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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Abb.: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Ethnisch geprägtes, erfolgreiches Unternehmertum von Migranten ist kein neues Phänomen. So haben sich Juden in Europa, Chinesen in Australien niedergelassen, Italiener in der Schweiz und Türken in Deutschland, nur um einige Beispiele von Migration zu nennen, die vorwiegend aus ökonomischen Gründen stattgefunden hat. Wagen Migranten in ihrer neuen Heimat eine Unternehmensgründung, so begegnen sie diversen Barrieren und Besonderheiten. Diese sollen im vorliegenden Werk thematisiert werden, indem die Situation albanischer, türkischer und italienischer Unternehmensgründer in der Schweiz untersucht wird. Mit einer breit gefächerten Literaturrecherche (u.a. mit Werken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz), sowie einem eigens für die Thematik entwickelten Modell und einem qualitativ-quantitativen Forschungsansatz leistet die Arbeit einen wichtigen Beitrag für zukünftige Forschungen, und sie zeigt Handlungsoptionen im Rahmen der Thematik auf.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3 Ethnic Business – Entstehung, Forschungsstand und Forschungsansätze: Nachdem zuvor begriffliche Grundlagen in der Breite gelegt wurden, soll in diesem Kapitel ein Schritt in die Tiefe gemacht werden. So wird zunächst ein Blick auf die historische Entwicklung des Ethnic Business geworfen. Anschliessend wird der Stand der Forschung auf internationaler sowie auf europäischer Ebene kurz dargelegt. Dabei wird der Fokus eher auf die deutschsprachigen Nachbarländer gelegt. Danach werden verschiedene Forschungsansätze erläutert. Schliesslich werden die Erkenntnisse kritisch hinterfragt und ein für diese Arbeit geeignetes Modell entwickelt. 3.1 Historische Annäherung: Max Weber argumentierte, dass für die Entwicklung des modernen Kapitalismus ein entscheidender Bruch mit der Tradition notwendig sei (Light & Gold, 2000, p. 5). Gemäss Weber würden bei diesem Shift hin zum modernen Kapitalismus die Ethnizität bzw. die ethnische Prägung eine entscheidende Rolle spielen, weil er, im Gegensatz zur Tradition, die soziale Organisation mit einem rationalen Universalismus und Vielfalt als die zukünftige Entwicklungsrichtung für die ganze Menschheit sah (Panayiotopoulus, 2010, p. 8). Dabei vertrat Weber, in Übereinstimmung mit Karl Marx, die Auffassung, dass die Wiege des modernen Kapitalismus in einer einfachen und ethnisch strukturierten Wirtschaft lag. Eine solche Art Wirtschaft, die mehr durch ein Zugehörigkeitsgefühl und sozialen Austausch innerhalb einer ethnischen Community gekennzeichnet war als durch monetäre und Profit-Orientierung, wurde lange ignoriert (Haberfellner, 2000, p. 1). Weil man glaubte, dass sich durch Bürokratismus und Skaleneffekte immer mehr grosse Unternehmen durchsetzen und die kleinen Betriebe zu einer vernachlässigbaren Restkategorie verdrängt würden (Light & Karageorgis, 1994, p. 647). Begünstigt durch Globalisierung und Filialisierung, konnte eine solche Entwicklung im 20. Jahrhundert tatsächlich beobachtet werden (Wenter, 2011, p. 10). Damit einhergehend verlor die Sozialwissenschaft das Interesse an der Unternehmensforschung, welche sie zuvor stark verfolgte (Light, 1987, p. 199). Als es jedoch in den 1970er-Jahren zu einer Kehrtwende kam und die Zahl der Klein- und Mittelunternehmen stetig zunahm (Leicht, 1995), wurde das Interesse der Sozialwissenschaften am Unternehmertum wiedererweckt. Zu Beginn der 1980er-Jahre weckte insbesondere die unternehmerische