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Gesundheitswesen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Gesundheitstourismus boomt. Er hat sich als viel versprechender Markt an der Schnittstelle zwischen Gesundheit und Tourismus platziert und wird in vielen EU-Ländern, aber auch weltweit, schon lange praktiziert. Einhergehend mit dieser Entwicklung entstehen zahlreiche gesundheitstouristische Trends und Strömungen, so dass der Markt aktuell ein fast unüberschaubares Angebot an Gesundheitsdienstleistungen und -gütern offeriert. Im Zuge dieser Überschwemmung des Marktes taucht auch der Begriff des Medizintourismus immer häufiger auf. Die meisten Experten sind sich darüber einig, dass dieser mehr als nur eine Modeerscheinung ist und sich auf dem gesundheitstouristischen Markt auf dem Vormarsch befindet. Aber was genau ist eigentlich Medizintourismus? Viele Touristen sind überfragt und hilflos. Die meisten finden sich im aktuellen Dschungel der gesundheitstouristischen Begriffe nicht mehr zurecht. Wellness, Kuren, Heilbäder, Rehabilitation, Erholungsurlaub die Liste scheint unendlich. Viele dieser Begriffe werden fälschlicherweise gleichgesetzt. Doch mit der Entwicklung der letzten Jahre und der steigenden Ausdifferenzierung der einzelnen gesundheitstouristischen Marktsegmente ist dies nicht mehr haltbar. Wie lassen sich also der medizintouristische Markt und das Angebot charakterisieren? Wer vermittelt Medizinreisen und wie sehen die Serviceleistungen der Anbieter im Einzelnen aus? Welche Destinationen und medizinischen Leistungen werden angeboten? Wie günstig sind die Operationen im Ausland wirklich und wie können diese finanziert werden? Die vorliegende Untersuchung beantwortet diese und viele weitere Fragen mit Hilfe einer Analyse und strukturellen Aufarbeitung des medizintouristischen Angebotes für den Quellmarkt Deutschland. Dabei wird der Medizintourismus als neue touristische Erscheinungsform definiert und in den gesundheitstouristischen Markt eingeordnet. Die bisherige Entwicklung, die aktuelle Bedeutung und die Potentiale dieses Marktes werden erforscht, diskutiert und zusammen mit allen Aspekten der medizintouristischen Angebotsvielfalt anschaulich dargestellt.
Textprobe: Kapitel 4.5, Kommunikationskanäle: ‘Die Kommunikationspolitik beschäftigt sich mit der bewussten Gestaltung der auf die in- und ausländischen Absatzmärkte gerichteten Informationen eines Unternehmens zum Zweck einer Verhaltenssteuerung aktueller und potenzieller Käufer’. Im Falle der vorliegenden Analyse sollen jedoch nur die auf den Quellmarkt Deutschland gerichteten Informationen, mit deren Hilfe das Produkt Medizintourismus vermarktet wird, untersucht werden. Diese Informationen wirken als Ansprache des Kunden vor Reiseantritt und sollen die Aufmerksamkeit des Patienten auf das Produkt ziehen und dessen Kauf induzieren. Dabei stehen den Patientenvermittlern, medizinischen Einrichtungen und Internet-Datenbanken verschiedene Vermarktungsformen zur Auswahl. Das Internet ist eines der wichtigsten Kommunikationskanäle zur Vermarktung von Dienstleistungen und Produkten. Dies gilt ebenso für touristische Angebote und somit auch für Medizinreisen. Der Grund dafür ist, dass der Anbieter mit Hilfe des Internet aus dem lokalen Raum der Leistungserstellung heraustreten und weltweit Kunden erreichen und akquirieren kann. Multimediale Komponenten wie Videos, Bilder und Audiodateien liefern zudem die Möglichkeit thematisch strukturiert bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Ein zweiter wichtiger Kanal ist die Öffentlichkeitsarbeit, auch ‘Public Relations’ genannt. Sie ist unbedingt abzugrenzen von der normalen Printwerbung, da diese in Deutschland im Bereich der Gesundheitswirtschaft strengen Regelungen unterworfen ist. So ist es lediglich erlaubt mit sachlichen Informationen über Hauptindikationsgebiete und Namen der Chefärzte zu werben. Alle anderen Informationen über die Einrichtung müssen in Deutschland vermieden werden. Für die Öffentlichkeitsarbeit trifft dies nicht zu. Aus diesem Grund wird sie von den medizintouristischen Anbietern mehrheitlich genutzt. Dabei werden verschiedene Medien angesprochen, ob sie über die Einrichtung kostenlos einen Artikel veröffentlichen wollen. In vielen Fällen werden daraufhin Patienten auf ihrem Weg ins Ausland begleitet, um über die Qualität der Kliniken und Vermittlungsagenturen und über den Ablauf einer Medizinreise berichten zu können. Das Ziel dabei ist die Imageverbesserung des Anbieters und das Aufbauen von Vertrauen beim Patienten. Beispiele für