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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Schulen in Deutschland stehen seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 vor der großen Herausforderung, sich zu inklusiven Schulen weiterzuentwickeln. Die Umsetzung der Forderung der UN-BRK verlangt ein Umwälzen des gesamten Bildungssystems. Die Perspektive der Lehrkräfte darf im Kontext dieser Veränderungen nicht unberücksichtigt bleiben. Die Autorinnen haben sich in ihrer Untersuchung mit folgenden Fragestellungen auseinandergesetzt: Was denken Lehrkräfte an ausgewählten nordrhein-westfälischen Grund- und Förderschulen über die inklusive Schulentwicklung? Inwiefern sind die Lehrerinnen und Lehrer bereit, sich bei der Entwicklung inklusiver Schulen zu engagieren? Außerdem sollte eruiert werden, ob bereits Voraussetzungen für einen gelingenden inklusiven Unterricht bestehen oder ob eher Schwierigkeiten und demzufolge Entwicklungsbedarf vorherrscht. Des Weiteren wurde darauf abgezielt, Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in den inklusiven Denkweisen der Grund- und Förderschullehrkräfte herauszuarbeiten. Wegen des Praxisbezugs sind die Erkenntnisse insbesondere für ausgebildete Lehrkräfte sowie für Studierende aller Lehrämter von Bedeutung.

