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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 144
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Aus vielen Kulturen der Welt gibt es sowohl archäologische, als auch ethnologische Zeugnisse von Schlangendarstellungen und mit diesen in Verbindung stehenden Riten und Mythen. Gehen die Faszination und die daraus resultierende Verehrung der Schlangen möglicherweise auf ihre Zwischenstellung im Übergang von Reptilien zu Säugetieren zurück? Ihre ungewöhnlichen Lebens- und Verhaltensweisen und das fast weltweite Vorkommen, angefangen von Wasserschlangen bis hin zu Gebirgsschlangen, wären ein Auslöser für die religiöse Verehrung durch den Menschen. Die vorliegende Arbeit ist der Versuch, die aus Mesopotamien und Iran bekannten Schlangendarstellungen, die dazugehörigen Kulte und Götter und deren Entwicklung bis ins 2. vorchristliche Jahrtausend zusammenzutragen und die Fakten zu interpretieren. Ausgehend von den Schlangendarstellungen aus Mesopotamien und Iran vom 8.- 2. Jahrtausend vor Chr. wird zuerst untersucht, welche Rolle der Schlange in diesem Gebiet zukommt. Danach befasst sich die Arbeit mit Textquellen, die einen Einblick in die Ideen geben sollen, die hinter den Darstellungen stehen. Die Schlangengötter werden versuchsweise in die Göttergenealogie eingereiht und ihre Funktionen und Attribute vorgestellt. Es bleibt festzustellen, ob Darstellung und Text tatsächlich, wie bislang angenommen, verschiedene Teile der gesuchten Gesamtvorstellung liefern, oder ob beide miteinander in Verbindung gebracht werden können.

Leseprobe

Textprobe: 3.1.4 Ningizzida Ningizzida ist wie sein Vater Ninazu ein Unterwelts- und Kriegsgott. Man kann davon ausgehen, dass er in Lagaš von Gudea eingeführt wurde, da er dort erst mit diesem auftaucht, wohingegen er in Ešnunna früher schon sehr oft zu sehen ist. Gudea beruft sich auf ihn in Verbindung mit Fruchtbarkeit ( a god of much good progeny”). Sein zweiter Name Gišbanda, junger Baum, ist sowohl in der Nippur-Götterliste enthalten, als auch der Name seines Kultzentrums zwischen Ur und Lagaš. Dieses Zentrum erscheint nicht in Wirtschaftstexten, sondern wird nur in Tempelhymnen als ehrfurchteinflößender Platz mitten auf dem Feld” genannt. Schlange und Wurzeln: Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass man Schlangen und Baumwurzeln für identisch ansah und demzufolge das Wort Wurzel mit dem Bild überkreuzter Schlangen schrieb. Hierzu passt auch die Geschichte von Inanna, wie sie in ihrem Garten in Uruk einen Baum pflanzt, in dessen Wurzelwerk eine Schlange nistet. Inanna fischt einen ausgerissenen Baum aus dem Fluss und pflanzt ihn in ihrem Garten in Uruk ein, um daraus später ein Bett und einen Stuhl zu fertigen. Als der Baum jedoch groß genug geworden war, vermochte sie ihn nicht umzuhauen. In seinenWurzeln nistete die Schlange, die über jeden Zauber erhaben ist und in seiner Krone nistete Anzu. In der Tat gibt es Texte, in denen Ningizzida im besonderen mit den Baumwurzeln assoziiert wird, während seine Schwester Ninazimua mit den Ästen identifiziert wird. Dies ist m. E. die symbolische Beschreibung des Kosmos, dessen beide Gegenpole Himmel und Unterwelt ¨über die Achse des Baumes zusammengehalten werden. Während die Schlange in ihrer Form als Wurzel Stabilität garantiert, verkörpert der Anzu Vogel, in Gestalt der Baumkrone, das notwendige Gegengewicht. Der Baumstamm steht stellvertretend für die lebbare Welt, deren Ordnung und Stabilität durch die beiden Antipoden