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- Tiere als Seelentröster. Tiergestützte Pädagogik in der Trauerarbeit mit Kindern
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2018
AuflagenNr.: 1
Seiten: 62
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Trauer ist eine natürliche Reaktion, jedoch sind Kinder in einer Trauersituation in besonderer Weise bedürftig. Ihnen fehlen, ihrem Entwicklungsstand entsprechend, nötige Kompetenzen, um den Schmerz, Verlust und sich daraus ergebende Veränderungen zu reflektieren. Eine Verlustsituation, deren Ausmaß sie nicht überblicken können, kann große Überforderung auslösen. Tiere agieren und spüren im Hier und Jetzt. Sie wirken in ihrer Natürlichkeit unmittelbar, sind authentisch und geben ihre Zuneigung ohne Anforderung. Tiergestützte Interventionen sind kein Therapieersatz, sondern wirken durch die Teamarbeit Mensch-Tier. Sie sind eine Chance und eine Möglichkeit, um Kinder in dieser besonderen Lebenssituation zu bestärken. Der Trauerbegleiter kann mit Hilfe des Begleiters und Mitgeschöpfes Tier eine wertschätzende Sicht, einen wachen Blick für die Bedürfnisse des Gegenübers und eine dem Leben und der Natur zugewandten Haltung, also eine für alle Beteiligten positive und idealerweise gewinnbringende Situation im Rahmen der tiergestützten Interventionen schaffen.
Textprobe: Kapitel 3, Trauer und kindliche Trauer: 3.1, Trauer: Trauer ist alltäglich und doch im Alltag oftmals nicht präsent. Viele Mitmenschen fühlen sich hilflos gegenüber Trauernden. Menschen, die trauern, stoßen oft auf Unverständnis und Ignoranz, und das Zeigen offener Emotionen wie Weinen wird im europäischen Kulturkreis oftmals als Schwäche ausgelegt und daher verborgen. Lammer definiert Trauer angelehnt an Freud in der Form, dass Trauer regelmäßig die Reaktion auf Verlust ist, speziell auf Verlust einer signifikanten Person (Lammer, 2013, S. 31). Demzufolge kennzeichnet Trauer eine durch Verlust entstandene Gemütslage, aber auch deren individuellen Ausdruck. Ebenso können Erinnerungen und erwartete Verluste betrauert werden. Trauer ist eine gesunde, natürliche, notwendige und psychohygienische Reaktion auf Verlust und Trennungsereignisse. Menschen in allen Kulturformen, jedes Zeit- und Lebensalters erfahren sie. Trauer wird nur aufgrund divergenter geschichtlicher und kultureller Herkünfte und individueller Persönlichkeit heterogen ausgedrückt (vgl. Schroeter-Rupieper, 2015, S. 11). Darüber hinaus bedeutet Trauer auch die äußere Bekundung durch Riten und Gebräuche wie z.B. das Tragen von Trauerkleidung oder die Durchführung von Zeremonien während der Beerdigung (vgl. Franz, 2015, S. 84). Ursprünglich stammt der Begriff von dem Wort truren ab, welcher mit Sinken, matt, kraftlos umschrieben wird. Trauern ist ein emotionaler Zustand, der mit Gefühlen wie Wut, Rückzug, Niedergeschlagenheit einhergehen kann, und zugleich ein Prozess, der eine Überwindung dieses emotionalen Zustandes ist (vgl. Többen, in Röseberg & Müller (Hrsg.), 2014, S. 471 ff.). Nach Kuschke involviere Trauer auch Hoffnungslosigkeit, Passivität und trete auf nach schmerzhaftem Verlust einer Bindung (vgl. Kuschke, 2014, S. 4). Trauer ist ein Prozess, der Krisen, Traurigkeit und Veränderung auslöst. Mit dem Verlust an sich geschieht auch eine Veränderung, die realisiert und integriert werden muss (vgl. Schroeter-Rupieper, 2015, S.13). Somit ist Trauern auch ein Gefühl, im Rahmen dessen nicht nur Abschied genommen wird, sondern auch, durch diese Veränderung, eine Form eines Neubeginns involviert ist. Innerhalb dieses folgenden Neubeginns wird eine neue Lebensstruktur aufgebaut, mit einem neuen Welt- und Selbstverständnis weiter gelebt, bzw. versucht weiter zu leben. Kast resümiert, dass der Tod eines geliebten Menschen ein Extremerlebnis von Tod sei und die Trauer radikal fordere. Zugleich sei dieses Erlebnis aber auch eine große Herausforderung zur Selbstverwirklichung angesichts der Veränderung. Gerade Trauer könne ein Stück Selbstverwirklichung auslösen (Kast, 1999, S. 12 ff.). Verlust bleibt keinem Menschen als Erfahrung erspart. Neue Perspektiven zu erkennen, Todesbewusstsein auch als einen Teil des eigenen Selbstbewusstseins zu sehen, oder an der Trauer zu zerbrechen, pathologisch zu trauern, nicht aus der Trauer heraus zu kommen, ist abhängig von der Fähigkeit richtig zu trauern (vgl. Kast, 1999, S. 21). 