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- Das Benotungssystem für Pflegeheime durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Gesundheitswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 58
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung und der damit verbundenen Zunahme auf bis zu 4,7 Millionen Pflegebedürftige im Jahre 2050 und dem derzeitigen Trend zur professionalisierten Pflege in stationären Einrichtungen der Altenhilfe nimmt die Versorgung und Betreuung von Pflegebedürftigen einen zunehmenden Stellenwert in unserer Gesellschaft ein. In diesem Zusammenhang gerät die Qualitätsentwicklung der Altenheime in Deutschland zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Pflegebedürftigen und deren Angehörigen fällt es oft schwer die Qualität eines Pflegeheimes zu beurteilen, geschweige denn die Qualität unterschiedlicher Pflegeheime zu vergleichen. Negative Berichterstattungen über Pflegemängel in den Medien und Prüfberichte des MDK die katastrophale Zustände in Altenheimen aufzeigen, in denen jeder dritte Heimbewohner nicht genug zu essen bekommt, Bettlägerige sich wund liegen und Verwirrte vernachlässigt werden, verunsichern die potentiellen Kunden der Pflegeheime. Die Forderungen der Öffentlichkeit nach mehr Transparenz der stationären Altenhilfe und einer schnellen Bewältigung von Pflegemängeln, die anscheinend trotz Kontrollen des MDK bisher nicht abgestellt werden konnten, so wie es der 2. Bericht des MDK über die Qualität in der ambulanten und stationären Pflege aus dem Jahr 2007 aufzeigt (vgl. MDS 2007), begegnete die Politik mit einer Reform der 1995 eingeführten fünften Säule der Sozialversicherung (soziale Pflegeversicherung, SGB XI). Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PfWG) erhofft sich die Politik eine Verbesserung der Prüfmechanismen durch bundesweit einheitliche Kontrollen mit dem Ziel einer Vergleichbarkeit von Pflegeheimen. Von einem Rating von Pflegeheimen nach Vorbild des Bewertungssystems aus der Hotelbranche nach Sternen, wie in den Vereinigten Staaten von Amerika üblich wurde abgesehen und stattdessen eine Vergabe von Schulnoten festgelegt. In diesem Buch sollen die ersten Erfahrungen und Bewertungen nach Einführung des neuen Prüfsystems des MDK dargestellt und eine kritische Bewertung unter anderem anhand einiger vom Autor ausgewählten Transparenzkriterien vorgenommen werden.
Textprobe: Kapitel 5.2, Erste Erfahrungen in der Umsetzung des Verfahrens: Die ersten Begutachtungen in stationären Pflegeeinrichtungen nach dem neuen Bewertungssystem des MDK fanden am 01. Juli 2009 statt. Am 01. Dezember 2009 wurden die ersten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ermittelten Noten im Internet veröffentlicht. Die nachfolgenden ersten Erfahrungen beziehen sich auf Interviewfragen aus Fachbüchern und Fachzeitschriften, die sich an Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen verschiedener Träger richteten. Dabei handelt es sich zwar um Einzelmeinungen, in der Tendenz zeigen sie jedoch in die gleiche Richtung. Zur einfacheren Übersicht sind die einzelnen Probleme mit der Umsetzung des Verfahrens durch Überschriften gekennzeichnet: Probleme mit der Bewohnerauswahl: Nach Beginn der Prüfungen am 01. Juli 2009 stellten sich einige Änderungen im Vergleich zu den alten Prüfungen des MDK dar. Zehn Prozent der in die Pflegestufen I bis III eingestuften Bewohner müssen in die Stichprobe der Prüfungen aufgenommen werden. Diese neue Vorgehensweise wird von den Altenheimbetreibern als enorm aufwendig und zeitintensiv wahrgenommen, da die nach Zufallsprinzip ausgewählten Bewohner sich äußern können müssen, sowie der Bewohner selbst oder