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- Die Finanzmarktkrise im Überblick: Amerikanische Häuslebauer, die Ratingagenturen und die Banken
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 220
Abb.: 46
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die aktuelle Krise, die sich im Laufe von zwei Jahren von der Subprime- über die Verbriefungskrise zur Wirtschafts- und Finanzmarktkrise ausgeweitet hat, ist noch immer nicht vollständig überwunden. Ziel dieses Buches ist dem Leser ein tieferes Verständnis für die Ursachen und die Entwicklung der Krise zu vermitteln. Als Einstieg erhält der Leser ein differenziertes Bild über die Funktionsweise des US-Immobilien- und Immobilienfinanzierungsmarktes sowie die soziale Bedeutung des Wohneigentums in den Vereinigten Staaten. Anschließend erfolgen eine intensive Diskussion der theoretischen Grundlagen der Verbriefung sowie die Erläuterung der Funktionsweise einer Verbriefungstransaktion von Subprime-Darlehen. Als besonders risikobehaftet haben sich Reverbriefungen, sogenannte Structured-Finance Collateralized Debt Obligations oder SF-CDOs, herausgestellt. Diese Produkte dienten zur besseren Verwertbarkeit von nachrangigen Verbriefungstranchen, die in der Krise als herses von hohen Verlusten betroffen waren. Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Verbriefungsgeschäftes waren die Beurteilungen der geschaffenen Produkte durch die Ratingagenturen. Zentrale Säule dieses Buches ist daher die umfassende Darstellung der genutzten mathematischen Modelle sowie die Analyse ihrer Schwächen. Den Abschluss der Studie bildet die Diskussion der divergierenden Erwartungen verschiedener Stakeholder an die Ratingagenturen im Rahmen eines Expectation-Gap-Konzeptes sowie ein Ausblick auf künftige Entwicklungen.
Textprobe: Kapitel 4.1, Fitch Ratings: Der Ratingprozess eines RMBS-Pools zerfällt in zwei Phasen. Erste Phase ist die Schätzung der über die Lebensdauer hinweg anfallenden Verluste eines Pools sowie die Generierung einer Verlustverteilung des Pools. Hierzu nutzt Fitch das Modell ResiLogic, das in den Veröffentlichungen vom 18. Januar und 14. August 2007 beschrieben wird. Einen messbaren Einfluss auch das Ergebnis hat auch die Qualität des die Darlehen betreuenden Servicers die Differenz des Credit Enhancement zwischen einem sehr guten (RPS 1) und einem knapp zufrieden stellendem (RPS 3-) Servicer beziffert Fitch auf etwa 10%. Die formalen Grundlagen des Modells werden in Anhang 6 erläutert. Zweite Phase ist die Modellierung der Cashflows aus dem RMBS-Pool dieser Arbeitsprozess wird in der Veröffentlichung vom 6. Februar 2007 beschrieben. Hierzu nutzt Fitch die Softwarelösung Intex DealMaker. Zunächst werden Prepayment- und Default-Vector konstruiert und anschließend die Cashflows der Transaktion unter verschiedenen Zinsszenarien modelliert. Modellaufbau: Zur Ermittlung des Expected Loss eines Darlehenspools wird der Schätzvorgang in die Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Loss Severity auf Darlehensebene zerlegt. Der Expected Loss des einzelnen Darlehens ist das Produkt aus der Ausfallwahrscheinlichkeit sowie dem Loss Given Default des einzelnen Darlehens. Die Summe der erwarteten Verluste aller Darlehen ergibt nun den Expected Loss des Darlehenspools dieser entspricht als Base-Case-Szenario einem B-Rating. Höhere Ratingstufen korrespondieren mit entsprechend höheren Quantilen der Verlustverteilung. Ein Darlehensaufall ist einbinäres