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  • Womanismus als Methode der Interpretation deutscher literarischer Texte: Zur religiösen Struktur moderner Frauenbilder in ausgew?hlten Werken Heinrich Bölls

Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 220
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Feministisches literarisches Schreiben und feministisches politisches Engagement sind sich darin einig, dass die Frauenbilder in den herrschenden männlichen Literaturen bisher meist einseitig, stereotyp und negativ zum Vorteil des dominierenden Geschlechts ausgefallen sind. Schreibende Frauen und feministische Aktivisten wollen sich gegen diese Situation wehren: Sie suchen sowohl in der Gesellschaft als auch in der Literatur nach weiblicher Identität. In dieser Fallstudie werden folgende fiktionale Texte Bölls herangezogen: Die verlorene Ehre der Katharina Blum, Gruppenbild mit Dame, Ansichten eines Clowns und Frauen vor Flusslandschaft. Ziel ist es, aufzuzeigen, wie eine Verbesserung der bei Böll geschilderten Lage in Gang gesetzt werden könnte. Als theoretischer Rahmen dient der Womanismus. Dieser bezeichnet die Ideologie afrikanischer Frauen, in welcher sie ihre eigenen Interessen als auch die ihrer Kinder und Männer sehen, denn ihre Bedürfnisse sind verwurzelt im Wohl der Gemeinde.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.5, Überleitung Zu Heinrich Böll und seinen womanistischen Werken: Im Laufe des vorangegangenen Kapitels dieser Arbeit habe ich mich mit dem Thema Literatur und Gesellschaft auseinandergesetzt. Die Literatur spiegelt die Gesellschaft wieder, in der sie produziert wird. Zweifellos basiert die aus Deutschland stammende Literatur in besonderem Maße auf Erfahrungen aus der deutschen Gesellschaft. Hier ist das Kriterium eine sehr kritische Bearbeitung des literarischen Textes. Der europäische Literaturkritiker analysiert den Text mit Präzision, Logik und minutiösesten Details. Dinge, die ihm wichtig sind, wie das Wetter, die Landschaft, die Natur, menschliche Physiognomie und Launen, die Gastronomie, die Bekleidung, der Stil und das Äußere werden näher untersucht, erklärt, erörtert und interpretiert. Textimmanente Interpretation ist die gängige Praxis moderner und postmoderner Literatur-wissenschaft. Hier wird hauptsächlich die hermeneutische Methodenlehre angewandt. Als textimmanente Interpretation bezeichnet man eine seit den 1950er Jahren entwickelte Analyse auf der Basis von Inhalt und sprachlicher Gestaltung des Textes. Die Schule des Close Reading führt zu einer mikrologischen inhaltlichen Bearbeitung des Textes. Ein wichtiger Vorzug der hermeneutischen Methode und der textimmanenten Interpretation ist die Möglichkeit einer gewissen ‘Objektivierbarkeit’ des gelesenen Textes, indem über dessen Wirkpotentiale ein minimaler Konsens gerade zwischen Lesern aus den unterschiedlichsten Kulturen erreicht werden kann. Dieser Minimalkonsens über den Text ist die Basis, auf der das weitere Lesergespräch aufbauen kann, um sich dann in verschiedene Richtungen und Ansätze zu verzweigen, die einen durchaus fruchtbaren Streit untereinander austragen können, ohne aber sich gegenseitig übertrumpfen zu müssen. Ich nehme die Vorzüge konkurrierender Schulen (wie der der textimmanenten Interpretation) auch zur Kenntnis. Mein eigenes Plädoyer für die womanistische Methode kann dadurch nur an Überzeugungskraft gewinnen. Aber Literaturwissenschaft erlaubt auch soziologisch, historisch, biographisch und psychologisch orientierte Interpretationen. Wellek und Warren (Theorie der Literatur, 1963) und Shipley (ed.: Dictionary of World Literature, 1966) haben zu diesem Thema viel geforscht. Da es bei literarischer Kritik nicht nur um Technik oder Verfahren geht, fühlt sich afrikanische Kritik hauptsächlich bei soziologisch orientierten