Leseprobe

1 Einleitung: Inklusion – Theorie trifft Praxis lautet der Titel dieses Buches. Seit der Ratifizie-rung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Jahr 2009 stehen die Schulen in Deutschland vor der großen Herausforderung, sich zu inklusiven Schulen weiterzuentwickeln (Deutsche UNESCO-Kommission e.V., 2010). Die Theorie der gemeinsamen Beschulung aller Schülerinnen und Schüler (SuS) muss schnellstmöglich in die Praxis umgesetzt werden. Daraus ergibt sich im ganzen Land die Verpflichtung, ein inklusives Bildungssystem einzurichten, das allen schulpflichtigen SuS mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) die Möglichkeit bietet, eine Regelschule des Heimatortes zu besuchen (Landesregierung Nordrhein-Westfalen, 2013). Die Umsetzung der Forderung der UN-BRK verlangt ein Umwälzen des gesamten Bildungssystems (Secretariat for the Convention on the Rights of Persons with Disabilities, 2007), das aufgrund des Föderalismus in den einzelnen Bundesländern nicht einheitlich geregelt ist. Dies hat zur Folge, dass die schulische Inklusion in den 16 Bundesländern unterschiedlich weit vorangeschritten ist (Bertelsmann Stiftung [BS], 2014). Aufgrund der Aktualität und der hohen gesellschaftlichen Relevanz des Themas Inklusion, setzen wir uns mit der Frage auseinander, was Lehrkräfte an ausgewählten nordrhein-westfälischen Grund- und Förderschulen über die inklusive Schulentwicklung denken. Unser Ziel ist es, herauszufinden, inwiefern die LuL bereit sind, sich im Rahmen der Entwicklung inklusiver Schulen zu engagieren. Außerdem möchten wir eruieren, ob bereits Voraussetzungen für einen gelingenden inklusiven Unterricht bestehen oder ob eher Schwierigkeiten und demzufolge Entwicklungsbedarf vorherrscht. Des Weiteren zielen wir darauf ab, Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in den Denkweisen der Grund- und Förderschullehrkräfte herauszuarbeiten. Die inklusive Schulentwicklung ist für uns als Studierende des Lehramts für sonderpädagogische Förderung von besonderem Interesse, da wir zukünftig direkt von den Veränderungen des Schulsystems betroffen sein werden. Es gibt wenig Literatur, in der die Perspektive der Lehrkräfte berücksichtigt wird. Die Ergebnisse eines bislang einzigartigen Forschungsprojektes aus NRW zeigen jedoch, dass u.a. Lehrerinnen und Lehrer (LuL) diejenigen sind, die maßgeblichen Einfluss auf das Gelingen von schulischer Inklusion haben. Das Projekt konzentriert sich auf Gelingensbedingungen schulischer Inklusion von SuS mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und Motorische Entwicklung (KME) (Lelgemann, Lübbeke, Singer & Walter-Klose, 2012). Eine Studie aus Sachsen stellt ebenfalls die Haltungen und Überzeugungen von Lehrkräften als bedeutsam für eine gelingende schulische Inklusion heraus. Allerdings stehen hier nicht nur behinderungsspezifische, sondern überwiegend förderschwerpunktübergreifende Fragestellungen im Fokus (Liebers & Seifert, 2014). Die Tatsache, dass es für NRW eine derartige Studie zum aktuellen Zeitpunkt nicht gibt, war Anlass für unsere empirische Untersuchung. Die Ergebnisse werden durch eine Fragebogenstudie gewonnen, an der sich 104 Lehrerinnen und Lehrer (LuL) aus NRW beteiligt haben. Sie liefern interessante Einblicke in die Auswirkungen der inklusiven Schulentwicklung auf die Einzelschulen und insbesondere auf die Lehrkräfte. Wegen des Praxisbezugs sind diese nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für Studierende des Grundschullehramts sowie des Lehramts für sonderpädagogische Förderung von Bedeutung. Um sich dem Thema der inklusiven Schulentwicklung anzunähern, wird einleitend ein historischer Einblick gegeben. Des Weiteren wird ein konkretes Konzept für die Umsetzung der Inklusion in NRW auf Ebene der Einzelschule und des Unterrichts vorgestellt. Vor der Darstellung der Studie wird außerdem ein aktueller Überblick über den Stand der Forschung zur inklusiven Schulentwicklung gegeben. Im empirischen Teil werden zunächst die Forschungsfragen und das Forschungsvorgehen präsentiert sowie das Messinstrument operationalisiert. Daran anknüpfend folgt die Ergebnisdarstellung mit anschließender Interpretation. Letztlich werden die gewonnenen Ergebnisse in den Forschungsstand eingeordnet, das Vorgehen kritisch reflektiert und ein Ausblick für die inklusive Schulentwicklung gegeben. 2 Der Weg zur inklusiven Schule: In diesem Kapitel werden zunächst die theoretischen Grundlagen in Form von definitorischen Annä¬herungen wichtiger Begriffe dargelegt, um die Entwicklung von der Integration zur Inklusion zu beschreiben. Im Anschluss wird das Inklusionskonzept NRW für die Einzelschule beschrieben. Schließlich erfolgt ein aktueller Einblick zum Forschungsstand der schulischen Inklusion in Deutschland. 2.1 Entwicklung von Integration zur Inklusion: Um die historischen Entwicklungslinien von der Integration zur Inklusion darzulegen, werden einleitend definitorische Annäherungen vorgenommen. Da in diesem Buch der Schwerpunkt auf schulischer Inklusion in Deutschland liegt, wird anfänglich der Personenkreis beschrieben, der in das bislang selektive Schulsystem inkludiert werden soll. Es handelt sich um SuS mit SPF. Die Schulaufsichtsbehörde entscheidet u.a. über den SPF, der dann vorliegt, wenn trotz verstärkter Differenzierung an der allgemeinen Schule nicht auf die individuellen Lernbedürfnisse Einzelner eingegangen werden kann (Heimlich & Kahlert, 2012 Landesregierung Nordrhein-Westfalen, 2012b). Durch sonderpädagogische Diagnostik, deren zentralen Ziele die Feststellung von Förderbedarf, Förderschwerpunkt und Förderort sind, ist es möglich, dass die Lehrkraft zielorientiert auf die Bedürfnisse einzelner SuS eingehen kann (Klemm & Preuss-Lausitz, 2011 Petermann, 2006). In zunehmendem Maße ermöglichen differenzierte diagnostische Befunde auch das direkte Ableiten geeigneter Fördermaßnahmen für die betroffenen Kinder (Petermann, 2006, S. 1). Nach Heimlich und Kahlert (2012) bedeutet dies, dass sonderpädagogische Förderung durch einen Dreischritt von Diagnostik, Intervention und Evaluation ge-kennzeichnet ist. Die Bezeichnung SPF gibt es seit 1994. Der schulamtliche Begriffswechsel von Kinder und Jugendliche mit Behinderung zu Kinder und Jugendliche mit SPF hatte zwei Gründe: Zum einen sollte die Diskriminierung der Personengruppe durch die Überwindung des Behinderungsbegriffs vermieden werden. Zum anderen stellte die Begriffsveränderung den Wandel von der individualistischen, defizitorientierten und medizinisch orientierten Begrifflichkeit zum pädagogischen Verständnis mit Einbe-ziehung des Umfeldes des Kindes dar (Klemm & Preuss-Lausitz, 2011). Gemäß § 4 der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF) wird SPF durch Lern- und Entwicklungsstörungen, geistige Behinderung, Körperbehinderung, Hör- und Sehschädigungen sowie Autismus begründet (Landesregierung Nordrhein-Westfalen, 2012b). Neben dem dreigliedrigen Schulsystem besteht ein nach Behinderungsart gegliedertes Förderschulwesen, das aufgrund des Konzepts der Inklusion und infolge der Ratifizierung der UN-BRK aus dem Jahr 2009 schrittweise aufgelöst wird (Hinz, 2002 Klemm & Preuss-Lausitz, 2011). Sonderpädagogische Förderung wird im Schulgesetz des Jahres 2005 für das Land NRW unter § 19 Absatz (1) folgendermaßen definiert: Schülerinnen und Schüler, die wegen ihrer körperlichen, seelischen oder geistigen Behinderung oder wegen ihres erblich beeinträchtigten Lernvermögens nicht am Unterricht einer allgemeinen Schule (allgemein bildende oder berufsbildende Schule) teilnehmen können, werden nach ihrem individuellen Bedarf sonderpädagogisch gefördert (Landesregierung Nordrhein-Westfalen, 2012a). Aus der Definition von sonderpädagogischer Förderung geht hervor, dass der individuelle SPF durch sonderpädagogische Förderung gedeckt wird. Heimlich und Kahlert (2012) plädieren für einen weiten Begriff von sonderpädagogischer Förderung, worin ein Personenkreis beschrieben wird, der auf ein selbstbestimmtes Leben in möglichst umfassender sozialer Inklusion (Heimlich & Kahlert, 2012, S. 19) abzielt. Demnach ist Inklusion auch ein Ziel von sonderpädagogischer Förderung (Heimlich & Kahlert, 2012). Im Verlauf dieses Buches wird an weiteren Stellen auf Ausschnitte des Schulgesetzes NRW zurückgegriffen. Der Lernort von SuS mit SPF ist derzeit nicht mehr nur die Förderschule mit dem jeweils zugewiesenen Förderschwerpunkt. Die Beschulung findet außerdem an Regelschulen im Rahmen von Gemeinsamen Unterricht (GU) in sogenannten Integrationsklassen statt (Frühauf, 2012). Hierzu wird im Folgenden zunächst theoretisch erörtert, was Integration bedeutet. Der Begriff Integration geht auf das lateinische Wort integratio zurück und bedeutet Wiederherstellung eines Ganzen (Bibliographisches Institut GmbH, 2013b) bzw. Einbeziehung, Eingliederung in ein größeres Ganzes (ebd.). In der Soziologie meint Integration die Verbindung einer Vielheit von einzelnen Personen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit (ebd.). Der Begriff Integration findet sich nicht nur in der Soziologie, sondern auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen, wie der Mathematik (z.B. Berechnung eines Integrals), der Psychologie oder der Pädagogik wieder (ebd.). In diesem Buch wird der Schwerpunkt auf die Pädagogik und die Heterogenitätsdimension Behinderung gelegt. Aufgeführt werden nun verschiedene Definitionen von Integration, die aus der Forschung stammen.

