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- Chancen und Risiken ausländischer Direktinvestitionen: Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen im chinesischen Markt
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 12
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Mit rund 1.36 Mrd. Menschen lebt in der Volksrepublik (VR) China knapp ein Viertel der gesamten Weltbevölkerung. Seit fast drei Jahrzehnten erreicht das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nahezu kontinuierlich Wachstumsraten von mehr als 7 %. China ist zentraler Produktionsstandort für Emerging Markets und belegte 2012 mit einem Zufluss ausländischer Direktinvestitionen in Höhe von 121 Mrd. $ weltweit den zweiten Platz nach den USA. Beim Vergleich der wirtschaftlichen Daten könnte die VR China bereits 2014 die USA als weltgrößte Volkswirtschaft ablösen. Aus diesem Grund ist die Markterschließung in China global agierender Unternehmen mehr und mehr unumgänglich geworden. Doch bevor ausländische Investoren Fuß auf dem chinesischen Markt fassen, sollten sie sowohl die die Chancen als auch Risiken für ein solches Engagement umfassend betrachten. Die Anzahl von Unternehmen, die über Patent- und Markenrechtsverletzungen, Personalfluktuation oder soziokulturellen Schwierigkeiten berichten, ist fast ebenso groß wie die Anzahl der Erfolgsberichte. Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Risiken einer ausländischen Direktinvestition in der VR China unter Betrachtung einer Vielzahl von Rahmenbedingungen im chinesischen Markt zu ermitteln. Die Darlegung soll ausländischen Unternehmen, die eine Investition in China beabsichtigen, einen möglichst detaillierten Einblick verschaffen. Die Arbeit beschränkt sich dabei auf die generellen Einflussfaktoren, die größtenteils für alle Unternehmen gleich sind. Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels stehen die möglichen Organisationsformen einer Direktinvestition. Hierbei werden die einzelnen Markeintrittsalternativen definiert und die jeweiligen Gründungsverfahren beschrieben. Gegenstand des dritten Kapitels sind die wirtschaftlichen, politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen für ein China-Engagement, während sich das vierte Kapitel eingehend mit den Chancen und Risiken für Investoren befasst.
Textprobe: Kapitel 3.2, Soziokulturelle Faktoren: Die VR China ist ein Kulturkreis mit einer Jahrtausende alten Geschichte und Kultur mit verschiedenen Sprachen und Bräuchen. Chinas Fläche beträgt das rund 25-fache der Fläche Deutschlands. Die Sprache und Gepflogenheiten zwischen Nordchinesen und Südchinesen unterscheiden sich etwa wie die zwischen einem Bewohner des Polarkreises und einem Sizilianer. Aufgrund dieser Vielfalt können im folgenden Kapitel nur grundlegende Merkmale und geschäftliche Verhaltensweisen der Chinesen dargestellt werden. 3.2.1, Sprache: Hochchinesisch, auch Mandarin genannt, ist nach Englisch die am häufigsten gesprochene Sprache der Welt. In der chinesischen Sprache gibt es über 40.000 Schriftzeichen. Für die wichtigste Kommunikation reichen 2.000 bis 3.000 Zeichen. Da jedes Zeichen ein Wort darstellt, entspricht dies etwa dem deutschen Wortschatz. Die Sprache besteht also nicht aus einzelnen Buchstaben, sondern aus ganzen Wörtern, die nach einer recht simplen Grammatik kombiniert werden. Die chinesische Sprache verfügt über vier Tonhöhen. Multipliziert man diese mit den ca. 460 Silben, ergeben sich ca. 1.500 Möglichkeiten, ein Schriftzeichen auszusprechen und ihm eine bestimmte Bedeutung zuzuweisen. Entsprechend bedeutet ‘mai’ im dritten Ton ‘kaufen’, im vierten bedeutet es ‘verkaufen’. Für jedes Wort werden Aussprache, Ton, Schriftzeichen und die jeweilige Bedeutung auswendig gelernt. Wer die Sprache beherrscht, wer also auswendig lernt und nachahmt, gilt demnach als gebildet. In China ist deshalb das Nachahmen auch nicht negativ behaftet wie bei uns, sondern wird