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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nach der Volksrepublik China erwacht mit Indien der zweite schlafende Riese Asiens. Immer mehr Unternehmen fühlen sich von dem enormen und teilweise noch brachliegenden Potenzial dieses Absatzmarktes angezogen und wagen einen Markteintritt. Dass dieser neben großen Chancen auch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, zeigen die Beispiele verschiedener multinationaler Konzerne, die ihren Erfolg großer Beharrlichkeit und dem Lernen aus eigenen strategischen Fehlern zu verdanken haben. Ein wesentliches Problem besteht in der Anwendung westlicher Marketingkonzepte, die allzu oft nur teilweise lokalisiert auf den indischen Markt übertragen werden. Dabei herrscht in den meisten Fällen die optimistische Ansicht vor, dass sich in Folge der Globalisierung indische Konsumenten nicht länger signifikant in ihrem Kaufverhalten von anderen Verbrauchern unterscheiden. Zudem erliegen viele Unternehmen der Versuchung, den in der Kolonialzeit verankerten britischen Einfluss auf heutige Konsummuster zu überschätzen. Doch selbst, wenn Unternehmen sich der kulturellen Unterschiede bewusst sind und diese bei ihrem Markteintritt berücksichtigen, wird in der Regel eine einheitliche Nationalkultur nach europäischem Vorbild angenommen. Übersehen wird dabei allerdings der Spagat zwischen Moderne und Tradition und die kulturelle Vielfältigkeit des Landes, die eine einheitliche Marktbearbeitungsstrategie schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt. Ein Ansatz, um dieser Vielfalt zu begegnen, stellt Diversity Marketing dar - Vielfalt wird hierbei erstmals nicht länger als eine negative Erscheinung, sondern als eine positive Chance zu einer tieferen Marktdurchdringung gewertet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1, Coca-Cola in Indien: In den späten 1970er Jahren verließ Coca-Cola nach 25jähriger Präsenz den indischen Markt als Reaktion auf die Verabschiedung des Foreign Exchange Regulation Act (FERA). Dieser sah vor, dass multinationale Unternehmen nicht-strategischer Industriezweige wie bspw. Konsumgüter ihren Kapitalanteil auf maximal 40 Prozent reduzieren sollten. Coca-Cola war dazu in Teilbereichen bereit, weigerte sich jedoch, seine Anteile im Verwaltungs- und Technologiesektor abzutreten. Als Konsequenz folgte der Marktaustritt. Coca-Colas globale Strategie und der erhöhte Wettbewerbsdruck führten 1993 zu einem Wiedereintritt. Pepsi, der größte Wettbewerber, trat 1990 in den indischen Markt ein und verfügte 1993 bereits über einen Marktanteil von 25 Prozent, so dass sich Coca-Cola vor eine erhebliche Herausforderung gestellt sah. Das Unternehmen konzentrierte sich daher zunächst darauf seine Coke -Marke einzuführen und nahm dabei an, dass deren international bekanntes Image auch dem indischen Konsumenten vertraut sei. Jedoch erschwerten Pepsis starke Marktstellung und das Vorhandensein zahlreicher lokaler Soft Drink-Marken den Wiedereintritt. Um Pepsis Early Mover Advantage zu neutralisieren und Marktanteile zu gewinnen, entschloss sich Coca-Cola India (CCI) 1993 dazu, Parle, einen indischen Wettbewerber, aufzukaufen. Parles Markenportfolio umfasste Thums Up, Limca, Maaza, Citra und Gold Spot und verfügte über einen Marktanteil von insgesamt 60 Prozent. Dass die Anfangszeit dennoch von erheblichen Problemen geprägt war, zeigt die Tatsache, dass zwischen 1993 und 2000 fünf CEOs an der Spitze von CCI standen. Alex von Behr setzte schließlich 2001 eine Neupositionierung Coca-Colas in Indien durch, die erstmals auch die Aufnahme nicht-kohlensäurehaltiger Getränke ins Produktprogramm vorsah. Damit sollte das Produktportfolio auf traditionelle Erfrischungsgetränke wie Zitronenwasser, Fruchtsäfte, Tee und Joghurtgetränke ausgeweitet werden. Gleichzeitig wurden kleinere Verpackungseinheiten eingeführt, die zur Hälfte des bisherigen Preises angeboten werden konnten und so den Konsum für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich machten. Nachdem seit dem Markteintritt annähernd eine Milliarde US-Dollar investiert wurde, erreichte Coca-Cola 2002 mit einem Umsatzwachstum von 39 Prozent erstmalig den Break-Even-Point in Indien. Ausschlaggebend für den Erfolg war die Entdeckung der Landbevölkerung als Zielgruppe. 