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Gesundheitswesen


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 11
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Gesundheitsreformen gab es in Deutschland bisher genügend - zumindest rein quantitativ betrachtet. Eine Besserung der Lage kann trotzdem langfristig nicht zugesichert werden. Daher stellt sich die Frage, inwiefern es sinnvoll sein könnte, Vergleiche zu ziehen über die Landesgrenzen Deutschlands hinweg zu den nationalen und internationalen Nachbarn. Man verfolgte bisher im Rahmen gesundheitsökonomischer Vergleiche oftmals die Strukturen des Gesundheitswesens der Vereinigten Staaten von Amerika sowie die der skandinavischen Länder oder der Schweiz und von Österreich. Doch wie schaut es beispielsweise weiter westlich von Deutschland aus? Eine einschneidende Gesundheitsreform gab es zum Beispiel auch in den Niederlanden im Jahre 2006 - recht viel mehr negative Schlagzeilen als über das deutsche Gesundheitssystem lassen sich darüber jedoch nicht wirklich verzeichnen, also kann das niederländische System eigentlich so schlecht nicht sein. Wäre es daher sinnvoll, von den holländischen Nachbarn zu lernen? Wenn ja, in welchen Bereichen des Gesundheitssystems wäre ein Blick hinaus über den deutschen ‚Tellerrand‘ besonders sinnvoll? Ist die Situation des deutschen Gesundheitswesens zum Scheitern verurteilt oder gibt es konstruktive Lösungsansätze, welche die Rahmenbedingungen stabilisierend ausgestalten könnten, indem man Stärken, welche das deutsche System zweifelsohne ebenso aufweisen kann, zweckmäßig weiterentwickelt? Im Rahmen dieser Studie sollen weiterführende Denkansätze und mögliche Antworten darauf gefunden werden, welche Reformansätze zukünftig förderlich für die Verbesserung der bestehenden Strukturen für das Gesundheitswesen Deutschlands sein könnten. Am Beispiel eines Vergleichs des deutschen mit dem niederländischen Gesundheitswesen sollen im Rahmen einer Ist-Analyse basierend auf empirisch nachgewiesenen Daten und Fakten resultierend aus fundierten Analysen aktueller Literatur beider Gesundheitssysteme die jeweiligen Stärken und Schwächen dieser zwei Länder hinsichtlich der gegenwärtigen Gesundheitspolitik analysiert werden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.9, Risikostrukturausgleich: Dass es in Deutschland einen sogenannten Risikostrukturausgleich gibt, ist hinreichend bekannt. Es handelt sich hierbei um ein finanzielles Ausgleichssystem zwischen den Krankenkassen, um Unterschiede in der Versichertenstruktur zu kompensieren. Ziel dabei ist es, seitens der Krankenkassen bestimmte Anreize in Hinblick auf eine Selektion zwischen ‘guten’ und ‘schlechten’ Risiken bei ihren Versicherten im Sinne des Kontrahierungszwanges zu vermeiden. Diesem Kontrahierungszwang unterliegen die Kassen seit dem Gesundheitsreformgesetz 2000. Konkret bedeutet dies, dass Krankenversicherungen dazu verpflichtet sind, jeden Versicherten, der dies wünscht aufzunehmen und diesen in keiner Weise zu diskriminieren (Diskriminierungsverbot). Aufgrund der einkommens- und risikounabhängigen Beitragsbemessung der gesetzlichen Krankenversicherung können die Kassen daraus resultierende finanzielle Risiken nicht wirklich explizit prognostizieren und es entsteht zwischen den Krankenversicherungen demzufolge naturgemäß eine recht inhomogene Risikostruktur. Um den Kassen trotzdem annähernd gleiche Voraussetzungen in Hinblick auf Ihre Wettbewerbsposition gewährleisten zu können, wurde seit Beginn der 90er Jahre sukzessive ein entsprechendes Ausgleichssystem entwickelt und in den Folgejahren kontinuierlich den gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen angepasst. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds, welche im deutschen System im Zuge des Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, 2007) erfolgte, wurde auch die Morbidität der Versicherten im Risikostrukturausgleich berücksichtigt. Das heißt, es wird bei der Verteilung der finanziellen Mittel aus dem Gesundheitsfonds an die Kassen nicht lediglich nach der allgemeinen Risikostruktur wie zum Beispiel Alter, beruflicher Background, Geschlecht etc. differenziert, sondern auch entsprechend der Morbiditätsstruktur der Versicherten. Wobei in Hinblick auf Finanzströme bezüglich des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches seitens der Versicherten zahlreiche, differenzierte Kriterien erfüllt werden müssen und ein eventuelles manipulierendes Vorgehen seitens der Kassen hinsichtlich gezielter Kodierung