garantiert wird und von Inanna, die an anderer Stelle als Katalysator des Lebens angesprochen wurde, nicht aus der Verankerung gerissen werden kann. Wie aber kam man auf die Idee, Schlangen mit Wurzeln zu identifizieren? Man weiß, dass in mesopotamischer Vorstellung die Erde auf dem Apzu schwimmt und dass Schlangen unterirdisch leben und als Quellen aus der Erde hervortreten. Die Ähnlichkeit der Wurzeln mit der Gestalt von Schlangen, die Tatsache, dass sie Wasser ansaugen und ihre Lage in der Unterwelt sind ausreichend viele Gründe, warum man sie einander gleichsetzt. Die Wurzelschlangen” beziehen demnach ihr Wasser direkt aus dem Apzu, der selbst mit einer Schlange identifiziert werden kann. Vorfahren Ningizzidas: Eine Inschrift Gudeas nennt Ningizzida als den ersten Sohn des An. Auch Enki ist laut Götterliste der Erstgeborene des An, was ihn mit Ningizzida auf eine Stufe stellt und somit auch ihn zum Schlangengott macht. Wieder sieht man neben dem Bezug zur Unterwelt auch den Bezug zum Himmel für einen Schlangengott belegt. Die Reihe der Schlangengötter kann somit m. E. erweitert werden: Angefangen mit den zwei wasserbezogenen Aspekten der Schöpferschlange Himmel und Unterwelt, repräsentiert von An und Enki, folgen die als Stadtgottheiten eingesetzten Schlangengötter, nämlich Ninazu, Tišpak und Ningizzida. Wie seine Vorgänger, so wird auch Ningizzida mit dem Schlangendrachen und der bašmu-Drachenschlange in Verbindung gebracht. Späte Texte setzen Ningizzida, wie Ereškigal in Verbindung mit der Konstellation Hydra und mit der vergöttlichten Schlange Nirah. In der Sternkonstellation ist somit das Abbild der unterweltsbezogenen Schlange widergegeben, nachdem sie im Frühjahr in den Himmel gewechselt ist. Vegetationszyklus und sterbende Götter: In dem sumerischen Klagelied In the Desert by the Early Grass” werden einige Kulte des 3. Jahrtausends ¨über sterbende Götter unterschiedlicher Herkunft genannt. Dazu gehören nicht nur Dumuzi und die toten Könige, sondern auch eine Anzahl von Göttern aus eben jener Untergruppe der Unterweltsgötter in An-Anum: Ninazu, Ningizzida und Mitglieder seines Hofes, darunter Alla, Allagula und Lugalšude und der nicht zu diesem Clan gehörende Ištaran. Es fehlt lediglich Inšušinak. Da alle sterbenden Schlangengötter eine klare Verbindung zur Vegetation aufweisen, kann man davon ausgehen, dass ihr Tod in Verbindung mit dem Vegetationszyklus steht. Die Götter sterben demnach symbolisch im Herbst und werden im Frühjahr wieder zu neuem Leben erweckt. Ningizzidas Abwesenheit von der Erde stimmt mit der Dumuzis überein, nämlich genau von Mittsommer bis Mittwinter. Einen direkten Hinweis darauf bieten die sumerischen Litaneien und die Adapa Legende, in denen es heißt: in unserem Land sind zwei Götter verschwunden”. Transformation: Von Dumuzi weiß man, dass er von Utu in eine Gazelle verwandelt wurde, um ihm die Flucht vor den Unterweltsdämonen zu ermöglichen. Diese Verbindung zu Capriden besteht auch für Enki, den Ziegenfisch. Capriden stehen wiederum symbolisch für Erde und somit für die Muttergottheit und Fruchtbarkeit, also letztendlich für Ereškigal oder Inanna/Ištar. Während der Schlangenteil (Enki) während der Trockenzeit unter der Erde gefangen ist, gelingt dem Capridenteil (Inanna) die Flucht und garantiert somit Fruchtbarkeit auf Erden. Umgekehrt verhält es sich während der Regenzeit, wenn der Schlangenteil in Gestalt des Vogels (An) zum Himmel aufsteigt und der Skorpion, als negativer Aspekt der Muttergottes, im Überschwemmungsgebiet Tod und Chaos