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- Trends und Ansprüche für Barrierefreiheit von Webinhalten: Die Relevanz von WAI-ARIA und WCAG 2.0
Informatik
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Internet ist für die aktuelle Generation und deren Kinder zur Selbstverständlichkeit geworden. Der Zugang zu Informationen aus den unterschiedlichsten Bereichen, die Möglichkeit der weltweiten Kommunikation, Angebote von Dienstleistungen und der Unterhaltungssektor sind nicht mehr wegzudenken. Herausragend ist vor allem der soziale Wandel, der mit den Angeboten des Web 2.0 wahrgenommen wird. So entdecken sich immer mehr Menschen in der Rolle des Redakteurs, verfassen eigene Beiträge und bringen sich in verschiedenen Netzwerken ein. Für eine große Anzahl von Benutzergruppen sind diese Informationen und Angebote des Web 2.0 schwer zugänglich. Vorwiegend für Menschen mit Behinderungen und für ältere Menschen wird aufgrund ihrer Einschränkungen die Nutzung des Internets zu einer Herausforderung. Webdesigner werden vor die große Aufgabe gestellt, beim Entwurf von Webseiten nicht nur auf die Optik zu achten, sondern vielmehr auf die Zugänglichkeit der Inhalte. Gerade auch das Web 2.0 steckt hier voller Chancen für Menschen mit Behinderungen. Viele Barrieren können mit dem richtigen Einsatz der technischen Entwicklungen beseitigt werden, wenn die Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen beachtet werden. Für blinde Nutzer sind zum Beispiel Podcasts sehr geeignet, um sich informieren zu können oder unterhalten zu werden. Existiert eine Textversion des Podcasts auf der Webseite, würden auch Hörgeschädigte einen Nutzen davon haben. Menschen mit Lernschwierigkeiten oder motorischen Einschränkungen profitieren bei einer Suchfunktion von Wortvorschlägen, da hier keine perfekten Rechtschreibkenntnisse gebraucht werden und auch Tippfehler keine Rolle spielen. Richtlinien und Empfehlungen zu Techniken und Webstandards, welche der Zugänglichkeit und der Barrierefreiheit im Web 2.0 dienen, werden von der WAI (Web Accessibility Initiative) erstellt. Neben den WCAG 2.0 (Web Content Accessibility Guidelines) gilt besonderes Augenmerk der Reihe ARIA (Accessible Rich Internet Applications), in der festgelegt wird, wie Menschen mit Behinderungen Zugang zu dynamischen Inhalten finden. Die Adressaten dieser Richtlinien sind Web-Designer und Autoren und gemeinsam mit Entwicklern von Browsern und assistiven Hilfsmitteln sollen Wege gefunden werden, um das Web für alle zugänglich zu gestalten. Für Webentwickler soll ersichtlich werden, dass die Entwicklung von Webinhalten mit Einhaltung bestimmter Richtlinien die Nutzbarkeit des Angebots erhöht und vor allem den Zugang für Menschen mit Behinderungen erleichtert.
Textprobe: Kapitel 3.2, Hörbehinderungen: In Deutschland gehören zirka 80.000 Menschen der Gruppe der Gehörlosen und 1,5 Millionen Menschen der Gruppe der Schwerhörigen an. Weltweit wird davon ausgegangen, dass 0,3% der Bevölkerung von Hörbehinderungen betroffen sind. Im Allgemeinen wird Menschen mit Hörbehinderung unterstellt, dass sie bei der Verwendung des Internets keine Probleme hätten. Dies ist jedoch ein großer Irrtum. Für Gehörlose ist die Gebärdensprache die Muttersprache. Der überwiegende Teil der Gehörlosen kann Sprache nicht in dem Umfang lernen wie hörende Menschen. Das bezieht sich auch auf die schriftliche Kommunikation, folglich das Lesen und Schreiben. Mit einem Schreibpotential von hörenden Dritt- oder Viertklässlern, also praktisch als Analphabeten, verlassen ca. 80 Prozent der Gehörlosen ihre Gehörlosenschule. Aufgrund dieser Kommunikationsbarrieren sind gehörlose sowie hörbehinderte Menschen mit ihrer unausgebildeten schrift- und lautsprachlichen Kompetenz vom Teilnehmen an der Informationsgesellschaft ausgeschlossen. Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) soll für den Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderungen sorgen. Für Hörbehinderte fordert sie vor allem, akustische in optische Signale umzuwandeln, wie etwa Untertitel-Spuren in vertonten Videofilmen. Handlungsbedarf der BITV besteht jedoch bei durch Informationstechnik gestalteten graphischen Programmoberflächen, da diese nach wie vor kommunikative Barrieren für Menschen mit Hörbehinderung bergen. Nur vereinzelt werden komplexe Texte in die Gebärdensprache übersetzt, was daran liegt, dass die BITV in Bezug auf sprachliche Gesichtspunkte zu wenig konkrete Empfehlungen gibt. Es wird zwar gefordert, dass die einfachste und verständlichste Sprache für die allgemeine Verständlichkeit der