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  • Die Malerei als Zeichensystem: Eine semiotische Analyse von drei Werken Caravaggios

Kunst & Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 142
Abb.: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Zum vorliegenden Untersuchungsgegenstand gehören bildnerische Texte, denen gewisse sprachliche Texte zugrunde liegen. Es soll festgestellt werden, inwiefern ein Bild als Zeichen gesehen werden kann, aus welchen Unterelementen sich dieses Zeichen zusammensetzt und wie diese wiederum gedeutet werden. Als Vorgehensweise habe ich ein eigenständiges Modell ausgearbeitet. Ziel ist es zu zeigen, wie Bild- und Textstrukturen funktionieren, wie Zeichensysteme zusammenspielen und wiederum neue Systeme bilden. Die richtige Erfassung und Auslegung von Systemen, Symbolen und Zeichen ermöglicht ein besseres Verständnis des vorliegenden Textes, der Botschaft des Bildes. Das Wort Text bedeutet so viel wie Geflecht, metaphorisch ist es der inhaltliche und strukturelle Zusammenhang der Rede. Aus linguistischer Sicht stellt also auch ein Gemälde einen Text dar, denn die Begriffe von Textkohäsion und Textkohärenz sind auch auf ein Bild anwendbar. Wenn ein Bild ein Text ist, so können seine Unterelemente analog zu den Unterelementen des geschriebenen Textes gesehen werden. Um die meiner Meinung nach vorhandene visuelle Syntax zu bestätigen, bediene ich mich der exakten Wissenschaften: der Mathematik und der Geometrie. Die Mathematik wird von vielen nicht als Sprache wahrgenommen. Grundkonzepte der mathematischen Sprache sind uns aber bei einfacher Formulierung durchaus auch in anderen Fächern geläufig: größer-kleiner-gleich, absorbieren-reflektieren-Änderung der Reflexionsrichtung und differenzieren-integrieren, also zerlegen und zusammenfassen. Wir brauchen für diese Art von Kommunikation noch ein zweites System, das Sender als auch Empfänger identisch sehen und dieses bietet die Geometrie, das Visuelle also. Um Kulturwissenschaft zu betreiben muss man wörtlich nach dem verbindenden Motiv zwischen Kultur und Wissenschaft, oder auch Kunst und Wissenschaft suchen. In der Absicht, das menschliche Sein durch Kunst zu erfassen begegnen einander genau diese Disziplinen. Der Mensch wird davon getrieben, Sinn zu schaffen. Ebenso wird er getrieben davon, Dinge, die er nicht hören kann, hörbar zu machen, Dinge, die er nicht fühlen kann, zu materialisieren, und Dinge, die er nicht sehen kann, sichtbar zu machen. Das letzte Bestreben bringt meine Studie auf den Punkt, nämlich das Evidente zu suchen. Ich untersuche Bilder, um sie auf kultureller Ebene sichtbar zu machen, indem ich das Werk, den Produzenten und den Rezipienten in ihren persönlichen Kontext einbette und die daraus resultierenden Ergebnisse nochmals in den historischen und soziokulturellen Kontext setze. Ich versuche somit den Kulturtransport gewisser semiotischer Produkte zu decodieren und gleichzeitig durch die Anwendung unterschiedlicher Disziplinen ein Dechiffrieren aus verschiedenen Perspektiven zu ermöglichen, um neue Erkenntnisse daraus zu schöpfen. Der interdisziplinäre Ansatz zwischen Wissenschaft und Kunst im Bestreben einer Kulturanalyse zieht sich dementsprechend wie ein roter Faden durch meine Studie. Wissenschaft ist für mich ein pulsierender Vorgang, ein Einatmen und Ausatmen, nicht das Auswendiglernen von Theorien und vorgegebenen Schablonen. Aus diesem Grund habe ich mich auch für eine für manche gewöhnungsbedürftige Herangehensweise entschieden, nämlich etwas ungewöhnliche Methoden auszuprobieren. Dieses Wagnis führte allerdings zu neuen Möglichkeiten, sodass ich behaupten kann, ein innovatives Thema, beziehungsweise eine innovative Annäherung an ein Thema entwickelt zu haben.