Ereignis, daher schätzt Fitch die Ausfallwahrscheinlichkeit mit einer logistischen Regression. In diese Berechnung gehen insgesamt 13 Regressoren ein. Auffällig ist hier die enorme Dominanz des Fico-Score, der zu 80,1% die Modellergebnisse bestimmt. Weiterer bedeutender Faktor ist mit 9,5% der ‘Credit Sector’, d.h. ob ein Darlehen dem Subprime, Alt-A oder Prime-Bereich angehört. Prime- und Alt-A Darlehen weisen bei gleichem Fico-Score geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten als Darlehen aus dem Subprime-Sektor auf. Für einen mäßigen Fico-Score von 600 ermittelt das Modell c.p. für Prime-Darlehen über den Beobachtungszeitraum hinweg eine Ausfallwahrscheinlichkeit von ca. 5%, während für Alt-A Darlehen ca. 13% und für Subprimedarlehen ca. 18% angegeben werden. Bemerkenswert ist, dass die intuitiv als risikorelevant wahrgenommenen Faktoren Gesamt- Beleihungsauslaufmit 3,5%, Darlehenstyp mit 1,4%, Dokumentationsstatus des Darlehens (Full-, Lo-, No-Doc) mit 1,1% sowie Nutzungsstatus des Beleihungsobjektes mit weniger als 1% jeweils nur ein geringes Gewicht aufweisen. Nahezu irrelevant ist die Kapitaldienstfähigkeit ein Backend-DTI geht nicht in die Berechnung ein, es wird nur ein Frontend-DTI mit weniger als 1% gewichtet. Bei gleichen Charakteristika eines Darlehens beeinflusst die Situation der lokalen Ökonomie die Ausfallwahrscheinlichkeit erheblich. Die ermittelte Ausfallwahrscheinlichkeit eines Darlehens wird daher mit einem auf Bundesstaatenebene ermittelten Risikoindex multipliziert. Zweite Komponente der Expected-Loss-Schätzung auf Darlehensebene ist die Ermittlung der Determinanten der Loss Severity. Zur Ermittlung der Loss Severity wird zunächst der Anteil der Darlehen modelliert, deren Ausfall keinen Verlust verursacht, in einem zweiten Schritt wird dann für die verbleibenden Darlehen die Loss Severity mit einer bedingten nichtlinearen Least-Squares-Regression geschätzt. Überraschend ist hier zunächst der Einfluss der Darlehenshöhe von 57,2% während der Beleihungsauslauf mit 14,7% der Kupon des Darlehens mit 8,8% sowie Typ und Nutzungsstatus des Beleihungsobjektes mit 8,1% bzw. 5,1% zweitrangige Einflussfaktoren sind. Da die Datengrundlage des Modells überwiegend aus Darlehen aus den 1990er Jahren besteht, sind hier eine Vielzahl sehr kleiner Darlehen insbesondere aus dem Subprime-Bereich enthalten. Fallen sehr kleine Darlehen aus, so fallen zum einen die Fixkosten der Vollstreckungsmaßnahmen stärker ins Gewicht, zum anderen sind diese Darlehen im Regelfall durch Beleihungsobjekte schlechter Qualität abgesichert, die nur schwierig verwertbar sind und zur Vermarktung zusätzliche Investitionen benötigen. Nachdem nun Ausfallwahrscheinlichkeit und Loss Severity auf Darlehensebene geschätzt sind, müssen diese Daten auf Poolebene aggregiert werden. Die idiosynkratischen Ausfall- und Loss Severity-Komponenten, die die ‘base case’ ausdrücken, werden über die Ziehung von Quasi-Zufallszahlen generiert.Zu diesem Zweck wird die Ausfallwahrscheinlichkeit und die Loss Severity mittels einer 2-Faktor-Gauß-Copula systemischen Risikofaktoren auf Staaten- und Bundesebene ausgesetzt. Diese systemischen Risikofaktoren führen zu einer positiven Korrelation zwischen Ausfallwahrscheinlichkeit und Loss Severity und bewegen somit für den Fall der schlechten Realisierung der Risikofaktoren Wahrscheinlichkeitsmasse in den auslaufenden Ast der Verlustverteilung. Die Generierung einer Verlustverteilung des Pools erfolgt durch