Über den Autor

Linda Breitfeld wurde 1992 in Marl geboren. Nach dem Erreichen der allgemeinen Hochschulreife im Juni 2011, entschied sich die Autorin für ein Lehramtsstudium an der Technischen Universität Dortmund. Das Bachelorstudium Lehramt für sonderpädagogische Förderung schloss sie im Jahre 2014 erfolgreich ab und begann im selben Jahr das an den Bachelor anknüpfende Masterstudium. Während des Studiums sammelte die Autorin theoretische und praktische Erfahrungen im Bereich der inklusiven Schulentwicklung. Da die Autorin als angehende Lehrerin zukünftig direkt von den Veränderungen des Schulsystems betroffen sein würde, entwickelte sie ein besonderes Interesse am Thema Schulische Inklusion . Die Aktualität sowie der Mangel an Forschungsprojekten zur schulischen Inklusion in Nordrhein-Westfalen motivierte die Autorin, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen. Denise Heim wurde 1992 in Dülmen geboren. Nach dem Erreichen der allgemeinen Hochschulreife im Jahr 2011, entschied sich die Autorin aufgrund ihrer Interessen in den Bereichen Psychologie und Schulentwicklung für das Bachelorstudium des Lehramts für sonderpädagogische Förderung an der Technischen Universität Dortmund. Das Bachelorstudium schloss die Autorin im Jahr 2014 erfolgreich ab und begann im selben Jahr das daran anknüpfende Masterstudium. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin Erfahrungen im Bereich der inklusiven Schulentwicklung, die sowohl praktischer als auch theoretischer Art sind. Die zahlreichen Erfahrungen im Studium und das angestrebte Berufsziel als Lehrerin an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung führten zu dem besonderen Interesse am Thema Schulische Inklusion .

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