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- Die Menhire: Das Geheimnis um die kultisch-religiösen Steinmale
Kunst & Kultur
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Abb.: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Was hat die Menschen der jüngeren Steinzeit ab Mitte des 5.Jahrtausends v.Chr. bewogen, tonnenschwere und bis zu 21 Meter hohe Steinmale, die Menhire oder ‘Hinkelsteine’ zu errichten? Wie schafften sie es, diese Kolosse zu transportieren und aufzustellen? Welchen Zweck hatten die meisten freistehend, einzeln, in Kreisen oder manchmal sogar zu tausenden in Reihen angeordneten Kolosse? Mit solchen Fragen befasste sich der Mainzer Archäologe in diesem Buch. Obwohl Wissenschaftler die Steine sorgfältig untersuchten und manch ein Fantast glaubte, das Rätsel um diese Steine gelöst zu haben, bleiben Menhire bis heute geheimnisumwittert. Unbestritten ist nur, dass sie eine kultisch-religiöse Funktion hatten. Vielleicht dienten diese eindrucksvollen Steinmale einst als Götteridole, Opferpfähle, phallische Kultdenkmäler, Gerichtsstätten oder als Ruhesitze Verstorbener, an denen die Hinterbliebenen Abschied nehmen konnten. Über Jahrtausende hinweg zogen die Menhire immer wieder Menschen in ihren Bann. Einige der mysteriösen Steinmale konnten sich angeblich zu hohen Feiertagen drehen oder sie gaben Weh- und Klagelaute von sich, wenn man sein Ohr an sie legte. Andere erhofften durch ihre Berührung einen segensreichen Einfluss auf die Liebe und den Kindersegen oder die Heilung von Krankheiten. Menhire gibt es auf allen Kontinenten. Besonders eindrucksvoll sind die Menhir-Alleen im französischen Departement Morbihan. In Deutschland können die letzten steinernen Zeugen eines unbekannten prähistorischen Kultes noch heute in Baden-Württemberg, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern bewundert werden.
Textprobe: 11. Menhire als Orte der Kraft?: Lange bevor es Tempel und Kirchen gab, suchten unsere Vorfahren in der Natur nach Kräften, die stärker waren als sie, aus denen sie Energie schöpfen konnten, die ihnen seelischen Trost und körperliche Regeneration geben sollten. An manchen Orten, so glauben viele, ist die Kraft heute noch zu spüren, Orte, an denen die unbelebte Natur Einfluss nicht nur auf den menschlichen Körper sondern auch auf dessen Seele zu haben scheint. Diese ‘starken Plätze’, gern auch als ‘Kultplätze’ oder ‘Kultstätten’ bezeichnet, berühren viele auf eigenartige Weise, ja, von diesen Orten scheinen Energie bzw. Kraftströme auszugehen, die das menschliche Befinden beeinflussen und den Zugang ‘zu einer anderen, besseren Welt ermöglichen.’ Jährlich reisen hunderttausende von Touristen zu den Pyramiden von Giseh, klettern auf den heiligen Ayers Rock in Australien, pilgern ins spanische Santiago de Compostela oder besuchen die Steinsetzungen von Stonehenge, um sich den dort vermuteten Kräften besonders nahe zu fühlen. Aber auch in unserer unmittelbaren Nähe glauben die Anhänger dieser Lehre Kraftorte wahrnehmen zu können. Es sind Kirchen, Kapellen, einzelne Bäume, Grabhügel und natürlich auch Menhire seit Jahren ein intensives Betätigungsfeld für Esoteriker. Ihre spirituellen Ideen, in den sechziger Jahren abseits der Öffentlichkeit in Insiderkreisen vertreten und versehen mit einem Hauch des Mysteriösen, sind heute gesellschaftsfähig und genießen eine weite Verbreitung. Die Literatur ist so zahlreich, dass es selbst für Eingeweihte schwer ist, sich auch nur annähernd einen Überblick zu verschaffen. Und natürlich liegen diese Kraftorte nicht zufällig und willkürlich in der Landschaft, sondern es wurde vielmehr eine gezielte Platzwahl vorgenommen. Eine Erklärung gibt der Kraftort-Forscher David Luczyn. Er betrachtet die Erde als ein lebendiges Wesen mit einem Netz von