3.1.1, Trauerphasenmodelle: Trauer wurde von der Psychotherapeutin Kast anhand eines Vier-Phasen-Modells detailliert beschrieben. Im Folgenden wird dieses Phasenmodell skizziert, da es eines der geläufigsten Modelle ist. Zum Teil werden Parallelen mit anderen Modellen aufgezeigt. Trauermodelle sind keine Pflichtaufgabe, sondern eher eine Orientierungshilfe. Sie sind sehr individuell und dynamisch und werden durch Variablen wie Bindung, Rolle, Beziehung persönlichkeits-orientiert (vgl. Schroeter- Rupieper, 2015, S. 15). Die erste Phase ist die des Nicht-Wahrhaben-Wollens. In dieser Phase ist der Betroffene sowohl von der Nachricht als auch von den eigenen Emotionen so überwältigt, dass er selbst oftmals wie tot oder starr wirkt. Diese Phase kann von einigen Stunden bis zu einer Woche, bei plötzlichen Todesfällen länger, andauern. Es kann eine Empfindungslosigkeit vorherrschen. Diese hat ihren Ursprung in einem Gefühlsschock. Der Trauernde ist unter dem einen, starken Gefühl erstarrt (vgl. Kast, 1999, S. 71 ff.). Nach Kuschke ist diese Phase vergleichbar mit der Phase der Betäubung nach Bowlby, welcher hier ein Gefühl der Betäubung oder Lähmung beschreibt und den Betroffenen in einem vorübergehend dissozialen Zustand sieht (vgl. Kuschke, 2014, S. 9). Auch Spiegel bezeichnet diese Phase als Schockphase (vgl. Kuschke, 2014, S. 11). Das Geschehene erscheint dem Betroffenen unreal. Hilfe wird oftmals abgelehnt, Betroffene können unter Umständen nicht weinen (vgl. Wehner, in Wehner (Hrsg.), 2014, S. 44). Die zweite Phase ist die Phase der aufbrechenden Emotionen. Es wechseln sich dabei Ausbrüche von Wut, Freude und Zorn ab mit Phasen der Niedergeschlagenheit und Trauer. Der Zorn richtet sich entweder nach außen oder gegen den Verstorbenen selbst. Die Suche nach dem Schuldigen ist oftmals ein Weg aus der Ohnmacht. In dieser Phase beginnen eventuell auch eigene Schuldgefühle (vgl. Kast, 1999, S. 73 ff.). Oft fühlen sich Trauernde allein gelassen, einsam, verlassen (vgl. Wehner, in Wehner (Hrsg.), 2014, S. 44). Nach Kuschke ist diese Phase vergleichbar mit der von Bowlby beschriebenen Phase der Sehnsucht und Suche nach der verlorenen Bindungsfigur. Zorn, Ruhelosigkeit und starke Gefühle sind vorherrschend (vgl. Kuschke, 1999, S. 10). Nach Spiegel ist die kontrollierte Phase dieser ähnlich. Aufgaben müssen im Zusammenhang mit einem Trauerfall erledigt werden (vgl. Kuschke, 1999, S. 11). Die Phase des Suchens- und Sich-Trennens schließt sich als dritte Phase an. Der Hinterbliebene sucht in dieser Phase den realen Menschen, das gemeinsame Leben oder Orte mit Erinnerungswert. Es findet eine erneute Klärung der Beziehung zum Toten statt, eine Auseinandersetzung. Dann findet eine Trennung von der alten Bedeutung der verstorbenen Person für den Hinterbliebenen statt (vgl. Kast, 1999, S. 78 ff.). Es zeigen sich eventuell Schuldzuweisungen gegenüber anderen und sich selbst. Emotionen stellen sich weiterhin wechselnd dar (vgl. Wehner, in Wehner (Hrsg.), 2014, S. 44). Auch diese Phase lässt sich nach Kuschke mit der Phase der Desorganisation und Verzweiflung nach Bowlby vergleichen. Hier zeigt sich emotionales Chaos (vgl. Kuschke, 1999, S. 10). Nach Spiegel schließt sich den Genannten inhaltlich ähnelnd die Phase der Regression an (vgl. Kuschke, 2014, S. 11). Die vierte Phase, die Kast beschreibt, ist die Phase des neuen Selbst- und Weltbezuges. Die verlorene Person hat einen inneren Platz, ist eine innere Figur, ein innerer Begleiter. Der Verstorbene bleibt ein Teil des Lebens, ist Teil der Biographie des Hinterbliebenen. Der Verlust ist akzeptiert, ohne dass der Verstorbene vergessen wird (vgl. Kast, 1999, S. 83 ff.). Es entwickeln sich neue Ziele und Perspektiven. Trauerbegleiter können und sollten sich jetzt zurückziehen, um nicht den nach vorne blickenden Menschen zu blockieren (vgl. Wehner, in Wehner (Hrsg.), 2014, S. 45). Nach Kuschke lässt sich zu der Phase der Reorganisation-Loslösung nach Bowlby eine Parallele ziehen. Es entsteht wieder emotionale Stabilität. Bei Spiegel folgt als vierte Phase die der Anpassung (vgl. Kuschke, 2014, S. 11).
Stefanie Behler, Heilerziehungspflegerin, Motopädin, Entspannungspädagogin und Fachkraft für tiergestützte Interventionen, wurde 1979 in Dortmund geboren. Sie sammelte in unterschiedlichen pädagogischen Arbeitsfeldern wie u.a. einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung, Kinder- und Jugendpsychiatrie und in der Frühförderung differenzierte Erfahrungen in der Begleitung und Arbeit mit Kindern. Trauer in unterschiedlichen Formen und Trauerbegleitung sind in diesen Arbeitsfeldern stets präsente Themen. Tiergestützte Interventionen und Therapien entdeckte die Autorin, die selbst aktiv im Tierschutz ist und Tiere als Teil der Familie erlebt, als eine Möglichkeit, um Kinder im Trauerprozess adäquat zu begleiten und ihnen somit neue Kraftquellen zu gestalten.