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International

Jonas Trambacz / Angelika Wehage / Stefan Schmeier

Internationale Gesundheitssysteme im Vergleich

ISBN: 978-3-95850-903-0

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nahezu alle Gesundheitssysteme westlich-orientierter Länder stehen vor ähnlichen Herausforderungen und Schwierigkeiten. Das demographische Problem führt zu einer erhöhten Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Demgegenüber steht eine erniedrigte Einnahmesituation (gesundheitsökonomisches Fundamentalproblem). Ärztliches und pflegerisches Personal stoßen in Krankenhäusern an ihre Belastungsgrenzen. In ländlichen Regionen können Ärzte gänzlich fehlen. Da lohnt sich der Blick über den Tellerrand hinaus auf die Gesundheitssysteme anderer Nationen. Dabei können diese Vergleiche zeigen, welche Reformvorschläge bereits gemacht wurden und mit welchen Ergebnissen. Beispielhaft kann an dieser Stelle die Implementierung von Disease-Management-Programmen (DMP) in Deutschland benannt werden. In der vorliegenden Studie werden die Gesundheitssysteme von Singapur, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz, Japan, Frankreich, den USA und Österreich analysiert. Grundlage der Analyse sind die durch Claus Wendt benannten Dimensionen Finanzierung, Leistungserbringung und Regulierung. Jedem Gesundheitssystem wird ein Kapitel gewidmet. Jedes Kapitel endet mit einem Fazit, in dem es nach den Dimensionen klassifiziert wird. In Anschluss an die Analyse der Gesundheitssysteme unterstreicht ein Kennzahlenvergleich die Analyse der Gesundheitssysteme.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, 3-Säulen-Versicherung: Das heutige Gesundheitssystem der Niederlande besteht weiterhin aus drei Leistungssäulen. Die erste ist die Pflege- und Langzeitversicherung (Allgemeines Gesetz über besondere Krankheitskosten/Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten – AWBZ). Diese Versicherung ist für alle verpflichtend. In dieser Versicherung geht es vor allem um Langzeitrisiken. Das bedeutet ambulante und stationäre Pflegeleistungen, psychiatrische Versorgung und stationäre Versorgung die über ein Jahr hinausgeht. Die häusliche Pflege beinhaltet Pflege, Betreuung, Unterstützung und Beratung. Wenn es notwendig ist, kann auch eine Tagespflege in einem Pflegeheim erfolgen. Die stationäre Pflege beinhaltet auch die medizinische Rehabilitation, Physiotherapie und Beschäftigungstherapie. Die zweite Säule, die auch durch die Reform 2006 geändert wurde, besteht nun aus der eigentlichen Krankenversicherung, der ZVW. Diese stellt eine Basisversicherung dar, mit der alle ambulanten und stationären Leistungen, also die medizinische Grundversorgung, abgesichert sind. Diese beschränkt sich jedoch nur auf einen Mindestschutz. Auch diese Versicherung ist Pflicht für die niederländische Bevölkerung und für diejenigen, die zwar nicht in den Niederlanden leben, aber dort arbeiten und eine Lohnsteuer bezahlen. Die letzte und dritte Säule ist im Gegensatz zu den anderen beiden eine freiwillige private Zusatzversicherung. Die Art und der Umfang, den sie umfassen soll, kann jeder für sich selbst bestimmen. Meist wird diese als Zusatzleistung in Verbindung mit der ZVW-Basisversicherung abgeschlossen. Diese haben mittlerweile bereits 95 % der Versicherten abgeschlossen. Da die Basisversicherung z.B. keine zahnärztlichen und kieferorthopädischen Versorgungen beinhaltet, ist diese Zusatzversicherung sehr beliebt. Jedoch besteht hier für die Versicherungen ein Unterschied zu den anderen beiden. Da diese freiwillig ist, dürfen die Versicherungen hier Antragssteller ablehnen. 5, Versorgungsstrukturen: In Deutschland ist man es gewohnt, sich seinen Hausarzt oder ein Krankenhaus auszuwählen, in das man gehen möchte. Es besteht eine freie Arztwahl. Diese existiert in den Niederlanden nicht. Hier gibt es das sogenannte ‘Gatekeeper-System’. Ein Gatekeeper ist ein Hausarzt, der alle wichtigen Funktionen der primären Krankenversorgung (Primary Care) übernimmt. Er ist die erste Anlaufstelle des Patienten. Nur dieser kann darüber entscheiden, ob ein Patient an einen Facharzt oder in ein Krankenhaus überwiesen wird. Die Versicherten müssen sich zunächst bei einem Hausarzt in ihrer Nähe registrieren, um dort behandelt werden zu können. Ohne vorher bei seinem Hausarzt gewesen zu sein, ist es unmöglich zu einem Facharzt gehen zu können. Dieses Gatekeeper-System dient dazu, unnötige Doppeluntersuchungen und Behandlungen zu vermeiden und dem Versicherten bewusst zu machen, ob eine Arztbehandlung wirklich von Nöten ist. So wird ein hoher Anteil der Arztkontakte schon mit dem Gatekeeper abgedeckt. Ist die primäre Krankenversorgung abgeschlossen, und wird der Patient zu einem Facharzt oder in ein Krankenhaus überwiesen, kommt die sekundäre Krankenversorgung (Secondary Care). Hier wird nun die Behandlung des Patienten fortgesetzt. 