Adern, ähnlich den Blut- und Nervenbahnen, durch die Energie fließt. An besonderen Reizstellen dieser Bahnen kann Energie ein- und ausströmen. Das Wissen um diese Stellen – und genau hier sollen die Kraftorte liegen – hätten sich angeblich unsere Altvorderen zunutze gemacht, indem sie sich beispielsweise bei der Errichtung von Menhiren nach den Reizstellen mit besonders positiver Ausstrahlung orientiert hätten. Dort, wo die Energieströme, wo die Strahlung besonders intensiv war, befinden sich, wie die Vertreter dieser als Geomantie bezeichneten esoterischen Lehre glauben, nicht nur die indischen Tempel, die ägyptischen Pyramiden, die europäischen Kathedralen sondern auch Großsteingräber, Grabhügel und Menhire. Die Geomantie, der Begriff bezeichnet ursprünglich die Kunst, aus Linien und Figuren im Sand wahrzusagen, soll den Menschen anleiten, auf die Zeichen der Natur zu achten, ihre Energie- und Kraftströme für sich zu nutzen. Es gibt Autoren, die diesen geheimnisvollen Energien besondere Heilkräfte und positiven Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Mensch, Tier und Felder zusprechen. Die Wahrnehmung kann entweder mit verschiedenen Werkzeugen (Wünschelrute, Pendel) erfolgen, oder direkt durch die Befindlichkeit des eigenen Körpers. Die grundlegende Glaubensvorstellung besagt, dass ‘Berge und Meere sprechen können’, nur habe der moderne Mensch, im Gegensatz zu unseren prähistorischen Ahnen, die Fähigkeit verlernt, zuzuhören. Auch hätten unsere Vorfahren Kenntnisse besessen, die heute verloren gegangen sind. Abgesehen davon, dass der Befindlichkeitszustand des Menschen sehr komplex ist und von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, ist seine Fähigkeit einer direkten Wahrnehmung begrenzt und unterschiedlich gut entwickelt. Es lässt sich nur mutmaßen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kraftlinien, Kraftplätzen und Kultstätten besteht. Eine objektive Überprüfung ist nicht möglich. Die Nutzbarmachung von Erdstrahlen für die Anlage prähistorischer Denkmäler lässt sich von wissenschaftlicher Seite nicht nachweisen. Natürlich gibt es Orte mit unterschiedlicher Strahlungsintensität, beispielsweise bedingt durch Schwankungen im Magnetfeld der Erde oder in der Radioaktivität, doch lässt sich wissenschaftlich nicht belegen, dass vor- und frühgeschichtliche Heiligtümer oder Kultstätten auf Plätzen mit besonderer Strahlung liegen. Es mutet schon ein wenig befremdlich an, wenn nach der Frage, wie erkenne ich einen Kraftplatz, von David Luczyn, einem der führenden Kraftort-Forscher, auf entsprechende Wanderkarten und auf von Sagen umwobene Orte verwiesen wird. Erscheinen Wichtelmänner und Feen in den entsprechenden Sagen, kann dies ein Hinweis auf Erdenergie sein! Auch Pflanzen und Tiere können, so fährt Luczyn fort, Auskunft über Erdstrahlung geben. So gehören Haselnuss und Brennnessel zu den ‘Strahlensuchern’, während beispielsweise die Tanne und der Apfelbaum ‘Strahlenflüchter’ sind. Mit Wissenschaft haben diese Erkenntnisse wenig zu tun. Archäologie und Esoterik – auf der einen Seite wenig spektakuläre, nüchterne, wissenschaftliche Fakten und auf der anderen Seite eine Ansammlung von Glaubensartikeln – sind in ihren Methoden derart diametral gegensätzlich, dass sich ein Vergleich ihrer Positionen verbietet.
Detert Zylmann wurde 1944 in Hamburg geboren. Nach dem Studium der Vor- und Frühgeschichte, Ethnologie und Anthropologie in Hamburg und Mainz promovierte er 1980 in Mainz. Nach zweijähriger Tätigkeit am Institut für Denkmalpflege in Hannover, Dezernat Inventarisation, übernahm er 1983 die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters bei der Archäologischen Denkmalpflege Mainz. 2007 erfolgte die Versetzung in den Ruhestand. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.