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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 180
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Ein halbes Jahrhundert vor dem Krieg in Bosnien-Herzegowina anfangs der 1990er Jahre tobte in diesem Gebiet ein noch brutaler und grausamerer Krieg, in welchem die Verluste an Menschenleben um ein Vielfaches größer waren und der eine ungeheure Zerstörungskraft aufwies. Die Intention des Autors dieses Buches war in erster Linie eine möglichst objektive und wissenschaftlich fundierte Analyse der wichtigsten Begebenheiten in der Zeit von 1941 bis 1945 anschaulich zu machen. Die Vielschichtigkeit des Krieges, eine große Anzahl kausal abhängiger Handlungen sowie die Beziehungen unter den Entscheidungsträgern werden in dieser Studie untersucht. Ein kritischer Umgang mit den Quellen ermöglicht eine zusammenhängende und nachvollziehbare Rekonstruktion der historischen Ereignisse mithilfe der Synthese mit aktuellen Forschungen.

Leseprobe

Textprobe: 2 DER USTASCHA-STAAT: DIE GRÄUELTATEN UND DIE AUFSTÄNDE: 2.1 Die Okkupation des Königreichs Jugoslawien und die Gründung des Unabhängigen Staats Kroatien: Nach zahlreichen erfolgreichen militärischen Aktionen unter dem Einsatz der neuen militärischen Strategie, dem sogenannten Blitzkrieg , wurde die politische Landkarte Europas nach 1939/40 massiv verändert. Die deutsche Eroberung Polens, Dänemarks, Norwegens, der Beneluxstaaten und Frankreichs, sowie die italienische Okkupation Albaniens brachten durch militärische Mitteln diese Länder unter den direkten Einfluss der Achsenmächte. Die expansionistische und aggressive Außenpolitik des Dritten Reiches war verantwortlich für die Machtergreifung beziehungsweise für die Machterhaltung prodeutscher Regierungen und die Errichtung von Satellitenstaaten in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Die Regierung des Königreichs Jugoslawien befand sich unter starkem Druck der deutschen Außenpolitik und war bereits ein Jahr nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs im Herbst 1940 von allen Nachbarländern, die bis auf Griechenland dem Drei-Mächte-Bund beigetreten waren, umgeben. Adolf Hitlers Plan für Jugoslawien war, das neutrale Land zu einem treuen Satellitenstaat zu degradieren und zum Betritt zum Dreimächtepakt zu zwingen. Griechenland war der letzte Verbündete Großbritanniens auf dem europäischen Festland und wurde aufgrund seiner wichtigen taktischen Lage das nächste Ziel der Expansionspolitik der Achsenmächte, da die Südflanke für den bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion gesichert werden sollte. Zunächst wollte Hitler Ruhe auf dem Balkan bewahren. Aber italienische Truppen griffen am 28. Oktober 1940 ohne Abstimmung mit dem Deutschen Reich Griechenland an, wurden jedoch nach wenigen Tagen gestoppt. Im Dezember 1940 erteilte Hitler Befehle für die Operation Marita gegen Griechenland (13. 12. 1940) und für die Operation Barbarossa gegen die UdSSR (18. 12. 1940). Die deutsche Expansion in Europa und der drohende Krieg setzten die jugoslawische königliche Regierung unter Druck, der schließlich zur Unterzeichnung der Beitrittserklärung zum Dreimächtepakt im Wiener Schloss Belvedere am 25. März 1941 führte. Schon am Abend des folgenden Tages, dem 26. März, und in der Nacht des 27. März kam es zum Militärputsch, der vom britischen Geheimdienst unterstützt worden war. Unter der Führung von General Dušan Simovic wurde die Regierung abgesetzt und die neue mit ihm als dem neuen Ministerpräsidenten proklamiert. Obwohl sich an den Ministerposten nicht viel änderte, da viele Minister in der neuen Regierung blieben, lösten die