einen Hybrid-Monte-Carlo-Ansatz. Die idiosynkratischen Kompo-nenten eines Darlehensaufalls sowie der LS werden durch Pseudo-Zufallszahlen generiert, während die systemischen Komponenten -dies ist die ökonomische Entwicklung auf Bundesstaaten- und nationaler Ebene- durch einen Quasi-Monte-Carlo-Ansatz simuliert wird. Diese Ansätze beruhen auf Sequenzen, die in einem Hyperraum Punkte erzeugen, die gleichmäßiger verteilt sind als zufällig erzeugte Punkte. Durch dieses Verfahren soll gegenüber einer kompletten Monte-Carlo-Berechnung (mit einigen Zehntausend Berechnungsläufen für jeweils einige Tausend Darlehen!) Rechenzeit eingespart werden. Die Methodik von Fitch basiert auf Sobol-Sequenzen, die nach etwa 8.000 bzw. unter Einbezug der Antithesen nach 16.000 Simulationen ähnlich stabile Ergebnisse liefern wie eine Voll-Monte-Carlo-Simulation mit mehr als 50.000 Simulationen. Die alternativ einsetzbaren Fauré- und Halton-Sequenzen neigen bei hochdimensionierten Problemen zur Bildung von Clustern und damit zu weiter auslaufenden Ästen der Verlustverteilung. Eine Fallstudie von Fitch für einen modellhaften RMBS-Pool zeigt, dass die 90%, 95%, 99% und 99,5%-Quantile der Verlustverteilung sowohl mit einer Voll-Monte-Carlo-Simulation als auch bei Nutzung von Sobol- und Fauré-Sequenzen auf nahezu identischem Niveau liegen. Bei Extremwerten, dargestellt durch die 99,9%- und 99,99%-Quantile, weichen Fauré-Sequenzen gegenüber den anderen Verfahren jedoch deutlich nach oben ab: Während Monte Carlo- sowie Sobol- Modelle diese Quantile mit ca. 14% bzw. ca. 16% ermitteln, liegen die Werte eines Fauré-Modells bei ca. 16% bzw. ca. 21%. Weder bei der Ausfallwahrscheinlichkeit noch bei der Loss Severity wird die Immobilienpreisentwicklung seit Darlehensausreichung explizit berücksichtigt. In einem Interview räumten Vertreter von Fitch allerdings ein, dass ein Immobilienpreisanstieg in den ‘low to mid single digits’ neben dem Beleihungsauslauf und dem Fico-Score einer der Haupttreiber ihres Modells sei. Da das Modell die Ausfallraten der dot.com Rezession 2000-2002 als base-case annimmt und auch in diesem Zeitraum die Immobilienpreise um 3-5% pro Jahr angestiegen sind, wird klar, dass ein moderater Immobilienpreisanstieg als implizite Annahme in das Modell mit eingeflossen ist. Fitch führt an, dass in älteren Modellversionen das Niveau des AA-CE einer Projektion der Rezession in Texas in der zweiten Hälfte der 80er Jahre sowie Rezession in Kalifornien Anfang der 90er Jahren auf Bundesebene entspreche. Diese Rezessionen - in Texas verursacht durch einen Verfall der Ölpreise in einem ansonsten wirtschaftlich gesunden Umfeld, in Kalifornien eine tiefere und längere Version der Rezession 1990/91 aufgrund des Stellenabbaus beim US-Militärs sowie in der Luftfahrtindustrie- waren mit einem raschen Anstieg der Arbeitslosenquote um etwa 4% verbunden. Neuere Versionen des Modells verwenden ähnliche Szenarien mit einem vergleichbaren Anstieg der Arbeitslosenquote das Niveau des AAA-CE liege nochmals höher angesetzt und entspreche einem kurzfristigen Anstieg der Arbeitslosenquote um 5-6% bzw. einem kurzfristigen, nachhaltigen Verfall der Immobilienpreise um 25%. Die in einer Verbriefungstransaktion enthaltenen Darlehen werden von einem Servicer verwaltet. Der Primary Servicer ist für die laufende Administration der Darlehen bis hin zur Abwicklung notleidender Darlehen zuständig, der Master Servicer kontrolliert und überwacht die Tätigkeit des Primary