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  • Die Heldenreise im Hause Pixar: Eine Analyse der Filme „Findet Nemo“ und „Ratatouille“

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 90
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was haben Findet Nemo und Ratatouille mit der griechischen Mythologie gemeinsam? Die Trickfilmhelden gehen auf dieselbe Reise wie ihre antiken Vorbilder. Die so genannte Heldenreise ist ein altes Erzählmodell, das auch heute noch von vielen bekannten Regisseuren wie George Lucas verwendet wird, weil sie von dessen Wirkung überzeugt sind. Dieses Buch erläutert die Hintergründe der Heldenreise und erklärt das Modell und dessen Weiterentwicklung. Der Mythenforscher Joseph Campbell hat als erster eine Struktur erkannt, die allen Mythen zu Grunde liegt. Jeder Mythos dreht sich um einen Helden und dieser kann in tausend verschiedenen Gestalten auftreten. Ebenso lassen sich in vielen Geschichten bestimmte Archetypen wieder finden, die nach C.G. Jung typisiert werden können. Christopher Vogler, ehemals Story-Analytiker in der dramaturgischen Abteilung der Walt Disney Company, übersetzte Campbells Modell in den Neunziger Jahren für das Medium Spielfilm. Allerdings bleibt er bei der mythologischen Ausrichtung Campbells. Die neuste und zudem erste deutsche Auseinandersetzung mit dem Thema stammt von Joachim Hammann, der sich 2007 mit der Heldenreise im Film beschäftigte. Die einzelnen Stufen der Heldenreise unterstellt er einer filmtypischen Vier-Akt-Struktur. Die Theoretiker werfen in ihren Werken mit unzähligen Filmbeispielen um sich und lassen bislang auf eine vergleichende Analyse warten. In diesem Buch wird dies nachgeholt. Eine ausführliche Analyse der beiden Pixar Filme Findet Nemo und Ratatouille zeigt, wie die Modelle der Heldenreise dort angewendet werden. Die Abenteuer von Marlin und Remy sind unterschiedlicher, wie sie nicht sein könnten. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten. Findet Nemo war ein Kassenschlager, sowohl an der Kinokasse als auch beim anschließenden Merchandising. Der Film Ratatouille entstand während der Fusionsverhandlungen zwischen Disney und dem Animationsstudio Pixar. Auch wenn er ebenfalls sehr erfolgreich war, konnte er an den Erfolg von Findet Nemo nicht ganz anknüpfen. Stand der Film zu sehr unter dem Druck der Fusionsverhandlungen? Oder misslang die Ausgestaltung der Heldenreise? In Fachkreisen ist das Unternehmen Disney dafür bekannt, die Heldenreise bewusst anzuwenden. Und die Produkte sind seit Jahrzehnten beim Publikum in der Regel sehr beliebt. Das Animationsstudio Pixar steht noch am Beginn, sich einen solchen Ruf aufzubauen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Findet Nemo: Vordergründig handelt der Film ‘Findet Nemo’ von der Suche eines Vaters nach seinem Sohn. Clownfisch Marlin muss mit ansehen, wie sein einziger Sohn Nemo am Korallenriff von einem Taucher entführt wird. Er macht sich auf den Weg, seinen Sohn zu retten. Auf seiner Reise begegnet er der vergesslichen Dory. Zusammen durchqueren sie den Ozean bis sie Nemo endlich finden und mit ihm nach Hause zurückkehren. Auf einer tieferen Ebene handelt der Film von einem Vater, der lernt, seinen Sohn erwachsen werden zu lassen. Der Film erinnert stark an die Literaturgattung der Fabel. ‘Die Handlung der Fabel findet meist in einem unrealistisch kulissenhaften Raum statt, der oft von einer angedeuteten Naturszenerie gebildet wird. Als Figuren treten vorwiegend Tiere, seltener Pflanzen und Dinge auf. Sie sind unterschiedlich stark vermenschlicht, besitzen also neben ihren natürlichen Eigenschaften auch Vernunft und Sprache […]. An ihrem Schluß wird meist eine Morallehre formuliert, die der Leser auf konkrete Fälle seines eigenen Erfahrungsbereiches anwenden kann’. Die Naturszenerie ist in diesem Film der Ozean, in dem die Geschichte fast ausschließlich spielt. Die Figuren werden hauptsächlich von Fischen und anderen Meeresbewohnern dargestellt. Es treten zwar auch Menschen auf, allerdings nur in Nebenrollen. Die Moral zeigt den Zuschauern, stellvertretend durch Marlin, wie man es als Elternteil schafft, seinen Kindern den nötigen Freiraum auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu lassen. Wie bereits angedeutet, soll in dieser Arbeit die Heldenreise des Vaters Marlin untersucht werden. Elena Hahn stellt richtigerweise fest, dass es sich in diesem Filmbeispiel ‘um mindestens zwei unterschiedliche Reisen mit zwei verschiedenen Helden: Marlin und Nemo’ handelt. Sie hat sich dafür entschieden, die Reise von Nemo zu analysieren, was