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Gesundheitswesen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 110
Abb.: 37
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Emotionen sind ständige Begleiter unseres Lebens, denen wir bewusst oder unbewusst gewahr werden. Sie dienen der Kommunikation und der sozialen Interaktion und helfen uns, das eigene Verhalten schnell und flexibel an Situationen anzupassen. Ein Beispiel: Ein Freund von Ihnen rennt mit einem wütenden Gesicht auf Sie zu. Sie sehen seinen Gesichtsausdruck und interpretieren ihn als Ärger oder Wut. Ihr Verhalten in dieser Situation wird sich sehr wahrscheinlich von dem unterscheiden, welches Sie zeigen würden, wenn Ihr Freund mit einem lachenden Gesicht auf Sie zukommt. Eine adäquate Reaktion in einer sozialen Situation setzt die korrekte Interpretation des emotionalen Ausdrucks voraus. Emotionen dienen aber nicht nur der Kommunikation, sondern sie können auch Einfluss auf die Gedächtnisleistungen eines Individuums nehmen. Als eine zentrale Struktur für die Emotionsverarbeitung und für emotionale Gedächtnisprozesse wird die Amygdala angesehen. Diese spielt insbesondere in Gefahrensituationen eine außerordentliche Rolle: Sie wird als das Zentrum angesehen, das eine Information als Gefahr interpretiert und entsprechende Handlungsanweisungen an andere Abteilungen im Gehirn sendet, wodurch die Überlebenschancen eines Individuums in einer tatsächlichen Gefahrensituation enorm gesteigert werden. Dies setzt aber voraus, dass ein Stimulus, der auf eine Gefahr hindeutet, sehr schnell verarbeitet wird. In der vorliegenden Arbeit wird an Jugendlichen in der späten Adoleszenz überprüft, ob Stimuli, die auf eine Gefahr hindeuten, tatsächlich schneller verarbeitet werden als Stimuli, die auf keine Gefahr schließen lassen. Als Stimuli werden dabei negative, ärgerliche und positive, freudige Gesichtsausdrücke eingesetzt, die es zu erkennen gilt. Die Verarbeitungszeit selbst wird in Form von Reaktionszeiten festgehalten und überprüft. Im Theorieteil dieser Arbeit betrachte ich folglich zuerst allgemeine Emotionstheorien, um dann meinen Schwerpunkt auf neuere neurowissenschaftliche Emotionstheorien zu legen, wie sie beispielsweise von Joseph LeDoux und Arne Öhman vorgelegt wurden. Ferner bespreche ich den Aufbau und die Funktionsweise der Amygdala, da dieser beim Erkennen von negativen emotionalen Stimuli eine besondere Rolle beigemessen wird. Da das Erkennen einer Gefahr ein Wissen und auch ein Erinnern voraussetzt, gehe ich in dem sich anschließenden Kapitel auf das Gedächtnis ein und stelle verschiedene Annahmen zum Aufbau und der Funktionsweise des Gedächtnisses vor. Da im empirischen Teil die Reaktionszeiten von Jugendlichen auf emotionale Stimuli gemessen und ausgewertet werden, ist es dringend erforderlich, emotionalen Gesichtsausdrücken auch im theoretischen Teil ein eigenes Kapitel zu widmen. Dort soll geklärt werden, ob verschiedene emotionale Gesichtsausdrücke von verschiedenen Personen immer in der gleichen Art erkannt und interpretiert werden, und wie dieses Erkennen erfolgt. Der Schwerpunkt des empirischen Teils liegt auf dem Vergleich der Reaktionszeiten von Jugendlichen in der späten Adoleszenz beim Erkennen positiver bzw. negativer emotionaler Gesichtsausdrücke. Die dabei entstandenen Ergebnisse werden abschließend zusammengefasst und diskutiert.
