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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 260
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was ist Kohäsionspolitik? Was bezweckt die EU damit und welcher Instrumente bedient sie sich? EU-Programme sollen das Zusammenwachsen der Regionen und den wirtschaftlichen Ausgleich ehemals benachteiligter Rand- bzw. Grenzregionen unterstützen sowie die europäische Integration fördern. Die Autorin illustriert und analysiert die vielfältigen Herausforderungen auf den verschiedenen Ebenen der slowenisch-österreichischen Kooperation im Rahmen des interregionalen EU-Programms. Vieles resultiert aus der Tatsache, dass nationale Grenzen – auch wenn sie innerhalb der EU an Bedeutung verlieren sollten – nicht so einfach überwunden werden können. Es geht um die Wahrnehmung, Wirkung und die Dialektik dieser Grenze, um historische Ungleichzeitigkeiten der beteiligten Regionen, aber auch um die Sprache und den damit zusammenhängenden Vertrauensaufbau, der notwendig ist, um nachhaltige Beziehungen entwickeln zu können. In diesem Buch kommen Menschen aus der slowenischen und österreichischen Verwaltung sowie die Projektträgerschaft beidseits der Grenze zu Wort. Zu Hypothesen verdichtet zeichnen die Interviewergebnisse ein Bild über die existierenden Realitäten und Perspektiven der am Programm Beteiligten.