Selbständigkeit der Migranten und ethnischen Minderheiten die Aufmerksamkeit der Forschenden (Haberfellner, et al., 2000, p. 11). Historisch gesehen ist das ethnische Unternehmertum keineswegs ein neues Phänomen. Denn es war und ist ein Bestandteil jeder Migration und hat seinen Ursprung in den USA, wo viele KMU seit 1880 einen Migrationshintergrund haben (Barrett, et al., 1996). Diese geschichtliche Entwicklung legt nahe, warum die Erforschung des ethnischen Unternehmertums ihren Ursprung in den USA hat (Volery, 2007, p. 31). Die über die Jahre abgeflachte Forschungsaktivität in Bezug auf die ethnischen Ökonomien erlebt seit den 1970ern ein Revival (Haberfellner, et al., 2000, p. 1). Diese wiederaufblühende Entwicklung in den USA griff auf andere europäische Länder über. Grossbritannien gilt als erstes europäisches Land, welches sich dem ethnischen Unternehmertum im urbanen Kontext gewidmet hat und das ethnische Unternehmertum als eine Möglichkeit für die Revitalisierung der heruntergekommenen Stadtteile einzusetzen wusste (Haberfellner, et al., 2000, p. 11 Wenter, 2011, p. 20). Bis ins 19. Jahrhundert war der europäische Kontinent mit der grossen Auswanderung konfrontiert, und so blieb er weitgehend homogen (Volery, 2007, p. 31). Doch das Blatt wendete sich nach dem Zweiten Weltkrieg, als Europa neu aufgebaut werden musste und die Wirtschaft einen Aufschwung erlebte. Die Migrationspolitik der westeuropäischen Länder war lange auf niedrigqualifizierte Arbeitskräfte zugeschnitten, d. h., die Migranten wurden vorwiegend als Gastarbeiter für eine beschränkte Zeitdauer angeworben. Heutzutage fokussiert die Migrationspolitik auf gutqualifizierte Migranten. Dies widerspielt sich in diversen Anstrengungen der EU, wie bspw. dem Bologna-System zwecks einer einheitlichen europäischen Bildungslandschaft oder darin, dass Englisch als institutionelle Sprache gesamteuropäisch gefördert wird (OECD, 2010, p. 6). Die frühen theoretischen Annahmen, die nach wie vor Gültigkeit haben, gingen davon aus, dass die ethnischen Unternehmensgründungen offensichtlich ein Reaktion auf den erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt sind (Volery, 2007, p. 1). Nach diesen historischen Annäherungen behandelt der nächste Abschnitt den internationalen Forschungsstand. 3.2 Forschungsstand: Wie eingangs erwähnt (siehe Kapitel 1.1), gewinnt die ethnische Unternehmertumforschung weltweit zunehmend an Bedeutung. Es wurden bereits einige Pioniere der ethnischen Unternehmertumforschung (Waldinger und Light) diskutiert. In diesem Kapitel sollen einige ausgewählte Studien im Ethnic-Business-Kontext kurz diskutiert werden, um daraus zukünftige Forschungsrichtungen abzuleiten. Dieses Kapitel teilt sich in zwei Subkapitel: International und Europa. Dabei werden die deutschsprachigen Nachbarländer der Schweiz Deutschland und Österreich gesondert und z. T. vertieft diskutiert. 3.2.1 Forschungsstand – International: Der Stand der internationalen Forschung wird anhand einiger ausgewählter Forschungsarbeiten nähergebracht. Dabei spielen einzig die Aktualität sowie Vorschläge von Cavusgil, et al ., (2011) eine Rolle: In ihrer Untersuchung haben die Autoren Ilhan-Nas, et al. (2011), Literatur über internationales Ethnic Entrepreneurship zwischen 1936 und 2009 aus 32 Zeitschriften, die im Social Science Citation Index (SSCI) publiziert sind, inhaltlich analysiert. Sie identifizieren Vorgeschichte, Ergebnisse auf individueller, organisatorischer und Länderebene sowie theoretischen Rahmen für analytische Methoden und Einschränkungen , die in zukünftigen Studien zum internationalen ethnischen Unternehmertum adressiert werden sollten. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie sind die entscheidenden Auswirkungen von Transnationalismus , Mixed Embeddedness und der Interaktion zwischen Sozial-, Human- sowie Finanzkapital und ethnischem Unternehmertum. In ihrer Untersuchung Explaning ethnic entrepreneurship: An evolutionary economics approach” haben sich die Autoren Ibrahim & Galt (2011) insbesondere auf die Entstehungsgründe von ethnischen Unternehmen konzentriert. Sie weisen darauf hin, dass die kulturellen und ökonomischen Ansätze nicht genügen, um eine adäquate Erklärung der Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen und Gründungsraten zu erklären. Mithilfe eines institutionellen Analyserahmens bieten die Autoren einen ganzheitlichen Erklärungsansatz für die ethnischen Unternehmensgründungen. Sie führen eine Reihe von kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren auf, die die Pfadabhängigkeit von Aktivitäten und dynamischer Entwicklung von Verhalten und Gründungsaktivitäten begründen. Für die Entstehungsgründe und das Management von ethnischen Unternehmern haben die Forscher Chand & Ghorbani (2011) in ihrer Studie National culture, networks and ethnic entrepreneurship: a comparison of the Indian and Chinese immigrants in the US” eine Kombination von nationalem und kulturellem Konzept sowie der Sozialkapitaltheorie verwendet. Dabei haben die Autoren den Einfluss der verschiedenen kulturellen Dimensionen auf die Verwendung des sozialen Netzes durch Migranten bei der Unternehmensgründung untersucht. In ihrer speziell auf indische und chinesische Communities bezogenen Untersuchung haben die Forscher herausgefunden, dass jede ethnische Gruppe eigene, spezifische Herangehensweisen bei der Nutzung des sozialen Kapitals hat, wenn es darum geht, ein Unternehmen zu gründen. Dieser Unterschied manifestiert sich auch in ihrer Motivation bei der Unternehmensgründung. Die Forscher Yang, et al. (2011) haben im Rahmen ihrer Untersuchung Start-up and hiring practices of immigrant entrepreneurs: An empirical study from an evolutionary psychological perspective” die Annahme getroffen, dass eine starke Einbettung der Immigranten in ihre ethnischen Communities ein Schlüsselfaktor für die ethnischen Unternehmer ist. Sie haben untersucht, wie und inwieweit die biologischen Verwandtschaften und die biologischen Theorien des Altruismus Einfluss auf das Verhalten von ethnischen Unternehmern haben. Dabei haben sie ein neues Konzept der neo-darwinistischen Evolutionstheorie von Verwandtschaften herangezogen. Dieses soll den Zusammenhang zwischen Verwandtschaft und ethnischem Altruismus in Unternehmensgründungen erklären. In ihrer auf die koreanische Ethnie bezogenen Untersuchung bestätigen sie den oben erwähnten Zusammenhang. Also sind die von koreanischen Unternehmern für Unternehmensgründungen erfahrenen Hilfsmuster deckungsgleich mit einer evolutionären Perspektive und Altruismus. Sehr interessant ist auch ihre Feststellung bezüglich der Personalanstellung: Dabei sei die ethnische Prägung der Kunden viel wichtiger als die Verwandtschaft oder die Interessen der eigenen ethnischen Gruppe […].

Über den Autor

Battal Kalan ist Initiator des Swiss Ethnic Business Institute (SEBI) und Absolvent des B.Sc. in Betriebsökonomie und M.Sc. in Unternehmensentwicklung. Sein Werk Swiss Ethnic Business - Barrieren und Besonderheiten bei Unternehmensgründungen durch Migranten wurde 2015 mit dem dritten Platz des schweizerischen Entrepreneur Award ausgezeichnet.

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