6, Finanzierung: In den Niederlanden sind seit den 1970er Jahren die Ausgaben im Gesundheitswesen immer weiter angestiegen. So lag der Anteil der gesamten Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt im Jahr 1975 noch bei 7,1 %, 2009 lag er schon bei 10,81 % und 2013 bei 12,0 %. Durch verschiedene Reformen wurde immer wieder versucht die Kosten einzudämpfen. So wurde z.B. die Anzahl der Allgemeinkrankenhäuser reduziert und auch die Akutbetten reduziert. Der Anteil der öffentlichen Mittel an den gesamten Gesundheitsausgaben ist im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrig. Dies kommt daher, dass es einen großen Anteil privater Finanzierungsquellen gibt. Durch die Gesundheitsreform 2006 nahmen die gesetzlichen Krankenversicherungen eine privatrechtliche Organisation an, wodurch der Anteil der privaten Finanzierungsquellen noch einmal deutlich angestiegen ist. Die AWBZ ist eine Volksversicherung. Da jeder Einwohner in dieser pflichtversichert ist, muss auch jeder einen Beitrag in diese Versicherung zahlen. Der Beitragssatz wird an der Höhe des Einkommens festgelegt. 2013 lag dieser bei 12,65 % des Arbeitsentgeltes. Diese Versicherung besitzt für die Finanzierung des Gesundheitssystems eine große Bedeutung, da sie einen großen Anteil aller Gesundheitsausgaben abdeckt. Die zweite Säule und somit zweite Versicherung ist die ZVW. Diese wird über zwei Arten von Prämien finanziert. Auch in diese Versicherung muss jeder verpflichtend eintreten. Jede Versicherung erhebt eine pauschale Prämie für jeden Versicherten ab 18 Jahren, unabhängig von der Höhe des eigenen Einkommens. Für diejenigen, die diese Prämie nicht zahlen können, gibt es einen staatlichen Zuschuss von max. 400 Euro. Etwa 6,5 Mio. Menschen in den Niederlanden bekommen diese staatliche Unterstützungsleistung. Diese Pauschale soll ca. 50 % des Finanzbedarfs der Krankenversicherung abdecken. Die zweite Prämie ist eine einkommensabhängige. So muss jeder 7,75 % seines Bruttoeinkommens in die Versicherung zahlen. Dieser Prämienbestandteil wird vom Arbeitgeber direkt abgeführt. Selbstständige müssen nur einen ermäßigten Satz von 4,5 % ihres Bruttoeinkommens bezahlen. Alle Kinder unter 18 sind durch ihre Eltern mitversichert und müssen keinen Beitrag zahlen. Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch in den Niederlanden einen Gesundheitsfonds, in denm der Staat einzahlt, um damit aus Steuermitteln die Krankenversicherung für die unter 18-Jährigen zu finanzieren. Zudem bekommen die Versicherungen aus diesem Fonds für jeden Versicherten eine Kopfpauschale. Diese wird nach dem Gesundheitszustand der einzelnen Versicherten beurteilt. So entsteht ein Risikostrukturausgleich, der dafür sorgen soll, dass die Krankenkassen, die viele schwer kranke Versicherte haben, nicht benachteiligt werden. Durch diese Versicherungen werden jedoch nicht die gesamten Behandlungskosten abgedeckt. So müssen bei einigen stationären Behandlungen oder Arzneimittelkosten Zuzahlungen geleistet werden. Diese wurden seit den 1980er Jahren eingeführt und auch erhöht. So gibt es seit 1983 eine Rezeptgebühr auf Arzneimittelverschreibungen für alle Pflichtversicherten. Diese Zuzahlungen, die ein Versicherter im Jahr leistet, gehen allerdings nicht bis ins Unermessliche. So wird auch bei den Zuzahlungen ein Maximalbetrag festgelegt, der nicht überstiegen werden darf. Mit der Reform 2006 wurde jedoch auch eine Beitragsrückerstattung für die Krankenversicherungen eingeführt. Dieses wird als ‘No-Claim-Arrangement’ (NCA) bezeichnet und bedeutet, dass ein Teil der zu zahlenden Versicherungsprämie im Voraus als zu leistende Zuzahlung bezahlt werden muss. Diese Vorauszahlung beträgt im Schnitt 255 Euro. Hat der Versicherte am Ende des Jahres keine medizinische Leistung in Anspruch genommen, bekommt er die Vorauszahlung komplett zurückbezahlt. Leistungen, die durch eine Schwangerschaft oder durch den Gatekeeper verursacht werden, werden vom NCA ausgenommen. Werden medizinische Leistungen in Anspruch genommen, jedoch weniger Kosten als die 255 Euro verursacht wurden, wird dem Versicherten die Differenz zurückbezahlt. Durch die Einführung des No-Claim-Arrangements sollten die Versicherten sich bewusst machen, ob sie wirklich eine medizinische Leistung in Anspruch nehmen möchten. So sollten unnötige Arztkontakte vermieden und die Ausgaben des Gesundheitswesens reduziert werden. Diese Einführung wurde jedoch nicht einstimmig beschlossen und war recht umstritten. So zeigten sich nach der Einführung die ersten Ergebnisse, dass gerade alte Menschen, chronisch Kranke und Empfänger von Sozialleistungen die höchsten Zuzahlungen leisteten. Zudem haben sich die erhofften Einsparungen nicht bestätigt. Durch eine neu gewählte Regierung wurde die NCA zum Januar 2008 wieder abgeschafft und durch einen verbindlichen Selbstbehalt für alle Versicherten ersetzt. So müssen alle einen Beitrag von 350 Euro zunächst für alle erstmals anfallenden Behandlungskosten selbst bezahlen. Für chronisch Kranke oder Menschen mit einer Behinderung, die medizinische Leistungen in Anspruch nehmen müssen, wird eine finanzielle Kompensation durch den Staat eingeführt.

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