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2, Materialanalyse: 1601 lebte Caravaggio als Gast bei der Familie Mattei in Rom. In dieser Schaffensphase entstanden die drei analysierten Werke, die eine einheitliche Gruppe bilden und die alle drei die Szenen der Passions- und Ostergeschichte zeigen. Das verbindende biblische Motiv ist der Auftrag an die Jünger, den wahren Glauben zu lehren, den Verrat zu bekämpfen und Zweifel entgegenzutreten. Abgesehen von der semantischen Ebene, die uns die christliche Religion in diesem Falle eindeutig darlegt, gibt es auch formelle, syntaktische Zusammenhänge innerhalb und außerhalb dieser Bildergruppe. Anhand der Zerlegung der Bilder in deren Elemente und Unterelemente werden Aspekte zum Vorschein gebracht, die den komplexen Aufbau der Werke Schritt für Schritt entwirren und verständlich machen. Mittels individuell abgestimmter Parameter können Grundpfeiler eines jeden Gemäldes in semantischer als auch syntaktischer Form dargelegt werden. Möchte man ein Bild analysieren, dem eine Bibelstelle zugrunde liegt, ist zunächst zu beachten, in welcher Form der Text dargeboten wird. Es ist zu unterscheiden, ob es sich um einen historischen Bericht, um eine bildhafte Glaubensaussage oder um eine Handlungsanleitung handelt. Im Alten Testament geht es um das Handeln Gottes, während im Neuen Testament das Wirken Christi im Vordergrund steht. Das heißt, es ist im vornherein zu unterscheiden zwischen Handlungsanweisungen, die wörtlich zu verstehen sind, und Glaubensaussagen, die im bildlichen Sinn gemeint sind. Nach der ersten Klärung der inhaltlichen Absicht der Bibelstelle ist die allgemeine Darstellung der Besagten in bestimmten und in früheren Epochen zu erkunden. Das Christentum ist eine Bildreligion, und die Bibel selbst wiederum eine Inspirationsquelle der Kunst. Beim Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit griff man in der Kunst Vorstellungen der Antike wieder auf, sodass der Mensch höheren Wert erlangte und die Nacktheit auch in religiösen Bildern möglich wurde, weil der Mensch als die freieste Schöpfung Gottes gesehen wurde. Es folgten im Laufe der Jahrhunderte weitere Wandlungen, jedoch war das Christusbild der Renaissance und des Barocks kein neues. Absolutes Kriterium waren ideale Proportionen, um einen idealen Typ nach klassischen Vorstellungen zu erstellen. Die Ikonografie des Spätmittelalters blieb, jedoch wurden neue Themen relevant, sowie die Auferstehung Christi in den Mittelpunkt trat. Hinter der Veränderung der Bilder stand auch das Bemühen, Erkenntnisse aus Philosophie und Naturwissenschaft auszubilden. Man wollte optimale Bilder mit optimaler Wirkung erzeugen, das auch in der Darstellung Christi: Das Göttliche findet Ausdruck im Ideal vollkommener körperlicher Schönheit. Deshalb wird er auch nicht mehr so oft als Leidender dargestellt sondern als Auferstandener. Und wenn er doch am Kreuz ist, bleibt der Körper trotzdem makellos und kraftvoll. Die Besonderheit in Caravaggios Christusdarstellung liegt im Einsatz des Lichtes: natürliches Licht, aus einer Lichtquelle wird oft unnatürlich geführt und somit zu einem effektiven Ausdruckselement. Das Licht steigert die Dramatik der Szene, sodass der hellste Ort auch zum wichtigsten Ort wird. Wenn man zudem in Betracht zieht, dass im 14. und 15. Jahrhundert mittels Geometrie Maße, Verhältnisse und Proportionen ermittelt wurden und somit Geometrie und Ästhetik stark in Verbindung, ja man sogar in Abhängigkeit zueinander setzte, kann man durchaus davon ausgehen, dass diese Darstellung symbolischen