Ereignisse an der Staatsspitze heftige Reaktionen aus. Gleich am Morgen danach wurden von der im Untergrund tätigen Kommunistischen Partei Demonstrationen im ganzen Land organisiert, die durch die Parolen Besser das Grab als ein Sklave oder Besser der Krieg als der Pakt gekennzeichnet waren. Die neue Simovic-Regierung verkündete zwei Tage nach dem Militärputsch ihre Loyalität zum Dreimächtepakt in der Hoffnung, den bevorstehenden Krieg zu vermeiden. Dieser Regierungsakt kam aber zu spät. Sobald Hitler über den Militärputsch in Jugoslawien informiert wurde, traf er sofort die Entscheidung über den Angriff fallen. Der Angriff auf Jugoslawien begann am 6. April 1941 ohne Kriegserklärung mit der Offensive der Achsenmächte Deutschland und Italien mit ihren Verbündeten Ungarn und Bulgarien. Die Militäraktion startete in den frühen Morgenstunden mit dem brutalen Bombardement der Hauptstadt Belgrad und dem konzertierten Einmarsch etwa fünfzig deutscher und italienischer Divisionen aus verschiedenen Richtungen, denen ein paar Tage später ungarische und bulgarische Militärformationen folgten. Bereits am 13. April erreichte die deutsche XIV. Panzerdivision das Gebiet Bosniens und der Herzegowina. Die Besetzung Jugoslawiens erfolgte in nur 11 Tagen und die bedingungslose Kapitulation wurde vom Oberkommando der königlichen Armee am 17. April unterzeichnet. Ein Teil der zweiten königlichen Armee, genauer das 41. Regiment unter der Führung des Oberst Draža Mihailovic, lehnte die Kapitulation ab, konzentrierte sich im Gebirgsgebiet Ravna Gora im südwestlichen Serbien und gründete am 13. Mai 1941 die größte Tschetnik-Bewegung im Zweiten Weltkrieg, die oft nach dem Gründungsort Ravna Gora Bewegung [Ravnogorski pokret] benannt wird. Offizieller Name dieser militärischen Einheit war Tschetnik-Abteilungen der jugoslawischen Armee [Cetnicki odredi Jugoslovenske vojske]. Noch am 29. März lud Mussolini Ante Pavelic ein, den Anführer der faschistischen Untergrundorganisation Ustasche , die seit Jahren in Italien tätig gewesen war. Mussolini versprach Pavelic die Machteinsetzung in Kroatien unter der Bedingung der Zustimmung der Angliederung des größten Teils Dalmatiens an Italien. Der Ustascha-Führer nahm dieses Angebot an. In den folgenden Tagen versuchte die deutsche Delegation, den Präsidenten der größten kroatischen politischen Kraft (Kroatische Bauernpartei) Vlatko Macek für die Machtübernahme in Kroatien anzuwerben. Macek lehnte das ab. Auf Initiative des italienischen Bündnispartners kamen sie schließlich mit dem im Land befindlichen führenden Ustascha Slavko Kvaternik in Kontakt, der schließlich im Namen von Pavelic am 10. April die Gründung des Unabhängigen Staates Kroatien [ Nezavisna Država Hrvatska ? NDH] in einer Radio-Ansprache verkündete, obwohl das Land noch immer keine definierten Staatsgrenzen hatte und das Adjektiv unabhängig ein fester Bestandteil des Staatsnamens war. Der neue Staat war in der Praxis nichts anderes als eine Art deutsch-italienisches Protektorat. Kvaternik formierte in Absprache mit Mile Budak die provisorische kroatische Regierung, in der sich auch der Zagreber Mufti Ismet Muftic befand. Die Ustasche und vor allem Pavelic achteten bei der Konstituierung der Staatsmacht besonders auf die Beteiligung der Vertreter der bosnischen Muslime, die nach der Lehre des ideologischen Vaters der Ustasche, Ante Starcevic, eines kroatischen Politikers aus dem XIX. Jahrhundert, für den saubersten und edelsten Teil des heldenhaften kroatischen Volkes gehalten wurden, wie in Kvaterniks öffentlicher Verkündung an die bosnisch-herzegowinischen Muslime erklärt wurde. Die Ustascha-Führung versuchte die angeblich