von Kindheit an geschult. Mandarin wurde mit der Gründung der VR China im Jahre 1949 zur offiziellen Amtssprache deklariert. Obwohl Mandarin seitdem in allen Schulen der VR gelehrt wird, gibt es landesweit starke sprachliche Unterschiede. Im Gegensatz zu den deutschen Dialekten entsprechen die lokalen Heimatdialekte der Regionen Shanghai, Beijing oder Guangzhou in etwa denen europäischer Sprachen. Die Menschen können sich also untereinander nicht verständigen, wenn jeder seinen Heimatdialekt spricht. Die Unterschiede betreffen allerdings nur die Aussprache, während die chinesischen Schriftzeichen im ganzen Land einheitlich verwendet werden. Problematisch ist die Übersetzung von Fachbegriffen ins Chinesische. Viele Bezeichnungen, die wir in westlichen Sprachen verwenden, gibt es im Chinesischen nicht. Das gilt besonders für technische Fachtexte. Im Deutschen übernehmen wir Fremdwörter wie beispielsweise ‘Marketing’ oder ‘E-Mail’ und verwenden sie weiterhin in ihrer Originalschreibweise. Im Chinesischen dagegen muss für jedes Wort eine Zeichenkombination gefunden werden. Allerdings werden keine neuen Zeichen kreiert, sondern man kombiniert vorhandene in einer neuen, bisher nicht bekannten Zusammensetzung. Beispielsweise wird der Name Volkswagen sinngemäß als ‘Massenfahrzeug’ übersetzt. Eine weitere Herausforderung ist die Übersetzung von Firmennamen. Manche Unternehmen geben die Anlaute des Originals wieder, wobei hinter jeder Silbe auch ein Zeichen steht. Die chinesische Version ähnelt zwar der westlichen Aussprache, jedoch haben die Zeichen keinen besonderen, schon gar keinen positiven Sinn. So hat BASF seinen Firmennamen rein lautmalerisch übertragen und heißt auf Chinesisch ‘ba si fu’. Anders hat es z.B. das Automobilunternehmen BMW gemacht. BMW ‘bao ma’ gibt ebenfalls die Anlaute des Originals wieder und bedeutet übersetzt so viel wie ‘edles Ross’. Die Zeichenwahl ähnelt also dem deutschen Original und impliziert zugleich eine positive Bedeutung, so dass der Name eine wichtige Rolle für das Image des Unternehmens in China übernehmen kann. Daher ist es zu empfehlen, bei der Namensfindung mit erfahrenen Dolmetschern, deren Muttersprache Chinesisch ist, zusammenzuarbeiten. Sprache kann in China Harmonie und Gesicht verleihen oder nehmen (siehe auch Kapitel 3.2.3). So ist es unhöflich, nein zu sagen und wird deshalb grundsätzlich vermieden. Das wird besonders in Geschäftsverhandlungen zwischen ausländischen und chinesischen Partnern deutlich. Sagt der Ausländer nein, kann ein Dolmetscher dies vielleicht mit ‘ich werde darüber nachdenken’ übersetzen. Dem Chinesen ist trotzdem klar, welche Aussage gemeint ist, ohne die Antwort für unhöflich zu halten. Dagegen kann es passieren, dass die ausländische Seite ungeduldig wird, wenn der chinesische Partner stets ausweichend antwortet und ‘um den heißen Brei herum redet’. Sprache kann in China auch als Hierarchiesymbol stehen. Einige chinesische Manager lassen sich dolmetschen, auch wenn sie selbst der ausländischen Sprache mächtig sind. Während die Chinesen das als Statusgewinn betrachten, missverstehen es westliche Geschäftspartner als Arroganz oder sie reden offen über interne Daten, weil sie glauben, die Gegenseite spreche beispielsweise kein Englisch. Bedient sich ein Ausländer eines Dolmetschers, obwohl er die chinesische Sprache beherrscht, gewinnt er aus chinesischer Perspektive Gesicht. In internationalen Verhandlungen ist auch minutenlanges Schweigen üblich – entweder als Denkpause oder als Hinweis auf einen sensiblen Themenbereich, der für eine Diskussion noch nicht reif ist. Ausländische Geschäftspartner können dadurch schnell nervös und unsicher werden. 