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- Die Macht des kulturellen Unterschieds: Die Konstruktion von Differenz in der Zusammenarbeit von österreichischen und ungarischen Unternehmen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Autorin zeigt auf, wie das Argument ‘kulturelle Unterschiede’ verwendet wird, um Konflikte in der Zusammenarbeit von ostösterreichischen und westungarischen Unternehmen zu erklären. Aufzeichnungen aus vier Jahren Mitarbeit in einem EU Projekt anlässlich des EU Beitritts von Ungarn geben einen umfassenden Einblick in die Alltagserfahrungen der AkteurInnen. Als Analyserahmen werden die Dynamik des Neoliberalismus und die Eingliederung von Ungarn als marginalisierten Teil der EU, die Konzepte Orientalismus und Balkanismus, welche die Organisation der kollektiven Repräsentation und Abwertung erklären, sowie die Rolle der interkulturellen BeraterInnen bei der Kulturalisierung von Konflikten, herangezogen. Die Studie zeigt auf, dass die Beziehungen der handelnden Personen auf der Makroebene gestaltet werden und von einer Machtasymmetrie geprägt sind. Aus dominanter Position werden Identitäten zugeschrieben, vermeintliche oder tatsächliche Differenzen werden zur Konstruktion eines positiven, überlegenen Selbst in Abgrenzung zum unvollkommenen Anderen.
Textprobe: Kapitel 3.2, Die Organisation der Abwertung - Ebene der kollektiven Identitätskonstruktion: In diesem Kapitel geht es um kollektive Identitätskonstruktionen: Wie wird Ungarn aus österreichischer und westlicher Sicht wahrgenommen und beschrieben. Todorova verwendet das Konzept Balkanismus. Böröcz, Boatca und Buchowski verwenden das Konzept des Orientalismus nach Said um zu beleuchten, wie über das ‘Andere’ gedacht und wie es konstruiert wird. Der ‘Orient’ kann ‘naher’, ‘ferner’, ‘europäischer’ Osten sein oder sich auf soziale Räume beziehen. Die erfolgreiche Verwestlichung Ungarns Mit der Fragestellung ‘wo verortet sich Ungarn im Europäischen Identitätsdiskurs’ befasst sich der Wiener Politologe Pribersky. Er spricht von einem Narrativ der ungarischen Geschichte als wiederholter erfolgreicher Verwestlichung und legt anhand von symbolischen Selbstdarstellungen Ungarns dar, dass sich Ungarn ‘immer schon’ als Teil des Westens gesehen hat. Die Überwindung des Eisernen Vorhangs war Voraussetzung für die EU Erweiterung und die erfolgreiche Verwestlichung (vgl. Pribersky 2004: 128). Der Autor lobt ‘das ‘unproblematische’ Einfügen der (Selbst-)Repräsentation der ungarischen Geschichte in ein gängiges Bild der Grundlagen unseres aktuellen Kultur- und Gesellschaftszusammenhangs’ (Pribersky 2004: 134). Dieser Text entstand im Rahmen eines interdisziplinären Friedensprojekts zum Thema ‘interkulturelle Kommunikation’ mit Ungarn. Es wird nicht hinterfragt, ob ‘Verwestlichung’ der ehemaligen Ostblockländer ein nationales und globales, dem Frieden dienliches Ziel ist, bzw. ob es Alternativen dazu gibt. Er spricht auch die Machtasymmetrie nicht an, die den Beitrittsprozess gestaltet hat - es ging nicht um gleichberechtigte Verhandlungen, sondern Bedingungen, die erfüllt werden mussten, um in die EU aufgenommen zu werden. Ein traditionelles Selbstbild Ungarns ist die Brückenfunktion zwischen Ost und West, wobei auf die Zugehörigkeit zum Westen Wert gelegt wird. Die feierliche Einweihung der (damals provisorischen) Europabrücke war der wichtigste öffentliche Auftritt von Vertretern der ungarischen Regierung vor der Volksabstimmung zum EU Beitritt. Das Symbol der Europabrücke sollte die Verankerung im Westen zeigen (vgl. Pribersky 2004: 128f). 3.2.1, Balkan und Balkanismus: Auch Boatca bezieht sich auf die Brückenfunktion. Sie merkt an, osteuropäische Gesellschaften und Orte werden häufig als ‘Brücken’ oder ‘Tore zum Osten’ dargestellt. Ihr geht es aber um den Übergangsstatus als die zentrale Eigenschaft. Östlichkeit liegt an der jeweiligen Grenze Europas und es gibt ein immer wiederkehrendes Muster in der Identitätskonstruktion, diese Östlichkeit zurück zu weisen (vgl. Boatca 2006: 1). Südosteuropa ist die Brücke zwischen Orient und Okzident und wird als Brücke zwischen Entwicklungsstufen betrachtet. ‘Der Balkan ist also eine Brücke zwischen verschiedenen Entwicklungsstufen und dies führt zu Etikettierungen wie