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- Traumata in Kindheit und Jugend: Entwicklungs- und traumapsychologisches Wissen als Grundlage der Traumapädagogik in den stationären Erziehungshilfen
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 280
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In Einrichtungen der stationären Hilfe werden deutschlandweit tagtäglich ca. 100 Kinder und Jugendliche aufgenommen. Häufig haben sie aufgrund ihrer biografischen Erfahrungen, einhergehend mit Traumata und seelischer Belastung, einen intensiven pädagogischen Betreuungsbedarf. Die psychosozialen Fachkräfte aus dem Bereich der Sozialen Arbeit und (Heil-)Pädagogik müssen somit nun den weitaus größten Teil der Traumaversorgung leisten. Doch ein effizienter pädagogischer Umgang mit ihnen setzt ein Wissen über den körperlichen, kognitiven und psychosozialen sowie emotionalen Entwicklungsstand des Heranwachsenden sowie traumapsychologische Grundbegriffe voraus. Kenntnisse über unterschiedliche Traumata und deren Folgen und nicht zuletzt die Erkenntnisse der Bindungsforschung, der Neurobiologie und über Schutzfaktoren erleichtern diese Herangehensweise. Das vorliegende Buch leistet in diesem Zusammenhang einen Beitrag, gibt Einblicke in die Entwicklungs- und Traumapsychologie und beleuchtet praxisnah die noch junge Disziplin der Traumapädagogik.
Kapitel 2.2, Entwicklungspsychologische Überlegungen zu Entwicklungsschritten in Kindheit und Jugend: Die Entwicklungspsychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie, die sich vor rund 100 Jahren als eigenes Wissenschaftsgebiet etabliert hat. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie und wann psychische Funktionen und Strukturen entstehen und in welcher Weise sie sich über die Lebensspanne des Menschen verändern. Die entwicklungspsychologische Forschung hat es sich zum Ziel gemacht, eine grundlegende Orientierung über den menschlichen Lebenslauf zu erarbeiten, sodass typische Entwicklungen und typische Probleme in bestimmten Lebensabschnitten kennengelernt werden können. Auch für die Entwicklungspsychopathologie, die sich mit der Genese psychopathologischer Symptome innerhalb einer normalen oder gestörten Entwicklung beschäftigt und den Einfluss von psychosozialen Belastungen für die Entwicklung beschreibt, was für das vorliegende Thema bzgl. Traumata zentral ist, ist es wichtig, Kenntnisse über sich vollziehende Entwicklungsschritte in diversen Lebensabschnitten auf biologischer, kognitiver, affektiver und sozialer Ebene zu erhalten. Es ist hierbei nicht sinnvoll, nur einzelne Ebenen herauszugreifen, da sie sich zum Teil gegenseitig bedingen und miteinander korrelieren. Die psychische Entwicklung, ein lebenslanger dynamischer Prozess, bei der es sich um Veränderungen im Psychischen und Physischen handelt, kann somit nie nur für sich betrachtet werden, da sie mit zahlreichen Einflussgrößen wie den körperlichen Reifungsvorgängen oder aber eben auch den gesellschaftlichen Bedingungen eng verflochten ist. Zu diesen Veränderungen tragen das anlagebedingte Wachsen und Reifen des Organismus und seiner physischen und psychischen Funktionen, bei. Dies geschieht in Abhängigkeit sowohl von der chronologischen Zeit sowie zufällig auftretender Ereignisse als auch durch die Wechselwirkung des sich entwickelnden Individuums mit den Umweltweinflüssen. Letztere können in Gestalt mannigfaltiger Anforderungen und daraus resultierender Lernprozesse vorgeburtlich (pränatal) wie auch nach der Geburt (postnatal) existieren. Entwicklung und Reifung erstreckt sich somit über die gesamte Lebensspanne eines Menschen, der über das komplette Leben auf sogenannte Entwicklungsaufgaben trifft. Entsprechend seinen inneren und äußeren Entwicklungs- und Reifungsprozessen wird er somit immer wieder mit neuen Aufgaben und Anforderungen konfrontiert. Die Bewältigung hiervon führt zu Veränderungen und trägt zur Stabilisierung der Persönlichkeit bei. Zwar bringt jeder Lebensabschnitt seine eigenen spezifischen Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich, die jedoch zu gewissen Ähnlichkeiten bei der Entwicklung verschiedener Menschen führen. Aber dennoch unterscheiden sich die Herausforderungen, denen sich der Einzelne in seinem Leben stellen muss, sowie seine Anpassungsstrategien von denen anderer Menschen. Sowohl die Entwicklungszeitpunkte als auch das Entwicklungsmuster sind individuell ganz