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Kunst & Kultur

Nicole Hennemann

Die Sinus-Milieus in der Zeitschrift Cosmopolitan

Eine qualitative Inhaltsanalyse von Lebensstilen zur Zielgruppenbestimmung

ISBN: 978-3-8366-8033-2

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 242
Abb.: 30
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Stark. Smart. Sexy. So beschreibt die Lifestyle-Zeitschrift Cosmopolitan ihr redaktionelles Konzept. Doch welche Zielgruppen verbergen sich hinter dieser ausdrucksstarken Alliteration? Bei der Recherche erhielt die Autorin von der Redaktion Cosmopolitan zunächst rein soziodemografische Auswertungen: die Zeitschrift spricht eine höher gebildete, einkommensstarke und beruflich hoch qualifizierte, vor allem weibliche Zielgruppe im Alter von 20 bis 40 Jahren an. Doch wie sollen Redakteure ihre Artikel schreiben, wenn sie sich lediglich an soziodemografischen Faktoren orientieren? Reichen diese Daten für eine gezielte Ansprache tatsächlich aus? Können die Redakteure damit die Interessen ihrer Leser ermitteln? Mit folgender Frage werden sie zwangsläufig konfrontiert: Vertreten alle 20- bis 40-jährigen Frauen, deren Bildung, Berufsprestige und Einkommen überdurchschnittlich hoch sind, die gleichen Einstellungen, Werte und letztendlich Leseinteressen? Eine Universitätsprofessorin rezipiert wohl kaum dieselben Zeitschriften wie eine Mode-Designerin oder eine Boulevard-Redakteurin. Die Forschungsfrage dieses Buches lautet: Welche Zielgruppen spricht die Lifestyle-Zeitschrift Cosmopolitan an?