Inhalte verwendet werden muss, aber für gehörlose Menschen müsste konkret auf die Gebärdensprache verwiesen werden. Nach dem Behindertengleichstellungsgesetz, welches die deutsche Gebärdensprache als eigenständige Sprache anerkennt und im §4 darauf verweist, dass ‘akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen … in der allgemein üblichen Weise … zugänglich und nutzbar’ sein sollen, müsste die Gebärdensprache bei Webangeboten mit einbezogen werden. Die Praxis zeigt aber, dass das berechtigte Interesse von Menschen mit Hörbehinderungen an Informationen in Gebärdensprache nicht beachtet wird. Gehörlose und schwerhörige Menschen können in Folge von für sie nicht zugänglichen behördlichen Informationen, Ansprüche nicht geltend machen, Formulare nicht richtig ausfüllen oder Fristen nicht einhalten. Als einer von wenigen Anbietern hat das Bundesministerium für Gesundheit in seinen Webangeboten eine Palette von Informationen in Gebärdensprache. Bei einer Umfrage haben 90% der Nutzer dieser Site angegeben, dass sie durch diese Gebärdensprachvideos die Inhalte besser verstehen konnten. Behörden sollten darüber informiert werden, dass nur durch die Bereitstellung von Informationen in Gebärdensprache der Gruppe der gehörlosen und hörgeschädigten Menschen geholfen werden kann und wie dies in der Praxis umzusetzen ist. 3.3, Kognitive, Lern- und Sprachbehinderungen: Weltweit zählen Menschen mit kognitiven Behinderungen zur größten Gruppe von Menschen mit Behinderungen. In die Kategorie der kognitiven und der Lern- und Sprachbehinderungen zählen Beeinträchtigungen der Intelligenz, des Denkens oder des Gedächtnisses sowie Lernbehinderungen im Bereich der gesprochenen und geschriebenen Sprache. Unter Webentwicklern gelten kognitive Behinderungen als die am wenigsten verstandenen Behinderungen. Dies führt dazu, dass die Inhalte für Menschen mit kognitiven Behinderungen meist nicht zugänglich sind. Auch hat die Wissenschaft bisher noch keine hinreichenden Empfehlungen ausgesprochen. Ansätze von Empfehlungen stützen sich auf der Verknüpfung aus Forschung, bestmöglicher Vorgehensweise und durchdachten Annahmen. Muster oder Problemfelder von Menschen mit kognitiven Behinderungen sind: Die Wahrnehmung und Verarbeitung: Visuelle und auditive Informationen müssen wahrgenommen und erkannt werden. Entwickler sollten hier auf eine einfache Sprache achten, Bilder sollten durch Texte ergänzt werden, die Möglichkeit der Schriftvergrößerung sollte gegeben sein und genügend Kontrast und Leerraum sollte vorhanden sein. Das Gedächtnis: Um so relevanter der Inhalt die Bedürfnisse des Nutzers anspricht, desto wahrscheinlicher merkt er sich diese. Manche Nutzer haben auch Probleme sich den Weg zu bestimmten Inhalten zu merken. Bei diesen Gedächtnisproblemen sollten Entwickler darauf achten, dass die Navigation innerhalb der gesamten Site und über die gesamte Zeit erreichbar ist. Für diese Fälle ist es auch sinnvoll sogenannte Brotkrümelnavigationen (Breadcrumbs) einzusetzen sowie Hypertextlinks blau und unterstrichen zu kennzeichnen. Die Problemlösung: Manche Menschen mit kognitiven Behinderungen sind nicht sehr belastbar, wenn es darum geht, auftretende Probleme zu lösen. Webdesigner sollten Mechanismen bieten, um Fragen zu beantworten sowie Formulare und Links regelmäßig auf ihre Funktionalität prüfen. Die Aufmerksamkeit: Viele Menschen können ihre Aufmerksamkeit nicht auf die eigentliche Aufgabe richten. Besonders irritierend können dabei sich bewegender Text sowie blinkende Symbole sein. Für diese Gruppe sollte auf gute Designprinzipien geachtet sowie die Notwendigkeit des Einsatzes animierter Elemente geprüft werden. Weitere Probleme für Menschen mit kognitiven Behinderungen sind lange und umständlich formulierte Texte sowie komplexe Navigationen. Daher sollten Webseiten in leichter Sprache verfasst werden. Merkmale dieser leichten Sprache sind kurze Sätze, die nur eine Aussage enthalten, einfache mit Bildern versehene Textgestaltung sowie das Meiden von zusammenhanglosen Begriffen, Fach- und Fremdwörtern.
Jens Gundermann arbeitet seit vielen Jahren als Webentwickler und -designer mit Fokus auf marketingorientierten und barrierearmen Webseiten. Bereits während seines Informatikstudiums mit Schwerpunkt auf neue Medien hat er im Bereich von alternativen Benutzerschnittstellen seine Erfahrungen gesammelt und sie auch in verschiedenen Projekten einbringen können. Zu seinem Portfolio gehören Fotografie, professionelles Webdesign und Beratung im Bereich Content Management.
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