Charakter hat. Das Tetraeder stand für Feuer, der Kubus für die Erde und der Kreis schlussendlich für die Sphäre und entsprach der vollkommensten göttlichen Form. Als Ausdruck inhaltlicher Rangordnung durch formale Mittel, insbesondere durch Komposition, Farbe, Perspektive und Größenverhältnisse, bietet sich also hervorragend die Geometrie an. Mittels dieser ist es möglich, ein Bild in seine Unterelemente zu teilen und dessen Aufbau zu erfassen. Im Grunde geht es um die Anordnung der Teile zu einem einheitlichen und harmonischen Ganzen. Die Kompositionselemente ergeben sich aus den Grundbedingungen: Die Fläche, deren Begrenzung und die Begrenzung von Teilflächen innerhalb des Ganzen. Die Farbe stellt zwar ein Grundelement der Malerei dar, muss aber kein Kompositionselement sein. Ein primäres Kompositionsmittel ist die Proportion, die Darstellung der Messung in Geometrie und Zahl, ein weiteres die geometrischen Figuren, die unsichtbar die proportionierten Formen auf der Fläche gliedern können, wie Dreiecke, Pyramiden, und so weiter. Die Technik des Chiaroscuro ist Jahrhunderte hindurch schon so gut wie zum Synonym des Malers geworden, es ist aber keineswegs eine Konstante in seinen Werken. Zu Beginn verbreitete sich das Helldunkel sehr langsam, zunächst in Stillleben (Blumen, Früchte, einfachere Gruppierungen), später taucht es wieder in den Martyrienschilderungen auf. Am größten ist die Helldunkelsteigerung jedoch dort, wo die Bewegung des Lichtes mit einer solchen inhaltlichen Art zusammentrifft, das heißt bei ungehemmten, unkontrollierten Aktionen und Reaktionen. Es gibt drei Wesenszüge dieser neuen Kunst, die bei den Auftraggebern sofort Aufsehen erregten: die neue Anwendung des Lichts, die die Züge der Menschen und ihre Gewänder aufleuchten lässt eine neue Psychologie, mit der sich der Maler den Vorgang in seiner eigenen zeitgenössischen Wirklichkeit vergegenwärtigt und der neue Realismus, verbunden mit dem Verzicht auf jede Idealisierung. Die vorherrschende Kunstform des Manierismus hingegen verstand die Historienmalerei (mit Einheit von Zeit, Raum und Ort) als höchste Form der Malerei. Die Kunst des Porträts sollte außerdem das Typische und Hervorragende der Einzelperson hervorkehren. Weniger bedeutsam waren Stillleben, das Genrebild und die Landschaftsdarstellungen. Seit Beginn des 16. Jahrhunderts wandelte sich auch der Begriff des imitatio. Im 15. Jahrhundert verstand man darunter das direkte Studium der Natur als Ausgangspunkt, im 16. hingegen die gereinigte Natur - die ideale Form als Norm.

Über den Autor

Lejla Halilovic wurde 1986 in Zvornik (Bosnien und Herzegowina) geboren. Im Zuge des Balkankrieges kam sie 1992 nach Österreich. Fasziniert von den kulturellen Phänomenen des romanischen Sprachraumes, verbrachte die Autorin während ihrer Ausbildung viel Zeit im Ausland, um die Besonderheiten verschiedener Länder kennenzulernen. Ihr Studium der Romanistik an der Universität Wien, der Università di Bologna (Italienisch) und der Université de Montréal (Französisch) schloss die Autorin 2009 in den Fächern Literatur-, Medien- und Sprachwissenschaft mit ausgezeichnetem Erfolg ab. Ihre Forschungsarbeit widmet sie hauptsächlich der Semiotik, Textwissenschaft, Kultur- / Medienwissenschaft und Kunstgeschichte. Gegenwärtig promoviert sie an der Universität Wien. Dissertationsprojekt zur Dialektik von verbaler und visueller Sprache - Eine Analyse von biblischen und mythologischen Texten in Werken Caravaggios. Nicht zuletzt motivierte sie ihre Tätigkeit als freischaffende Künstlerin (Malerin), sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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