3.2 Marktsegmentierungsstrategien für Rural India : 3.2.1 Brand Localization – Coca-Colas Entdeckung der Landbevölkerung: CCI’s Erfolg basierte im Wesentlichen auf drei Säulen: Erschwinglichkeit, Erhältlichkeit und Akzeptanz. Um diese zu gewährleisten erschien eine Marktsegmentierung unumgänglich. In den 1990er Jahren passte CCI daher seine Marketingstrategie verschiedenen Regionen an, indem die dort dominierende Marke ausgebaut wurde unter Vernachlässigung der übrigen Marken. Darüber hinaus wurde ausgehend von einer Konsumententypisierung der Gesamtmarkt in fünf Segmente unterteilt: Reisende, Nachtschwärmer, Jugendliche, Berufstätige und Händler. Jedes Segment wurde von CCI hinsichtlich des Konsumentenverhaltens und der Bedürfnisse analysiert und mit einem differenzierten Marketing-Mix angesprochen. Reisenden wurde bspw. gezielt die Erhältlichkeit der Produkte erleichtert, indem an Bahnhöfen und Tankstellen vermehrt Getränkeautomaten aufgestellt wurden, die Dosen enthielten, da dort eine Rückgabe von Glasflaschen in der Regel nicht möglich war. Nachdem 2001 die Dominanz Pepsis weiterhin ungebrochen war, erkannte CCI auf der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten das brachliegende Potenzial des ländlichen Indiens. Damit setzte sich gleichzeitig die Erkenntnis durch, dass sich der rurale Markt in einer Vielzahl wichtiger Dimensionen vom urbanen unterscheidet und somit als eigenständiges Segment zu behandeln sei. Besonders die Rolle von Erfrischungsgetränken im Alltag und die Wahrnehmung der Marken wiesen signifikante Unterschiede auf. Im ruralen Markt war es zunächst die Aufgabe, aufgrund der Neuartigkeit des Produktes und der Marke deren Bekanntheit zu erhöhen, um die Nachfrage zu stimulieren. Der urbane Sektor erforderte hingegen eine Schärfung des vorhandenen Markenprofils und Differenzierungsmaßnahmen, die die Produkte im Wettbewerb von Konkurrenzprodukten abheben konnten. Um in beiden Segmenten erfolgreich zu sein, entwickelte CCI eine neue Unternehmensstrategie: Brand Localization. Indien wurde in ein urbanes (India A) und ein rurales (India B) Segment unterteilt, die mit jeweils unterschiedlichen Marketingkonzepten bearbeitet werden sollten. India A umfasste die Metropolen und Großstädte des Landes lediglich vier Prozent der Gesamtbevölkerung wurden damit als Zielgruppe dieses Segments identifiziert. Gemeinsam war deren Mitgliedern die Wichtigkeit von sozialen Beziehungen im Privatleben sowie ein urbaner Lebensstil, der den sozialen und ökonomischen Freiheiten entsprach. Life ho to aisi ( Das Leben wie es sein sollte ) war der passende Slogan, der dieses Lebensgefühl des neuen Indiens sehr treffend widerspiegelte und mit zum Erfolg der Kampagne beitrug. Die übrigen 96 Prozent der Bevölkerung wurden durch India B repräsentiert. CCI war der Ansicht, dass aufgrund der Produktunerfahrenheit innerhalb der Zielgruppe die Marke, die als erstes gezielt beworben würde, einen nicht einholbaren Vorsprung vor anderen Marken aufbauen würde und verfolgte daher eine flächendeckende Strategie. Anders als im urbanen Sektor, in dem der Konsum von Coca-Cola ein Lebensgefühl ausdrückte, war in diesem Segment der Anlass für einen Kauf Durst, der effizient gelöscht werden sollte. Als dazu passender Slogan wurde Thanda Matlab Coca-Cola ( Coca-Cola ist Erfrischung ) eingeführt, der das Produkt gleichrangig mit Substituten wie Tee positionierte und die primären Bedürfnisse der Konsumenten ansprach. Die teilweise sprachlich lokalisierte Kampagne überzog ansonsten unverändert den größten Teil des ländlichen Indiens und wurde zu einem großen Erfolg: 37 Prozent Umsatzwachstum in India B standen 24 Prozent in India A gegenüber bis 2003 wurde der Pro-Kopf-Verbrauch an Coke-Produkten im ruralen Segment gar verdoppelt. Doch trotz dieser Erfolge darf nicht übersehen werden, dass ein Marktsegment, das 96 Prozent der Gesamtbevölkerung umfasst, 2002 für lediglich 30 Prozent aller Unternehmensumsätze verantwortlich war. Daher stellt sich die Frage, ob eine stärker differenzierende Marktsegmentierung nicht besser geeignet gewesen wäre, den Einzelnen anzusprechen und Konsumnachfrage auszulösen. Diesem Gedanken möchte ich im nächsten Abschnitt nachgehen.

Über den Autor

Stefan Theven, B.A., wurde 1978 in Nettetal geboren. Nach dem Studium der Architektur an der PBSA Düsseldorf studierte er anschließend Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der FH Kiel. Seine besondere Aufmerksamkeit widmete er dabei den kulturabhängigen Chancen und Risiken im internationalen und multinationalen Marketing.

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