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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 176
Abb.: 60
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Beim Problemlösen können Fehler dafür (mit-) verantwortlich sein, dass das Finden einer Lösung be- oder sogar verhindert wird. Diese Erschwernisse sind empirisch bisher noch recht wenig untersucht wurden. Vor diesem Hintergrund werden in dieser Untersuchung häufig auftretende Fehler von Lernenden aus der Sekundarstufe II beim Bearbeiten eines geometrischen Beweisproblems aus einer empirischen Erkundungsstudie vorgestellt und analysiert, um das Wissen über Fehler beim Problemlösen und den richtigen Umgang mit ihnen anzureichern. Ferner soll diese Untersuchung einen Einblick geben, wie eine sorgfältige Analyse solcher Fehler dazu beitragen kann, die Problemlösekompetenz (mittel- oder längerfristig) zu verbessern, indem die Befunde Mathematiklehrenden Anregungen für eine zielgerichtete didaktische Einflussnahme zur Förderung der Problemlösekompetenz geben können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Theoretische Grundlagen: Das Wort Problem hat griechisch-lateinischen Ursprung und bedeutet übersetzt ‘der Vorwurf, das Vorgelegte’. Der Begriff hat zwei verschiedene semantische Bedeutungen. Zum einen ist damit eine schwierig zu lösende Aufgabe, Fragestellung, unentschiedene Frage oder Schwierigkeit gemeint. Zum anderen wird damit eine schwierige geistvolle Aufgabe im Kunstschach bezeichnet (vgl. Schülerduden Fremdwörterbuch 2002: 420). Dieser Untersuchung liegt erstere Auffassung zugrunde. 2.1, Problemlösen - Psychologische Sichtweise: Im Kontext der Psychologie lässt sich Problemlösen der Allgemeinen Psychologie und konkret dem Teilbereich der Denkpsychologie zuordnen (vgl. Dörner 1979). 2.1.1, Der Problembegriff: In der wissenschaftlichen Literatur findet man eine ganze Reihe von verschiedenen Problemdefinitionen. Die folgende, sehr verbreitete Begriffsbestimmung geht auf Karl Duncker zurück: ‘Ein ‘Problem’ entsteht z.B. dann, wenn ein Lebewesen ein Ziel hat und nicht ‘weiß’, wie es dieses Ziel erreichen soll. Wo immer der gegebene Zustand sich nicht durch bloßes Handeln (Ausführen selbstverständlicher Operationen) in den erstrebten Zustand überführen läßt, wird das Denken auf den Plan gerufen.’ (Duncker 1935: 1). Ähnlich charakterisiert Dörner den Problembegriff: ‘Ein Individuum steht einem Problem gegenüber, wenn es sich in einem inneren und äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht für wünschenswert hält, aber im Moment nicht über die Mittel verfügt, um den unerwünschten Zustand in den wünschenswerten Zielzustand zu überführen.’ (Dörner 1979: 10). Aus dieser Auffassung eines Problems leitet Dörner drei wesentliche Komponenten ab, durch die für ihn ein Problem gekennzeichnet ist. Diese lassen sich auch in der Problemdefinition nach Duncker (1935) wiederfinden: 1. Unerwünschter Anfangszustand, 2. Erwünschter Endzustand, 3. Barriere, welche die Transformation von 1) in 2) im Moment verhindert. (vgl. Dörner 1979: 10, Klix 1971: 639f.). In ähnlicher Form definieren auch Lüer & Spada (1990: 256) ein Problem: ‘Ein Problem liegt dann vor, wenn ein Subjekt an der Aufgabenumwelt Eigenschaften wahrgenommen hat, sie in einem Problemraum intern repräsentiert und dabei erkennt, dass dieses innere Abbild eine oder mehrere unbefriedigende Lücken enthält. Der Problemlöser erlebt eine Barriere, die sich zwischen dem bekannten Istzustand und dem angestrebten Ziel befindet.’ Durch diese Betrachtungsweise lassen sich Probleme eindeutig von Routineaufgaben abgrenzen. Liegt für den Problembearbeiter ein Hindernis in Form einer Barriere vor, das die Überführung des Anfangszustandes in den Zielzustand behindert, erfordert das eine Denkleistung der Person, die über das reproduktive Denken hinausgeht. Ist eine solche Denkleistung zur Lösung erforderlich, spricht man aus (denk-) psychologischer Sicht von einem Problem (vgl. Dörner 1979: 10). Dörner macht zudem deutlich, dass es personenspezifisch ist, ob es sich für ein Individuum um ein Problem oder eine Aufgabe handelt. Beispielsweise stellt für einen Dachdecker das Dachdecken kein Problem, sondern eine Routineaufgabe dar, wohingegen der Laie erhebliche Schwierigkeiten bei der Bewältigung dieses Problems hätte. Demzufolge hängt es von der Vorerfahrung des Individuums ab, ob es sich um eine Aufgabe oder ein Problem handelt (vgl. Sell & Schimweg 2002: 1). 2.1.2, Problemkategorien: Die Klassifikation von Problemen nach Unterscheidungskriterien ‘stellt einen Versuch dar, Ordnung in die Vielzahl unterschiedlicher Probleme zu bringen. Obwohl es manchmal schwer ist, Probleme eindeutig einzelnen Kategorien zuzuordnen, stellen Taxonomien von Problemen ein nützliches Hilfsmittel in der Problemlöseforschung dar.’ (Knoblich 2002: 648). In der Literatur findet man verschiedene Klassifikationen von Problemen zum Beispiel von McCarthy (1956), Arlin (1989) und Lüer & Spada (1990). In der deutschsprachigen Literatur ist vor allem eine solche Problemkategorisierung nach Dörner (1979) bekannt, der Probleme hinsichtlich der verschiedenen Barrieretypen unterscheidet. Die Barriere, die ein Problem von einer Aufgabe abgrenzt, kann durch verschiedene Merkmale gekennzeichnet sein. Zum Beispiel können die Mittel, die zur Überführung des Problems nötig sind, bekannt oder unbekannt sein. Ferner kann auch der Zielzustand, den es zu erreichen gilt, dem Problembearbeiter unbekannt oder bekannt sein. Diese unterschiedlichen Anforderungen, die zur Lösung eines Problems erforderlich sind, führen zu einer Klassifikation von Problemen nach gesuchten und gegebenen Merkmalen. Eine solche Unterteilung nach den Dimensionen Bekanntheitsgrad der Mittel und Klarheit der Zielkriterien findet man bei Dörner (1979: 11f). Dörner spricht von einer Interpolationsbarriere, wenn der Zielzustand und die Mittel zur Lösung des Problems bekannt sind, nicht aber deren exakte Kombination, die zur Lösung des Problems erforderlich ist. Exemplarisch führt er dafür das Kursbuchproblem an: Morgens um 7 Uhr möchte man aus Bottrop-Boy abreisen, um im Laufe des Tages in Neumarkt/Oberpfalz anzukommen. Start und Ziel sind bekannt und das Kursbuch enthält sämtliche notwendige Informationen. Die Barriere besteht darin, dass die Interpolation zwischen Anfangs- und Zielzustand behindert ist (vgl. Dörner 1979: 12). Um das Problem zu lösen, müssen aus der hohen Anzahl von Mitteln, die dem Individuum zur Verfügung stehen, die richtigen Mittel ausgewählt und diese dann geschickt kombiniert werden. Von der Interpolationsbarriere zu unterscheiden, ist die Synthesebarriere. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Zielzustand bekannt ist, nicht aber die Mittel, die zur Lösung des Problems notwendig sind. Um das Problem zu lösen, muss zunächst eine nützliche Ausstattung von Operationen zugänglich gemacht werden. Als Beispiel für diesen Barrieretyp lässt sich das Hängebrückenproblem (Sell 1991: 20f.) anführen: ‘Eine Hängebrücke über einen Fluss soll nachts von vier Personen überquert werden. Aus Sicherheitsgründen darf die Überquerung nur mit einer Taschenlampe durchgeführt werden, diese ist von den überquerenden Personen mitzuführen und besitzt eine Leuchtkraft von genau 60 Minuten. Gleichzeitig dürfen sich nur zwei Personen auf der Brücke aufhalten. Die Personen benötigen für die Überquerung unterschiedliche Zeiten, nämlich Minuten, Minuten, Minuten und Minuten. Gehen zwei Personen gleichzeitig, bestimmt der Langsamere das Tempo. In welcher Reihenfolge müssen die Personen die Brücke überqueren, damit sie nach 60 Minuten alle auf der anderen Flussseite sind?’ Des Weiteren führt Dörner die Dialektische Barriere an. Dieser Problemtyp unterscheidet sich grundlegend von den vorangegangen, da der angestrebte Zielzustand, in den der Ausgangszustand überführt werden soll, unbekannt ist. Mit diesem Problemtyp gehen häufig Komperativkriterien einher: ‘Eine neu eingerichtete Wohnung soll schöner werden als die alte. Dabei bleibt unklar, um wie viel schöner und hinsichtlich welcher Kriterien schöner.’ (Dörner 1979: 13). Dieser Typ ist dadurch charakterisiert, dass ein Entwurf für einen Zielzustand auf Widersprüche überprüft und dementsprechend verändert wird. Neben den drei wesentlichen Barrierekategorien kann für Dörner auch eine Kombination dieser in Form einer Dialektischen Barriere und Synthesebarriere vorliegen, wenn nicht nur der Zielzustand unbekannt ist, sondern auch die Mittel, die zur Lösung des Problems erforderlich sind. An dieser Stelle ist, wie in Kapitel 2.1.1 bereits bemerkt wurde, nochmals zu erwähnen, dass die Einordnung eines Problems in eine Problemkategorie stark vom Problembearbeiter abhängt. Zudem sind die Grenzen zwischen den Barrieren unscharf und fließend, da die Problemtypen auch kombiniert auftreten können. Auch Sell & Schimweg (1992: 15) machen deutlich, dass eine Problemkategorisierung nur bedingt gültig ist, da personenspezifische und situationsspezifische Gegebenheiten Einfluss auf die Problemeinordnung nehmen. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass sich verschiedene Arten von Problemen unterscheiden lassen. Demzufolge gibt es verschiedene Formen problemlösenden Verhaltens. Dennoch muss, unabhängig von der Problemkategorie, zur ‘Lösung ein geistiger und handlungsorientierter Prozess in Gang gesetzt werden.’ (Burchartz 2003: 21).

Über den Autor

Julia Lüddecke, M.Ed. wurde 1989 in Braunschweig geboren. Ihr Lehramtsstudium mit den Fächer Germanistik und Mathematik und ihre Vermittlung an der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig schloss die Autorin 2014 erfolgreich ab. Seit 2012 sammelte die Autorin durch ihre Forschungsarbeit am Institut für Didaktik der Mathematik und Elementarmathematik an der Technischen Universität Braunschweig Erfahrungen auf dem Gebiet des Problemlösens. Ihre Tätigkeit veranlasste sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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