3.2.2, Das Netzwerk persönlicher Beziehungen (Guanxi): Guanxi bedeutet etwa ‘Beziehungen’, ‘Verbindungen’ oder ‘Netzwerk’. Darauf basieren auch in den westlichen Ländern viele private und geschäftliche Beziehungen. In der chinesischen Kultur geht das Verständnis gegenseitiger Abhängigkeit jedoch über das westliche Verständnis hinaus. Chinesen definieren sich durch ihre Netzwerke und je nach Grad der Intensität der Beziehung, das heißt durch eine besonders starke oder weniger starke moralische Verpflichtung in Bezug auf gegenseitige Hilfe und Gefälligkeiten. Chinesen machen dies tagtäglich, mehr oder weniger unbewusst. Für Guanxi gilt, dass auch über Jahre hinweg die Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe nicht erlischt. Aus westlicher Sicht erscheint diese Forderung ungewöhnlich oder unberechtigt, für die Chinesen ist das ganz selbstverständlich. Auch wenn Person A der Person B einen Gefallen tut, dieser aber Person C einen Gefallen schuldet, dann kann Person C diesen auch von Person B einfordern. Die chinesische Kultur hat sich über Jahrtausende entwickelt und beeinflusst noch heute die geschäftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen erheblich. So gliedert das konfuzianische Prinzip die Menschen fest in ein hierarchisches Gefüge, das die Grundlage der sozialen Ordnung in China bildet. An erster Stelle steht die Familie. Wie in Kapitel 3.2.5 erläutert, definiert schon Konfuzius die Familie als Kernpunkt der Gesellschaft. Dies bedeutet, seinen Familienmitgliedern in jeder Situation zu helfen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, dieser Verpflichtung nachzukommen. Dies gilt sowohl für den privaten als auch für den geschäftlichen Bereich. Auf diesem Prinzip basiert auch der wirtschaftliche Erfolg der Chinesen: Sie gründen kleine Familienbetriebe, die zusammenarbeiten, ohne dass hohe Kosten für Mitarbeiter und Gewerkschaften entstehen (Wettbewerbsvorteil). Die Gewissheit, sich auf die eigene Familie verlassen zu können, schafft einen Zusammenhalt, der für die Chinesen sehr wichtig ist. Der nächste Kreis besteht aus den Beziehungen zu ehemaligen Schülern oder Studienkollegen. Auch nach Jahren ohne Kontakt kann man solche Guanxi bei Bedarf jederzeit wieder aufleben lassen. Die Verpflichtungen sind zwar nicht mehr so zwingend wie innerhalb der Familie, dennoch sollten diese Kontakte intensiv gepflegt werden. Auch zwischen Menschen, die auf gemeinsame Erlebnisse wie beispielsweise Naturkatastrophen zurückblicken können, besteht die Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe. Einen hohen Stellenwert haben Verbindungen zwischen Schülern und Lehrern. Der Respekt vor dem Wissen in Verbindung mit der Achtung des Alters führt zu einer festen Schüler-Lehrer-Beziehung, die ebenfalls für bestimmte Bedürfnisse genutzt werden kann. Wenn ehemalige Schüler später in bedeutende Positionen aufrücken, können sie die Verpflichtung gegenüber ihrem Lehrer zurückgeben. Hier können erstmals auch Ausländer partizipieren, wenn sie in chinesischen Schulen oder Universitäten unterrichtet oder in Unternehmen chinesische Mitarbeiter ausgebildet haben. Sie sollten daher immer den Kontakt zu diesen Menschen aufrechterhalten. Auf der letzten Ebene steht die Beziehung zwischen Freunden – auch für Ausländer eine Möglichkeit, ein Guanxi aufzubauen. Freunde zu gewinnen ist für Ausländer aufgrund der Sprach- und Mentalitätsbarrieren zwar oft nicht leicht, aber hat sich einmal eine persönliche Verbindung entwickelt, empfiehlt es sich, sie zu pflegen und auszubauen. Kleine Geschenke oder Aufmerksamkeiten gehören dazu, wenn man Freunde besucht oder Geschäftspartner trifft. Hat sich ein Ausländer in dem System erst einmal zurechtgefunden, kann es recht gut nutzen – gleichgültig, ob ein Joint Venture gegründet werden soll oder nur ein Flugticket benötigt wird. Es gibt immer ein Restkontingent für ‘besondere Personen’, die über die entsprechenden Guanxi verfügen. Guanxi gilt immer in beide Richtungen, d.h. es können sich auch Chinesen bei Ausländern melden, wenn sie ein Anliegen haben. Abgelehnt werden sollte dies möglichst nicht. 