dessen Betreuer der Begutachtung zustimmen müssen. So trivial diese Auswahlkriterien auch zu sein scheinen, so gilt es zu bedenken, dass im Altenheimbereich ein großer Teil gerontopsychiatrisch veränderter Menschen lebt. Gerade dieser Personenkreis wird je nach Bewohnerstruktur in den Einrichtungen häufig versorgt und kann aufgrund der Auswahlkriterien nicht in die Stichprobe mit einbezogen werden. ‘Das Auswahlverfahren hat zur Folge, dass z. B bei uns ein hoher Anteil an Pflegestufe-III-Patienten versorgt wird, die also intensiv gepflegt werden müssen, die sich aber nicht ausdrücken können. Und […] es werden [dann] die leichter Pflegebedürftigen oder leichter dementen Patienten geprüft’. Dies kann für die Einrichtung schon bei der Festlegung der Stichprobe Probleme mit sich bringen. ‘Und gerade der Patientenstamm, bei dem man eigentlich den Qualitätsunterschied in der Pflege am Patienten feststellen kann, der kommt dann in der Prüfung gar nicht vor, sondern nur die leichter Pflegebedürftigen, die sich eben ausdrücken können’. Probleme und Umgang mit den Prüfern des MDK: Die Prüfungen werden im Vergleich zu den alten Prüfungen, die mehr Fragen umfassten, als effektiver in ihrer Durchführung wahrgenommen. ‘Jetzt war es so, dass die Prüfer […] sich vorher schon abgesprochen hatten, sich dann innerhalb von fünf Minuten im Haus verteilt hatten und sehr effektiv und intensiv geprüft haben’. Auch die Schulung der Prüfer in Bezug auf ihre Freundlichkeit wird positiv aufgenommen. Aber die Prüfer des MDK werden jetzt in ihrer Kommunikation als direkter erlebt. ‘Die Zeit der Diskussion in der Prüfung ist vorbei. Während sich die Prüfer früher eher schon einmal auf Diskussionen und Gespräche eingelassen […] haben, wird jetzt erwartet, dass die Fragen ohne Umschweife und Diskussionen sofort beantwortet werden’. Dieses Vorgehen ist im Sinne einer Effektivitätssteigerung der Prüfungen gewiss positiv zu bewerten, jedoch sollte es nach Meinung des Autors zu einem fachlichen Austausch zwischen Prüfer und Einrichtung kommen. Dieser fachliche Austausch soll nun in Form des Beratungsansatzes des MDK zur Fragen der Qualitätssicherung nach §114 a SGB XI stattfinden. In der Praxis findet der Beratungsansatz bisher kaum statt. Das jetzige Vorgehen der Prüfer des MDK ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, das bis Ende des Jahres 2010 alle Altenheime in Deutschland überprüft werden müssen. Die Anwesenheit der Prüfer für den laufenden Betrieb wird von den Verantwortlichen und Pflegepersonal in den Altenheimen als Belastung empfunden. Dadurch dass die MDK-Prüfungen unangekündigt durchgeführt werden, wird zunächst die Heim- und die Pflegedienstleitung von den Prüfern zwischen sechs und acht Stunden in Anspruch genommen, um u.a Fragen zur Struktur- und Prozessqualität in Form von Unterlagen, Konzepten und Regelungen zu beantworten. Je nach Einrichtungsgröße sind drei bis sechs Prüfer für ein bis drei Tage in den Altenheimen anwesend. Der MDK verlangt von den examinierten Pflegekräften auf den Wohnbereichen eine Begleitung bei der Inaugenscheinnahme des Pflegezustandes des Bewohners. ‘Es ist natürlich für die anwesende Schicht problematisch, weil jeder Prüfer eine Fachkraft in Beschlag nimmt, die dann im Endeffekt ihre Pflegearbeit nicht in dem Maße verrichten kann’. Die Anwesenheit einer Pflegefachkraft bei der Überprüfung des Pflegezustandes des Bewohners ist nach Meinung des Autors sicherlich richtig, da der Bewohner so einen vertrauten Ansprechpartner in dieser ungewohnten Prüfungssituation zur Verfügung hat. Für die Bewohnerbefragung wünscht der MDK keine Anwesenheit von Pflegefachkräften, um die ohnehin häufig nach sozialer