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  • Das virulente Gewaltpotential in Spielfilmen: Methodisch entdecken, analysieren und vergleichen

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Ziel der Studie liegt darin, eine Methode zu entwickeln, die das Gewaltpotential von Spielfilmen fassbar macht und erstmals einen Vergleich verschiedener Spielfilme in Hinblick auf das in ihnen enthaltene Gewaltpotential ermöglicht. Nach einer kritischen Analyse der derzeitigen Haupttheorien zum Thema Medien und Gewalt, erfolgt die Untersuchung einzelner dramaturgischer Elemente in Hinblick auf eine Indikatorfunktion. Dies führt zur Perspektiventheorie, welche (in Kürze) besagt, dass nur die fiktionalen Gewalthandlungen, welche von der Hauptfigur getätigt werden, für die Konstitution des Gewaltpotentials eines Spielfilmes relevant sind. Nach der Entwicklung einer auf der Perspektiventheorie fußenden mehrstufigen Methode wird diese auf die Spielfilme Marathon Man, Falling Down und Natural Born Killers zur Anwendung gebracht. Zum ersten Mal können so die Gewaltpotentiale unterschiedlicher Spielfilme methodisch miteinander verglichen werden. Perspektiventheorie und - methode von Norbert Viertel sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sie richten den Fokus wieder auf die Hersteller des Mediums Spielfilm und stellen die Frage nach der Verantwortung der an der Filmproduktion Beteiligten neu.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 7, Dramaturgische Elemente - die Suche nach einem möglichen Indikator: Um die aus der Kritik an den Theorien der Medien- und Gewaltforschung entwickelten Fragen zu beantworten, bedarf es der Kenntnis dramaturgischer Gesetzmäßigkeiten. Es erfolgte die notwendige Auseinandersetzung mit Elementen der Dramaturgie und das Überprüfen, ob das jeweilige Element als Indikator für das Gewaltpotential dienlich sein könnte. Sowohl Elemente der klassischen Dramaturgie wie Mythos, Charaktere, Sprache, Erkenntnisfähigkeit, Inszenierung und Melodik als auch moderne Elemente und Begrifflichkeiten, wie beispielsweise Plot und Kontext wurden auf diese Frage hin analysiert. Festgehalten werden soll im Folgenden allein der Weg zum Ergebnis, beginnend mit dem Begriff ‘Figurenkonstellation.’ 7.1, Figurenkonstellation: Dieser Begriff stammt von Pfister (1977) und bezieht sich in seiner ersten Anwendung auf dramatischen Text. Danach ist eine Einteilung der Figuren, der Personage, in Haupt - und Nebenfiguren möglich, in dem vor allem die quantitative Präsenz der Figur auf der Bühne als Kriterium herangezogen wird. Weitere Differenzierungen, wie ‘Episodenfiguren’, ‘Randfiguren’ oder ‘Hilfsfiguren’ sind innerhalb der Kategorie Nebenfigur möglich, für das Thema jedoch nicht zielführend. Bereits die Unterscheidung in Haupt- und Nebenfiguren ist, wie noch zu zeigen sein wird, alles andere als unproblematisch. Die Einteilung der Personage in Haupt- und Nebenfiguren aufgrund ihrer quantitativen Präsenz lässt sich auch auf den Spielfilm anwenden. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die quantitative Präsenz der Figuren im Spielfilm nicht per se das einzige Kriterium darstellen kann, von der häufigen Präsenz einer Figur in den Szenen eines Spielfilms lassen sich Dominanzrelationen nicht allein ableiten. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich eine dramatische Technik vor Augen führt, welche Szenen so baut, dass die Personage über eine nicht anwesende Figur verhandelt und gerade diese dadurch zum Mittelpunkt macht. In der Regel stellt die quantitative Präsenz einer Figur jedoch einen sehr wichtigen Hinweis auf ihre Dominanz innerhalb der Figurenkonstellation dar, dies gilt vor allem gerade für den Spielfilm, wie sich an Aussagen des Drehbuchanalytikers Syd Field später noch zeigen wird. Ungeachtet der genannten Einschränkung können quantitative Dominanzrelationen bei Präsenz und Textanteil einer Figur ein wichtiger Hinweise darauf sein, welche Figurenperspektive der Autor dem Zuschauer im Rahmen eines Identifikationsprozesses vornehmlich anbietet. Jede Figur, ob in Roman, Bühnenstück oder Spielfilm besitzt notwendigerweise eine Sicht auf Teile des Gesamtgeschehens, beziehungsweise ist durch ihre Sicht auf Teile des Gesamtgeschehens in die Handlung involviert. In dem der Autor den Fokus des Zuschauers durch eine unterschiedliche Gewichtung der Figurenperspektiven beeinflusst, widerspiegeln