3.2.3, Gesicht (Mianzi): Nicht nur in China ist das Konzept des ‘Gesichts’ bekannt, auch in der europäischen Kultur kann ein Unternehmen oder eine Person ‘Gesicht geben’ oder ‘Gesicht verlieren’. In China sind die damit verbundenen Konsequenzen für das private wie geschäftliche Leben jedoch schwerwiegender. Gesicht geben bzw. gewinnen kann man unter anderem durch Höflichkeit und Lob, durch Zusammentreffen mit wichtigen Personen wie Politikern oder Sportlern sowie durch Achtung vor dem Alter und der Familie. Gesicht verlieren kann man unter anderem durch Unhöflichkeit, lautes Schreien, Missachtung des Senioritätsprinzips sowie durch offene Kritik. Wie im Kapitel zuvor erwähnt, definiert sich jedes Individuum über seine Beziehungen in der Gesellschaft. Das verleiht ihm Gesicht. Wer viel Gesicht und damit hohes Ansehen genießt, kann es verkraften, welches zu verlieren. Wer wenig oder gar kein Gesicht hat, wie aus chinesischer Sicht die Ausländer, sollte nicht noch mehr Gesichtsverlust riskieren. Den meisten Ausländern mag es gleichgültig sein, wie viel Gesicht sie haben und wie viel sie verlieren, die meisten bemerken es nicht einmal. In den Augen der Chinesen führt das zu einem Statusverlust und hat direkte Konsequenzen. So wird ein ausländischer Vorgesetzter, der aufgrund seines Verhaltens sein Gesicht verloren hat, in China nicht ernst genommen. Die Mitarbeiter vertrauen ihm nicht mehr und werden daher nicht unbedingt mit ihm kooperieren. Auch für ausländische Unternehmen hat Gesicht große Bedeutung. Ein Unternehmen mit Gesicht erhält leicht Mitarbeiter und hat weniger Probleme im Umgang mit zuständigen Behörden. Auch die Fluktuation von Personal lässt sich mit entsprechendem Gesicht eingrenzen. Gesicht entspricht in diesem Zusammenhang also dem ‘Image’ eines Unternehmens. 3.2.4, Hierarchiedenken: Wie in Kapitel 3.2.5 beschrieben, sind laut Konfuzius keine zwei Menschen gleich. Schon vor rund 2.500 Jahren gab es beispielsweise keinen neutralen Ausdruck für Bruder oder Schwester, sondern nur die Bezeichnungen jüngerer Bruder oder älterer Bruder bzw. Schwester. Dieses Hierarchiedenken besteht in der VR China bis heute. Sind mehrere ausländische Partner zu einem Geschäftstermin in China eingeladen, fragen die Chinesen vermutlich zuerst nach dem Delegationsleiter, denn die chinesische Seite benötigt einen direkten Ansprechpartner. Wichtig ist hierbei auch die Visitenkarte mit dem entsprechend übersetzten Titel. Da die firmeninterne Hierarchie aus Titeln wie ‘Sales Manager’ oder ‘Key Account Manager’ nicht abgeleitet werden kann, empfiehlt sich ein möglichst hochrangiger Titel, der zusätzlich über die Bedeutung der Person in dem China-Projekt informiert. Das gibt nicht nur Gesicht, sondern entscheidet auch über die Kooperationsbereitschaft des chinesischen Partners. Hält ein höher gestellter chinesischer Geschäftspartner sein Gegenüber für nicht befugt, wird er nur ungern mit ihm sprechen. Deshalb sollte ein Gespräch stets vom ranghöchsten Mitarbeiter eingeleitet werden, der später delegieren kann. Führt dann ein Untergebener die Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt alleine, überbringt er Grüße und Geschenke vom Vorgesetzten und qualifiziert sich so für das weitere Prozedere. Die wichtigste Person des chinesischen Gegenübers erkennt man daran, dass sie unaufgefordert spricht, den anderen das Wort erteilt und am Kopfende des Tisches sitzt. Werden chinesische Delegationen im Ausland empfangen, erhält der Gastgeber in der Regel vorab eine Liste mit den Teilnehmern und deren Positionstiteln. Ohne weitere Detaillierung ist sie automatisch absteigend nach Rang sortiert. Entsprechend sollten die Geschäftspartner behandelt werden. So heißt es in China auch nicht wie in westlichen Ländern ‘Ladies First’: Nicht die Dame betritt zuerst das Restaurant oder wird zuerst bedient, sondern der Ranghöchste. Höherrangige werden mit ihrem Titel angesprochen, der Familienname kann hinzugefügt werden.
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