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- Sadomasochismus empirisch und explorativ eruiert vor dem Hintergrund des Bestsellers "Shades of Grey"
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 144
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Bereits 1903 konstatierte Ellis, dass die Beziehung zwischen Liebe und Schmerz eines der schwierigsten Probleme der sexuellen Psychologie darstellt. Hat die Wissenschaft heute Antworten? Umfangreiche Recherchen eruierten Bestrebungen der modernen wissenschaftlichen Theorien und therapeutischen Ansätze, konsensuellen Sadomasochismus (SM) und seine Praktizierenden aus der pathologischen Spezifizierung der Vergangenheit herauszunehmen und vorurteilsfrei zu erforschen. Bereits Krafft-Ebing differenzierte, entgegen allen recherchierten Zitationen, in Perversitäten (Laster) und Perversionen (Krankheit). Diverse Hypothesen z. B. zu den Fragen: Unterscheiden sich Lesende und Nicht-Lesende von Shades of Grey auf verschiedenen Persönlichkeits-Kurzskalen? Gibt es Unterschiede z.B. bei Neurotizismus zwischen SM-Vertrauten und SM-Unvertrauten? Erreichen SM-Frauen, die hauptsächlich die devote Rolle einnehmen, höhere Selbstbewusstseins- und Emanzipationsgrade als die Vanilla-Frauen (Nicht-SM-Frauen)? Klärt ein Buch wie Shades of Grey über SM auf oder schürt es Vorurteile? Regt dieses Buch tatsächlich dazu an, wie häufig in der Presse behauptet, Spielarten des SM real auszuprobieren? Und viele Fragen mehr werden in diesem Buch untersucht.
Textprobe: Kapitel 2 Begriffe und Theorien zu Sadomasochismus: Sexualität unterliegt einer ständigen kulturellen Umwertung, sozialen Umschreibung und gesellschaftlicher Transformation schreibt Sigusch (2005, S. 27). Dabei geht es ausgesprochen oder unausgesprochen immer auch um die Fragen: Was ist normal? Was ist krank? Was ist kriminell? Was muss therapiert werden? Die Antworten auf diese Fragen sind – kulturell und historisch bedingt – immer unterschiedlich beantwortet worden. Je strikter die Moral [einer Kultur], desto (quantitativ) umfangreicher und (qualitativ) bedeutsamer ist das Problem der Perversion (Schorsch, 1975/1980, S. 121). Kapitel 2.1 Sadomasochismus und Bezug zu Shades of Grey : Was in einer Gesellschaft als normal oder nicht normal, als psychisch gestört oder krank betrachtet wird, ist größtenteils von Sexualwissenschaft, Psychiatrie und Psychologie abhän-gig, schreibt Fiedler (2010). In den letzten Jahren haben sich neben den psychoanalytischen Theorien bezüglich Sadomasochismus auch liberalere entwickelt. In der breiten Öffentlichkeit scheinen die psychoanalytischen Theorien mit ihren Begriffen pervers bzw. Perversion große Verbreitung gefunden zu haben (Fiedler, 2004). Inwieweit sind die neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse und Sichtweisen zu SM bei Menschen, die sich noch nie mit SM beschäftigt haben, angekommen bzw. mit ihnen kongruent? Es soll der Frage nachgegangen werden, ob ein Buch wie Shades of Grey eher Vorurteile zu SM nährt oder über SM aufklärt. Wer sind die Lesenden? Werden durch das Buch Wünsche und Bedürfnisse ge-weckt? Reicht ein Fragebogen zum Thema SM aus, um Begehrlichkeiten zu wecken und/oder bewusst zu machen? Die Reaktivität des Fragebogens wurde deshalb überprüft. Liefert eine Studie Hinweise, dass veränderte Einstellungen angekommen sind oder eher überschätzt werden? Marneros berichtet in seinem Geleitwort zu Fiedler (2004) von extremen Überschätzungen (Schätzung: 500 -10.000 gegenüber 25 - 47 tatsächlichen pro Jahr) seitens seiner Studenten in Bezug auf die Häufigkeit von sexuell motivierten Tötungen durch deren Aufbauschen in der Presse (Fiedler, 2004, S. IX f.). Könnte es sich bzgl. SM ebenso verhalten? Auf Grund der Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der Befragten Frauen sind und um eine leichtere Lesbarkeit zu erreichen, wird in dieser Arbeit das generalisierte Femininum benutzt, wenn eine genderneutrale Sprache nicht möglich oder sehr umständlich in der Formulierung ist. Beim generalisierten Femininum sind immer Frauen und Männer gemeint, außer es wird explizit anderes beschrieben (zum Vergleich: Fischer & Wolf, 2009 und Haerdle, 2013). Diese Vorgehensweise schien gerade im Zusammenhang mit dem Thema weiblicher Masochismus adäquat. Kapitel 2.2 Zentrale Begriffe: Die für diese Arbeit relevanten Begriffe sexueller