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  • Das Kulturgut Seide: Der Seidenhandel unter historischen und kulturgeschichtlichen Aspekten

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Seide ist ein jahrhundertealtes Handels- und Kulturgut, heutzutage zum Teil etwas in Vergessenheit geraten und oftmals durch günstigere und leichter herzustellende Chemiefasern ersetzt. Doch das Kulturgut Seide lässt die verschiedensten Betrachtungsmöglichkeiten zu und blickt zurück auf eine interessante und lange Geschichte. Diese Arbeit beschäftigt sich daher mit der Seidenthematik aus unterschiedlichen, nämlich sowohl historischen als auch kulturgeschichtlichen, Betrachtungswinkeln: von der traditionellen und modernen Herstellung und Produktion der Seide ausgehend wird ein Bogen zu ihrer Kultur- und Handelsgeschichte gezogen. Es wird ein Überblick über die unterschiedlichen Handelsbeziehungen der vergangenen Jahrhunderte und seine Auswirkungen auf die heutige Zeit geschaffen, auch mit kritischer Hinterfragung der damit verbundenen Arbeitsbedingungen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Seidenproduktion heute: Um zu verdeutlichen, welche Schritte notwendig sind, um auf kommerzielle Weise möglichst viel und schnell Seide zu gewinnen, möchte ich im Folgenden die Vorgänge in der industriellen Seidenproduktion heutiger Zeit erläutern. Dies ist auch von Bedeutung, um zu begreifen, wie viel mühsame Arbeit und Aufmerksamkeit die Seidenherstellung den Arbeitern immer noch abverlangt. 3.1, Kommerzielle Seidenraupenzucht: Zur kommerziellen Seidenproduktion wird hauptsächlich der Seidenspinner Bombyx mori eingesetzt, da dieser in relativ kurzer Zeit viel Seide produzieren kann. Prinzipiell ist es möglich, überall auf der Welt Seidenraupen zu züchten, Voraussetzung ist jedoch das Vorhandensein von Maulbeerbäumen, ohne deren Blätter die Raupen sich nicht entwickeln können. Auch in Deutschland und Europa wurde mehrfach der Versuch unternommen, Seidenraupen zu züchten. Es stellte sich aber bald heraus, dass sich dies hier nicht rentierte, da die Zucht viel Sorgfalt und Zeit in Anspruch nimmt. Dafür braucht es Personal, das sich rund um die Uhr um die Produktion kümmert. Auf Grund dieses hohen Aufwandes liegen die Zentren der Seidenproduktion nach wie vor in Asien, wo das Lohnniveau um ein vielfaches niedriger liegt als in westlichen Ländern. Seidenraupenzucht ist das ganze Jahr hindurch möglich, begünstigt durch klimatisierte Zuchtbetriebe, die nicht von den Außenbedingungen abhängig sind. Jedoch liegt die Hauptzuchtzeit im Frühjahr. Der Grund dafür ist, dass zu dieser Zeit die größte Menge an Maulbeerblättern zur Verfügung steht, d.h. es muss nicht auf gezüchtete Pflanzen aus dem Gewächshaus zurückgegriffen werden, sondern man kann sich an den Freilandplantagen bedienen. Meistens kaufen die Züchter die Raupeneier, es gibt aber auch immer mehr Betriebe, die selbst für die Produktion der Eier sorgen und immer wieder neue Schmetterlingsgenerationen heranziehen. Die Vermehrung der Seidenspinner geht sehr schnell voran. Sofort, nachdem ein fertig entwickelter Schmetterling aus seinem Kokon geschlüpft ist und gerade fliegen kann, erfolgt die Begattung, welche mehrere Stunden Zeit in Anspruch nimmt. In der Seidenindustrie wird der Begattungsvorgang durch menschliches Eingreifen gezielt gesteuert. In den Zuchtbetrieben werden meist die weiblichen Tiere ‘auf eine Unterlage gebracht und die männlichen einfach darüber geschüttet.’ Ein Männchen kann dabei mehrere Weibchen befruchten. Um optimale Paarungsbedingungen zu schaffen, wird die Temperatur in den Betrieben auf 20° C konstant gehalten. Dies entspricht den klimatischen Verhältnissen in der Natur, wenn sich die Maulbeerspinner ohne menschliche Eingriffe im Frühjahr paaren. Bei der kommerziellen Zucht der Maulbeerspinner ist es möglich, schon von vornherein die Qualität der späteren Seide zu beeinflussen, z.B. werden schwache oder kranke Falter sofort aussortiert und ihre Vermehrung somit verhindert. Es findet eine künstliche Selektion durch den Menschen statt. Etwa sieben Tage nach der Begattung legen die weiblichen Maulbeerspinner ihre Eier ab. Jedes Weibchen produziert etwa 250- 300 Stück. Die Eiablage erfolgt ausschließlich an Maulbeerbäumen. Nach etwa 9 bis 10 Tagen schlüpfen dann die Raupen. Bei der Seidenraupenzucht greift der Mensch nun hier ein weiteres Mal ein, um später qualitativ hochwertig Seide zu erhalten: es erfolgt eine ‘kontrollierte Eiablage’. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: zum einen die ‘Großenflächenablage’, zum anderen die ‘Zellensystemablage’. Im Zellensystem wird jedes Weibchen nach der Begattung einzeln in eine Zelle aus Kunststoff gegeben, dort erfolgt dann auch die Eiablage. Vorteil dieses Systems ist, dass die Gelege auf Krankheiten untersucht und evtl. aussortiert werden können, ohne andere Gelege zu schädigen. Bei der Großflächenablage werden die begatteten Weibchen hingegen alle zusammen auf einer Fläche aus Stoff oder Pappe ausgesetzt, hier besteht die Gefahr von Krankheitsübertragungen. Man unterscheidet beim Maulbeerspinner zwei verschiedene Rassen: die einbrütigen (annualen) der gemäßigten Klimazone und die mehrbrütigen (voltinen) der tropischen Regionen. Zur Zucht wird fast ausschließlich letztere Rasse genutzt, da diese sich schneller vermehren lässt und damit auch deutlich mehr Seide liefert. Bei der voltinen Rasse erfolgt dann der Schlupf der 2 bis 3 mm großen Raupen etwa ein bis zwei Wochen nach der Eiablage. Wie der Name schon sagt, ernähren sich die geschlüpften Raupen des Maulbeerspinners ausschließlich von den Blättern des weißen Maulbeerbaums ‘Morus alba’. Bis zur Verpuppung ist die Raupe des Maulbeerspinners ausschließlich auf Maulbeerbäume als Nahrung angewiesen. Während eines Zeitraums von ca. 35 Tagen durchläuft die Raupe dabei verschiedene Häutungen: Nach den ersten vier Lebenstagen als Raupe findet am 5. Tag die erste Häutung statt. Danach werden die Raupen auf einen anderen Untergrund umgebettet und eine Reinigung der Tiere ist möglich, d.h. sie werden von evtl. Häutungsresten befreit. Gleichzeitig wird die Futtermenge konsequent erhöht. Am 10. Tag erfolgt dann die nächste Häutung und anschließend eine erneute Umbettung. Ab dem 14. Lebenstag werden die Raupen dann auch mit größeren, gröberen Maulbeerblättern gefüttert. Die 3. Häutung erfolgt dann am 16. Tag, wobei die Raupen wiederum umgebettet werden. Nun sind die Raupen bereits so groß, dass sie zum einen auch die Zweige von Maulbeerbäumen fressen können, zum anderen ist es jetzt auch möglich, kleine und kranke Tiere zu erkennen und diese auszusortieren. Ab der 4. Häutung schließlich, die etwa am 24. Tag stattfindet, bedarf es intensivster Arbeit und Pflege, um die Tiere am Leben zu halten: sie müssen nun ständig gefüttert, gereinigt und bei konstanter Temperatur gehalten werden. Am 33. Tag wird dann das Ende es Raupenstadiums eingeleitet: die Tiere zeigen durch unruhiges Verhalten, dass sie bereit für das Einspinnen sind. Dabei verändert sich nun auch das Äußere der Raupen, sie wirken durchsichtig und schrumpfen, da sie nun Darmflüssigkeit ausscheiden. Kurz vor der Verpuppung wird deutlich, wie schnell die Tiere sich entwickelt haben: vergleicht man das Gewicht einer Raupe am 33. Tag mit dem ursprünglichen Schlupfgewicht, so stellt man fest, dass sie nun ein 10000 -faches zugenommen haben. Um den Raupen des Maulbeerspinners nun eine Verpuppung zu ermöglichen, brauchen diese möglichst naturnahe