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Informatik

Katja Friebel

Zukunfts(t)räume? Wege zur barrierefreien Mobilität

Anwendung des UMN MapServers am Beispiel Berlin/Treptow-Köpenick

ISBN: 978-3-8366-6498-1

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 114
Abb.: 36
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die barrierefreie Mobilität verkörpert ein aktuelles Thema und städtebauliches Entwicklungsziel, das vor dem Hintergrund einer zunehmend alternden Gesellschaft noch an Bedeutung gewinnt. In den 1990er Jahren erlangt die Behindertenforschung auch innerhalb der deutschsprachigen (Sozial-) Geographie an Beachtung, nimmt hier jedoch im Gegensatz zur angelsächsischen Geographie bis heute eher eine Randposition ein. Die vorliegende Arbeit zeigt zunächst den gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit Behinderung und dessen Voraussetzungen auf, um die Ursachen und die Tragweite der Problematik zu verdeutlichen. Der Ursprung des Konzeptes der Barrierefreiheit ist ohne Zweifel in den Richtlinien zum behinderten- und altengerechten Bauen zu finden, die seit den 1970er Jahren veröffentlicht wurden. Die Arbeit gibt Aufschluß über die politischen und juristischen Entwicklungen, die das Ziel der Barrierefreiheit verankern und somit die wesentliche Grundlage für die Umsetzung, aber auch die damit verbundenen Probleme darstellen. Die Bewertung des Umsetzungsstandes und der Umsetzungsmöglichkeiten barrierefreier Mobilität stellt heraus, dass es sich bei der Herstellung von Barrierefreiheit um einen hohen Anspruch handelt, der in näherer Zukunft in seiner Gesamtheit nicht realisierbar ist. Demzufolge wird ein Handlungsbedarf für kurzfristige Lösungen identifiziert und ein Potenzial in der Verbesserung der Information mobilitätsbehinderter Menschen gesehen. Anhand des Beispielgebietes Treptow-Köpenick (Berlin) erfolgt die Konzeption und Umsetzung einer Prototyp-Anwendung mit dem UMN-MapServer, die dabei wichtige Rahmenbedingen aufzeigt und berücksichtigt.