an ihrem pädagogischen Hintergrund liegen kann. Vogler definierte den Helden als denjenigen, der ‘im Verlauf der Geschichte am meisten lernt oder sich am stärksten entwickelt’. Deshalb erscheint es logischer, dass Marlin der Held ist. Der Titel bestätigt diese Annahme. In ‘Findet Nemo’ ist Nemo das Objekt, welches von dem Subjekt Marlin gefunden werden muss. Der Held Marlin ist ein Clownfisch der im Prolog des Films zusammen mit seiner Frau Cora im Korallenriff in einer Seeanemone lebt. Dieser Prolog zeigt das, was Hammann das Paradies des Helden nennt. Marlin ist glücklich und Cora und er erwarten Nachwuchs. Das Böse tritt in Marlins Paradies in Form eines Barrakudas, der seine Frau und alle Fischeier bis auf eines tötet. Durch dieses Ereignis wird Marlin traumatisiert. Filmisch wird dies daran deutlich, dass Marlin das Bewusstsein verliert, als er versucht, seine Frau zu retten. Als er wieder zu sich kommt, sind die Farben sehr gedeckt und leuchten nicht mehr wie zuvor. Eine Kamerafahrt, die sich langsam Marlin nähert, während er wieder zu Bewusstsein kommt, begünstigt den visuellen Effekt, der zeigt, dass Marlin nun nicht mehr derselbe ist, der er einst war. Marlin entdeckt, dass nur noch ein Ei übrig geblieben ist und formuliert seine Charakterprämisse, die ihn im Laufe des Films verfolgen wird: ‘Ohh. There, there, there. It's okay, daddy's here. Daddy's got you. I promise, I will never let anything happen to you...Nemo”. Marlin sagt nicht, dass er nie zulassen würde, dass Nemo etwas Böses widerfährt. Er sagt, dass ihm nie etwas zustoßen wird, was impliziert, dass er verhindern wird, dass Nemo selbst Erfahrungen machen kann. Nemo stammt aus dem Latein und bedeutet ‘niemand’. In diesem Fall könnte das bedeuten, dass der Sohn Nemo ‘nie jemand’ werden kann, weil sein Vater ihn zukünftig daran hindern wird. Ebenso könnte der Name darauf hindeuten, dass von Marlins Selbst nichts übrig geblieben ist. Durch dieses Trauma wurde sein Ich geboren, eine neue Person. Nemo ist das letzte Stück vom Paradies, das dem Helden Marlin geblieben ist. ‘Es mag das letzte von über 400 Fischeiern sein […] und es ist so wenig, dass es den Namen Nemo, zu Deutsch ‘Nichts, Niemand’, trägt. Und doch bedeutet es für den Helden alles’. Das Trauma hat sich auf alle vier Funktionen Marlins ausgewirkt. Marlin ist ein sehr ängstlicher Vater. Seine Angst wird dadurch begünstigt, dass Nemo eine zu kleine Seitenflosse hat und in Marlins Augen deshalb kein guter Schwimmer ist. Marlin hat aber nicht nur Angst um seinen Sohn. Mittlerweile ängstigt er sich auch vor dem Ozean. Im Prolog gab es darauf noch keinen Hinweis: ‘So, Coral, when you said you wanted an ocean view, you didn't think that we we're gonna get the whole ocean, did you? Huh? Oh yeah. A fish can breath out here”. Das Böse, der Barrakuda, kam aus dem Ozean. Es verwundert deshalb nicht, dass Marlins Ich, welches mit allen Kräften versucht ein weiteres Trauma zu verhindern, diese Angst entwickelte. Laut Hammann sind Ängste der Funktion des Körpers zuzuschreiben, da sie den Heldeneigenschaften Mut und Stärke gegenüberstehen. Marlins superiore Funktion ist der Geist. Er ist intelligent, vernünftig und denkt klar. Hammann sagt, dass auch die superiore Funktion traumatisiert ist. Man erkennt dies daran, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass Marlin sich je mit dem Trauma auseinandergesetzt hätte. Er hat es verdrängt. Ein weiteres Indiz hierfür ist, dass es im Film keine Szene gibt, in der Marlin mit Nemo über seine Mutter spricht. In der Funktion des Herzens zeigt Marlin immer wieder, dass er ein liebevoller und fürsorglicher Vater ist. Allerdings macht er sich zu viele Sorgen und versucht mit aller Macht, sich an allem was sein Herz betrifft festzuhalten. Laut Hammann ist es typisch für Helden, dass die inferiore Funktion die Seele ist. Dies trifft auf Marlin zu. Er zeigt keinerlei Spontaneität, Kreativität oder Intuition. Immer wieder wird er als Clownfisch dazu aufgefordert, einen Witz zu erzählen. Jedes Mal scheitert er daran. Er versucht stets die Kontrolle zu behalten. Er kann nicht loslassen und es fällt ihm schwer, anderen zu vertrauen. Die Seele ist die Funktion, die er im Laufe seiner Reise wieder zurückerobern muss.

Über den Autor

Nicole Ficociello, Studium der Angewandten Medienwirtschaft an der Hochschule Mittweida. Abschluss 2008 als Bachelor of Arts. Derzeit Studentin im Master-Studiengang Journalismus an der Deutschen Journalistenschule und der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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