unabdingbare Zugehörigkeit der bosnischen Muslime zur kroatischen Nation sogar durch quasiwissenschaftliche Methoden der Rassenbiologie zu bekräftigen. Als einer der wesentlichen Beweise für diese Hypothese sollte der unterschiedliche Pygmentgehalt der Haut dienen, der bei den Muslimen von einem hellen Typus sei, die somit, angeblich im Gegensatz zu den Serben, oft blaue Augen vorweisen würden. Das Blut und die Rasse sondert die bosnischen Muselmanen klar von dem serbischen Volke ab und bindet sie stark an das Kroatische , hieß es abschließend. Der NDH-Staat wurde von den Achsenmächten Deutschland und Italien schon am 15. April anerkannt, noch vor der Unterschrift der bedingungslosen Kapitulation und der definitiven Zerschlagung des Königreichs Jugoslawiens. Kurz darauf wurden der Gesandte des Deutschen Reiches, Siegfried Kasche, und der deutsche Bevollmächtigte General, der Österreicher Glaise von Horstenau, nach Zagreb delegiert. Die Hauptaufgabe des Generals war die Organisation des kroatischen Heeres, das die deutschen und italienischen Truppen im Land so schnell wie möglich zu entlasten hatte, da der Angriff auf die Sowjetunion in Kürze bevorstand. Primäres Ziel der Ustasche war die Eingliederung Bosniens und der Herzegowina in die Grenzen des Unabhängigen Staates Kroatien, was aus der Ernennung von Osman Kulenovic zum stellvertretenden Ministerpräsidenten der ersten kroatischen Staatsregierung eindeutig hervor geht, dem leiblichen Bruder des Präsidenten der führenden Partei der bosnisch-herzegowinischen Muslime (JMO) Džaferbeg Kulenovic. Über die Grenzziehung entschieden aber nicht die Ustasche, sondern die zwei Okkupationsmächte Deutschland und Italien. Bei der ersten Regierungssitzung wurde das kroatische Heer gegründet. Der offizielle Name lautete Kroatische Heimwehr [Hrvatsko domobranstvo]. Parallel dazu wurde als Pendant zur militärischen Einheit der Nationalsozialistischen Partei in Deutschland, der Schutzstaffel (SS), die Ustascha-Miliz [Ustaška vojnica] geschaffen. Die Ustascha-Miliz war eine von der Kroatischen Heimwehr unabhängige Elitetruppe, die auf Basis von Freiwilligen gebildet wurde. Vorläufige Richtlinien für die Aufteilung Jugoslawiens wurden von Hitler am 12. April erlassen, nach welchen das Territorium Bosniens und der Herzegowina unter die Einflusssphäre Italiens einzuordnen ist. Das war aber keine dauerhafte Lösung, da erst bei der Wiener Konferenz (21. 04. – 24. 04. 1941) festgelegt wurde, dass die Ostgrenze des Unabhängigen Staates Kroatien die historische Ostgrenze Bosniens am Fluss Drina werden sollte und der neue Staat in zwei Interessenssphären, die nördliche deutsche und die südliche italienische, geteilt werden sollte.

Über den Autor

MMag. Ernest Plivac M.A. wurde 1977 in Jajce, Bosnien-Herzegowina, geboren und lebt seit 1992 in Österreich. An der Universität Wien absolvierte der Autor 2004 das Studium der Slawistik und erlangte mit der Abschlussarbeit in Computerlinguistik den akademischen Grad Magister der Philosophie. An derselben Bildungseinrichtung schloss der Verfasser 2008 den Postdiplom-Universitätslehrgang Interdisziplinäre Balkanstudien mit dem akademischen Grad Master of Arts ab. Noch während des Studiums leitete er von 1998 bis 2008 eines der größten bosnischen Internetportale Jajce Portal . Im Jahre 2014 beendete der Autor das Lehramtsstudium für die Unterrichtsfächer Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung sowie Bosnisch/Kroatisch/Serbisch in Wien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der südosteuropäischen Historiographie und der südslawischen Sprachwissenschaft.

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