Sadomasochismus bzw. sexueller Sadismus und sexueller Masochismus und Perversion/Deviation bedürfen einer Erklärung. Vielfältige Begriffserklärungen und Bedeutungsinhalte, die je nach Informationsquelle sehr divergieren, verhindern, dass ein einheitliches psychologisches Bild elaboriert werden kann und werden deshalb parallel dargestellt. Kapitel 2.2.1 Sexueller Sadomasochismus: Häufig wird in sexualwissenschaftlichen und sexualtherapeutischen Auslassungen keine Unterscheidung zwischen konsensuellem und nicht konsensuellem SM getroffen und es bleibt unklar, vorauf sich die Ausführungen jeweils beziehen. Darauf weist auch Fiedler (2004) kritisierend hin. Beide Begriffe (Sadismus und Masochismus) gehen auf den deutschen Psychiater und Gerichtsmediziner Richard von Krafft-Ebing (1840 – 1902) zurück, der sie in seinem Buch Psychopathia sexualis (1886) erstmals vorstellt. Krafft-Ebing entwickelte seine Theorie auf einer vergleichsweise kleinen Anzahl von meist schweren klinischen Fällen (Sulloway, 1982). Vor Krafft-Ebing wurden sadomasochistische Abweichungen als medizinische Kuriosität betrachtet, aber nicht als pathologisch, berichten Passig und Strübel (2004). Krafft-Ebing wird immer ohne Unterscheidung zwischen einvernehmlichen und nicht-einvernehmlichen sadistisch-masochistischen Akten zitiert. Auf seinen Ausführungen beruhen die Kategorisierungen des ICD-10, die Vorabversion ICD-10-GM als auch des DSM-IV und lange Zeit die Geschichte der Psychiatrie, Psychologie und Therapie zu diesem Thema. Liest man im Original nach, findet man folgende Ausführungen: P e r v e r s i o n des Geschlechtstriebes ist, wie sich unten ergeben wird, nicht zu verwechseln mit P e r v e r s i t ä t geschlechtlichen Handelns, denn dieses kann auch durch nicht psychopathologische Bedingungen hervorgerufen sein. Die kon-krete perverse Handlung, so monströs sie auch sein mag, ist klinisch nicht ent-scheidend. Um zwischen Krankheit (Perversion) und Laster (Perversität) unter-scheiden zu können, muss auf die Gesamtpersönlichkeit des Handelnden und auf die Triebfeder seines perversen Handelns zurückgegangen werden. Darin liegt der Schlüssel der Diagnostik. (Krafft-Ebing, 1912/1984, I, S. 68) Im Dorsch wird Sadomasochismus als Zusammenspiel von Sadismus und Masochismus als Ziel sexueller Befriedigung im gleichen Individuum (1999) beschrieben. Allerdings will Dorsch nur ausgeprägte Formen so benannt wissen, da nach Freud (vergl. polymorph-pervers) beide Triebformen in Maßen im Menschen angelegt sind. Im BD/SM Lexikon von Stein und Marino (2005) werden Komponenten in der Beschreibung von SM angeführt, die in den wissenschaftlichen Büchern keine Erwähnung finden. Es entsteht der Eindruck, als ob von zwei verschiedenen Phänomenen die Rede ist: Bei allen SM-Praktiken (besonders natürlich bei den härteren) ist es ein absolutes Muss, dass der dominante Partner , also die Domina bzw. der Dominus jederzeit die Kontrolle über die Situation behält. Er/sie muss die körperlichen und geistigen Grenzen ihres Sklaven/ihrer Sklavia genau einschätzen können und sich an diese Limits halten. Er/sie darf vor allem niemals eine Situation kreieren, die zu ernster Gefahr für Leib und Leben des devoten Partners führen kann. (Stein & Marino, 2005, S. 153) Die Verantwortung des dominanten Parts wird immer wieder betont. An anderer Stelle heißt es wer einem anderen bewusst Qual oder Schmerz zufügt, muss auch wissen, wann Schluss ist (Stein & Marino, 2005, S. 156). Auf der Basis von Vertrauen begibt sich die Sub freiwillig in die Position der Machtlosigkeit und soll auf diese Weise in die Lage versetzt werden Katharsis erleben zu können. Der Reiz der Unterwerfung beginnt im Kopf (Stein & Marino, 2005, S. 156). Oberstes Gebot in der SM-Szene ist safe, sane, consensual and fun, was soviel bedeutet wie sicher, mit gesundem Menschenverstand, einvernehmlich (alles Andere ist Vergewaltigung) und mit Spaß, Lust, Genuss und Zufriedenheit (Grimme, 1996/2012). Alles, was dem nicht entspricht, ist kein SM (ebda, S. 28). Laut Grimme geht es im real erlebten SM in erster Linie um Liebe, Fürsorge und erotische Vorstellungskraft – um Gefühl und Verstand – und nicht um Genitalien (vergl. Sigusch, 2005). Kapitel 2.2.2 Sexueller Sadismus: Krafft-Ebing definiert Sadismus als Verbindung von aktiver Grausamkeit und Gewalttätig-keit mit Wollust (1886/1984, S. 69), sieht aber