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Gesellschaft / Kultur

Steffi Sam Achilles

queer_sehen: Queere Bilder in U.S.-amerikanischen Fernsehserien von 1990-2012

ISBN: 978-3-95935-412-7

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2018
AuflagenNr.: 1
Seiten: 332
Abb.: 83
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In vielen aktuellen Fernsehformaten werden queere Menschen scheinbar selbstverständlich gezeigt, sind Teil von Erzählungen, sind teilweise gar Hauptcharaktere in Fernsehserien. Doch wann begann diese Entwicklung? In welcher Weise hat sich die Darstellung queerer Menschen in US-amerikanischen Fernsehserien verändert? Wie ist die aktuelle Darstellung queerer Menschen gesellschaftlich zu bewerten? Und welche Rolle spielten und spielen dabei realpolitische Entwicklungen? Durch seine weltweit umfassende Verbreitung spielt Fernsehen eine nicht zu unterschätzende Rolle in der gesellschaftlichen Meinungsbildung. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob diese Serien und die zunehmende Anzahl von Darstellungen queerer Charaktere in den Massenmedien lediglich ein kommerzieller Erfolg sind oder auch ein Erfolg queerer Emanzipation. Führt das vermehrte Aufkommen von Serien mit queeren Inhalten und Charakteren zwangsläufig zu vielfältigeren Identitätsdarstellungen?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5: Methodisches Vorgehen: 5.1: Kategorien zur queeren Bildanalyse: Wie in Kapitel 4.1 mit Bezug auf Doty und Simbürger ausgeführt, gibt es unterschiedliche Arten des Queer Readings. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf nur einen der drei beschriebenen Bereiche (vgl. Kapitel 4.1, Seite 85) und zwar auf die Analyse von offen dargestellten queeren Charakteren. Der Begriff »queer« wird dabei für Identitäten verwendet, die nicht-heterosexuell sind, hier vor allem LGBTQA (lesbian, gay, bisexual, trans, (gender-) queer, asexual, vgl. Kapitel 3.2.1, Seite 57). Wie sich während der Sichtung der Fernsehserien herausgestellt hat, waren im untersuchten Zeitraum keinerlei intergeschlechtliche Charaktere als Hauptfiguren in den Fernsehserien dargestellt, daher fehlt an dieser Stelle das I in LGBTQ(I)A. Vor allem in Anlehnung an die Kategorien von Winker und Degele wurden für die vorliegende Arbeit die Kategorien Race, Class, Gender und Body übernommen. Generell ist anzumerken, dass die Begriffe männlich/weiblich sowie maskulin/feminin, die in der vorliegenden Arbeit mitunter verwendet werden, in ihrer Binarität simplifizierend sind. Dabei ist es zudem wichtig, den Unterschied männlich vs. maskulin und weiblich vs. feminin zu beachten: Während »maskulin« nicht zwingend mit »männlich« verknüpft sein muss, so muss auch »feminin« nicht zwingend mit »weiblich« verknüpft sein. In diesem Sinne hat Marcus Recht in seiner Arbeit Der sympathische Vampir »Feminisierung« beispielsweise in Verbindung gesetzt zur »Annahme von ›klassisch‹ weiblichen Eigenschaften«, zu »stereotyp weiblichen Charaktereigenschaften« sowie zu Darstellungen, die traditionellerweise durch Frauen besetzt werden (vgl. RECHT 2011: 44 f.). Solchen Auffassungen von Maskulinität und Femininität liegt keine prädiskursive Naturhaftigkeit zu Grunde, sie sind vielmehr Ausdruck kultureller Entwicklungen, Politiken und generell Machtverhältnissen der (westlichen) Gesellschaft. Die vier Kategorien von Winker und Degele (Race, Class, Gender, Body) wurden für die vorliegende Arbeit wie folgt definiert: - Race: Ethnizität, Hautfarbe, Nationalität - Class: Ausbildung und Beruf, Karriere, Bildungsstand, soziale Schicht, Freizeitbeschäftigung - Gender: Geschlechtsidentität - Body: Alter, Fitness, Krankheit, Behinderung, Ernährung, Drogengebrauch, körperliche Gewalterfahrungen Für diese Arbeit schien Winker und Degeles Einordnung von politischer Einstellung und Religiosität zum Überbegriff Race (vgl. Kapitel 3.2, Seite 52) schwierig, da