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Kunst & Kultur

Mareike Sesselmann

Die Diagrammatik der Carta Marina: Eine kartosemiotische Untersuchung

ISBN: 978-3-95850-763-0

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Jahr 1539 veröffentlichte Olaus Magnus seine Carta Marina. Diese Landkarte zeigt Teile Nordeuropas mit Skandinavien, Island und weiteren Ländern, die an die Nord- oder Ostsee grenzen. Um die Karte zu verstehen und zu entschlüsseln, ist ein bestimmtes Vorwissen nötig. Die Erläuterungen in Form einer kurzen Auslegung sowie der Historia de gentibus septentrionalibus helfen bei der Decodierung der Carta Marina. Olaus Magnus hat mit seinem Werk die bisher vorherrschende Vorstellung Nordeuropas maßgeblich verändert. Die Carta Marina hat somit Einfluss auf die kognitive Ebene. In diesem Buch verwendet die Autorin die Zeichentheorie und Diagrammatik von Charles Sanders Peirce, um die Karte selbst und ihre textuellen Erläuterungen gezielt nach Ikonizität und Konventionalität zu untersuchen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1, Einleitung: Meerkarte und Beschreibung der Länder des Nordens sowie der in ihnen anzutreffenden Wunderdinge, auf das sorgfältigste ausgearbeitet im Jahr des Herrn 1539« ? so lautet der vollständige Titel der Carta marina, der sich über die ganze Breite ihres Oberrandes zieht . Um Wunder oder Mythen soll es in dieser Masterarbeit nicht gehen, dafür aber ziemlich konkret um die Carta Marina des schwedischen Bischofs Olaus Magnus sowie deren Ain kurze Auslegung und den Textband Historia de gentibus septentrionalibus. Wie der Titel dieser Abhandlung impliziert, soll eine diagrammatisch semiotische Untersuchung stattfinden, die sich vor allem mit der Ikonizität und der Konventionalität des Werks von Olaus Magnus auseinandersetzt. Weshalb gerade diese Karte so interessant ist, geben Elena Balzamo und Reinhard Kaiser bestens wieder: Zum ersten Mal in der Geschichte der Kartographie gewinnt Nordeuropa auf der Carta marina weitgehend korrekte Umrisse und wird erkennbar. Aber um eine »Seekarte« handelt es sich nur dem verkürzten Namen nach, der sich eingebürgert hat. Auf ihr sind alle Länder dargestellt, die an Nordsee und Ostsee grenzen: […] Mit dem geographischen Realitäten vermischen sich die Phantasiegebilde: die Insel Thule, der Malstrom vor der Küste Norwegens, die Seeungeheuer und Meerschlangen. Fabelwesen und Naturwunder, Alltagsszenen aus der Gegenwart und Gestalten aus der frühen Geschichte Skandinaviens ? all das macht die Karte des Olaus Magnus zu einer ungeheuer ergiebigen Quelle von Auskünften über den damals noch kaum erschlossenen und zumal im übrigen Europa so gut wie unbekannten hohen Norden . Zum einen ist es der immense Bildreichtum, der gerade diese Karte zu einem hervorragenden Analysegegenstand macht. Zum anderen ist die Betrachtung der Carta Marina, der eine eigene Auslegung und ein ganzer Textband zur Seite gestellt wurden, sehr gut geeignet, um diagrammatische Relationen ziehen und betrachten zu können. 4, Die Kartosemiotik: Im Folgenden ersten größeren Abschnitt wird ein Blick auf das Forschungsgebiet geworfen, da es den Grundstein der Masterarbeit legt. Des Weiteren spielt der Gegenstand der Kartosemiotik eine wichtige Rolle. Um das Ganze zu strukturieren und besser zu veranschaulichen, wird eine Unterteilung der Epochen vorgenommen. Dies ist speziell im Bereich Kartographie notwendig, da der gewählte Kartenvertreter nicht aus dem modernen Zeitalter jener Wissenschaft stammt, sondern sich zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit verorten lässt, was ebenfalls gezeigt werden soll. 4.1, Das Forschungsgebiet Kartographie: 4.1.1, Moderne Kartographie – Eine selbstständige Wissenschaft: Obgleich die Kartosemiotik zur angewandten Semiotik gerechnet wird, ist zu bedenken, dass eine Hälfte des Wortes sich aus dem Begriff Kartographie ergibt. Außerdem ist es jene Wissenschaft, die den Gegenstand für die Kartosemiotik bereitstellt. Die Kartographie ist eine selbstständige Wissenschaft! Sie besitzt ein eigenes Forschungsobjekt. Dieses ist nicht die Erdoberfläche