der Krankheitsbilder nicht explizit ausgeschlossen werden kann, so dass dieses in Deutschland bestehende Modell entsprechend kritisch gewürdigt werden sollte. Jedenfalls gibt es auch im niederländischen Gesundheitswesen solch einen Risikostrukturausgleich. Die Prämien, welche in ihrer Höhe abhängig vom Einkommen der Versicherten sind, werden in Holland zentral vom Finanzamt einkassiert und fließen in einen vom CVZ verwalteten Fonds - analog zum deutschen Gesundheitsfonds - ein. Ebenfalls identisch zum deutschen Gesundheitssystem ist der Grundgedanke, dass zwischen den Krankenversicherungen die Gelder fair verteilt werden sollten. Aus diesem Grunde wurde eben auch in den Niederlanden der Risikostrukturausgleich geschaffen. Jedoch begann man damit bereits ein weniger zeitiger als in Deutschland, nämlich schon im Jahre 1987 wurde der RSA gezielt erarbeitet und mit der niederländischen Gesundheitsreform im Jahre 2006 offiziell in das Gesundheitswesen implementiert. Viele Länder orientierten sich am niederländischen System des Risikostrukturausgleichs, so - neben Deutschland - zum Beispiel die Länder Belgien, Irland, Tschechien, Slowakei, Schweiz, Israel, Deutschland sowie das Medicare-Programm der USA. In den Niederlanden existiert ebenso wie in Deutschland - auch aus der Auffassung heraus, dass ein RSA, welcher nur demografische Aspekte der Versicherten beinhaltet, unzureichend sei - ein morbititätsorientiertes Ausgleichssystem. Es werden explizit - neben Parametern wie beispielsweise Geschlecht und Alter differenzierte Merkmale in Bezug auf die Krankenversorgung in Form sogenannter Arzneimittelkostengruppen sowie Diagnosekostengruppen in den RSA inkludiert. Neben dem deutschen Morbi-RSA sind die Niederlande bis auf das Medicare-Programm des US-amerikanischen Gesundheitswesens die einzigen Gesundheitssysteme mit einem derartig spezifizierten Risikoausgleichssystem. Die Höhe des Risikostrukturausgleichs wird in Holland ein Jahr im Voraus definiert und zum Anfang des Folgejahres entsprechend ausgezahlt. Folglich müssen die Krankenkassen mit der definierten RSA-Summe und ihren jeweiligen Prämieneinkünften existieren können, egal wie viele Kosten im Verlaufe eines Jahres anfallen, so dass ein dementsprechendes finanzielles Risiko auf der Seite der Krankenversicherungen bleibt. Infolgedessen sind die Krankenversicherungen natürlich nach einer zweckmäßigen Allokation ihrer finanziellen Mittel bestrebt. Jedes Jahr findet in Holland eine Korrekturberechnung des Ausgleiches statt, da ja bekanntlich die Versicherten jährlich ihre Krankenkasse wechseln können, was zu einer veränderten Versichertenstruktur - zum Beispiel in Hinblick auf demografische Aspekte - führen kann. Folglich wird im Rahmen dieser Korrekturberechnung die tatsächliche Anzahl der Versicherten und deren individuelle Charakteristika definiert. Beispielsweise werden folgende Ausgleichsmerkmale der Versicherten berücksichtigt: - das Geschlecht, welches im niederländischen Risikostrukturausgleich von 1993 neben dem Alter das erste RSA-Kriterium darstellte. - das Alter, welches aus 19 sogenannten ‘Fünfjahreskategorien’ besteht sowie. - die Region, wo die versicherten Personen wohnhaft sind dazu erfolgt ein Clustering nach Postleitzahlen von Gebieten mit demografischer Homogenität sowie die. - Kategorisierung nach der Einkommensstruktur der Versicherten innerhalb dieser werden wiederum altersmäßige Klassifikationen vorgenommen. In Bezug auf den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich sind hinsichtlich der Ausgleichsmerkmale wiederum zwei Kategorien von wesentlicher Relevanz: einerseits die Arzneimittelkostengruppen und andererseits die Diagnosekostengruppen. Die Arzneimittelkostengruppen resultieren daraus, wie viele Arzneimittel die Versicherten im ambulanten Bereich verbraucht haben das heißt, dass der Verbrauch im Krankenhaus für die Risikostrukturausgleichs-Berechnungen unrelevant ist. Jedoch kann ein Versicherter zur gleichen Zeit in verschiedene Arzneimittelkostengruppen eingruppiert sein. Der in den Diagnosekostengruppen dokumentierte individuelle Gesundheitsstatus der Versicherten setzt sich aus Kriterien zusammen wie beispielsweise den ICD-Entlassungsdiagnosen, den Nebendiagnosen sowie den DBC-Informationen. Eine DBC definiert dabei einen gesamten Behandlungsprozess angefangen vom ersten Kontakt zwischen Arzt und Patient, weiter über die Diagnosestellung bis hin zur Abschlussuntersuchung inklusive rehabilitativer Maßnahmen. Das heißt, es handelt sich um eine schnittstellenübergreifende