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  • Akquise und Auswahl von Manuskripten in deutschen Verlagen: Auswirkung des Verlagswesens auf Literatur als System

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Gegenstand dieser Studie ist die Manuskriptakquise und die Manuskriptauswahl als ein Teil des Prozesses im Verlagswesen. Die permanente Nachfrage nach Novitäten hat zufolge, dass diese Vorgänge zu den wichtigsten Verlagstätigkeiten gehören. Aus diesem Grund soll die Erklärung der Mechanismen, die in deutschen Verlagen seit dem 20. und 21. Jahrhundert funktionieren zur Erweiterung des Literatur-Diskurses beitragen und buchwissenschaftliche sowie literaturwissenschaftliche Theorien in diesem Bereich ergänzen. Im Buch werden Kriterien analysiert, die bei der Entscheidung über die Veröffentlichung eines Textes von Bedeutung sind. Außerdem wird auch vorgeschlagen, wie die Verlagsarbeit in Bezug auf die Manuskriptakquise und -auswahl optimiert werden kann.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5, Lektorat als eine ‘Dunkelzone innerhalb der Verlagsarbeit’: Der Ausgangspunkt dieser Arbeit die Überzeugung, dass sich das deutsche Verlagswesen aus dem Bedürfnis der ökonomischen Regulierung der Vermittlung von Büchern in der Gesellschaft entwickelte. Das Risiko, das mit der Veröffentlichung einer neuen Ausgabe verbunden war und bis zum 19. Jahrhundert von Druckern oder Autoren selbst getragen worden ist, übernahmen Verlage. Die zunehmende Literaturproduktion trug zur Spezialisierung auf dem Buchmarkt und dadurch zur Erweiterung der Wertschöpfungskette bei. Zuerst sorgten Verleger selbst für Manuskripte, sie pflegten Kontakte mit Autoren und redigierten ihre Texte. Manche Autor-Verleger-Verhältnisse wurden ausführlich bearbeitet, wie die Zusammenarbeit von Johann Wolfgang von Goethe und Johnann Friedrich Cotta (vgl. Unseld 1991) sowie die Kooperation von Hermann Hesse und Peter Suhrkamp (vgl. Hesse 1987). Trotzdem weist Jan Muszkowski darauf hin, dass die Bestimmung des Anforderungsprofiles des Verlegers schwierig sei (vgl. Muszkowski 1951: 206f.). Eine in wissenschaftlichen Fakultäten erlernte Profession habe zur Seltenheit im Verlagswesen gehört. Stattdessen erfolgte die Berufslehre von neuen Arbeitskräften intern in Verlagen. Parallel zu Leserevolutionen und sich daraus ergebende Explosion von Lektürebedürfnissen, entwickelten sich Verlage zu Unternehmen, wo in verschiedenen Abteilungen mehrere Menschen angestellt werden. Da die Größe der literarischen Produktion Verleger überlastete, entstanden Verlagslektorate. Die Lektüre von immer mehr Manuskripten und Akquisition neuer Autoren in einem expandierenden Unternehmen erforderten immer mehr Arbeitsaufwand. Die Hauptaufgabe war die Beurteilung von, größtenteils unverlangt eingereichten, Manuskripten (vgl. Pape 1982: 205). Nach Schätzungen aus den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts gelangten Verlage zwischen 5 bis 10 Manuskripte pro Tag, anders gesagt 3.000 jährlich (vgl. Langenbucher 1936: 158). Da sich Verleger nicht mehr um das Gesamtprogramm kümmern konnte, wurden Kompetenzen an Verleger und Lektoren verteilt. Im Laufe der Zeit wandelten sich Kompetenzen der Lektoren. Die Überlieferungen weisen nach, dass den Verlegern bei der Manuskriptbeurteilung schon im 18. und 19. Jahrhundert geholfen wurde diese Rolle spielten vor allem Schriftsteller und Gelehrte, die vorwiegend ‘projektbezogen’ arbeiteten (vgl. Schneider 2005: 10 f.). Marion Janzin meint dagegen, dass sich feste Lektorenstellen in Verlagen erst Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten, zunächst einmal im S. Fischer Verlag und Rowohlt Verlag (vgl. Janzin/Güntner 2007: 455ff.). In modernen Verlagen kommen Lektoraten auch andere Aufgaben hinzu: Manuskriptakquise, Pflege der Kontakte mit Autoren, Redigieren von Texten, Programmbildung und neulich auch Projektmanagement. Die Studie zur Berufsgeschichte des Lektors, die von Ute Schneider durchgeführt wurde, hatte zum Ziel, aus Briefen und Lektoratsgutachten organisatorische Vorgänge im Verlag zu rekonstruieren und daraus die Lektorenidentität nachzuvollziehen (vgl. Schneider 2005). Diese Aspekte sind relevant für die Erschließung der Frage, wie der Prozess der Manuskriptakquise und die Entscheidung über seine Veröffentlichung in Verlagen bzw. Verlagslektoraten erfolgt. Der Status des Lektors hat den Einfluss auf seine Entscheidungskompetenz über die Annahme oder Ablehnung von Manuskripten und Schneider versucht ihn aus Veränderungen im historisch-kulturellen Kontext abzuleiten (vgl. Schneider 2005). Diese Aufgabe ist erschwert, weil die Identität der Lektoren als handelnden Aktanten im Prozess der Literaturvermittlung nur an einzelnen Beispielen untersucht worden sei: Renate von Heydebrand versuchte aufgrund Literaturkritiken von Lektor Moritz Heimann seine literarischen Werte zu entdecken (vgl. Heydebrand 1984). In einer