Leseprobe

Kapitel 3.3, Erfassung und Darstellung von Mobilitätsbarrieren: Die vorgestellten politischen und gesetzlichen Instrumente liefern eine wichtige Basis zur Sicherung der Teilhabe behinderter Menschen. Die größte Herausforderung zur Verwirklichung barrierefreier Lebensräume jedoch stellt die existente Bebauungs- und Verkehrsstruktur dar. Daher nimmt die Erfassung von Mobilitätsbarrieren eine wichtige Rolle ein (Kap. 3.3.1.). Bei der Bereitstellung von Informationen zur Zugänglichkeit stellt das World Wide Web (WWW) ein innovatives Medium dar, das als Informationsplattform zunehmend an Bedeutung gewinnt (Kap. 3.3.2.). Anhand von Beispielen zeigt das Kapitel 3.3.3. die Möglichkeiten, die sich durch das WWW bieten, auf. Ziel der Erfassung von Mobilitätsbarrieren: Obwohl die DIN-Normen detaillierte Anforderungen an Tür- oder Wegbreiten, zur Beschaffenheit von Treppen und Rampen, zu Orientierungshilfen, Bewegungsflächen oder Bodenbelägen liefern und Rechtsverbindlichkeit erlangen, wenn sie wie in Berlin als technische Baubestimmungen eingeführt werden (vgl. Kap. 3.1.3), sind sie nicht immer in vollem Maße umsetzbar. Daher müssen (Mobilitäts-) Barrieren immer in Abhängigkeit von der räumlichen Situation identifiziert werden, um spezifische Lösungen finden zu können. Die lokale Bestandsaufnahme dient zwei wesentlichen Zielen: Zum einen sind mobilitätsbehinderte Menschen stärker als Menschen ohne Beeinträchtigung darauf angewiesen, ihre Wege im Vorfeld zu planen. Der folgende Erfahrungsbericht einer Rollstuhlfahrerin illustriert, mit welchen Problemen eine Vielzahl von Menschen auf ihren Wegen alltäglich konfrontiert werden: Wie ich also so auf dem Bahnsteig Zehlendorf warte und nach meinem Zug Ausschau halte, sehe ich die Anzeige: Yorckstraße, Bitte Ansage beachten! Gleich schwant mir nichts Gutes, denn das bedeutet: Schienenersatzverkehr! Und ich bereue, dass ich an diesem Abend – wie jeder Bürger/jede Bürgerin – spontan und normal nach Hause kommen wollte, so wie ich auch problemlos hinkam, ohne mich vorher wieder nach Bauarbeiten bei der S-Bahn zu erkundigen. Eine Woche zuvor zumindest fuhren die Züge durch. Müde und körperlich kaputt bedeutete dies wieder doppelt so viel an Wegezeit gegenüber den sonst notwendigen 45 Minuten, da ich den S-Bahnring bis Gesundbrunnen nutzte, um nicht zwischen Westkreuz und Zoo erneut Probleme zu bekommen, wie ich das neulich erlebte. […] Von Gesundbrunnen hätte ich bis Oranienburger Straße fahren müssen, aber in Nordbahnhof hieß es abermals: Dieser Zug endet hier. Weiterfahren auf dem anderen Bahnsteig. Da ein behinderter Mensch den Anschlusszug meist nicht bekommt, weil es eben mit den Aufzügen immer länger dauert und ich keinen Bock auf eventuell noch weitere defekte Aufzüge hatte – entschied ich mich freiwillig – einmal auf Straßenebene angekommen – für einen halbstündigen Rollimarsch nach Hause… . Das Beispiel verdeutlicht, dass gute Ortskenntnisse oder zuverlässige Informationen für mobilitätsbehinderte Menschen zur Realisierung von Aktivitäten unabdingbar sind. Neben temporären Hindernissen wie defekte Aufzüge, Baustellen oder Werbetafeln auf dem Gehweg, wetter- oder tageszeitbedingte Schwierigkeiten auf Wegen kommt hinzu, dass sich in Abhängigkeit von der körperlichen Konstitution die zu Fuß überwindbaren Distanzen reduzieren. Daher sind sie in besonderem Maße auf den öffentlichen Nahverkehr, spezielle Fahrdienste oder das Auto angewiesen. Die Qualität der Wege und dessen Bodenbelag, die Überquerbarkeit einer Strasse, die Dauer von Ampelphasen, die Verfügbarkeit eines für alle nutzbaren Haupteingangs zu Gebäuden etc. entscheiden über den Zeitaufwand oder sogar die generelle Erreichbarkeit eines gewünschten Ziels. Die Bereitstellung von Informationen dieser Bandbreite kann die Mobilität des Einzelnen erleichtern, enthebt jedoch nicht von der gesetzlichen Selbstverpflichtung, langfristig die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum herzustellen, um die Unabhängigkeit mobilitätsbehinderter Menschen zu gewährleisten. Zum anderen dient die Erfassung von Mobilitätsbarrieren daher dazu, den Handlungsbedarf auf lokaler Ebene zu identifizieren. Sie stellt vor allem für die Interessenvertreter behinderter oder älterer Menschen (Vereine, Behindertenbeauftragte des Bezirks u.a.) eine wichtige Grundlage dar, um deren Belange zu veranschaulichen und durchzusetzen. Bislang einmalig in Berlin ist der 1994 für den Bezirk Friedrichshain beschlossene Rahmenplan, für den Einrichtungen und der Verkehr aus der Sicht behinderter Menschen bewertet wurden. Das Ergebnis der Erhebung, die im Rahmen eines Projektseminars am Geographischen Institut der Humboldt Universität durchgeführt wurde, zeigte u.a. auf, dass 80% der untersuchten Einrichtungen für behinderte Menschen nicht nutzbar sind, dass mehr als 50% aller Bordsteinkanten nicht abgesenkt sind und Behindertenparkplätze in großer Zahl fehlen. Diese systematische Analyse konnte von der Behindertenbeauftragten des Bezirks aufgegriffen werden, um die Notwendigkeit von Maßnahmen in den verschiedenen Ressorts der Bezirksverwaltung geltend zu machen. Eine zweite Erhebung durch Studenten des Geographischen Instituts im Jahr 2005 in Friedrichshain-Kreuzberg kommt zu dem Ergebnis, dass der Bezirk noch immer nicht als behindertengerecht eingestuft werden kann. Im Gegensatz zur Situation von 1993 allerdings, als die kommunalen und öffentlichen Einrichtungen die schlechteste Zugänglichkeit aufweisen, sind die kommunalen Einrichtungen 2005 im Vergleich zu anderen Objekten am besten für behinderte Menschen zugänglich. Die Erfassung von Mobilitätsbarrieren