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Sascha Lankers

Europas Schuldenkrise: Der Einfluss der Rating-Agenturen

ISBN: 978-3-8428-8797-8

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nach Ansicht einer breiten öffentlichen Meinung befinden sich die europäischen Staaten, so wie viele andere kapitalistisch demokratische Staaten, in einer Schuldenkrise. Ausgangspunkt hierbei war die deutliche Überbewertung des US-amerikanischen Immobilienmarktes. Viele große Finanzinstitute wurden im Zuge ihrer hohen Verluste nach dem Platzen der Blase an diesem Markt und ihrer drohenden Insolvenz, mit staatlichen Mitteln gerettet. Die Höhe der geschnürten Rettungspakete brachte einzelne Staaten selbst an den Rand des Ruins. Mit den direkten Folgen der sprunghaft gestiegenen Verschuldung der europäischen Staaten wird noch für einige Zeit zu kämpfen sein. Diese Studie beschäftigt sich mit der Rolle der Rating-Agenturen in der Europäischen Staatsschuldenkrise. Haben die Agenturen die jetzige Situation mit herbeigeführt? Wenn ja, wie konnte dies geschehen? Welche Ziele verfolgen die Big Three ? Dienen sie in ihren Handlungen den langfristigen Interessen der Staaten des westlich geprägten Kapitalismus oder nur einer kleinen Gruppe von Organisationen mit ausgeprägter kapitalistischer Motivation? Sind die Agenturen grundsätzlich an einer Entschuldung und Gesundung der Staatsfinanzen interessiert? Wer profitiert von der Überschuldung Europas und wer nicht?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Ausweitung der Einflussnahme in den USA seit den späten 1960er Jahren: Wie bereits in der Einleitung dieses zweiten Kapitels festgehalten wurde, gab es in dem Zeitraum nach den dreißiger Jahren bis in die späten 1960er Jahre hinein keine entscheidenden Veränderungen bezüglich der bis dahin erreichten Stellung der Agenturen. Zwar dehnten sie ihr Geschäft immer weiter aus und festigten so ihre bisher gewonnenen Befugnisse und Marktanteile, da immer mehr Unternehmen ihre Anleihen bewerten ließen und die Gläubiger die Ratings als Fixpunkte ihrer Kontrakte ansahen. Jedoch war der relative Anteil der ausgegebenen Unternehmensanleihen aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums und der damit verbundenen guten Kapitalausstattung der Firmen nach dem Zweiten Weltkrieg rückläufig. So kann diese Phase als Stagnation für die Rating-Agenturen angesehen werden. Einerseits wurde ihr Urteil immer wichtiger, andererseits gaben die Unternehmen jeweils nur wenige Anleihen heraus, um sich zu finanzieren. Neue spannende Entwicklungen sind erst seit Ende der 1960er und vor allem seit Mitte der 70er Jahre festzustellen, ‘denn nun begann eine Phase, in der sich der Gebrauch von Ratings stark ausdehnte.’ 2.2.1, GegenseitigeAbhängigkeiten: 1969 stellte S&P sein Geschäftsmodell um. Wie bereits erwähnt, verkauften alle Agenturen ihre Informationen über die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer bis zu diesem Jahr an die Gläubiger und forderten darüber hinaus keine weiteren Gebühren ein. Das änderte sich nun. S&P nutzte seinen inzwischen erreichten Stand innerhalb der US-amerikanischen Wirtschaft aus und begann das Bezahlsystem komplett umzustellen. Moody’s folgte nur zwei Jahre später. Von nun an mussten (oder durften) immer mehr Emittenten von Wertpapieren für ihre eigene Benotung bezahlen. Diesen Schritt konnten die Agenturen gehen, weil Banken, Unternehmen und staatliche Einrichtungen de facto eine Benotung erhalten mussten, um sich nicht von großen Teilen des Kapitalmarktes abzuschotten und somit Gefahr zu laufen ihre Anleihen und Wertpapiere nur schlecht oder gar nicht verkaufen zu können. Ohne die Benotung einer der Big Three ging schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel für Anleihen- und Wertpapierverkäufer zusammen. Durch die Umstellung des Bezahlsystems ergab sich eine doppelte Abhängigkeit. Die Banken waren auf möglichst gute Benotungen der Agenturen angewiesen, um Kapital einsammeln und ihre Produkte verkaufen zu können. Die Rating-Agenturen hingegen waren und sind als rein privatwirtschaftliche Unternehmen ebenfalls auf ein Einkommen angewiesen, dass nun von den Banken kam und nicht mehr von den interessierten potentiellen Käufern. Das legt die Vermutung nahe, dass es gute Noten nur gegen gutes Geld gab oder anders herum den Auftrag zur Bewertung nur gegen gute Noten. Es scheint als hätten die Agenturen bis in die 1960er Jahre hinein ein gut funktionierendes Oligopol aufgebaut, unterstützt durch die Politik der USA in Sachen Finanzaufsicht nach der großen Krise der 20er und 30er Jahre. Sie nutzten die Abhängigkeit der verschiedenen Emittenten von Finanzproduktenaus und stellten ihr Bezahlsystem um. Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Banken und Unternehmen auf der einen Seite und den Agenturen auf der anderen ist allerdings nur ein Teil der Verflechtung und Verfilzung der Finanzbranche untereinander. Wie schon zuvor erwähnt werden die Handlungsmotive der Rating-Agenturen in Kapitel 3.2.1 etwas genauer betrachtet. 2.2.2, Ein neuer Status im Finanzsystem: Zu der genannten Umstellung des Bezahlsystems kam hinzu, dass Fitch, Moody’s und S&P im Jahr 1975 den neu eingeführten Status der Nationally Recognized Statistical Rating Organizations (NRSROs) von der SEC erhielten. Fitch musste noch einige Auflagen erfüllen, um den Status zu bekommen, Moody’s und S&P hingegen waren anscheinend von vornherein als NRSRO vorgesehen und wurden ohne weitere Bedingungen ernannt. Zwar wurde das NRSRO-Konzept damals zunächst nur sehr vage und unspezifisch in der amerikanischen Gesetzgebung verankert, erhielt aber trotzdem schnell einen hohen Stellenwert bei den Akteuren innerhalb der Kapitalmärkte. Eigentlich hatte die SEC zunächst sogar sieben verschiedenen Rating-Agenturen den Status einer NRSRO verliehen. Durch Fusionen zwischen ihnen blieben aber nur die genannten Big Three übrig. Das festigte das bereits bestehende Oligopol der drei großen Agenturen Moody’s, S&P und Fitch noch weiter. Bis zum Jahr 2003 verblieben lediglich diese drei als von der SEC akzeptierte NRSROs. ‘Erst wieder 2003 bekam die kanadische Agentur Dominion Bonds Rating Service (DBRS) als vierte eine Lizenz, was aber an der Marktbeherrschung durch die Großen Drei nichts änderte.’ Heute sind inzwischen insgesamt zehn Rating-Agenturen von der SEC als NRSRO eingestuft. Wie bereits in der Einleitung beschrieben, haben die drei größten von ihnen jedoch nach wie vor einen Marktanteil von ca. 95%. Die New Yorker Börsenaufsicht beließ es nicht bei der bloßen Benennung der Rating-Agenturen zu NRSROs, sondern sicherte auch das Bestehen und die Expansion ihrer Geschäftsfelder. So wurde das NRSRO-Konzept in die bestehenden Regelungen des Handels mit Finanzprodukten eingebettet: Viele der seit dem Security and Exchange Act 1933 umgesetzten Regulierungen wurden ab 1975 um das Konzept erweitert.

Über den Autor

Sascha Lankers, M.A. wurde 1982 in Hilden geboren. Sein Studium der Politischen Wissenschaft an der RWTH Aachen schloss der Autor im Jahre 2013 mit dem akademischen Grad des Magister Artium erfolgreich ab. Die katastrophalen Folgen der beispiellosen Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten motivierten ihn genauer hinzusehen. Bei den Recherchen über die Entstehung der Krise, kam er an den wichtigsten Akteuren nicht vorbei, nämlich den Rating-Agenturen mit ihrem bedeutenden Einfluss auf die Europäische Staatsschuldenkrise.

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