verschieden. Lange Zeit glaubte man, dass Entwicklung in Stufen, Phasen oder Perioden erfolgt in der neueren Entwicklungspsychologie vertritt man jedoch die Auffassung, dass Entwicklungsveränderungen eher kontinuierlich ohne feste Stufen, jedoch nicht völlig gleichmäßig erfolgen. Im Unterschied zum Beginn des 20. Jahrhunderts wird Entwicklung heute so verstanden, dass sie nicht auf einen End- oder Reifezustand am Ende der Pubertät mit dann folgender Stagnation abzielt, sondern Entwicklung wird als lebenslanger Prozess verstanden, der erst mit dem Tod endet. Vertrat man früher die Auffassung, dass Entwicklung immer zu einem höheren Niveau führt, so gehen neuere Ansätze davon aus, dass Entwicklung über die gesamte Lebensspanne immer gleichzeitig sowohl mit Wachstum oder Gewinn als auch mit Abbau oder Verlust verbunden ist. Weiterhin war man lange Zeit der Meinung, dass Entwicklung etwas Kulturunabhängiges ist, wohingegen in modernen Konzeptionen hervorgehoben wird, dass Entwicklung stark von der Kultur abhängt, dies gilt insbesondere z. B. für die Moralentwicklung, aber auch für die Dauer und Gestaltung ganzer Entwicklungsabschnitte selbst die biologische Entwicklung kann stark von kulturellen Einflüssen abhängen. Alterseinteilungen in der vorliegenden Arbeit Wie bereits erläutert, werden, je nach Perspektiven, unterschiedliche Zeitpunkte für ‘Kindheit’ und ‘Jugend’ aufgeführt. Zur Strukturierung des individuellen Lebenszyklus werden in der Entwicklungspsychologie traditionell Alterseinteilungen benutzt. Die einzelnen Entwicklungsabschnitte werden rein pragmatisch, ohne der Annahme eines Stufenmodells, in verschiedene Lebensphasen eingeteilt: Die frühe Kindheit, die Kindheit, das Jugendalter, das frühe Erwachsenenalter, das mittlere Erwachsenenalter und das höhere Erwachsenenalter. Da für die vorliegende Arbeit nur die Lebensabschnitte der Kindheit und Jugend interessant sind, sollen auch nur diese Phasen betrachtet werden. Aufgrund der zuvor aufgeführten Erkenntnisse wird deutlich, dass es schwierig ist, verlässliche zeitliche Angaben für die einzelnen Abschnitte der Entwicklung zu geben, da diese sehr individuell und auch je nach Geschlecht unterschiedlich anzusiedeln sind. Auch das Ende ist vor dem Hintergrund der Kulturabhängigkeit des Jugendalters schwer zu bestimmen. Je nach Autor lassen sich somit unterschiedliche zeitliche Eingrenzungen ablesen. Ich möchte mich, da diese Einteilung in einigen entwicklungspsychologischen Quellen auffindbar ist, im Folgenden an die Unterteilung in pränatale Entwicklung, Neugeborenenalter, erstes und zweites Lebensjahr, frühe Kindheit (3-6), mittlere und späte Kindheit, (6-11) und Jugend (11-18) halten. Oft wird, wenn von der Entwicklung des Kindes und Jugendlichen gesprochen wird, lediglich auf Entwicklungsmodelle (weniger Entwicklung nach Lebensabschnitten) [z. B. die drei bekannten entwicklungspsychologischen Modelle nach Erik H. Erikson (Entwicklung als Weg zur Identität), Jean Piaget (kognitive Entwicklungsphasen des Kindes) und Lawrence Kohlberg (moralische Entwicklung)] hingewiesen oder die Entwicklungsaufgaben nach Robert James Havighurst oder Klaus Hurrelmann aufgegriffen. Eben weil es sich bei der Betrachtung jedoch um ein interdisziplinäres Wissen handelt (und somit auch soziale und gesellschaftliche Bedingungen mit einfließen sollten) und viele der Modelle als teilweise überholt gelten und des Weiteren, um die Entwicklung nicht nur anhand von Modellen und Thesen begreifen zu können, soll eine Unterteilung in die einzelnen Entwicklungsbereiche nach Alter vorgenommen werden. Die Entwicklungsmodelle werden trotz allem an relevanter Stelle mit einbezogen.
Elena Eschrich wurde 1989 in Offenbach am Main geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften an der Goethe Universität Frankfurt am Main schloss die Autorin im Jahr 2013 mit dem akademischen Grad ‚Master of Arts – Erziehungswissenschaft‘ erfolgreich ab. Im kommenden Jahr beginnt sie eine Ausbildung zur Kinder- und Jugendpsychotherapeutin. Bereits während des Studiums konnte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in verschiedenen pädagogischen Einrichtungen sammeln. Besonders die Begegnung mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen in diversen Heimeinrichtungen ließ ihren Entschluss wachsen, sich der entsprechenden Thematik im vorliegenden Buch zu widmen.
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