Interpretations-ansätzen zu Hause. Daher mahnt Lilyan Kesteloot (Abbia, No.8 Feb - März, 1965) die europäischen Literaturwissenschaftler zur Vorsicht: Appreciating modern literature written today in Africa, is I think, possible, if not easy for a European critic. All depending of course, on the criteria applied […] When confronted with African prose, the position of the critic is more delicate[…] When dealing with novels, short stories, tales of imagination, or referring to traditional society, the European literary critic should proceed more cautiously, as far as his philosophical ideas, his instructive reactions, his taste for the picturesque, humanitarian ambitions are concerned. Afrikazentrierte Kritik (also eine soziologische und in den 1970er Jahren als neo-marxistische Kritik aufkommende Kritik) ist von Intuition, Empfindsamkeit, Geduld, Einfachheit, Volkstum, Musik, Natur, Symbolismus, Einfühlungsvermögen und zahlreichen anderen kulturellen Werten des Kontinents gekennzeichnet, wie auch von der ewig räuberischen euro-amerikanischen genozidartigen Ausbeutung Afrikas. Infolge dieser Situation ist aus der deutschen Gegenwartsliteratur in Afrika die Trümmer- und Tendenzliteratur am besten zur Vermittlung geeignet. Laut Aduke Adebayo (1995) hat ein französischer Kritiker diese Vorstellung folgendermaßen bekräftigt: On demande aux jeunes Africains de faire connaître l'Afrique, tous ses visages, ses mystères, ses traditions, ses folklores, ses problèmes psychologiques et humains. Or, nous ne voyons partout que des romans impuissants, politisés, cousus de diatribes et de problèmes purement individuels sans intérêt, et incapables de nous faire faire un pas de plus dans la connaissance de l'homme africain. (vergleiche Olympe Bhêly-Quénim in: La Vie Africaine, Nr.31, Dezember, 1962.) Als Folge der Entwicklung der seit den 1920er Jahren entstehenden afrikanischen Kritik musste 1959 der 2. Welt-Kongress der farbigen Schriftsteller und Autoren in Rom stattfinden (Présence Africaine. Nr. 24- 25). Zentral war bei diesem Literatur-Gremium die Frage, wie man die allgemeinen Schreib- und Kommentarrichtlinien standardisieren sollte, also worin die Aufgabe des afrikanischen Schriftstellers und Kritikers liegt. Aus der Beratung ergab sich folgende Übereinkunft: The true expression of the reality of his people long obscured, deformed or denied during the period of colonization. This expression is so necessary under present conditions that it imposes on the Negro artist or writer a singularly specific concept of commitment. The Negro Writer cannot avoid taking part in the general movement outlined above. Die Strömung des L'art- pour-l'art bzw. eine hermeneutische textimmanente Interpretation und Ästhetik würde dabei quasi außerordentlich. Hier soll also versucht werden, eine bestimmte deutsche Literatur afrikanisch zu machen. Ich frage mich, wie ich, ein Afrikaner mit dem oben skizzierten Hintergrund, das Werk eines deutschen Schriftstellers verstehen kann, um es den afrikanischen Rezipienten schließlich zugänglich machen zu können. Die Frage, die dabei gestellt wird, ist folgende: wenn man den Afrikanern die böllschen feministischen Romane und Erzählungen (Die verlorene Ehre der Katharina Blum, Gruppenbild mit Dame, Frauen vor Flusslandschaft und Ansichten eines Clowns) vermitteln will, wird es dann angemessen und ergebnisorientiert sein, dieses Schreiben mit dem Womanismus oder dem abendländischer Feminismus literarisch zu deuten? Dass hier der Womanismus besser geeignet ist, habe ich auf diesen Seiten darzulegen versucht. Die für unsere womanistische Lektüre ausgewählten Texte des böllschen Werkes gehören zum großen Teil zur Tendenz- und Trümmerliteratur, weshalb sie wie geschaffen sind, um Afrika literarisch zu begegnen.

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