Leseprobe

Textprobe Kapitel 4.1, Die Definition des Begriffs Lebensstil Was ist ein Lebensstil ? In der aktuellen Forschung existieren viele unterschiedliche Definitionen für den Begriff Lebensstil . Bereits die Anfänge, die Entstehung und die erstmalige Verwendung des Lebensstilbegriffs sind nicht eindeutig zu bestimmen. Der komplexe Begriff des Lebensstils lässt sich bei den meisten Lebensstilansätzen an Hand fünf formaler Merkmale beschreiben: Erstens, die Ganzheitlichkeit des Lebensstilbegriffs meint, dass alle Aspekte der Lebensführung erfasst werden. Einbezogen werden dabei beobachtbare Variablen wie Freizeitverhalten oder Konsumpräferenzen, aber auch psychische Variablen wie Wertvorstellungen, Einstellungen und Lebensziele. Als zweites Merkmal kommt der Aspekt der Freiwilligkeit in den Wahlmöglichkeiten des jeweils gewählten Lebensstils zum Vorschein. Das dritte Merkmal zeigt sich im Charakter, den Müller so definiert: das Moment der ‚Eigenart’ oder des ‚Stils’ verweist auf die typische Ausformung eines Musters, das dem Lebensstil sein unverwechselbares und identifizierbares Gepräge gibt . Durch den Charakter des Lebensstils erhält eine Person auch das Potential, sich mit bestimmten Menschen zu identifizieren und sich gleichzeitig von anderen abzugrenzen. Die Verteilung der Stilisierungschancen, das vierte formale Merkmal des Lebensstils, bedeutet, dass die individuelle Wahlfreiheit eines Lebensstils sowohl vom Wertesystem einer Gesellschaft als auch von deren materiellem Wohlstand abhängt. Denn je höher der gesamtgesellschaftliche Wohlstand und die Gleichverteilung von Lebenschancen nach Bildung, Ressourcen und Gütern sind, desto umfangreicher gestalten sich die Lebensstilalternativen. Die Verteilung der Stilisierungsneigungen in den Lebensstilen, das fünfte Merkmal, existiert auf gesellschaftlicher und auf individueller Ebene. Auf gesellschaftlicher Ebene kommt die Stilisierung der Lebensführung hauptsächlich als ein Phänomen der Mittelschicht zum Vorschein. So unterliegt die Oberschicht nicht dem Druck, sich nach oben abzugrenzen. Bei der Unterschicht schränken dagegen die finanziellen Verhältnisse die Wahlmöglichkeiten ihrer Lebensführung extrem ein. Die Stilisierungsneigungen auf individueller Ebene zeigen für Jugendliche und Erwachsene einen größeren Gestaltungsspielraum als für Senioren oder Kleinkinder. Sie können in symbolisch stilisierungsfähigen Lebensbereichen, wie zum Beispiel an Hand individueller Konsummuster, ihrer persönlichen Identität Ausdruck verleihen. Dabei lassen sich die Lebensstile der einzelnen Milieus an typischen Verhaltensmustern sozialer Gruppierungen , an der expressiven Zurschaustellung und Stilisierung von Lebensweisen erkennen. Abschließend lässt sich feststellen, dass Müller in den fünf genannten Merkmalen der Lebensstildefinition sowohl kulturelle als auch materielle Ressourcen mit einschließt bei ihm existiert also ein Zusammenhang zwischen Lebensstil und soziostrukturellen Faktoren. Lüdtke – einer der Pioniere der Lebensstilforschung – unterscheidet drei Klassen von Lebensstilen: So existieren erstens, Merkmale der Performanz , also harte Daten offenen Verhaltens, wie die Wahl der Kleidung, der Möbel oder der Mediennutzung, zweitens, Merkmale der Mentalität , worunter er subjektive Wahrnehmungen wie Wertorientierungen, Lebensziele oder Interessen versteht und drittens, Merkmale der Lage , objektive Daten wie Bildung, Berufsstatus, Einkommen oder Alter. Schulze begreift den Lebensstil als Gesamtheit der Wiederholungstendenzen in den alltagsästhetischen Episoden eines Menschen . Der Lebensstil vereinigt die von außen wahrnehmbare Zeichenebene, wie Kleidung, Mobiliar oder Freizeitverhalten, mit der Bedeutungsebene, welche die drei Komponenten Genuss , Distinktion und Lebensphilosophie umfasst. Wie sich in Kapitel 5 zeigen wird, verbindet Schulze die beiden Ebenen in seinen Lebensstilen, indem er seinen sinnlich sichtbaren Zeichen bestimmte Bedeutungen zuweist. Warum sind Lebensstile keine Individualstile sondern sozial vermittelt? Lebensstile werden von mehreren Individuen kollektiv geteilt. Die Umwelt, also die Mitmenschen, nehmen die Inszenierung des eigenen Lebens, den eigenen Lebensstil, genau wahr. Personen mit ähnlichem Lebensstil, mit gemeinsamen Verhaltensweisen und Werten, treten regelmäßig miteinander in Kontakt, nach dem Motto: gleich und gleich gesellt sich gern . Heute wird die Lebensführung nicht mehr einheitlich durch gesellschaftliche Konventionen vorgeschrieben und genau hier liegt das eigentliche Problem. Denn ohne kollektive Muster müssten die Menschen jeden Tag ihr Leben selbst aufs Neue bestimmen. Eine ständige neue Festlegung führt jedoch zu Unsicherheit und erzeugt somit ein Anlehnungsbedürfnis an gemeinsame Lebensstile. Die Individuen treten also freiwillig bestimmten Gruppen bei, da sie dadurch von täglich neuen Selbstfindungen und Entscheidungen entlastet werden. Die gewählten Lebensstile, welche zu einem sozialen Milieu gehören, werden also primär verstanden als Konstruktionen, die Sicherheit geben sollen . Das Ziel von Lebensstilanalysen besteht darin, das jeweilige Verhalten sozialer Gruppen zu bestimmen und dabei möglichst viel über das Selbstverständnis des Individuums herauszufinden. Bei der Selbstwahrnehmung des eigenen Wesens sind die Menschen sowohl auf ihre Selbstinterpretation als auch auf die Fremdinterpretation anderer angewiesen. Dabei grenzen sich soziale Milieus durch ihre typischen Lebensstile bewusst von anderen Milieus ab zum Beispiel an Hand äußerer Zeichen wie der Frisur, der Kleidung, dem bevorzugten Musikstil oder der Art zu essen . So schaffen Lebensstile sowohl Distinktion bzw. Abgrenzung von und gleichzeitig Integration bzw. Zugehörigkeit zu bestimmten Milieus. Nach Schulze ist es den Individuen selbst möglich, mit Hilfe von vier dekodierbaren Zeichen ihre Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit festzustellen: Erstens durch ihren persönlichen Lebensstil, zweitens durch ihr Alter, drittens durch ihre (Schul-)Bildung und viertens durch ihr individuelles Situationsmanagement, das heißt, wie die Individuen ihr Leben gestalten. Ein kontinuierlicher Stil sichert persönliche Identifizierbarkeit, sowohl in den Augen der Umwelt als auch in der Selbstwahrnehmung. Sobald sich Selbstbild und Fremdbilder geformt haben, liegen Erwartungen in der Luft, die alltagsästhetische Wiederholungstendenzen stabilisieren .

Über den Autor

Nicole Hennemann, geb. 1982, freie TV-Autorin für Infotainment- und Wissensformate, hat an der Universität Bamberg Diplom Journalistik, Germanistik und Soziologie studiert. Abschluss 2009 als Diplom Journalistin und Germanistin.

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