Servicers. Kriterien zur Bewertung des Primary Servicers sind neben der finanziellen Stärke die Qualität des Managements und des Personals sowie die Qualität der eingesetzten Technologie und Prozesse. Ein besonderes Augenmerk legt Fitch insbesondere bei Servicern von Subprime-Darlehen auf eine effektive Betreuung rückständiger Darlehen mit dem Ziel der Minimierung eintretender Verluste. Die Ergebnisse des Servicer Ratings gehen direkt als Modifikator in das quantitatve Modell ResiLogic ein. Ist die Modellierung der Verluste abgeschlossen, so dient die erhaltene Verlust-verteilungsfunktion als Input für die Cash-Flow-Modellierung. Da die einer RMBS zugrunde liegenden Darlehen grundsätzlich jederzeit rückzahlbar sind und zurück-gezahlte Darlehen keinen Excess Spread zur Abdeckung von Verlusten mehr liefern, ist die Bildung einer Annahme über das vorzeitige Rückzahlungsverhalten der erste Schritt der Cash-Flow-Modellierung einer RMBS. Die Konstruktion von Prepayment-Vektoren folgt der in Anhang 4 dargestellten Methodik, erfolgt aber für verschiedene Darlehens-produkte (variabel, hybrid oder festverzinslich) und Darlehensgruppen (Prime, Alt-A oder Subprime) differenziert. Darlehen mit Prepayment Penalties zeigen ein lang-sameres Prepaymentverhalten Fitch berücksichtigt dies über einen Multiplikator von 0,40 im ersten Monat, der sich monatlich um 0,03 bis auf 1,0 im 22. Monat erhöht. Zur Ermittlung der tatsächlich durch die Investoren zu tragenden Verluste ist nicht nur wichtig, wie hoch die kumulierten Verluste sind, sondern zur Einschätzung der Absorptionswirkung des Excess Spread auch wann diese über die Lebensdauer des Pools verteilt anfallen. Analog des bereits vorgestellten ‘Prepayment Vectors’ wird nun ein ‘Default Vector’ konstruiert. In den ersten 6-12 Monaten Lebensdauer einer Verbriefung fallen kaum Verluste an, da ‘Early-Payment-Defaults’ durch den Verkäufer der Darlehen zurückgenommen werden müssen. Nach dieser Frist müssen zumindest für 3 Monate Rückstände aufgelaufen sein, um zur Darlehenkündigung zu gelangen. Einigt man sich auf einen short sale, d.h. auf einen freihändigen Verkauf der Immobilie zu einem Preis unterhalb der Restschuld des Darlehens, kann die Abwicklung des Darlehens und die Realisierung des Verlustes relativ rasch, d.h. zwischen 3 und 6 Monaten geschehen. Wird aber eine ‘foreclosure’ eingeleitet, so verlängert sich die Dauer bis zur Realisierung des Verlustes auf 15 – 24 Monate. Daher steigen die Verluste in den Folgemonaten rasch an, um bei einer Subprime-Verbriefung zwischen dem 28. und 35. Monat ein Plateau mit monatlich 2,08% der ‘lifetime losses’ zu bilden und zwischen dem 36. und 45. Monat je 1,95% auf ähnlich hohem Niveau zu verharren. Ab dem 46. Monat flacht die Kurve jedoch stetig bis auf 0,08% im 81. Monat ab, um auf diesem Niveau bis zum Ende des Schätzungszeitraumes im 120. Monat zu verbleiben. Die Abschätzung bzw. Allokation der Verluste erfolgt somit nach der in Kap 3.2.3 angerissenen Kurvenmethode die Konstruktion der monatlich allokierten und der kumulativen Verluste findet sich ebenfalls in Anhang 4.
Christian Böhm, geboren 1975, beendete seine Schulausbildung 1995 mit dem Abitur. Es schloss sich eine Ausbildung zum Bankkaufmann und eine berufsbegleitende Weiterbildung zum Bankfachwirt an. Aufgrund persönlicher Umorientierung folgte ab 2003 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Abschluss zum Diplomkaufmann.
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