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- Das Märchen der Sozialen Arbeit: Die Bedeutung von Märchen für das Selbstverständnis und die Praxis
Kunst & Kultur
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Märchen thematisieren existenzielle Probleme des menschlichen Lebens und zeigen dabei immer auch einen Weg, wie diesen Schwierigkeiten begegnet werden kann. Obwohl dies in einigen Disziplinen bereits zunehmend erkannt wurde und sich dort eine entsprechende Praxis eingerichtet hat und auch weiterhin entwickelt, spielte die Bedeutung von Märchen in der Sozialen Arbeit bisher keine Rolle. Mit dem vorliegenden Buch stellt die Autorin daher die Frage nach einem möglichen Nutzen von Märchen für das Selbstverständnis und die Praxis Sozialer Arbeit. Die Aktualität der Frage nach dem Selbstverständnis Sozialer Arbeit ergibt sich dabei aus dem Identitätsproblem , welches ihr oftmals zugeschrieben und vielfach diskutiert wird. Die Frage nach dem Selbstverständnis setzt, im Sinne eines biografischen Arbeitens, die Auseinandersetzung mit der Geschichte Sozialer Arbeit voraus, sodass ihre historische Entwicklung einen wichtigen Teil dieses Buches darstellt und die Grundlage für die märchenhafte Auseinandersetzung mit der Frage nach ihrem Selbstverständnis bietet. Die Frage nach den Möglichkeiten einer märchenhaften sozialen Praxis entstand aus der Tatsache heraus, dass die Menschheit seit Jahrhunderten von märchenhaften Erzählungen begleitet wird und dies unabhängig von lokalen oder kulturellen Unterschieden. Somit stellen sie einen Teil unserer Kultur dar und könnten dadurch, dass sie von vielen gekannt und erinnert werden, hilfreiche und vielseitige Unterstützung für die Soziale Arbeit bieten.
Textprobe: Kapitel 2.5, Märchen in unserer Zeit: Wie bereits erwähnt sehen sich Märchen in unserer Gesellschaft einer Vielzahl von Unterhaltungsmöglichkeiten gegenüber. Dieser Umstand legt die Überlegung nahe, dass sie an Bedeutung verloren haben und zunehmend aus den Kinderzimmern verschwinden, um beispielsweise Platz für einen Fernseher oder den neuen Lerncomputer zu machen. Diese Einschätzung wäre allerdings nicht korrekt. Eine 2003 durchgeführte Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie hat ergeben, dass Märchen noch immer ein zentrales Kulturgut unserer Gesellschaft darstellen, dessen Bedeutung in den letzten Jahren sogar gestiegen ist. Die Ergebnisse werden im Folgenden kurz vorgestellt und mit Werten aus Umfragen der Jahre 1973 und 1996 verglichen. Die Untersuchungen zeigten, bezüglich des Erinnerungsvermögens an Märchen, dass sich 1973 82% der Befragten an mindestens drei Märchen aus ihrer Kindheit erinnern konnten. Dieser Wert sank bis 1996 auf 72%, stieg jedoch 2003 wieder auf 81%. In der Umfrage von 1996 wurde zusätzlich zwischen Ost- und Westdeutschen unterschieden, um das jeweilige Erinnerungsvermögen zu ermitteln. Das Ergebnis zeigte, dass sich 86% der Ostdeutschen und 72% der Westdeutschen an drei oder mehr Märchen erinnerten. Um die beliebtesten oder bekanntesten Märchen zu ermitteln, sollten die Befragten spontan drei Märchen nennen. Der Vergleich zwischen 1996 und 2003 zeigt dabei, dass sich die Nennung der Märchen nicht wesentlich veränderte. Die einzige Veränderung besteht darin, dass das Märchen ‘Der Wolf und die sieben Geißlein’ stark an Zustimmung verloren hat. In der Umfrage von 1996 lag es mit 19% noch auf Platz vier, 2003 erreichte es nur noch 12% und fiel auf den siebten Platz ab. In Absteigender Reihenfolge belegten folgende Märchen die ersten fünf Plätze: ‘Schneewittchen’, ‘Hänsel und Gretel’, ‘Rotkäppchen’, ’Aschenputtel’ und ‘Dornröschen’. Zur Klärung des Stellenwertes von Märchen in der Gesellschaft wurde eine weitere Frage untersucht: ‘Finden Sie, man sollte auch heute noch den Kindern Märchen erzählen, oder paßt das nicht mehr so gut in unsere Zeit?’ Ein Vergleich der Ergebnisse zeigt dabei deutlich, dass sich das Ansehen der Märchen zunehmend verbessert. Im Jahr 1973 wurden sie von 16% als unpassend eingeschätzt, 1996 lag dieser Wert bei 10% und in der Untersuchung von 2003 waren nur noch 8% dieser Meinung. Umgekehrt stieg die Zahl der Befürworter von 75% im Jahr 1973, über 82% im Jahr 1996, auf 83% im Jahr 2003. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass den Märchen auch in unserer Zeit noch viel Bedeutung zukommt und dass sie, zumindest in Teilen, von fast allen erinnert werden. Für Lange (2010, 6). stellen Märchen daher ‘ein unverzichtbares und unersetzliches Kulturgut unserer Gesellschaft’ dar. Diese Bedeutung wurde bereits von einigen Disziplinen zum Anlass genommen, um sich näher mit der Literaturform ‘Märchen’ zu befassen. In der Volkskunde wird beispielsweise nach dem genauen Ursprung, der Entwicklung oder Motivzusammenhängen geforscht. Die Literatursoziologie beschäftigt sich, unter anderem, mit den gesellschaftlichen Bedingungen, wie sie im Märchen dargestellt werden und wie sie in der Zeit ihrer Entstehung tatsächlich herrschten. In der Psychologie beschäftigen sich bereits unterschiedliche Teildisziplinen mit den Möglichkeiten, welche durch Märchen geboten werden und auch verschiedene Bereiche der Pädagogik befassen sich mit Märchen in unterschiedlichster Form. Der erste Teil dieser Arbeit gibt einen Überblick zur Entstehung des europäischen Volksmärchens und stellt heraus, dass sich diese auch in unserer Zeit noch einer sehr großen Beliebtheit erfreuen. Ebenso verweist er darauf, dass den Märchen in einigen Disziplinen bereits ein gewisses Maß an professioneller Aufmerksamkeit geschenkt wird. Somit bleibt die Frage, warum sie im Bereich der Sozialen Arbeit bislang keine nennenswerte Rolle spielen. In diesem Kapitel sollte ein Verständnis dafür vermittelt werden, was Volksmärchen auszeichnet. Entsprechend soll im Anschluss die Entwicklung der Sozialen Arbeit vorgestellt werden, um ihr gegenüber ebenfalls ein Verständnis aufzubauen. Die Frage nach ihrem möglichen Nutzen aus Märchen wird im vierten Kapitel wieder aufgegriffen.
Sabrina Junga, Dipl. Sozialpädagogin (FH,) wurde 1984 in Unna geboren. Sie studierte Soziale Arbeit an der evangelischen Fachhochschule RWL in Bochum und begann bereits während des Studiums, sich mit dem Thema Märchen im sozialen Bereich auseinanderzusetzen. Ihre Tätigkeiten und Erfahrungen in unterschiedlichsten Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit motivierten sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.