fließende Übergänge von noch normalen Äußerungen des Geschlechtslebens bis hin zu den monströsesten Akten der Vernichtung des Lebens (ebda). Er führt zum Begriff Sadismus in der Fußnote aus, dass er auf den berüchtigten Marquis de Sade (1740–1814) zurückgehe, dessen obszöne Romane von Wollust und Grausamkeit triefen , (ebda) und in der französischen Literatur eingebürgert sei. Im Wörterbuch zur Psychologie von Drever und Fröhlich wird Sadismus als eine Form der sexuellen Perversion [definiert], bei dem durch den einem Mitmenschen zugefügten Schmerz sexuelle Lustgefühle oder Befriedigung erzielt wird (1968, S. 203). Sadistischem Handeln wird ein aggressiver Impuls attribuiert. (Drever & Fröhlich, 1968). Im Pschyrembel (1986) wird unter Sadismus Neigung oder Praxis, sexuelle Erregung durch Demütigung, Fesselung oder Züchtigung des Partners zu gewinnen verstanden. Es wird die Unterscheidung getroffen zwischen Sadismus mit Einverständnis oder gegen den Willen der Partnerin, was dann als Körperverletzung definiert ist. Im Fremdwörterbuch des Dudens lassen sich unter Sadismus zwei Definitionen finden. Zum einen wird er beschrieben als Veranlagung, beim Quälen anderer zu sexueller Lust zu gelangen zum anderen als Lust am Quälen, an Grausamkeiten (Duden, 2007). Um eine deutliche Unterscheidung bemüht, führte Fiedler folgende zwei Begriffe ein: • inklinierender Sadismus (lat. inclinare: sich zuneigen) (konsensuelle Spielarten des Sadismus) • periculärer Sadismus (lat. periculosus: gefährlich, riskant) (gefährlicher und/oder delinquenter Sadismus) Kapitel 2.2.3 Sexueller Masochismus: Krafft-Ebing leitete den Begriff vom Namen des österreichischen Schriftstellers Leopold Ritter von Sacher-Masoch (1836 – 1895) ab, der in seiner Novelle Venus im Pelz (1870) die Geschichte eines Mannes erzählt, der auf seinen Wunsch hin von einer Frau zu ihrem Sklaven erzogen wird. Sacher-Masoch war damals ein hoch angesehener und erfolgreicher Schriftsteller. Seine Einwände gegen diese Bezeichnung blieben erfolglos (Sacher-Masoch, 1980). Ja, … [Sacher-Masoch] war empört, seine persönlichen erotischen Vorlieben in eine diagnostische Kategorie verwandelt zu sehen (Wetzstein et al., 1993, S. 10). Im Pschyrembel von 1986 findet sich folgender Eintrag: Masochismus (Leopold von Sacher-Masoch, Schriftsteller, 1835-1895): wollüstige Erregung bei Misshandlung (z.B. Flagellation ) . Unter Masochismus wird im Fremdwörterbuch des Dudens von 2007 das Empfinden von sexueller Erregung durch Erleiden von körperlichen oder seelischen Misshandlungen beschrieben. Für Geißler (die sich als Masochistin outete) ist Masochismus eine Lebensform und jeder Mensch füllt diesen Begriff je nach seiner Individualität mit spezifischen Wünschen und Bedürfnissen. Der Begriff kann ebenso die Lust nach absoluter Unterwerfung bezeichnen wie das Bedürfnis, sich im klar abgegrenzten Bereich der Sexualität devot zu verhalten, er kann die Lust am körperlichen Schmerz meinen wie das Verlangen nach seelischer Demütigung (Geißler, 1991, S. 11). Fiedler (2004) prägt für den sexuellen, einvernehmlichen Masochismus, der auf sexuelle Erregung und Befriedigung abzielt und eines konkreten Partners bedarf, die Bezeichnung inklinierenden Masochismus und folgt damit einem Vorschlag von Umann aus dem Jahr 2003. Damit grenzt Fiedler Masochismus von dependenten Persönlichkeitsstörungen, selbst-verletzendem Verhalten und Unterwürfigkeitsneigungen nichtsexueller Art ab.
Michaela Daffner studierte nach 20 Jahren Praxistätigkeit als Heilpraktikerin an der FernUniversität Hagen Psychologie und schloss ihr Studium 2013 sehr erfolgreich mit dem Bachelor of Science ab. In ihrer Praxis spezialisierte sich die Autorin schnell auf Persönlichkeitsentwicklung, Partnerschaft, Beziehung und Sexualität (www.liebe-heilt-praxis.de). Nach einer ersten Leseprobe des internationalen Bestsellers ‚Shades of Grey‘ verstand sie die Aufregung um dieses Buch nicht (www.smantra.de). Aus ihrer anfänglichen Verwunderung, wer die Zielgruppe dieses Bestsellers rekrutiert, entstand die vorliegende Studie mit empirischen Fragebögen zu diversen Persönlichkeitsskalen und selbst erstelltem explorativem Fragebogen zu Buch, Leserschaft und Fragen über Sadomasochismus. Aus den umfangreichen Recherchen zum eigenen Fragebogen konstituierte sich ein eigener Buchteil.
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