verursacht. In dieser Aufspaltung ist m. E. die Zweigeschlechtlichkeit zu erkennen, die es der Gottheit ermöglicht, während der Trockenzeit gleichzeitig als Schlange unter der Erde und als Ziege ¨über der Erde zu sein und diese Stellung während der Regenzeit umzukehren, wenn der Adler und Skorpion ¨über die Schlange und den Capriden die Oberhand gewinnen und durch heftige Regenfalle und Überschwemmungen chaotische Zustände hervorrufen. In der zyklischen Vorstellungswelt wechseln im Laufe eines Jahres immer beide Pole einander ab. 3.1.5, Ninmada: Ferner steht Ninmada, der Bruder Ninazus, in Verbindung zu Schlangen. Es wird gesagt, dass er der Schlangenzauberer von An oder Enlil sei und er seinem Bruder dabei hilft, das Getreide nach Sumer zu bringen. Einmal ersetzt er Ningizzida. 3.1.6 Bootgott: Der Bootgott wird ebenfalls zu den chtonischen Unterweltsgöttern gezählt, konnte aber bislang nicht mit einem Götternamen belegt werden. […] Dieses Wesen fährt durch den kosmischen Ozean und hält Zweige und einen Pflug als Attribute der Vegetation in Händen. Mit dem Mythos Enki und die Weltordnung” im Hinterkopf muss man sich fragen, ob es sich bei dem Bootgott nicht um Enki handeln könnte, wie er von Dilmun aus mit seinem halblebendigen Boot nach Sumer fährt und den Sumerern das Getreide bringt. Bei seiner Ankunft in Sumer faltet er m. E. seinen Unterkörper zusammen und verwandelt sich im gesamten Gebiet jenseits des Tigris in verschiedene Stadtgottheiten, was durch die Einsetzung seiner Kinder zum Ausdruck kommt. In Eridu erbaut er sein Haus des Apzu, das dem Ekur (Tempel des Berges) Ans/Enlils in Nippur gegenübergestellt wird. Alle in An-Anum erwähnten Schlangengötter sind demnach nur verschiedene Aspekte An/Enlil/Enkis, dargestellt in anthropomorpher Form, deren Bezug zueinander durch ihre Abstammungslinie, ihre Eigenschaften und ihre Schlangenattributtiere erhalten bleibt. Natürlich haben nicht alle Götter die gleichen Schwerpunkte, wie sich dies auch in ihren Namen ausdrückt, deren Bedeutung eng mit ihrer jeweiligen Aufgabe als Stadtgottheit verbunden ist. So wird Ninazu als Heiler angesehen, während Tišpak schon eher zu einem Kriegsgott avanciert. Ištaran ist für Gerechtigkeit zuständig. All die verschiedenen Aspekte der von Enki eingesetzten Stadtgötter sind in Enki selbst vereint, was seine vielen verschiedenen Namen, in denen das ganze Spektrum seiner Zuständigkeitsbereiche auf Erden genannt wird, zeigen: Herr des Apzu, König des Flusses, Steinbock des Apzu, Richter des Weltalls, Herr des Lebens, Herr der Schöpfung, aber auch Herr der Töpfer, Schmiede, Sänger, Schiffer, kalû- Priester, Ackerbauern, Bewässerer usw. Notwendig wurde diese Aufteilung der vielen Aspekte eines Gottes meiner Ansicht nach mit zunehmender Staatsgröße. Es sei an dieser Stelle nocheinmal auf die von Selz angenommene Amphiktyonie des Staatsaufbaus hingewiesen, dessen Funktionieren sich durch das geschickte Verteilen wichtiger Aufgaben im ganzen Herrschaftsbereich (erstmals zu sehen im Akkad-Reich) erklären lässt. Dank der Rollsiegeldarstellungen kann man das Wie und Wann des Umwandlungsprozesses von Enki in seine anthropomorphen Nachfolger nachvollziehen. Die Szenen mit Bootgott finden sich auf frühdynastisch-II-zeitlicher bis akkadzeitlicher Glyptik, der Gott mit Schlangenunterkörper dagegen ausschließlich in der Akkad-Zeit. Gleichzeitig mit diesen Darstellungen treten die, durch Schlangen und Schlangendrachen gekennzeichneten, anthropomorphen Götter auf.

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