selbst, sondern es sind die kartographischen Ausdrucksformen und die graphischen Darstellungsmittel, welche einer adäquaten Umsetzung erdräumlicher Inhalte dienen. Dies geht auch aus der Definition für Kartographie eindeutig hervor: Kartographie ist die Lehre von der Logik, Methodik und Technik der Konstruktion, Herstellung und Ausdeutung von Karten und anderen kartographischen Ausdrucksformen, die geeignet sind, eine räumlich richtige Vorstellung von der Wirklichkeit zu erwecken. (Engl.: cartography. Franz.: cartographie [f.].) . Damit wird von Erik Arnberger und Ingrid Kretschmer ansatzweise beschrieben, was Kartographie ist und welche Aufgabe sie hat. Die graphischen Darstellungsmittel , die angesprochen werden, beziehen sich auf die Abbildungsmöglichkeiten eines realen Objekts mit Hilfe von Karten, Globen, Atlanten etc. An dieser Stelle klingt bereits an, dass die Ikone, ein Zeichentypus nach Charles Sanders Peirce, noch eine äußerst wichtige Position einnehmen werden. Ferner betonen die Herausgeber, dass Karten sich in einem Merkmal besonders von Bildern abheben. Vom Bild unterscheiden sich alle kartographischen Darstellungen dadurch, daß die vermittelten Aussagen von einer subjektiven Auffassung und Ausdeutung unabhängig sind. Die graphischen Elemente kartographischer Ausdrucksformen sind an ganz bestimmte Gesetzmäßigkeiten und Begriffe gebunden, deren Deklarierung in einem Zeichenschlüssel die eindeutige Auffassung der Aussage garantieren kann . Diese Behauptung muss jedoch äußerst kritisch betrachtet werden. Nach diesem Zitat werden Karten aller Art weder subjektiv aufgefasst, noch unterliegen sie einer subjektiven Ausdeutung. Wenn allerdings davon auszugehen ist, dass subjektive Auffassung mit Wahrnehmung zu tun hat und subjektive Ausdeutung in Richtung Interpretation geht, ändert sich das Ganze. Beides, d.h. der kognitive Prozess der Wahrnehmung und die interpretative Leistung eines Individuums sind immer an Subjektivität gebunden. Nun versuchen die Autoren im zweiten Teil des Zitats eine Begründung für ihre Behauptung zu liefern. Sie sind der Ansicht, dass auf Grund von Konventionen, Gesetzmäßigkeiten und Regelungen Subjektivität erst gar nicht auftritt. Jetzt muss man sagen, dass moderne Kartographie vielen Konventionen und ausgeprägter Standardisierung unterliegt. Hier könnte man Arnberger und Kretschmer Recht geben, denn Bilder verfügen häufig über die Eigenschaft polysem zu sein, während Karten durch den oben erwähnten Zeichenschlüssel monosem sind. Doch mit dem gewählten Kartenbeispiel, dass dieser Arbeit zu Grunde liegt, ist dies anders. Die Carta Marina entstammt einer Zeit, wie später noch genauer beschrieben wird, in der weder zahlreiche Konventionen im Bereich der Kartographie vorherrschten, noch von Standardisierung die Rede sein kann. Einen sogenannten Zeichenschlüssel gab es oftmals kaum. Dementsprechend muss unterschieden werden zwischen Karten, die seit dem Zeitalter der Frühen Neuzeit produziert und jenen, die zuvor hergestellt wurden. Zwar fällt das Werk von Olaus Magnus, das 1539 veröffentlicht wurde, bereits unter die Epoche der Frühen Neuzeit, allerdings wird in einem späteren Kapitel erklärt, warum es nicht ganz eindeutig jener zugerechnet werden kann. Einen gewissen Ausgleich der fehlenden Standardisierung schaffen im Fall der Carta Marina die kurze Auslegung und die Historia. Wie sie dies bewerkstelligen wird im Teil der Analyse verdeutlicht. Noch einmal auf die Aufgaben, die zu Beginn umrissen wurden, zurückkommend. Die graphische Übertragung der Wirklichkeit ist erst einer der letzten Schritte, die erfolgen. Zuvor geschehen noch einige andere, wie Günter Hake bemerkt: Die Kartographie ist ein Fachgebiet, das sich befaßt mit dem Sammeln, Verarbeiten, Speichern und Auswerten raumbezogener Informationen sowie in besonderer Weise mit deren Veranschaulichung durch kartographische Darstellungen. Daneben gibt es noch eine weitere Aufgabe, eine, die wahrscheinlich noch entscheidender ist, als die zuvor genannten. Günter Hake bezeichnet sie als ideelle Aufgabe : Er spricht den Sachverhalt an, dass die Kartographie durch ihre