Ethnizität und Hautfarbe Merkmale sind, die nicht verändert werden können, während religiöse und politische Überzeugungen weitestgehend selbst gewählt sind (zumindest in weitaus stärkerem Maße als Race). Aus diesem Grund wurde die Kategorie Mindset eingeführt und von der Kategorie Race getrennt. Mit Mindset sind Überzeugungen samt Religiosität und politischer Einstellung gemeint. Pierre Bourdieu betont die enge Verknüpfung von kulturellen Praktiken, zu denen auch Meinungen und somit Geschmack gehören, und dem Bildungskapital von Menschen sowie ihrer sozialen Herkunft (vgl. BOURDIEU 2007/1982: 31 34). Auch aus dieser Logik leitet sich die Wichtigkeit der eigenen Kategorie Mindset ab. Gender (Geschlechtsidentität), Sex (biologisches Geschlecht) und Desire (sexuelles Begehren) trennen Winker und Degele nicht. In Bezug auf Butler argumentieren beide, dass Sex, Gender und Desire nicht als voneinander trennbar zu sehen seien, sondern einen sich gegenseitig stützenden Machtkomplex darstellen. In der vorliegenden Arbeit wurde jedoch Desire von Gender getrennt betrachtet, schon allein weil Desire für queere Identität maßgeblich bildend ist und Sex/Gender und Desire nicht zuletzt auf unterschiedlichen Ebenen vergesellschaftet werden (vgl. Kapitel 3.2.1, Seite 57). Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Darstellung von queeren Identitäten, so dass die Trennung von Sex/Gender und Desire für die Analyse fundamental wichtig ist. Des Weiteren wurde in der vorliegenden Arbeit die Kategorie Relationships (Soziale Beziehungen) neu hinzugefügt. Darunter werden alle zwischenmenschlichen Beziehungen der Charaktere, sei es bezüglich ihrer Herkunftsfamilie oder Wahlfamilie, platonische oder sexuelle Beziehungen sowie ggf. ihr Umgang mit dem Coming out gegenüber anderen Menschen verstanden. Menschen, die monogame Zweierbeziehungen führen, werden in unserer Gesellschaft anders behandelt als Menschen, die Single sind. Menschen mit Kinder erfahren einen anderen Umgang als Menschen ohne Kinder oder Menschen mit adoptierten oder anderweitig nicht biologisch verwandten Kindern. Familienmodelle, die nicht dem vorherrschenden Familienmodell der bürgerlichen Kleinfamilie entsprechen, werden vergleichsweise gesellschaftlich und auch gesetzlich weniger stark anerkannt und erfahren teilweise nicht die gleichen Privilegien. Während sich viele Untersuchungen und theoretische Arbeiten mit Identitäten und Diskriminierungen auseinandersetzen, die mit Geschlecht und Begehren zusammenhängen, scheinen andere zwischenmenschliche Beziehungen weitaus seltener thematisiert – dies gilt ganz besonders für Beziehungen, die nicht (auch) durch sexuelle Handlungen geprägt sind. Martin J. Gössl beschreibt, dass Freundschaften (auch) in queeren Zusammenhängen an Bedeutungen gewinnen und eine Pluralisierung ihrer Bandbreite zu beobachten sei. Der Umgang mit und die Erwartungshaltung in Bezug auf Freundschaften sei jedoch schwierig, besonders, da Normen, bzw »klassische Anleitungen« fehlten (vgl. GÖSSL 2014: 178 f.). Dabei würden laut Gössl in queeren romantischen Beziehungen nur selten bestehende Strukturen hinterfragt. Der Glaube an Seelenverwandte existiere ebenso wie der Glaube an die wahre Liebe, doch scheine unklar, was sich genau dahinter verberge: »Liebe, die perfekte Liebe oder die wahre Liebe schweben als Konstrukte durch den Raum, ohne eine reale Zuschreibung zu besitzen. Es wird angenommen, dass es sie gibt« (GÖSSL 2014: 112). Entsprechend wichtig ist die Betrachtung der sozialen Beziehungen auch in queeren Zusammenhängen: welche Beziehungsformen werden hauptsächlich thematisiert und wie werden diese dargestellt, wie ist die Rollenverteilung innerhalb von Familien oder familienähnlichen Gruppen und werden alternative Formen des Zusammenlebens gedacht und ausprobiert? Zusammenfassend wurden in der vorliegenden Arbeit folgende Kategorien gesellschaftlicher Ungleichheiten