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- Differentialdiagnostik der Kieferschmerzen: Regulationsmedizinischer Befund und integrative Therapie
Gesundheitswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Jedes ärztliches Handeln bei chronischen Kopf-, Gesichts- und Kieferschmerzen zielt zunächst auf das Ausschalten von Symptomen. Die Regulationsmedizin bietet hingegen neben der Differenzialdiagnostik der Schmerzen weitere kontext-abhängige Möglichkeiten ganzheitlicher Untersuchung und Versorgung. In diesem Rahmen kommt dem Arzt für Dentale und Orale Medizin, dem Zahnarzt, eine durch seine berufliche Stammkompetenz gegebene zentrale Rolle zu. Dabei fallen biomedizinische, psychosomatische und psychosoziale Faktoren gemeinsam als Teil integrierter Zuwendungen zum Patienten zum Erreichen von seinen Gesundungsstadien ins Gewicht. Deren Ressourcen liegen darin, den Bezug zu Kiefer-Relation und Zahnreihen-Okklusion zu halten, weil sie die kausale Schlüsselrolle spielen und zugleich kognitive und emotionale Partnerschaftlichkeit zwischen Mediziner und Patienten zu stützen. Der Erfolg der Therapie ist sowohl gebunden an die Auseinandersetzung des Patienten mit seinem Schmerz-Fremdbild, als auch mit seinem komplexen individuellen Eigenbild. Dieses Buch wendet sich an alle, die sich mit dem Bild der Schmerzen bei muskulären Funktionsstörungen im Bereich der Kopf- und Kiefergelenkgewebe präventiv, therapeutisch und rehabilitativ auseinander setzen. Der Autor, als Hochschullehrer und in zahnärztlicher Praxis im Rahmen der Schmerztherapie tätig, vermittelt den Heilberuflern Verständnis und praktische Hilfen.
Textprobe: Kapitel 2.5, Das so genannte gnathologische Konzept: Dem in den 1970-er Jahren in verschiedener Form publizierten Konzept der Gnathologie geht eine lange und relevante Internationalisierung deutscher Zahnmedizin voraus. Zahnärztliche Praktiker kamen auf dem Wege über eigene Fortbildungsaktivitäten in die US-amerikanische Kollegenschaft, um sich Vorbilder fernab von den herkömmlichen ‘schulischen’ Lehren in Deutschland zu suchen. Dieses Konzept geht vom Primat der in-vivo-Übertragung der Lage knöcherner Strukturen des Gesichtsschädels in ein technisches Gerät aus, in dem dann relationsbezügliche Diagnostik und Therapievorbereitung erfolgen kann, wenn die Positionen analog zum Leben pantographiert sind. Die Übertragung verwendet Referenzpunkte, die Dreipunktabstützung am knöchernen Schädel bzw. zu den definierten räumlichen Ebenen haben. Einsatzgebiete der Artikulatoren sind die instrumentelle Funktionsanalyse als zahnärztliche Aufgabe und die Herstellung von Zahnersatz außerhalb des Mundes, die eine vorwiegend zahntechnische Aufgabe darstellt. Das erste ‘voll justierbare’ Artikulatorgerät, das Dr. McCollum 1929 nach den Angaben von Dr. Charles E. Stuart patentieren ließ, wurde 1925 für die US-Arbeitsgruppe gemacht und war so gebaut, dass sie eine Gesichtsbogen-Übertragung zu Schädelebenen gestattete. Die Arbeitsgruppe wollte dann mögliche Achsenverschiebungen oder Laterotrusionen berücksichtigen. Das Gerät erlaubte, die Grenzbewegungen des Unterkiefers sowohl in der sagittalen und vertikalen (‘Posselt-Diagramm’) Dimension als auch in der horizontalen Ebene zu simulieren. Auf diesem Prinzip wurden später viele ‘semi-justierbare’ Geräte aufgebaut. Der erste voll justierbare Bewegungssimulator wurde ‘Gnathoskop’ genannt. Später verwendete Charles Stuart den Namen ‘Gnathograph” für seinen gewerblich verfügbaren Pantographen. 