Erwünschtheit antwortenden Bewohner die Möglichkeit zu geben unbeeinflusst zu antworten. ‘Grundsätzlich sollte die Befragung nicht in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Pflegeeinrichtung durchgeführt werden, es sei denn der Pflegebedürftige wünscht dies’. Tatsache ist aber, dass durch die Einbeziehung der Pflegefachkräfte der Betriebsablauf zunächst gestört wird und angelernte Hilfskräfte den Stationsablauf aufrecht erhalten müssen. Angesichts der ohnehin dünnen Personaldecke in der Altenpflege ist es daher für die Pflegedienstleitung nur möglich den täglichen Betrieb durch Abruf bereits im Freizeitausgleich befindlicher Kräfte aufrechtzuerhalten. Nach Meinung des Autors ist es schwer begreiflich, dass zur Aufrechterhaltung des Pflegeablaufes auf den Wohnbereichen Personalressourcen aktiviert werden müssen, die von den Kostenträgern bei den Pflegesatzverfahren (§ 85 SGB XI) nicht refinanziert werden, obwohl an den Tagen der MDK-Prüfung offensichtlich ein Mehrarbeitsbedarf für die Mitarbeiter entsteht. Das wirft die Frage auf, ob die MDK-Prüfungen und ihre Personalanforderungen an die Leistungserbringer, insbesondere die Beanspruchung von Führungs- und Pflegepersonal überzogen sind. Man beachte an dieser Stelle, dass im Gegensatz zum Krankenhausbereich, in dem i.d.R fast nur Pflegefachkräfte auf den Stationen arbeiten, der Gesetzgeber für den Altenheimbereich lediglich eine Fachkraftquote von 50 Prozent vorsieht. Zudem ist zu bedenken, dass 70 Prozent der in der Altenpflege beschäftigten Personen in Teilzeit arbeiten und davon 15 bis 20 Prozent der Teilzeitbeschäftigen als geringfügig Beschäftigte arbeiten. Die Beanspruchung der Pflegefachkräfte ist so nach Meinung des Autors im Vergleich zu ihren Kollegen im Krankenhaus aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, da die in der Altenpflege tätigen Personen über weniger Fachpersonalressourcen verfügen. Kommen zu den täglichen Belastungen der Pflegefachkräfte zusätzlich noch auf mehrere Tage angelegte Prüfungen des Medizinischen Dienstes hinzu, deren Mitarbeiter eine Begleitung einfordern, ist nach Meinung des Autors die Grenze der Belastbarkeitsgrenze des Pflegepersonals, egal ob bei Fach- oder Hilfskräften überschritten. Der Autor schließt sich nach eigener Erfahrung bei einer MDK-Prüfung nach der PTVS dem Fazit von Dr. Franz Schütte, Geschäftsführer/Heimleiter in Schönberg an: ‘Die unangemeldeten MDK-Prüfungen überrollen die Einrichtungen und führen zunächst zu einem Qualitätsverlust’. Letztendlich lässt sich die Frage nach einer Angemessenheit der MDK-Prüfungen erst nach einer Evaluation der ersten Erfahrungen mit der PTVS Ende des Jahres 2010 beantworten, wenn alle deutschen Altenheime überprüft worden sind. Die quantitative und qualitative Auswertung der Transparenzergebnisse der Medizinischen Dienste für die stationäre und ambulante Pflege vom 16.02.2010 gibt keinen Aufschluss über den oben geschilderten Sachverhalt. Hier sei nach Meinung des Autors darauf zu hoffen, dass die Vertragspartner die Mehrarbeit bei den Prüfungen durch die zukünftige Ausgestaltung des Pflegesatzverfahrens berücksichtigen.
Der im Jahre 1981 geborene Autor Benedikt Simon schloss im Jahre 2003 seine Ausbildung zum Altenpfleger ab. In den sieben Jahren nach seiner Ausbildung arbeitete er in unterschiedlichen Einrichtungen der stationären Altenpflege. Im Jahre 2010 schloss er an der Fachhochschule Münster den Studiengang Pflege- und Gesundheitsmanagement mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts ab. Seit dem Ende seines Studium arbeitet der Autor zurzeit als Pflegedienstleitung und Qualitätsmanagementbeauftragter in der stationären Altenpflege.