten. Auf diese später oft wiederholte Art wurden die großen Autoren immer wieder in die Erinnerung der Leser zurückgeholt.
Tobias Schmitt, Dipl.-Bibl. wurde 1982 in Mainz geboren. Im Jahr 2012 schloss er sein Studium des Bibliothekswesens an der Fachhochschule Köln erfolgreich ab. Seine Begeisterung für Literatur und Geschichte veranlasste ihn sich mit der Thematik des vorliegenden Buches auseinanderzusetzen. Darüber hinaus widmet er sich seit längerem aktiv dem Verfassen von Lyrik sowie anderen Formen der Literatur.