kann demzufolge im Rahmen städtebaulicher Planungen den Handlungsbedarf aufdecken, der Erstellung eines Maßnahmenkataloges oder einer Prioritätenliste dienen sowie gleichermaßen ein Kontrollinstrument darstellen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Erfassung von Mobilitätsbarrieren die räumliche Orientierung beeinträchtigter Menschen erleichtert und gleichzeitig die langfristige Herstellung barrierefreier Räume unterstützt. Der folgende Abschnitt stellt die zunehmende Bedeutung des Internets heraus und legt dar, welche Chancen sich dadurch hinsichtlich der Bereitstellung von Informationen zur Zugänglichkeit öffentlicher Räume ergeben. Wachsende Bedeutung des WWW: Das World Wide Web (WWW) basiert auf einem Projekt des CERN in Genf (Schweiz), im Rahmen dessen 1991 die erste Webseite für die physikalische Forschung entstand. Seit Mitte der 1990er Jahre etablierte es sich zunehmend als journalistische, wissenschaftliche, aber vor allem öffentlichkeitswirksame Informationsplattform. Die rasante Verbreitung bzw. Durchdringung von IKT, besonders netzbasierten Diensten wie dem World Wide Web, in allen Bereichen der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik kommt in ihrer Wirkung der Erfindung des Buchdrucks gleich. Innerhalb von 10 Jahren wuchsen die Webseiten von 100 000 (1995) auf heute rund 10 Milliarden. Das Statistische Bundesamt, das sich 2005 zum vierten Mal an europäischen Pilotstudien zur Informationstechnologie in Unternehmen und Haushalten beteiligte, beziffert den Anteil der Personen im Alter von 16 bis 74 Jahre, die mindestens einmal pro Woche das Internet nutzen, für Deutschland auf 54%. Damit liegt Deutschland hinter Ländern wie Schweden und Finnland, aber über dem europäischen Durchschnitt (EU 15) von 46%. Die Ausstattung privater Haushalte mit Internetzugang stieg in Deutschland im Vergleich zu 2002 um 16% auf 62% im Jahr 2005 und ist abhängig von sozio-ökonomischen Merkmalen wie Geschlecht, Alter und Einkommen. Frauen nutzen das Internet im Durchschnitt seltener als Männer und Personen in der Altersgruppe ab 55 Jahre sowie einkommensschwächere Haushalte verfügen in wesentlich geringerer Zahl über einen Internetzugang. Die eigentliche Hürde stellt dabei die Anschaffung und Nutzung eines PC’s dar, denn 2005 nahmen bereits 87% aller PC-Nutzer in privaten Haushalten auch das Internet in Anspruch. Ziel der Internetnetzung privater Haushalte ist in erster Linie die Suche nach Informationen (52%), gefolgt vom Senden oder Empfangen von e-mails (51%), von Einkäufen (29%) und der Nachfrage von Finanzdienstleistungen (26%). Das Internet […] kann daher als ein innovatives Technologieumfeld für die Kommunikation und Verteilung von Informationen aller Art angesehen werden. Der entscheidende Vorteil des Internets liegt in der plattformunabhängigen, zeitlich unbeschränkten Zugangsmöglichkeit und dem interaktiven, multimedialen Inhalt des WWW. Mit der zunehmenden Verbreitung von DSL in Haushalten durch (gegenüber früher) vergleichsweise günstige Tarife wurden zudem neue Anwendungen für Privatnutzer erschlossen, insbesondere auch solche, die auf geographischen Informationen basieren wie Routenplaner, Google Maps, Google Earth etc. In den USA ist die Nutzung derartiger Anwendungen bereits weit verbreitet und dieser Trend ist auch in Deutschland absehbar. Hinsichtlich der Informationsbereitstellung für mobilitätsbehinderte Menschen über das Internet treten jedoch bisher zwei Restriktionen auf: Wie bereits erwähnt ist die Internetnutzung sehr stark vom Alter abhängig. Während 2004 86% der 10- bis 24-Jährigen Gebrauch vom Internet machten, waren es bei den über 64-Jährigen nur 11%. Allerdings meldete das Statistische Bundesamt in einer Pressemitteilung vom April 2005, dass die Zahl älterer Menschen (55 Jahre und älter), die den Zugang zum Internet finden, im Vergleich zu dem Zuwachs in der Bevölkerung ab 10 Jahren überdurchschnittlich zunimmt. Innerhalb der Altersgruppe der 25- bis 54-Jährigen, die bereits mit dem PC aufgewachsen sind oder aus beruflichen Gründen den PC nutzen, liegt der Anteil der Internetnutzer 2004 bereits bei 73%. Daher wird das Alter zukünftig immer weniger eine Rolle spielen. Des Weiteren hängt für blinde und sehgeschädigte Menschen die Nutzbarkeit von Webangeboten davon ab, ob und wie die Seiten durch die für sie entwickelte Software (den so genannten Screen Readern ) lesbar ist. Mit Inkrafttreten des BGG im Jahr 2002 müssen daher alle aus öffentlicher Hand finanzierten Internetauftritte seit dem 31.12.2005 barrierefrei gestaltet werden. Mittlerweile hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die barrierefreie Webseitengestaltung ebenso die Seitenerstellung und –pflege vereinfacht, da sie im Grundprinzip auf der konsequenten Trennung von Struktur, Design, Inhalt und Funktion beruht. Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) enthält die konkreten Anforderungen an barrierefreie Webseiten. Auch das World Wide Web Consortium (W3C) veröffentlichte 1999 Zugänglichkeitsrichtlinien für Web-Inhalte , die im Wesentlichen dem BITV entsprechen und die behindertengerechte Websitegestaltung erläutern. Der folgende Abschnitt zeigt anhand von Beispielen auf, in welcher Form Informationen über Mobilitätsbarrieren im WWW aufbereitet und angeboten werden.

Über den Autor

Katja Friebel, Diplom-Geographin, Studium der Geographie, Stadtplanung und Geoinformatik an der HU und TU Berlin sowie an der Université de Provence (Frankreich) mit Abschluss 2007. Arbeits- und Interessensschwerpunkte sind Stadt- und Sozialgeographie, GIS.

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