Bedingungen. Zur Verpuppung kommen sog. Spinnrahmen zum Einsatz. Diese bestehen aus Holz, Zweigen oder auch Stroh und werden vorsichtig zwischen die Raupen auf die Zuchtunterlage gelegt. Hier ist nun besondere Vorsicht geboten, jede Störung durch den Menschen, z.B. Erschütterungen oder Lärm, aber auch zu viel Licht, könnte zum abrupten Tod der Raupen führen. Um sich einzuspinnen, benötigen die Raupen einige Tage Zeit. Alle Raupen, die sich bis zum 42. Tag noch nicht eingesponnen haben, werden schließlich entfernt. Zum Einspinnen scheiden die Raupen aus 2 Drüsen am Kopf ein Sekret aus, welches sofort an der Luft trocknet. Dieses Sekret bildet den Kokon und stellt den späteren Seidenfaden dar. Dieser Seidenfaden ist ein Doppelfaden, da er aus zwei Drüsen kommt. Beide Fäden sind außen vom Seidenleim umgeben. Nachdem die Raupen sich vollständig eingesponnen und einen geschlossenen Kokon um sich herum geschaffen haben, verweilen sie 10 Tage in diesem Zustand. Nach dieser Zeit gelten die Kokons dann als ‘reif’, d.h. sie haben jetzt die ideale Qualität erreicht, um daraus Seide herzustellen. Um ein weiteres ‘Reifen’ und somit Gedeihen der Raupen zu verhindern, nimmt man dann die Kokons aus dem Spinnrahmen, sortiert beschädigte aus und bringt die restlichen Kokons zum Trocknen. Dazu werden sie in verschlossene Körbe oder Töpfe gelegt, um zu verhindern, dass die Kokons von Insekten befallen und zerstört werden. In den Aufbewahrungsbehältern muss eine konstante, niedrige Temperatur herrschen, um die weitere Entwicklung der Raupen im Kokon zu verhindern. Wenn sich die Tiere nämlich weiterentwickeln würden, hätte dies das Ausschlüpfen des reifen Schmetterlings und damit die Zerstörung des Kokons zur Folge. Nicht alle Kokons werden allerdings für die Seidenproduktion verwendet. Einige wenige Kokons lässt man unter optimalen Bedingungen weiterreifen mit dem Ziel, eine neue Elterngeneration und damit wieder neue Eier- und Raupenlieferanten zu sichern. Um die neue Generation zu erhalten, lässt man diese Kokons insgesamt etwa 12 bis 16 Tage ruhen. Nach dieser Zeit hat sich aus der Raupe im Inneren des Kokons ein vollständig ausgebildeter Schmetterling entwickelt. Um aus seiner engen Hülle zu gelangen, beginnt er nach der o.g. Zeit, ein Loch in den Kokon zu fressen und gelangt schließlich ins Freie. Die frisch geschlüpften Schmetterlinge sind noch nicht sofort flugfähig, da ihre Flügel noch feucht und zusammengelegt sind. Die Züchter machen sich diesen Zustand zu Nutze, um die Schmetterlinge nun einzufangen. Sie werden nach Rassen sortiert und einzeln in Dosen oder Tüten verpackt und entsprechend ihrer Rasse gekennzeichnet. Dies ist notwendig, um später bei der Paarung gezielte Kreuzungen zu erreichen. Um es den Arbeitern zu erleichtern, werden meist schon vor dem Schlupf die Kokons nach Rasse getrennt. Sie unterscheiden sich vor allem durch ihre äußere Beschaffenheit und Form, wobei die Kokons weiblicher Tiere größer sind als die der männlichen. Teilweise hat man sogar Maschinen entwickelt, die automatisch die Kokons nach Größe trennen und sortieren können. Dieser ganze Aufwand ist nötig, da fast alle Zuchtbetriebe auf die Kreuzung der europäischen mit der asiatischen Rasse von Bombyx mori setzen, denn Erfahrungen haben gezeigt, dass mit dieser Methode die beste Qualität und Quantität der späteren Seide erreicht werden kann.

Über den Autor

Andrea Schneider wurde 1980 in Köln geboren. Ihr Studium für das Lehramt an der Universität zu Köln schloss die Autorin im Jahre 2005 mit dem ersten Staatsexamen erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen im Bereich der Textilgestaltung und Textilien in ihrem kulturellen und historischen Zusammenhang.

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