Kapitel 4.2, Kategoriales und dimensionales Emotionsmodell: Im vorhergehenden Unterkapitel wurden bereits zwei theoretische Richtungen angedeutet, die sich der Erforschung des emotionalen Informationsgehalts von Gesichtsausdrücken mit unterschiedlichen Ansätzen widmen: es handelte sich einerseits um den kategorialen Ansatz, andererseits um den dimensionalen Ansatz. Vertreter des kategorialen Ansatzes, Ekman sei hier stellvertretend genannt, gehen von der Existenz einer Reihe von primären emotionalen Kategorien (Fröhlichkeit, Traurigkeit, Überraschung, Angst, Wut und Ekel) aus. Jede dieser emotionalen Kategorien weisen eigene, von einander klar unterscheidbare Gesichtsausdrücke auf. Diesem Ansatz kann natürlich vorgeworfen werden, die sechs Kategorien seien zu eng gefasst und würden nicht alle emotionalen Zustände erschöpfend beschreiben. Immerhin zeigen uns die Emotionswörter, die wir in unserer Sprache kennen, dass wir weit mehr als diese sechs Kategorien unterscheiden können. So schön diese Ansicht auch sein mag – sie hat nur einen Hacken: In bisherigen Untersuchungen konnten nur diese sechs spezifischen Gesichtsausdrücke für die genannten Basisemotionen nachgewiesen werden und kein weiterer spezifischer Gesichtsausdruck mehr. Somit verliert dieser Einwand bis auf weiteres seine Evidenz. Eine weitere These mag in diesem Zusammenhang noch vorgebracht werden. Diese besagt, man könne emotionale Zustände in Emotionsfamilien gliedern auf Grund ihrem ähnlichen Ausdruck und ihrer annähernd gleichen physiologischen Aktivität. Die Emotionen Erleichterung, Vergnügen, Stolz und Erheiterung teilen sich beispielsweise eine gemeinsame Form des Lächelns. Es wäre also sinnvoll, diese zu einer gemeinsamen Emotionsfamilie zusammenzufassen. Natürlich wäre eine solche Gliederung und Zusammenfassung auf den ersten Blick sehr sinnvoll. Auf den zweiten Blick zeigt sich indes der Nachteil eines solchen Vorgehens: Die schwere experimentelle Untersuchbarkeit von Gesichtsausdrücken bei einem solchen Design. Bei einer solchen Überschneidung im Ausdrucksverhalten kann ein Bobachter in einer experimentellen Untersuchung nur schwer unterscheiden, welchem emotionalem Zustand dieser Gesichtsausdruck zu Grunde liegt. Lächelt die Versuchsperson nun, weil er Stolz empfindet, oder weil er erleichtert ist oder erheitert? Steht also nur der Gesichtsausdruck als Informationsquelle zur Verfügung, kann eine Unterscheidung von emotionalen Zuständen anhand des Gesichtsausdrucks nur schwerlich erfolgen. Der andere Ansatz zur Beschreibung von Gesichtsausdrücken, den ich hier vorstellen will, geht von Einordnungsdimensionen aus. Dies soll bedeuten, dass ein Gesichtsausdruck treffender auf kontinuierlichen Skalen beschrieben werden kann als durch festgelegte Kategorien. Der dimensionale Ansatz trägt also dem bereits vorgetragenen Einwand Rechnung, man könne nicht allein durch den Gesichtsausdruck auf eine kategoriale Emotion, die es widerspiegeln zu scheint, schließen. Um einer präziseren Beschreibung eines Gesichtsausdrucks und der hinter ihr stehenden Emotion näher zu kommen, sei es sinnvoller, die Gesichtsausdrücke durch verschiedene Items, die auf Dimensionsachsen angeordnet sind, beschreiben zu lassen. Allgemein durchgesetzt haben sich dabei die Dimensionen Valenz und Aktivität . Die Dimension Valenz weist dabei die gegensätzlichen Pole Angenehm vs. Unangenehm auf, die Dimension Aktivität die Pole Hohes Arousal vs. Niedriges Arousal . Natürlich weisen beide Ansätze Vor- und Nachteile auf, und die Wahl, welcher Ansatz in einem experimentellen Design zu favorisieren ist, hängt von der gewählten Fragestellung sowie von den angestrebten statistischen Auswertungsverfahren ab. Der kategoriale Ansatz erlaubt, wie Siebert feststellt, eine Unterscheidung von universellen Basisemotionen, während der dimensionale Ansatz eine treffendere Beschreibung verschiedener emotionaler Gesichtsausdrücke auf Skalen gestattet. Allerdings wartet der dimensionale Ansatz mit einer größeren Methodenvielfalt bei der Datenauswertung auf. Werden Gesichtsausdrücke entlang einer kontinuierlichen Dimension entlang beurteilt, so erreichen die dadurch ermittelten Daten ein