anderen Studie werde nachgewiesen, dass der Reclam-Lektor Ernst Sander besonders junge unbekannte Autoren gefördert habe. Die Problematik, wie bestimmte Lektoren ihren Einfluss auf die Literatur ausüben, sei nur ansatzmäßig angesprochen (vgl. Schneider 2005: 12 ff.). Die Entscheidungskompetenz der Lektoren ist stark durch die Verleger-Instanz begrenzt. Obwohl Lektoren fast hundert Jahre als Aktanten im literarischen Vermittlungssystem mitagieren, sind die meisten Lektoratsmitarbeiter anonym geblieben. Dies ist einer der Gründe für die mangelnde wissenschaftliche Erforschung des Berufs. Walter Hömberg betont, dass es aktuelle empirisch-analytische Bestandsaufnahmen zur Berufssituation und zur Arbeitsweise des Verlagslektors fehle (vgl. Hömberg 2005: 15f.). Ein wesentlicher Grund für die geringe Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen zum Lektorenberuf liege in der problematischen Quellenlage (vgl. Schneider 2005). In Literatur-Archiv in Marbach gebe es eine ‘sehr’ geringe Zahl der Lektoratsgutachten zu angenommenen wie abgelehnten Manuskripten. Herbert G. Göpfert charakterisierte deshalb den Untersuchungsgegenstand Lektor und Lektorat innerhalb der Literatur- und Buchwissenschaft als eine ‘Dunkelzone innerhalb der Verlagsarbeit’ (Göpfert 1984). Dieser Sachverhalt trug zur Erweiterung des Lektor-Diskurses bei. Dem Lektor werden unterschiedliche funktionelle Bezeichnungen zugewiesen, u. a.: Perlenfischer, Trüffelschwein, Programmarchitekt, Vermittler zwischen Autor und Markt, Seelentröster, Antreiber, Kritiker, inhaltsverliebte Schöngeister, kühle Akquisiteure von Erfolgstiteln und heutzutage intensiv geprägte Rolle des Produktmanager (vgl. Lucius 2005, Schneider 2005, Breyer-Mayländer 2010). Für den unvollendeten Prozess der Professionalisierung des Lektorberufs ist u. a. ungeregelter Berufszugang verantwortlich. So fanden sich im Programm der Universitätsstudiengänge nur selten spezielle Kurse zum Beruf des Lektors. In Branchen-Handbücher befinden sich auch lediglich oberflächliche Informationen über Funktion und Arbeitsweise des Lektors. Demzufolge wurde Lektor zum Beruf ohne Berufsbild und ohne Ausbildungsstandards. Dieser Sachverhalt verändert sich schrittweise, weil neue Bücher entstehen, die diese Problematik ansprechen, vor allem Handbücher für Medienberufen sowie Erfahrungsberichte von Lektoren (vgl. u. a. Uhlig 1972 Keuchen 1986, 1987 Davies 1995 Serie ‘Der Autor und sein Lektor’ im ‘Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel’, erstmals in Heft 74/2000 erschienen Wallmoden 2010) und Sammelbände, die die Lektoratstätigkeit u. a. aus soziologischer, literaturwissenschaftlicher sowie historischer Perspektive skizzieren (vgl. Schneider 1997), Erfahrungen aus dem Lektoren-Werkstatt liefern (vgl. Siblewski 2005) sowie das Ende des Lektorats in seiner ‘traditionellen’ Gestalt diagnostizieren (vgl. Nickel 2006). Seit 2007 erschien alle zwei Monate eine ‘Zeitschrift für Lektorinnen & Lektoren’, die sich mit Problemen aus der Berufspraxis auseinandersetzt. Nach neun Heften wurde sie jedoch eingestellt. Außerdem wurden Universitätsfakultäten gegründet, die Fachkräfte im Buchwesen herausbilden, u. a. an Universitäten in München, Mainz und Leipzig. Für die Entwicklung eines eigenen Berufsbildes sind auch berufsspezifische Aus- und Fortbildungseinrichtungen wie z. B. in der Akademie des Deutschen Buchhandels in München oder der Buchhändlerschule Frankfurt a. M.-Seckbach verantwortlich. 2000 wurde in Frankfurt am Main der Verband für freie Lektorinnen und Lektoren (VfLL) gegründet, der für Erfahrungsaustausch und Organisation von Seminaren zur Weiterbildung sorgt, also ein Lektoren-Netzwerk entwickelt. Zwischenfazit: Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die Rolle des Lektors im Laufe der Zeit veränderte. Die Forschung erschwert der Mangel an Quellen zur Tätigkeit der Verlagslektoren in Bezug auf ihre Kompetenz, Manuskripte zu akquirieren und über ihre Veröffentlichung zu entscheiden. Deswegen führt jede Initiative, die zur Professionalisierung des Lektor-Berufs beiträgt, zum genaueren Verständnis für die Rolle der Lektoren im Prozess der Manuskriptakquise und -auswahl.

Über den Autor

Michal Olewnik, M.A. wurde 1988 in Warschau geboren. Er schloss das Studium der Germanistik an der Universität Warschau erfolgreich ab. Inzwischen studiert er auch im Institut für Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen im Verlagswesen. Er arbeitete u.a. mit W.A.B. Publishers, dem Wissenschaftsverlag Scholar sowie dem Medien Verlag Reiser zusammen. Seit 2012 befasst er sich mit der Vorbereitung der E-Books für die Warschauer Verlagsgruppe Foksal und schreibt eine Dissertation über Redaktionsprozesse in literarischen Verlagen. Er nahm an einigen wissenschaftlichen Konferenzen teil und publizierte in Zeitschriften wie Biuletyn Niemiecki und Libertas .

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