halbentwickelt, semikolonial, halbzivilisiert, halborientalisch’ (Todorova 1999: 34). Todorova plädiert dafür, den Balkan nicht mit den Werkzeugen des Orientalismus und des Postkolonialismus zu untersuchen, da er innerhalb von Europa liegt. Der Balkan ist ein Teil Europas, der marginalisierte und periphere Teil. Südosteuropa oder der Balkan ist nicht einfach eine Subregion, wesentlich ist die Position in der hierarchischen Matrix. Todorova verwendet den Begriff der ‘markierten’ und der ‘unmarkierten’ Regionen. Als Beispiel führt sie die Institute für Europastudien zahlreicher europäischer und amerikanischer Universitäten an. Häufig ist das Feld der Osteuropastudien nicht in diese Institute integriert. Somit ist Osteuropa eine markierte Region. Markierte Regionen werden als verschieden gekennzeichnet. ‘...während die unmarkierten Kategorien ihre Macht davon ableiten, dass sie der Standard sind, an dem alle anderen sich messen müssen. Es sind die unmarkierten Kategorien, die diskret im Zentrum des Allgemeinbegriffs stehen und diesen im Grunde beherrschen’ (2003: 229f). Die unmarkierten Regionen Europas sind nicht nur eine geografische Zone, sondern auch eine wirtschaftliche und administrative Kraft, eine historische Idee und ein Ideal (vgl. Todorova 2003: 229f). Balkan als Bezeichnung ist ein neutraler Name, der ‘Gebirge’ bedeutet. Balkan als Region wird als Synonym für Südosteuropa verwendet. Abhängig von der Wahrnehmung von Wirklichkeit kann der Begriff eine neutrale, positive oder abwertende Bedeutung haben. Balkan als Metapher hat sich in einem stufenweisen Prozess seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem pejorativen Begriff entwickelt. Ausgelöst durch den Zerfall des Osmanischen Reichs und einem schwierigen Modernisierungsprozess wurde der Balkan zum Symbol für ‘aggressiv’, ‘intolerant’, ‘barbarisch’, ‘halbentwickelt’, ‘halbzivilisiert’ und ‘halborientalisch’. Es gibt aber auch eine positiv besetzte Metapher, wenngleich diese eine Ausnahme darstellt: der Balkanbegriff stand ab dem 19. Jahrhundert in Bulgarien für Unabhängigkeit, Freiheitsliebe, Mut und Würde (vgl. Todorova 2003: 232f). Mit seiner konkreten geografischen und historischen Existenz wurde der Balkan durch ein halbes Jahrtausend osmanischer Herrschaft geprägt (vgl. Todorova 1999: 29f). Balkan kann auch als historisches Vermächtnis, als osmanisches Vermächtnis gesehen werden. Die Elemente, welche als osmanisch wahrgenommen werden, prägen das aktuelle Balkanstereotyp am meisten (vgl. Todorova 2003: 233, 241). Todorova verwendet den Begriff Vermächtnis (legacy) um die räumliche Analyse mit der historischen zu verbinden. Sie untersucht das Zusammenspiel von historischen Perioden, Traditionen und Vermächtnissen um Antwort auf die Frage ‘Was ist der Balkan?’ zu finden (2003: 239ff). Vermächtnis bezeichnet soziale Fakten, die unterschiedlich weit von der Erfahrung entfernt sein können. Es handelt sich im Allgemeinen nicht um die Besonderheiten einer Periode, sondern um die Überlieferung von Merkmalen aus einer Periode, nachdem diese bereits abgelöst wurde und zum anderen um ‘die Konstruktion der Vergangenheit in historiographischen, fiktionalen und journalistischen Werken ebenso wie im Alltagsdiskurs’ (Todorova 2003: 242). Vermächtnisse sind Prozesse und veränderlich, das osmanische Vermächtnis verliert an Bedeutung und damit entfernen sich die als balkanisch geltenden Länder auch von ihrer Balkanität. Im aktuellen Balkanismusdiskurs wird das osmanische Vermächtnis jedoch als unvergänglich und primordial angenommen (vgl. Todorova 2003: 242)
Sabine Echsel, Jahrgang 1964, hat nach ihrer Ausbildung zur Sozialpädagogin als Beraterin für am Arbeitsmarkt benachteiligte Personen und als Organisationsberaterin im Kommunal- und Non Profit Bereich und in der Regionalentwicklung gearbeitet. Sie war Mitinitiatorin und Beraterin in einem EU Projekt zur Förderung eines gemeinsamen Arbeitsmarktes Österreich Ungarn. Aus Interesse an den Themen Diversität, Integration und Diskriminierung hat sie Kultur- und Sozialanthropologie studiert. Dieser Schwerpunkt ist auch in die vorliegende Studie des Kommunikationsverhaltens österreichischer und ungarischer Unternehmen eingeflossen.
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