Transformation von dreidimensionalem in zweidimensionales dafür sorgt, dass bei dem Kartenleser eine genaue Vorstellung von der repräsentierten Wirklichkeit erzeugt wird. Um einmal den Bogen zur Carta Marina, ihrer Auslegung und der Historia zu spannen, zeigt sich einerseits wie umfangreich die Arbeit für Olaus Magnus gewesen sein muss, bis er all die Informationen zusammengetragen und ausgewertet hatte, die sich sowohl auf der Karte als auch in der Auslegung und dem Textband wiederfinden. Wie vor allem in der Analyse noch offenbart wird, ist die Informationsdichte enorm hoch. Alles in allem leistete er kartographische Pionierarbeit. [Er] begnügte sich nicht damit, zu übernehmen, zu protokollieren, zu kopieren. Er bearbeitete das Material, das er sammelte, von Grund auf neu. Dieses akribische Vorgehen ist erstaunlich, wenn man beachtet, was Traudl Seifert anmerkt: Olaus Magnus war auf kartographischem Gebiet Autodidakt. Er eignete sich seine einschlägigen Kenntnisse wohl durch Nachzeichnen von Vorlagen an. Dabei vergisst er nie wer Rezipient seines Werks ist und führt an mehreren Stellen an, wie wichtig es ihm ist, seinen Kartenleser mit allen notwendigen Informationen zu versorgen, so z.B. in seiner Auslegung. Wieder zur Kartographie zurückkehrend, sind raumbezogene Informationen nicht alle gleicher Art. So lässt sich zwischen Gegenständen und Sachverhalten unterscheiden. Erstere können nach Günter Hake als Erscheinungen oder Phänomene bezeichnet werden und stellen konkrete, belebte und unbelebte Gebilde dar. Sachverhalte sind dem gegenüber eher Abstrakta, d.h. sie bezeugen Eigenschaften, die normal nur sehr schwierig wahrnehmbar sind. Jene weisen zudem einfache Relationen und raumzeitliche Veränderungen auf. Im Falle der Carta Marina kann man zum größten Teil von konkreten Gegenständen sprechen, die repräsentiert werden. Nichtsdestotrotz kommen ebenso abstrakte Sachverhalte auf der Karte vor. Neben den Aufgaben und den abgebildeten Objekten ist es ferner möglich, die Kartographie als Forschungsgebiet in zwei große Bereiche einzuteilen. Die topographische Kartographie stellt Karten und Pläne aller Maßstäbe her, welche der allgemeinen Orientierung dienen oder in ihren Sonderformen nur einzelne topographische Elemente wiedergeben […]. Unter thematischer Kartographie verstehen wir die Kartographie jener Karten und anderen kartographischen Ausdrucksformen, welche auf einer inhaltlich entsprechend reduzierten und überarbeiteten topographischen Grundlage spezielle Themen zum Ausdruck bringen, die auf einen ganz bestimmten Aussagezweck abgestimmt sind . Mit Beachtung dieser Differenzierung ist die Carta Marina der thematischen Kartographie eher zuzuordnen, als der topographischen. Die Karte Olaus Magnus´ dient weniger der Orientierung, als dass sie spezielle Themen behandelt und ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt. D.h., dass hier zugunsten der thematischen Vielfalt auf ausführliche Angaben zum Gelände verzichtet wird. Nach den Angaben von Günter Hake zu urteilen, ist die Kartographie nicht der Ausgangspunkt der Festhaltung räumlicher Wirklichkeit. Das Primärmodell, wie er es nennt, wird von einem Fachmann, z.B. einem Geologen oder Sozialgeographen, erstellt. Anschließend wird ein Kartograph hinzugezogen, der ein Sekundärmodell herstellt, nämlich eine Karte. Damit ist der ganze Vorgang allerdings noch keinesfalls abgeschlossen. Das Tertiärmodell ergibt sich aus der anschließenden Betrachtung der Karte durch den Rezipienten. Man muss aber bezüglich des letzten Modells noch anführen, dass dieses auf rein kognitiver Ebene gebildet wird. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es Fachmänner, wie sie von Hake beschrieben werden, zur Zeit Olaus Magnus nur selten gab. Demzufolge blieb es dem Schweden selbst überlassen, alle Informationen zu sammeln und auszuwerten, um daraus ein Modell herzustellen. Nur ist das Primärmodell, das von Günter Hake angesprochen wird, hier gleich dem Sekundärmodell. Mit dem Tertiärmodell befasst sich später im Analyseabschnitt vor allem Kapitel 7.1.4.

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