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- Strukturreform des österreichischen Fußballs: Der Ball ist rund, das Geld ist schwarz
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 228
Abb.: 86
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Obwohl die jüngsten Erfolge der Fußball-Nationalmannschaft sowie die passablen Leistungen der Klubmannschaften in europäischen Bewerben einen leichten Aufschwung des österreichischen Fußballs andeuten, können sie über eines nicht hinwegtäuschen: Der österreichische Fußball spielt im internationalen Kontext nach wie vor nur eine Nebenrolle. Zwar hat RB Salzburg in der Saison 2010/11 die Gruppenphase der European League überstanden, jedoch darf dabei nicht vergessen werden, dass dieser Bewerb nur der leistungsmäßig zweithöchste in Europa ist. Die letzten ernstzunehmenden Ergebnisse eines österreichischen Vereins im höchsten europäischen Bewerb liegen mit dem Einzug des SK Sturm Graz in die zweite Gruppenphase der UEFA-Champions-League in der Saison 2000/01 mittlerweile 10 Jahre zurück. Die Finalteilnahmen in anderen europäischen Wettbewerben von SK Rapid Wien sowie von SV Austria Salzburg datieren auf die Mitte der 90er Jahre. Ähnlich düster ist die Bilanz des Nationalteams, dessen letzte Qualifikation für ein Großereignis im Jahr 1998 zu verbuchen ist. Zwar kann noch die Teilnahme an der Europameisterschaft 2008 genannt werden, allerdings setzte diese aufgrund der Tatsache, dass Österreich als Austragungsland agierte, keine sportliche Qualifikation voraus. Die Teilnahme an der WM 2010 sowie der Euro 2012 wurden wieder klar verpasst. Warum aber ist einem heimischen Fan nicht vergönnt, in regelmäßigen Abständen das Glücksgefühl zu verspüren, wenn eine österreichische Mannschaft das entscheidende Tor in einem wichtigen Spiel erzielt? Liegt es womöglich daran, dass es den Österreichern zu gut geht ? Ist es tatsächlich ein zu kleines Land, um im Konzert der Großen mitspielen zu können? Oder werden diese unumstößlichen Wahrheiten und Tatsachen bloß als Ausrede dafür benutzt, um von strukturellen Fehlentwicklungen und Missständen abzulenken?
Textprobe: Kapitel IV.3.2.4.2.2, Das Leben nach der Akademie oder nach der Karriere: In den Akademien liegt der Schwerpunkt der Ausbildung auf der sportlichen Ebene, womit nicht immer optimale Voraussetzungen für einen direkten Berufseinstieg abseits des Fußballs gegeben sind. Kommt es nicht zu einer Profikarriere, machen sich diese Defizite bemerkbar. Ähnliches ist aus dem amerikanischen College-Football bekannt. Die Studienleistungen der Spieler sind nebensächlich, solange sie gewisse Mindeststandards erfüllen. Die Trainer sehen die Ausbildung der Sportler als Belastung. Akademische Standards werden daher gern umgangen oder aufgeweicht. Die Effekte sind verheerend: Nur wenige schaffen den Sprung ins Profibusiness, der Rest bleibt formell zwar mit einem Abschluss ausgestattet, substantiell aber ohne fundamentale Kenntnisse auf der Strecke. Noch schlimmer ist die Situation für jene, die nicht einmal ein Abschlusszeugnis erlangen. Das gleiche Problem dürfte auch in den österreichischen Akademien bestehen. Beispielsweise berichtet ein Absolvent, dass er zwischen Gymnasium und Handelsschule wählen konnte. Er entschied sich für die Handelsschule, da auch die Trainer das befürwortet hatten. ‚Jeder hat gesagt, für eine große Karriere muss man halt viel aufgeben‘. Lernen musste der Spieler fast nichts mehr, da ein Nichtgenügend kaum verteilt wurde. Allerdings eignete er sich kaum beruflich verwertbares Wissen an. Als dieser Spieler keinen Profivertrag bekam, ging er arbeiten. Aufgrund fehlender Fachkenntnisse wurde er aber vom Büro ins Lager versetzt. Akademieabsolventen ohne Profivertrag und mit mangelnder Ausbildung haben allerdings gegenüber Talenten mit Profiverträgen zumindest einen Vorteil: Sie haben die Möglichkeit die Defizite früher ausgleichen zu können. Aber auch den vergleichsweise überdurchschnittlichen Einkünften als Profisportler (vgl. Tabelle 14, S. 95) stehen hohe Opportunitätskosten gegenüber, die sich im Zeitablauf noch erhöhen. Vielen Profis ist dieser Umstand aber nicht bekannt, wie eine kürzlich erschienene Studie aufzeigt. Die Vorbereitung der Spieler im semiprofessionellen Fußball (3. deutsche Leistungsstufe - vergleichbar mit der 2. österreichischen Leistungsstufe) auf das Leben nach dem Profisport wird ‚sowohl in beruflicher als auch in finanzieller Hinsicht selbst bei wohlwollender Betrachtung defizitär und mangelhaft‘ eingestuft. Zwar sind sich besonders Jungprofis der Problematik bewusst, sie handeln aber nicht. Die Mehrheit der Jungprofis glaubt an eine spätere berufliche Karriere im Fußball als Trainer oder Manager. Allerdings ist einerseits der Markt zu klein, um diese Menge quantitativ aufnehmen zu können, und andererseits wird an Fachpersonal im Sportbusiness mittlerweile auch ein enorm hoher qualitativer Anspruch gestellt. Hinsichtlich einer Vorbereitung auf das Leben nach der Karriere erhoffen sich die Spieler mehr Engagement von den Vereinen, die ihrerseits aber auf die Selbstverantwortung der Spieler verweisen. Aufgrund der nachweislich positiven sportlichen Effekte, die die bisherigen Strukturmaßnahmen (z.B. Etablierung von Akademien) mit sich brachten, ist es sinnvoll, die Interventionen um berufliche Begleitmaßnahmen zu erweitern. Mit der Organisation ‚Sport mit Perspektive‘ wurde bereits ein erster Schritt getan. Durch Berufsberatung, berufliche Qualifizierung, Ausbildung sowie unentgeltliche Arbeitsplatzvermittlung werden SportlerInnen, die ihre Karriere beendet haben oder deren Karriereende kurz bevorsteht, unterstützt. Dieses Konzept war angesichts der Vielzahl arbeitsloser Fußballer, die aus den unterschiedlichsten Gründen aus dem Spitzensport ausscheiden mussten, längst überfällig. Denn nicht einmal international erfolgreiche Spieler sind vor dem sozialen Abstieg nach der Karriere gefeit, wie viele traurige Beispiele vor Augen führen. Deshalb müssen Konzepte entwickelt und umgesetzt werden, die bereits während der Karriere ansetzen, um den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern. An dieser Stelle sind auch die Dachorganisationen ÖFB und österreichische Bundesliga gefordert strukturelle Anpassungen vorzunehmen.
Dr. Karl Irndorfer wurde 1978 in Freistadt/Oberösterreich geboren. Nach seiner aktiven Karriere als Profifußballer in Österreich schloss er zuerst sein Diplomstudium und anschließend sein Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz ab. Nach mehrjährigen beruflichen und universitären Auslandsaufenthalten in teils sportfremden Branchen wandte er sich wieder seinen Wurzeln zu und ist heute als selbstständiger Unternehmensberater für in- und ausländische sportnahe Organisationen und Unternehmen tätig.
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