Präsenz und Textanteil einer Figur die implizite Steuerungstechnik des Autors, nach Pfister ‘die auktorial intendierte Rezeptionsperspektive’. Dass der Fokus des Zuschauers daneben auch von der Nachdrücklichkeit abhängt, mit der eine bestimmte Figurenperspektive artikuliert und vom Autor vertreten wird, ist dabei ferner zu beachten. Diese Gedanken sind so wichtig, dass sie noch einmal festgehalten werden sollen: Der Autor bietet dem Rezipienten eine Rezeptionsperspektive an. Diese hängt unter anderem von der Nachdrücklichkeit ab, mit welcher eine bestimmte Figurenperspektive artikuliert und vom Autor vertreten wird. Dies heißt nichts anderes als: Über die vom Autor am meisten vertretene Figur findet die stärkste Identifizierung und Rezeption durch den Zuschauer statt. Da die Regie im Falle des Spielfilms einen großen Einfluss auf das Endprodukt Film besitzt, soll diese Aussage erweitert werden: Drehbuchautor und Regie bieten über die am meisten vertretene Figur Identifikation und Rezeptionsperspektive für den Zuschauer an. Dies erfordert eine stärkere Hinwendung zum Begriff ‘Hauptfigur’. 7.2, Hauptfigur: Die Begriffe ‘Hauptfigur’ und ‘Protagonist’ werden oft gleichbedeutend verwendet. Bei der Wahl des Begriffes soll beachtet werden, dass der Begriff ‘Hauptfigur’ auch im Plural Verwendung finden kann. In diesem Fall bezieht sich der Begriff auf alle diejenigen Figuren, die innerhalb der Figurenkonstellation ein hohes Maß an Aufmerksamkeit von den Zuschauern erhalten oder erhalten sollen. Im weiteren Verlauf wird unter der Hauptfigur die eine Figur verstanden, welche in der Aufmerksamkeitshierarchie der Figuren an der Spitze steht. Um diese Figur genauer zu definieren, sollen einige Aussagen des Drehbuchverfassers und Drehbuchanalytikers Syd Field wiedergegeben werden. Diese Aussagen verdeutlichen, dass bereits beim Schreiben eines Drehbuches eine Festlegung einer durch besondere Merkmale gekennzeichneten Filmfigur erfolgt: ‘Bereits auf den ersten zehn Drehbuchseiten muss der Leser wissen: Wer ist die Hauptfigur, wovon handelt die Geschichte, wie ist die Situation beschaffen?’ ‘Jeder Kinobesucher trifft üblicherweise seine Entscheidung – bewusst, oder unbewusst -, ob er den Film ‘mag’ oder nicht. […] Es dauert ungefähr zehn Minuten. Das entspricht zehn Seiten Drehbuch. Der Leser sollte sofort gefesselt sein.’ ‘Sie haben zehn Minuten Zeit, um dem Leser oder dem Publikum drei Dinge klar zu machen: 1. Wer ist die Hauptfigur? 2. Was ist die dramatische Voraussetzung, worum geht es? 3. Wie ist die dramatische Situation, welche dramatischen Umstände begleiten die Story?’ ‘Wenn Sie Ihre Idee knapp umreißen können, wenn Sie sagen können: ‘Meine Story handelt von dieser Person, spielt an jenem Ort, und die Sache, die meine Person durchzieht, ist … dann fangen Sie gerade an, Ihr Drehbuch vorzubereiten.’ ‘Was will die Hauptfigur? Was ist ihr Bedürfnis? Was treibt sie zur Auflösung der Geschichte an? Das muss als erstes definiert werden.’ ‘Wer ist die Hauptfigur? Über wen wird die Geschichte erzählt? Wenn es die Geschichte von drei Typen ist, die die Chase Manhattan Bank ausrauben, welcher von den dreien ist dann die Hauptfigur? Sie müssen sich für einen von ihnen entscheiden!’ ‘Wie wird aus der Idee einer Hauptfigur, die bisher nur in Bruchstücken existiert, eine lebendige Person aus Fleisch und Blut? Eine Person also, an deren Schicksal man Anteil nimmt, mit der man sich identifiziert?’ Mit diesen Aussagen von Syd Field werden die Ansichten Pfisters nachdrücklich unterstützt und konkretisiert. Die Hauptfigur stellt weder eine beliebige der anderen Figuren im Film, noch eine Hauptfigur unter anderen Hauptfiguren dar. Sie ist genau die eine Figur, welche durch verschiedene erzählerische und filmische Mittel dem Rezipienten als die Identifikationsfigur angeboten wird. Die Annahme, dass ohne Identifikation kein Spielfilm und ohne Hauptfigur keine Identifikation möglich ist, führt zu der Überlegung, dass jeder Spielfilm notwendigerweise eine Hauptfigur enthält.

Über den Autor

Norbert Viertel, 1964 in Köthen, Sachsen-Anhalt, geboren, studierte Theaterwissenschaften an der HU Berlin mit dem Hauptschwerpunkt Dramaturgie. Seit dem erfolgreichen Abschluss arbeitet er als Autor, Dramaturg, Hörbuchproduzent und Theaterleiter. Eine Kontaktaufnahme ist über www.norbertviertel.de möglich.

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