Betrachtung des Behandlungsprozesses im Sinne des Case Managements, wo sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen einfließen. Ein Patient kann zeitgleich in mehrere verschiedene DBCs klassifiziert werden. Jedenfalls wird der gesundheitliche Status der Versicherten in eine der insgesamt 135 Diagnosekostengruppen integriert. Bei mehreren Diagnosen wird der Patient in die Gruppe mit den höchsten Kosten eingeordnet und einmalige Diagnosen bleiben unberücksichtigt. DBC-Cluster ähneln dem im DRG-System des deutschen Gesundheitswesens, jedoch sind die DBC noch differenzierter ausgestaltet. Am Beispiel des RSA zeigt sich einmal mehr, dass das deutsche und das niederländische Gesundheitssystem entsprechende Parallelen aufweisen und dass es in Bezug auf gesundheitspolitische Entscheidungen durchaus sinnvoll ist, auf Erfahrungen von den Nachbarländern zurück zu greifen. Dieses Ausgleichssystem erfüllt - vor allem beispielsweise in Verbindung mit strukturierten Behandlungsprogrammen - eine starke Steuerungsfunktion in der Gesundheitspolitik. Besonders positiv zu bewerten sind dabei die Fokussierung auf eine Optimierung von Qualität und Wirtschaftlichkeit zur Schaffung eines effizienteren Gesundheitswesens sowie die angestrebte Chancengleichheit der Krankenversicherungen hinsichtlich deren Voraussetzungen in Bezug auf ihre wettbewerbspolitische Ausgangssituation. Kritisch zu hinterfragen bleibt jedoch beispielsweise der Aspekt, inwiefern tatsächlich jegliche Risikoselektion seitens der Kassen ausgeschlossen werden kann. Denn durch die Parameter des Strukturausgleiches werden Versicherte und deren Morbiditätsstruktur teilweise nach recht pauschalen Kriterien klassifiziert. Schaffen es die Krankenkassen, zum Beispiel durch präzises ‘Upcoding’, eine spezifischere Risikodifferenzierung zu erzielen, könnte der Anreiz zu Risikoselektion trotz bestehendem Kontrahierungszwang und Diskriminierungsverbot in gewisser Weise dezent gefördert werden. Ferner ist aus Patientensicht eine zu starke Transparenz privater Daten durch detaillierte Dokumentation und Katalogisierung ihres Gesundheitszustandes in spezielle Raster zu befürchten, auch wenn in Hinblick auf Patientensicherheit und Datenschutz diese Bedenken weitestgehend reduziert werden können. Insofern ist der Risikostrukturausgleich in Hinblick auf seine gesundheitspolitische Wirksamkeit differenziert zu betrachten. Jedoch hat er sich bisher in zahlreichen Ländern seit einigen Jahren als im Großen und Ganzen positiv bewährt und stellt insofern einen adäquaten Ansatzpunkt für eine gewisse Reformierung des Gesundheitsmarktes dar.

Über den Autor

Die Autorin, Jahrgang 1985, ist diplomierte Betriebswirtin der Fachrichtung ‚Management im Gesundheitswesen‘. Während des Studiums arbeitete sie als Studentin der Geschäftsleitung eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung in allen administrativen Bereichen und entdeckte bereits frühzeitig ihr Interesse an wissenschaftlichem Arbeiten. So analysierte sie im Rahmen dieses Diplomstudiums das Beschwerdemanagementsystem ihres Praxisunternehmens und widmete sich in diesem Zusammenhang intensiver der Bedeutsamkeit eines umfassenden Qualitätsmanagementsystems in Einrichtungen des Gesundheitswesens, wozu ebenfalls bereits eine wissenschaftliche Untersuchung publiziert wurde. Nach Beendigung des Studiums war die Autorin von 2008 bis 2011 als Qualitätsmanagerin eines größeren Klinikverbundes beschäftigt. Parallel dazu absolvierte sie von 2009 bis 2011 ein berufsbegleitendes Weiterbildungsstudium zum Master of Business Administration (MBA) der Fachrichtung ‚Health Care Management‘ an der Universität Bayreuth und widmete sich der internationalen Gesundheitssystemforschung, in welchem Rahmen folglich diese Studie über das deutsche und niederländische Gesundheitswesen entstand. Nebenberuflich ist die Autorin seit 2009 als Dozentin für Krankenhausmanagement tätig, ist Mitglied in Prüfungskommissionen und betreute bisher etwa 15 wissenschaftliche Arbeiten in Bezug auf das Management von Einrichtungen des Gesundheitswesens. 2011 übernahm sie die Leitung und Koordination der Zentralen ambulanten Patientenabrechnung eines Klinikverbundes von acht Krankenhäusern. Gern steht die Autorin auch als Consultant für Krankenhausmanager zur Verfügung. Sie ist verheiratet und lebt mit Mann und in Kürze mit Baby seit 2008 in Bayern. Weitere Informationen zum beruflichen Werdegang der Autorin finden Sie auf ihrer Homepage.

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