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Oliver Gundlach

Globale Produktionsnetzwerke: Erreicht die Globalisierung einen Wendepunkt?

ISBN: 978-3-8428-6360-6

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 106
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die weltwirtschaftliche Entwicklung der letzten zwei bis drei Jahrzehnte ist von einer weitreichenden ökonomischen Globalisierung gekennzeichnet: Liberalisierung und technologischer Fortschritt führen in Verbindung mit internationalen Faktorpreisdifferenzen dazu, dass die industrielle Produktion von Gütern verstärkt in relativ kleine und hoch spezialisierte Einheiten zerlegt und weltweit an die wirtschaftlich günstigsten Standorte verlagert wird. Dies gilt insbesondere für arbeitsintensive Fertigungsschritte, die verstärkt aus Industrieländern in Niedriglohn- und Entwicklungsländer verlagert wurden. Unternehmen sind heute entsprechend ihrer nationalen Wettbewerbsvorteile auf relativ kleine Teile der Wertschöpfung eines Produktes konzentriert, Vor- bzw. Zwischenprodukte eines Unternehmens werden im Rahmen des internationalen Handels auf globaler Ebene vom günstigsten Anbieter beschafft und Endprodukte weltweit vermarktet. Es entstehen globale Produktionsnetzwerke (GPN) auf der Basis von Produktion, Distribution und Konsumption einzelner Produkte. Die vorliegende Studie geht der Frage nach, wie sich derartige Systeme in Zukunft entwickeln werden und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Ziel ist es dabei - auf der Basis globalwirtschaftlich relevanter Entwicklungstrends - fundierte Aussagen über die zu erwartende, zukünftige Entwicklung von GPN zu machen, wobei die folgende Frage im Mittelpunkt stehen soll: Wie wird sich die industrielle Organisation bzw. Konfiguration globaler Produktionsnetzwerke in den kommenden Jahrzehnten tendenziell entwickeln? Der Ursprung globaler Produktionsnetzwerke ist abhängig von zahlreichen Entstehungsfaktoren, so dass zunächst die relevanten identifiziert werden müssen. Hier gilt es die wichtigsten Dimensionen ökonomischer Globalisierung herauszuarbeiten und zu betrachten, inwieweit diese Faktoren die Entstehung globaler Produktionsnetzwerke begünstigen bzw. fördern. GPN können in diesem Sinne als besondere Ausprägung der Globalisierung betrachtet werden: Global Production Networks are remarkable manifestations of globalization that we are just starting to grasp.” Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie solch hochgradig komplexe und dynamische Gebilde aus Unternehmen, Institutionen, Konsumenten, etc. angemessen theoretisch dargestellt werden können. Eine grundlegende Beschreibung der relevanten Strukturen und Prozesse dient als Ausgangspunkt für die Kernfragen dieser Studie: Welche Faktoren haben aktuell den größten Einfluss auf die Konfiguration von GPN und wie sieht dieser Einfluss genau aus? Wie werden sich die Strukturen von GPN vor dem Hintergrund dieser Einflüsse mittel- bis langfristig entwickeln? Handelt es sich bei der Aufspaltung und geographischen Verteilung - insbesondere von arbeitsintensiven - Produktionsprozessen tendenziell um einen anhaltenden bzw. unumkehrbaren Trend?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Das Wesen globaler Produktionsnetzwerke: Jede Modellierung der zeitgenössischen globalen Wirtschaft, die über das rein Vordergründige hinausgehen soll, muss in der Lage sein, die komplexen Aktionen sowie Interaktionen einer Vielzahl von Institutionen und Akteuren widerzuspiegeln, welche multiskalar, im Rahmen dynamischer und asymmetrischer Machtbeziehungen aufeinander einwirken. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass materielle ökonomische Prozesse (Produktion, Distribution, Konsum) jeweils in ein Set von weiteren Umweltebenen eingebettet sind und ggf. beeinflusst werden. Um die komplizierten Strukturen, Wechselwirkungen bzw. Rückkopplungen und die geographische Verteilung von ökonomischen Prozessen zu erfassen, erscheint das Konzept des Netzwerks, insbesondere des globalen Produktionsnetzwerks als nützlich: 3.1, Rahmenkonzepte: Um das Wesen globaler Produktionsnetzwerke zu verstehen und darzustellen, werden im Rahmen dieses Abschnitts zunächst grundlegende Theorieansätze erläutert, die in gewissen Teilen ergänzend aufeinander aufbauen: (1.) ‚Global Commodity Chains’ bzw. der GCC- Ansatz, (2.) ‚Global Value Chains’ bzw. der GVC- Ansatz sowie (3.) ‚Global Production Networks’ bzw. der GPN- Ansatz, wobei der Fokus dieser Arbeit auf letzterem liegt. Den Kern der Untersuchung bilden in allen drei Fällen global verknüpfte Unternehmensaktivitäten und Transaktionen, die mit der Produktion, Distribution und dem Konsum eines bestimmten Gutes verbunden sind. Die genannten Konzepte werden kurz vorgestellt und gegeneinander abgegrenzt, um die Merkmale, die konzeptionellen Vorteile und die Notwendigkeit des GPN- Ansatzes zu verdeutlichen. Im Anschluss daran werden Strukturen, Prozesse und Akteure globaler Produktionsnetzwerke explizit herausgearbeitet. 3.1.1, ‚Global Commodity Chains’: Direkte Vorgänger des ‚Global Commodity Chain’- Ansatzes betrachten Güterketten – d.h. Produktion, Distribution und Konsum – eines Gutes nicht als lineare bzw. sequenzielle Abfolge wertschöpfender Aktivitäten, sondern vielmehr als ein Netz ineinander verwobener Prozesse, Relationen und Arbeit: ‘Take an ultimate consumable item and trace back the set of inputs that culminated in this item – the prior transformations, the raw materials, the transportation mechanisms, the labor input into each of the material processes, the food inputs into the labor. This linked set of processes we call a commodity chain.’. Darauf aufbauend wurde von den Autoren Gereffi et al. 1994 das GCC- Konzept ausgearbeitet, welches sich auf empirische Untersuchungen global orientierter Wirtschaftszweige stützt. Die Autoren versuchen, die Gesamtheit aller Akteure zu erfassen, die an der Produktion eines bestimmten Gutes beteiligt sind, und die Beziehungen zwischen diesen Beteiligten abzubilden. GCCs beschreiben funktional integrierte und geographisch verteilte Systeme der Produktion, die sich aus der Globalisierung ökonomischer Austauschbeziehungen ergeben. ‚Global Commodity Chains’ werden definiert, als Ansammlungen interorganisationaler Netzwerke um eine bestimmte Ware herum, durch die Haushalte, Unternehmen und Staaten innerhalb der Weltwirtschaft miteinander verbunden sind. Diese Netzwerke sind situationsabhängig, gesellschaftlich bedingt und lokal integriert, was die soziale Einbettung ökonomischer Organisation unterstreicht. Spezifische Prozesse bzw. Segmente der Kette können durch Knoten repräsentiert werden, die innerhalb eines Netzwerks miteinander verbunden sind, wobei eine Aneinanderreihung von Wertschöpfungsaktivitäten den Kern bildet. Das GCC- Konzept befasst sich dabei weniger mit der Betrachtung ganzheitlicher Strukturen des globalen Kapitalismus, als viel mehr mit den Organisationsstrukturen zeitgenössischer globaler Industriezweige. Die Autoren sind vor allem daran interessiert, wie insbesondere zentrale Unternehmen innerhalb