diesen Kommunikationskanal sind Artikel wie ‘Butterfahrt zum Zahnarzt’ aus der dritten Ausgabe von Bild Spezial Gesundheit im Jahr 2005, ‘Ärzte ohne Grenzen’ aus dem Tagesspiegel vom 13.02.2006 oder ‘Das Europa der Brückenbauer’ aus Sonntag Aktuell vom 31. Januar 2005. Ein weiterer bedeutender Weg, um potenzielle Kunden anzusprechen, ist die Mund-zu-Mund Propaganda. SCHROEDER aus dem Bumrungrad Hospitals in Bangkok ist nur einer der vielen Experten, die diesen Kommunikationskanal als einen der effektivsten für die Branche ansehen. Durch die Äußerungen des Patienten in seinem sozialen Umfeld über die Leistungen einer medizinischen Einrichtung soll der Ruf des Unternehmens positiv beeinflusst werden. Auch soll damit die Unsicherheit der potenziellen Kunden gelindert werden, denn oftmals reichen die Bemühungen der Anbieter nicht aus, um die Patienten hinreichend zu informieren und ihnen die Angst zu nehmen. Relativ neu unter den Kommunikationskanälen für den Medizintourismus hat sich der Bereich der Messen und Kongresse etabliert. So finden zum Thema des Medizintourismus weltweit immer häufiger derartige Veranstaltungen statt. Dort können sich Destinationen, Vermittlungsagenturen aber auch Kliniken vorstellen und neue Kooperations- und Geschäftspartner gewinnen. Für den potenziellen Kunden dagegen besteht durch eine Teilnahme die Möglichkeit, nützliche Informationen über die verschiedenen Anbieter und Destinationen zu sammeln. Die weltweit bekanntesten Beispiele für Kongresse zum Thema des Medizintourismus sind: der ‘World Tourism Congress’, die ‘International Medical Travel Conference’, der ‘Annual International Health and Medical Tourism Congress’, der ‘World Medical Tourism & Global Health Congress’ und der ‘Medical Travel World Congress’. Die Ansprache deutscher Patienten erfolgt bei allen vorgestellten Kommunikationskanälen mit Hilfe von gefühls- und emotionsgeladenen Botschaften, die die affektive Ebene ansprechen, da die Menschen mit informationsorientierter Sachwerbung übersättigt sind. So werden z. B. exotische Bilder gezeigt oder betont, dass die Ärzte fließend Englisch sprechen und teilweise in Europa ausgebildet wurden, damit der Patient das Gefühl bekommt, er werde sich in der betreffenden Einrichtung wie zu Hause fühlen. Vielfach werden auch bekannte Logos der Destinationen mit in die Werbung eingebunden, damit die bestehenden Unsicherheiten einer Medizinreise auf die eines gewöhnlichen Urlaubes reduziert werden. Das Ziel aller Kanäle ist dabei das Gleiche: Der Kunde soll auf das Produkt aufmerksam werden, es verstehen und es gegenüber anderen Angeboten vorziehen. Dazu werden oftmals die Qualifikationen der Ärzte, ihre Arbeitserfahrungen und Lebensläufe sowie Erfahrungsberichte schon durchgeführter Medizinreisen aufgezeigt, um die Patienten von der angebotenen Qualität zu überzeugen. Da die Sprach- und Verständnislosigkeit in einer Medizintourismusdestination einer der Hauptgründe ist, warum viele Menschen davor zurückschrecken eine solche Reise zu unternehmen, sind die am Markt auftretenden Unternehmen jedoch nicht nur um die Kommunikationskanäle vor Reiseantritt bemüht, sondern auch um jene, die während des Aufenthaltes und nach einer Reise benutzt werden. In diesem Sinne ist in vielen Kliniken zunehmend die Bemühung zu sehen, die kleinsten Übersetzungsfehler in Werbebroschüren zu beheben, in Sprachen geschultes Personal einzustellen, Dolmetscher zu Hilfe zu ziehen, oder die Sprachbarrieren des posttherapeutischen Service zu verbessern. Zielmarkt: Es ist schwierig die Zielgruppe der deutschen Medizintouristen demographisch zu erfassen, da es bislang kaum Studien zu diesem Thema gibt. Die meisten Agenturen können nur auf eine kurze Lebensphase zurückblicken, so dass es kompliziert ist, die schon aktiv gewordenen Medizintouristen zu typologisieren. Hinzu kommt der Aspekt, dass sich der Großteil der Agenturen auf bestimmte Destinationen und medizinische Leistungen spezialisiert hat und ihre Kundenschicht nicht als repräsentativ für die Gesamtheit der Medizintouristen angesehen werden kann. Legt man aber doch sein Augenmerk auf die Zielgruppenbeschreibung der befragten Agenturen (s. Anhang 3 bis Anhang 6) wird deutlich, dass eine Typologisierung aus einem einzigen Grund diffizil ist: es gibt keinen charakteristischen Medizintouristen. VOGT von der Agentur ‘Beauty OP Travels’ sagt z. B., seine Agentur befördere genauso viele männliche wie auch weibliche Patienten, wobei keine Altersbegrenzung genannt werden könne. DRINKUTH von ‘Avraspa Consulting Limited’ fügt hinzu, dass seine