2.6, Kommentar zum gnathologischen Konzept: Die Relationsbestimmung und Übertragung in Zahntechnik ist so alt wie die Bemühungen um Fertigung von zahnärztlich-prothetischen Werkstücken. Im Laufe der Zeit ist versucht worden, die Kieferbeziehungen noch genauer zu erfassen und sie dann fehlerlos in den Mund einzupassen. Dabei wurden ‘Gegenbisse’, einfache mittelwertige, semi-justierbare und schließlich voll-justierbare Geräte entworfen. In der Gnathologie ist es allgemein üblich, die Position des Unterkiefers praktisch ausschließlich in Bezug zur Position der mandibulären Kondylen in den temporalen Fossae zu definieren, wobei hier der besseren Mess- und Reproduzierbarkeit wegen zumeist Grenzstellungen bevorzugt werden. Die wohl größte ergibt sich bei der Einrichtung des Freiheitsgrades auf Grenzbewegungen des Unterkiefers zu der Statik schädelbezüglicher Referenzen. Ausgangspunkt für die aus der cranial liegenden rotierenden ‘Scharnierbewegung’ ist die Retrale Kontakt-Position (RKP). Dagegen wurde die Kieferschlussbewegung mit freiem Muskelspiel als ‘Habituelle Interkuspidation’ bezeichnet. Sie liegt in der Regel etwa 1-2 mm frontal von der RKP. Die Unterkieferhaltung zum Oberkiefer ist ein Bestandteil der Körperhaltung. Sie ist individuell. Der gnathologische Fortschritt gegenüber den vorhergehenden Relationsbestimmungen liegt in der Berücksichtigung möglichst aller räumlicher Begrenzungen. Damit ist die Beziehung der Zahnreihen zueinander an vielen Stellen möglich. Der Entwurf der Okklusion kann also präzise justiert werden. Dieser Vorteil wird in der Prothetik begrüßt, weil Zahnersatz für Zahnreihen, kleine und große zahnbegrenzte Lücken und diverse Implantatversorgungen zum neueren Standard der Zahnmedizin wurden. Die schleimhautgelagerten Freiend- und Totalprothesen werden zukünftig vermutlich seltener gefertigt werden. Das ist Erfordernis der Demographie. Die Gnathologie konnte sich selbst nicht als eigenes Fach mit Alleinstellungsmerkmal etablieren. Sie ist heute in die ‘Funktionsdiagnostik und -therapie’ zahnärztlicher Prothetik aufgegangen. Craniale Periosteopathien sind von diesem Konzept betroffen, sofern sie von einer Orientierung an einer schädelbezüglichen Okklusion ausgehen. Sie setzen eine dreidimensional definierte Statik voraus. So entsteht eine Körperebene, zu der andere Ebenen parallelisiert werden müssten. Der Gesundungsansatz Cranialer Periosteopathien beinhaltet oralmedizinische, ohrenärztliche, neurologische, körperstatische und zahnärztliche Befundbestimmungen, bei denen noch eine weitere Differenzierung in der Verteilung der Lückengebiss-Zähne erfolgen muss. Diese erste Übersicht über eine Wegweisung zum Befundverständnis und damit auch zur Therapie ist häufig analog zum Begriff der Cranio-Mandibulären Dysfunktionen (CMD) wieder anzutreffen. Sie ist allerdings komplexer, um dem Praxisansatz gerecht zu sein. Deshalb werden als Folge dieser Übersicht sowohl desmodontale als auch myofasziale Gesichtspunkte hinzugefügt werden.
Heinz Spranger, Univ.-Prof.a.D.Dr.med.dent.Dr.h.c.MAS MSc (health), wurde 1942 in Berlin geboren. Nach seinem Studium der Zahnmedizin promovierte und habilitierte er an der Freien Universität Berlin. Sein akademischer Weg ging über Tübingen, Frankfurt/M, Bochum und Witten/Herdecke in das Kolleg für Gesundheit und Entwicklung Graz/Schloss Seggau. In Lehre, Forschung und Entwicklung setzte er diverse Schwerpunkte mit Integrativer Medizin, medizinnaher Gesundheitswissenschaft und Regulationsbiologie. Nach zwölf Jahren Forschungsprogrammen der DFG, internationalen Gastprofessuren und vielen Ehrungen (Wissenschaft/Forschung/Entwicklung), Träger des Bundesverdienstkreuzes, ist er heute in ländlicher Gemeinschaftspraxis mit seiner Ehefrau für seine Patienten als Parodontologe und Schmerztherapeut tätig.