einzelner Industriezweige, andere Akteure sowie die Struktur bzw. Konfiguration der für sie relevanten Netzwerke beeinflussen können. Herrschaftsstrukturen, wie bspw. rechtliche Machtbefugnisse oder Beziehungsmacht bilden in diesem Konzept ein Schlüsselelement zur Beeinflussung der Allokation von materiellen bzw. finanziellen Ressourcen innerhalb der ‚Global Commodity Chains’. Gereffi und seine Mitautoren differenzieren zwei grundlegende Herrschaftsstrukturen im Hinblick auf zentrale Unternehmen in GCCs: (1.) ‚Producer- driven’ GCCs und (2.) ‚Buyer- driven’ GCCs. ‚Producer-driven’ GCCs beziehen sich auf Industriezweige, in denen Großkonzerne oder andere hochgradig integrierte Industrieunternehmen die zentrale Rolle bei der Kontrolle der Produktionssysteme spielen. Dies ist vor allem bei kapital- und technologieintensiven Produkten der Fall, wie z.B. bei Flugzeugen oder Computern. Einzelne Komponenten werden weltweit an den wirtschaftlichsten (oft konzerneigenen) Produktionsstandorten gefertigt und zu einem Endprodukt zusammengesetzt, wobei die Koordination der Produktionskette von der Konzernleitung des führenden Unternehmens (bspw. ‘General Motors’ oder ‘IBM’) ausgeht. Im Gegensatz dazu beschreiben ‚Buyer-driven’ GCCs Branchen, in denen große Einzelhändler und Handelsunternehmen die führende Rolle beim Aufbau globaler, dezentralisierter Produktionssysteme einnehmen (z.B. ‘Wal-Mart’ oder ‘Nike’). Vor allem in Bereichen arbeitsintensiver Konsumgüter, wie z.B. Bekleidung, Spielzeug, Haushaltselektronik oder Sportschuhe, haben sich diese Systeme durchgesetzt. Einzelhandelsunternehmen geben detaillierte Produktspezifikationen vor und koordinieren Produktionsmengen sowie den Strom der Güter bis zum Konsumenten, wobei unabhängige Firmen – im globalen Wettbewerb – die Produkte bzw. Konsumartikel herstellen. Im Gegensatz zu ‚Producer-driven’ GCCs (überwiegend internes Netzwerk) betreiben die zentralen Unternehmen in ‚Buyer-driven’ GCCs meist keine eigenen Produktionsanlagen, sondern konzentrieren sich auf die Koordination externer Produktion sowie das Design und Marketing der Produkte, die sie vertreiben (externes Netzwerk). Diese eher statische Differenzierung in ‚Producer-driven’ und ‚Buyer-driven’ GCCs ist zwar hilfreich, um ein grundlegendes Verständnis der industriellen Organisation global orientierter Wirtschaftszweige zu erlangen, doch ist sie nicht in der Lage die Dynamik aktueller Globalisierungstendenzen zu erfassen. Durch radikale Konzentration auf Kernkompetenzen und damit einhergehende vertikale Desintegration hat sich das Wesen von ‚Producer-driven’ GCCs fundamental verändert. In den meisten global orientierten Industrien hat sich ein Trend zum Aufbau externer Netzwerke herausgebildet, wobei die Variante der ‚Buyer-driven’ GCCs nicht in der Lage ist, die Vielzahl dieser Netzwerke adäquat zu erfassen. Auf Basis des ‚Global Commodity Chain’- Konzepts wurde so ein neuer, dynamischer Ansatz entwickelt, der besser geeignet ist zeitgenössische, globale Industriestrukturen abzubilden: Der ‚Global Value Chain’- Ansatz.

Über den Autor

Oliver Gundlach wurde 1980 in Witten geboren. Sein Studium der Wirtschaftswissen an der Schumpeter School of Business and Economics, der Bergischen Universität Wuppertal, schloss er im Jahr 2010 erfolgreich als Diplom-Ökonom ab. Mit einem Schwerpunkt in den Fächern Organisation sowie Produktions- und Innovationsmanagement, entwickelte der Autor ein Interesse für zeitgenössische Wertschöpfungsstrukturen.

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