Kundenschicht ebenfalls schlecht zu beschreiben sei, da die Patienten aus keiner bestimmten Einkommens- oder Bildungsschicht stammen würden und sich auch dem Alter nach nicht charakterisieren ließen. Nur im Bereich der Kosmetischen und Plastischen Chirurgie lässt sich scheinbar eine Eingrenzung der Zielgruppe vornehmen. VACIKOVA von ‘Bella-med’ erzählt, dass der überwiegende Teil ihrer Kunden aus Frauen bestehe, wobei junge Mädchen zischen 18 und 25 Jahren sich häufig für eine Brustvergrößerung entscheiden würden. Ganz allgemein gesehen lassen sich jedoch einige Charakteristika des deutschen Zielmarktes festhalten: Die Masse der Medizintouristen besteht sowohl aus Einzelpatienten als auch aus Patientengruppen sowie den Angehörigen oder Freunden der Patienten, die als Begleitpersonen zur seelischen oder körperlichen Unterstützung mitreisen. Dabei richtet sich das medizintouristische Angebot auf dem Quellmarkt Deutschland sowohl an kranke als auch an gesunde Menschen mit einer gesteigerten Mobilitätsbereitschaft, die häufig Reise-erfahren und weltoffen sind. Erstere fragen jegliche Behandlungen nach, die eine Verbesserung ihres Krankheitszustandes bewirken, währenddessen sich die gesunden Patienten auf z. B. kosmetische Eingriffe oder medizinische Check-ups beschränken. Des Weiteren kann festgehalten werden, dass sich das Angebot sowohl auf Menschen bezieht, die eine ambulante Behandlung nötig haben, als auch auf solche Patienten, die eines stationären Aufenthaltes bedürfen. Hinsichtlich der Zahlungsvariante wird dabei kein Unterschied gemacht. So besteht die Zielgruppe der Medizintouristen sowohl aus Privatzahlern als auch aus Kassenpatienten. BOOKMAN UND BOOKMAN weisen in ihrem Buch ‘Medical Tourism in Developing Countries’ auf weitere Unterscheidungsmerkmale der Zielgruppe hin, wonach sich diese in zwei Gruppen aufteilt: Zum einen die reichen Patienten, die luxuriöse Hotels und Kliniken für ihren Aufenthalt aussuchen und medizinische Leistungen auf dem höchsten Qualitäts- und Preisniveau nachfragen (luxury medicine). Diese Gruppe nimmt oft weite Distanzen in Kauf, um den medizinischen Eingriff mit einem Urlaub in exotischer Umgebung zu kombinieren. Zum anderen die weniger wohlhabenden Patienten, die günstige medizinische Basisleistungen in der nächst gelegenen Einrichtung hinter der Grenze nachfragen (border medicine). Neben dieser Unterteilung nach dem Einkommen der Medizintouristen lassen sich in der Literatur noch zwei weitere finden, die auf der Basis der verschiedenen Motive beruht, welche die Menschen zu einer Behandlung im Ausland bewegen. Demnach kann die Masse der Medizintouristen in sieben verschiedene Fraktionen gegliedert werden: - Patienten, die für medizinische Eingriffe in Nachbarländer von Deutschland reisen, weil die Entfernung geringer ist als zu der Klinik im Inland. - Wartelisten-Patienten, denen die Wartezeit auf ihre Behandlung in Deutschland zu lang ist. - Patienten, deren gewünschte Behandlung in Deutschland nicht angeboten wird. - Patienten, denen die Kosten des medizinischen Eingriffes in Deutschland zu hoch sind und deswegen nach einer günstigeren Behandlung im Ausland suchen. - Patienten, die eine Geschäfts- oder Privatreise antreten und währenddessen medizinische Dienstleistungen nachfragen wollen oder dies spontan vor Ort tun. - Patienten, die einst nach Deutschland ausgewandert sind, ärztliche Hilfe aber nur in ihrem ursprünglichen Heimatland nutzen wollen. - Patienten, die aufgrund deutscher Gesetze oder moralischer Aspekte spezielle Eingriffe, wie z. B. Abtreibungen, nur im Ausland nachfragen können. So unterschiedlich diese Patientengruppen auch scheinen mögen, sie haben dennoch alle ein Merkmal gemeinsam. In der Literatur wird dafür der Begriff des ‘mündigen Patienten’ oder des ‘Kundenpatienten’ immer öfter verwandt. Er verdeutlicht, dass der Patient seine Gesundheit selbst managen will, indem er den Arzt allein wählt und sich vorab durch Laien- und Fachpresse im Internet über seinen Krankheitszustand und die möglichen Behandlungsmöglichkeiten informiert. Ein neues Anspruchsdenken macht sich unter den Patienten breit, weil viele Behandlungen zunehmend selbst teil- oder ganzfinanziert werden müssen und sie dazu bewegen, kritischer an Gesundheitsfragen heranzugehen und Qualitätsaspekte zu berücksichtigen.
Ellen Marie-Louise Quast, Diplom-Kauffrau (FH), Tourismus-, Event- und Hospitalitymanagement - Studium an der International School of Management in Dortmund. Abschluss Januar 2009 als Diplom-Kauffrau (FH).
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