Leseprobe

Textprobe: Wodurch wird die Dominanz der administrativen Systemlogik verstärkt? Sicherheit und Vertrauen sind Themen, die laut Interviews in diesem Programm sowohl auf Projekt- als auch auf Verwaltungsebene von Bedeutung sind. Sicherheit hat, wie bereits beschrieben, hauptsächlich eine rationale, nutzenorientierte Komponente und es wird versucht, Sicherheit über die Erfüllung formaler Regeln und Dokumentationen zu erlangen und zu gewährleisten. Vertrauen hat eine ausgeprägte emotionale Komponente, die vom Menschen selbst abhängt und nicht verordnet werden kann. Vertrauen ist eine Vorbedingung für soziale Interaktion, dennoch nichts Natürliches und sie erfordert eine fortwährende Konstruktion und Rekonstruktion. Es ist etwas Fragiles und Risikobehaftetes, da darauf gehofft wird, dass eine andere/ein anderer Dinge tut oder nicht tut. Dennoch wird auf Verwaltungsebene versucht, fehlendes Vertrauen mittels Formalismen sicherzustellen und zu kompensieren. Es werden Maßnahmen gesetzt, die Misstrauen und Fremdheit in Vertrauen überführen sollen. Ein Beispiel dafür ist die Einführung des Lead-Partner-Prinzips seitens der EU auf Projektebene, das die Projektpartnerinnen und Projektträger organisatorisch und finanziell aneinander bindet und zu (zwangsweiser) Kooperation führen soll ein anderes ist die betont strukturierte und formalisierte Vorgangsweise der slowenischen Sitzungsleitung bei gemeinsamen Treffen der beteiligten Regionen und ihrer Organisationen. Dabei wird der Form mehr Bedeutung beigemessen als dem Inhalt und der Vertrauensbildung, was ein Interviewpartner bedauert und folgendermaßen begründet: Okay, so we agree on that. Es ist viel intuitiver und expliziter. Da braucht man nicht mehr – diesen formellen Quatsch. Und man hat das schon alles vor Jahren gehabt. Und jetzt weiß man, das bringt gar nichts. Aber das braucht Vertrauen in die Rollen, von jedem. Wieso brauchen wir eine Stunde Diskussion über die genaue Formulierung der Konklusion der Sitzung? Weil man fürchtet, dass der andere mit einer anderen Konklusion Sachen macht, die man nicht will. Dass es nicht falsch verstanden wird. Das ist Sicherheit und nicht Freiheit. Es ist Sicherheit. (IP8-EU-V) Das Pendel schlägt in der aktuellen Förderperiode in Richtung Sicherheitsstreben aus. Das Gut Freiheit wird Projektträgerinnen und -trägern immer weniger zugestanden und auch auf Verwaltungsebene nimmt der Wert von Freiheit zu Gunsten des Wertes Sicherheit immer mehr ab. Für die Zukunft erwartet sich ein Verantwortlicher in einem slowenischen Ministerium keinen Kurswechsel bzw. keine Versöhnung der beiden Pole. So the logic is not going in the direction that we should more trust the beneficiaries and that we should more evaluate beneficiaries on their results, not so much about inputs. […] More restrictive, more checking, more untrust to the beneficiaries, now. (IP17-Sl-V) Wie viel Freiheitsverlust lassen sich die verschiedenen Akteure der verschiedenen Herkunftssysteme zur Aufrechterhaltung einer abstrakten Sicherheit gefallen? Auf diese Frage könnte das Spannungsfeld zwischen inhaltlicher und administrativer Logik zugespitzt formuliert werden. Die programmverantwortlichen Stellen verpflichten sich in erster Linie den Vorgaben hierarchisch höher stehender Stellen. Ein slowenischer ministerieller Mitarbeiter erkennt eine mögliche Ursache dafür in der rasanten Entwicklung Sloweniens von einer langjährigen sozialistischen Teilrepublik zum souveränen Staat und EU-Mitglied: Sometimes we say that we just replaced Belgrad by Brussels. So there was also administration. […] after the independence, there was a long period of negotiation with the commission, when we were not the strongest partner, because we were not a member. And then […] you need some time to develop a good, proper relation. So of course there is/ if you put on the […] table a Slovenian and an Austrian expert, who are reading EU regulation: Slovenian, we read everything. (IP14-Sl-V) Seit 1947 bis zur Souveränität wurden volkswirtschaftliche Aktivitäten im kommunistisch organisierten Staatenverband Jugoslawien zentralistisch von Belgrad aus mittels Fünfjahresplänen gelenkt. Als Teilrepublik war sowohl der kollektive als auch der individuelle Freiraum eingeschränkt, wohingegen westliche Demokratien individuelle Freiheit als Lebenselixier verstanden wussten und wissen Planwirtschaft, die üblicherweise mit Administration und Kontrolle einhergeht, bestimmte das Handeln im ehemaligen Jugoslawien. Und in Slowenien merken wir einfach die 40 Jahre Planwirtschaft und auch den Kommunismus in dem Fall, wo vieles einfach staatlich geregelt wurde. […] Und da hat man in der staatlichen Verwaltung sehr stark, … ja, eine totale Überformalisierung, würde ich sagen. Es gibt so eine, auch in der slowenischen Verwaltung und in der politischen Diskussion, immer wieder sehr starke Ansätze in Richtung Vereinfachung der öffentlichen Verwaltung. Die sind aber echt immer bis dato gescheitert. (IP6-AT-V, S. 12) Und ein anderer Interviewpartner meint, dass slowenischen Beamten aus ihrer jüngeren Historie heraus eine starke Neigung zu Regeln anerzogen wurde. Auch in der Rückkopplung wurde gesagt, dass viele Personen in der slowenischen Verwaltung an bürokratische, formale Bedingungen gewöhnt wurden. Sie haben in dieser Hinsicht Fertigkeiten entwickelt, um die von außen an sie herangetragenen Aufgaben gut zu erfüllen. Gegenüber dem jungen souveränen Staat und EU-Beitrittskandidat setzte man auch seitens der EU auf Sicherheit in Form von streng gehandhabten bürokratischen Regeln, die von Slowenien wiederum übernommen werden mussten. Beitrittskandidaten wollte man unter Kontrolle haben und das initiierte in diesen Ländern ein starkes Bestreben, sich anzupassen bzw. Vorgaben zu erfüllen. Ich glaube, in einer gewissen Übertreibung des Musterschülers Slowenien, der sie ja immer waren bei den EU-Beitrittsverhandlungen. Auch in der Geschichte, wie die Leute dort erzogen worden sind als Beamte, nehme ich an. Deshalb habe ich auch früher gesagt, die EU und auch mit PHARE und PHARE CBC sind sie immer an ganz strikte Regeln gewöhnt worden. Und das kriegt man wahrscheinlich auch nicht so schnell raus. […] Es ist ja auch so, dass, wenn man in einem Staat neue Verwaltungen aufbaut, und man muss sagen, das ist ein neuer Staat seit 1989, das ist erst sehr kurz, dann versucht man eben alles zu regeln. Das ist, denke ich, etwas relativ Übliches und Normales. Und das äußert sich dann bei solchen Sachen mit der EU und großen Instanzen noch drastischer. (IP1-At-V) Die zentralen Funktionen im Programm werden in der Förderperiode 2007 bis 2013 von slowenischen Stellen besetzt.

Über den Autor

Eva-Maria Wutte-Kirchgatterer, Mag. Rer.soc.oec, Dr. phil., wurde 1972 in Vöcklabruck, Österreich geboren. Nach einer Ausbildung zur Touristikkauffrau und einem Management Training in San Diego, USA schloss die Autorin 1999 das Studium der Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien (Studienaufenthalt an der Université Catholique Louvai-la-Neuve, Belgien) ab. Während des Studiums arbeitete die Autorin bei der Internationalen Touristischen Werbegemeinschaft für die Donauländer. Seit 2004 ist sie beim Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds in den Bereichen der interregionalen Zusammenarbeit und der Förderung von (außer-)universitären Forschungseinrichtungen tätig. 2014 schloss die Autorin das Studium der Philosophie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt ab. Sie ist Mitglied des Begleitausschusses des INTERREG VA-Programms Sl-At 2014-2020 sowie Aufsichtsratsmitglied der Kompetenzzentrum Holz GmbH. Die Autorin wohnt mit ihrer Familie seit 2001 im zweisprachigen Gebiet Kärntens.

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