und Diskriminierung zur Untersuchung verwendet: - Race: Ethnizität, Hautfarbe, Nationalität - Class: Ausbildung und Beruf, Karriere, Bildungsstand, soziale Schicht, Freizeitbeschäftigung - Gender: Geschlechtsidentität - Desire: sexuelles Begehren, sexuelle Praxis - Body: Alter, Fitness, Krankheit, Behinderung, Ernährung, Drogengebrauch, körperliche Gewalterfahrungen - Mindset: politische Einstellung, Religiosität, moralische Werte - Relationships: Wahlfamilie (platonische sowie sexuelle Beziehungen, ggf. Kinderwunsch), Herkunftsfamilie, Coming out Diese Kategorien wurden in einem Wechselspiel von deduktivem und induktivem Vorgehen herausgearbeitet. Zum einen wurden die ausgewählten Fernsehserien mit Blick auf die vier Kategorien von Winker und Degele (Race, Class, Gender, Body) gesichtet. Während dieser Sichtung haben sich dann weitere Kategorien ergeben, die sich für die Analyse von queeren Charakteren als wichtig erwiesen. Durch diese Kategorien wurde also die Analyseperspektive induktiv erweitert. Doch sind nicht in jeder Serie und nicht bei allen Charakteren alle genannten Kategorien abgebildet. So ist zwar beispielsweise bei nahezu allen untersuchten Charakteren feststellbar, welche Geschlechtsidentität sie haben (sollen), jedoch wird nicht immer auch ihr sexuelles Begehren thematisiert. Private Lebenskonstellationen der jeweiligen Jetztzeit, in denen die Charaktere gezeigt werden – z. B. romantische Beziehungen, Familienstrukturen, Zusammenleben mit Kindern – werden oft thematisiert, während die Herkunftsfamilie weitaus seltener eine Rolle spielt. Welche Erwerbsarbeit die Charaktere ausüben, ist fast immer thematisiert, wohingegen nicht immer auch das Privatleben und entsprechende Freizeitbeschäftigungen abgebildet werden. Auch wird selten erwähnt und es erschließt sich auch nicht durch den (kulturellen) Kontext, ob die Charaktere religiös sind und welche politische Einstellungen sie haben. Um einen horizontalen Querschnitt der dargestellten Charaktere zu erhalten, wurde zunächst eine statistische Näherung an den Gegenstand gewählt. In Kapitel 6 (Seite 110) wurde die Anzahl der queeren Charaktere in ihrer zeitlichen Entwicklung hin dargestellt, also gezählt, wieviele queere Charaktere es in den jeweiligen Jahren von 1990 - 2012 gab. Anschließend sind die Fernsehcharaktere hinsichtlich der Kategorien Race, Class, Gender, Desire untersucht und grafisch in Statistiken abgebildet worden. Für diese Statistiken gilt, dass sie eine grobe Bestandsaufnahme (Sichtbarkeit bestimmter Ebenen sozialer Ungleichheiten) bereitstellen können, die dann in Kapitel 7 in der Bildanalyse vertieft und differenziert werden sollen. Die Kategorie Class wurde in Bezug auf Erwerbsarbeit (Berufe) dargestellt (vgl. Kapitel 6.3, Seite 122). Die Beschränkung auf die Berufe in Bezug auf die »Klassenfrage« liegt darin begründet, dass diese gut auf Bildebene ablesbar sind und Erwerbsarbeit eine der drei Klassen nach Max Weber vorgibt (vgl. 3.2.3, Seite 78). Auch wenn sich heutige Berufe nicht unbedingt spiegelgleich in der Gesellschaftsrealität von Max Weber Anfang des 20. Jahrhunderts wiederfinden, kann davon ausgegangen werden, dass auch heute noch in den westlichen, kapitalistischen Ländern Berufe wie Ärzt_innen und Anwält_innen als positiv privilegiert gelten und Arbeiter_innen als negativ privilegiert.

Über den Autor

Sam Achilles wurde 1978 in Bremen geboren und schloss 2005 in Marburg das Studium Neuere deutsche Literatur und Medien (M.A.) erfolgreich ab. Nach einigen Jahren des Arbeitens in unterschiedlichen Textredaktionen in Frankfurt am Main begann Sam Achilles mit der Dissertation queer_sehen: queere Bilder in US-amerikanischen Fernsehserien von 1990-2012 , die 2015 von der Johann Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt am Main angenommen wurde. Seit 2016 lebt Sam Achilles in Offenbach.

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