Ordinal- bzw. Intervallskalenniveau, während der kategoriale Ansatz nur nominalskalierte Daten liefert. Der Vorgang der Gesichtswahrnehmung: Um verstehen zu können, wie ein emotionaler Gesichtsausdruck erkannt wird, müssen zunächst die Mechanismen der Gesichtsverarbeitung verstanden werden. Ist dieser Mechanismus fehlerhaft, so kann dieser Fehler im schlimmsten Fall zu einem Nicht-Erkennen der Emotion führen, die im Gesicht ausgedrückt wird. In dem Aufsatz Understanding face recognition schlagen die beiden Wissenschaftler Bruce und Young das Vorhandensein von sieben unterschiedlichen Codes beim Erkennen von Gesichtern vor. Zu unterscheiden sind demnach der piktorelle Code, der strukturelle Code, der Code für visuell-semantische Informationen, der Code für identitätsspezifisch-semantische Informationen, der Namenscode, der Code für emotionale Gesichtsausdrücke und der Code für die Sprachanalyse. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die Bedeutung aller Codizes eingehen, sondern mich nur auf drei Codizes beschränken, die im Rahmen dieser Arbeit Relevanz besitzen. Nach Annahme von Bruce und Young sind bei der Gesichtswahrnehmung der piktorelle Code und der strukturelle Code besonders wichtig. Der piktorelle Code repräsentiert eine statische Repräsentation mit spezifischen Farben und Kontextinformationen, der strukturelle Code verkörpert das Erkennen bestimmter Gesichtsmerkmale sowie deren Zusammensetzung. Beide Codizes sind aus folgendem Grunde für die Gesichtserkennung sehr wichtig, da alle anderen Codizes von diesen ersten beiden Verarbeitungsschritten abhängig sind. Zwar sind die nachfolgenden Codizes untereinander funktionell unabhängig - wenn aber die ersten beiden Codizes beeinträchtigt sind, so sind auch alle nachfolgenden Codizes beeinträchtigt. Kurz und anders ausgedrückt und auf das Wahrnehmen eines emotionalen Gesichtsausdruck geprägt: Ist die Analyse eines Gesichts im piktorellen und im strukturellen Code beeinträchtigt, so ist die Analyse des emotionalen Gesichtsausdrucks ebenfalls beeinträchtigt. Der Code für die Analyse des emotionalen Gesichtsausdrucks wird, wie Ulrike Schröder in ihrer Dissertationsschrift feststellt, durch die beiden Forscher Peper und Irle weiter verfeinert. Sie nehmen einen hierarchischen Prozess bei der Erkennung des emotionalen Gesichtsausdrucks an, der auf seiner ersten Stufe in Anlehnung an Bruce und Young mit einer strukturellen Analyse der Gesichter beginnt. Es folgt dann eine kategoriale Analyse des emotionalen Gesichtsausdrucks, um dann auf einer dritten Stufe in eine dimensionale Analyse zu münden. An einem Beispiel dargestellt: Ich sehe beispielsweise einen Gesichtsausdruck bei meinem Chef. Zunächst analysiere ich seine Gesichtsmerkmale sowie deren Anordnung. Dann würde ich sein Gesichtsausdruck einer der bereits genannten Basisemotionen zuordnen, um schließlich einzuschätzen, ob ich diesen Gesichtsausdruck als angenehm oder unangenehm empfinde. Aus den Annahmen von Bruce und Young sowie von Peper und Irle lässt sich entnehmen, dass das Erkennen und Einordnen eines emotionalen Gesichtsausdrucks und das Erkennen der Identität einer Person zwei getrennte Module darstellen. Dies konnte, wie Schröder angibt, in PET-Studien bestätigt werden. Man nimmt dabei an, dass während der Verarbeitung der Identität eines Gesichts der ventromediale Occipitallappen, der Gyrus fusiformis und der inferiore Temporallappen beteiligt ist, während bei der Verarbeitung emotionaler Gesichtsausdrücke der laterale Occipitallappen, der superiore Temporallappen, das Cingulum bzw. der inferiore Frontallappen einbezogen werden. Einige Wissenschaftler sprechen bei der Wahrnehmung emotionaler Gesichtsausdrücke demzufolge von einem dorsalen Verarbeitungsweg über den lateralen Occipitallappen und das Cingulum, während bei der Wahrnehmung der Identität eines Gesichtes ein ventraler Verarbeitungsweg über den ventro-medialen Occipitallappen und den Gyrus fusiformis eingeschlagen wird. Zumindest konnte in klinischen Studien die Beteiligung des inferioren frontalen Kortex bei der Wahrnehmung des emotionalen Gesichtsausdrucks bestätigt werden.
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