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- Individualisiertes Lernen in der beruflichen Bildung: Eine Analyse der Effektivität und Effizienz von individualisierten Lern-Lehr-Arrangements als Strategie im Umgang mit heterogenen Klassenstrukturen an berufsbildenden Schulen
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 232
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Lerngruppen sind während der letzten Jahrzehnte in sämtlichen Schulformen immer heterogener geworden. In dieser Feststellung decken sich die Alltagserfahrungen von Lehrern mit den Ergebnissen bildungssoziologischer Studien. Dieser Heterogenität muss der Schulunterricht pädagogisch produktiv begegnen. Das gilt insbesondere für die berufliche Bildung. Wie keine andere Schulform des deutschen Bildungssystems sind berufsbildende Schulen durch eine markante Heterogenität in der Vorbildung ihrer Schüler geprägt. (Vgl. Rauner, F. & Piening, D. (2010), S. 9 Vgl. Dubois, B. (2009), S. 6).Die Erfahrungen mit individualisierender Didaktik sind in der beruflichen Bildung jedoch sehr gering. Individualisierende Unterrichtsformen werden zwar zunehmend in den Unterrichtsalltag an berufsbildenden Schulen integriert, es finden sich jedoch kaum evaluierte Konzepte oder empirische Untersuchung zur Bedeutung dieser Unterrichtsmethoden für die berufliche Qualifizierung junger Menschen. Trotz oder gerade wegen des Forschungsdefizits setzt sich diese Arbeit mit individualisierten Lernprozessen an berufsbildenden Schulen und ihrer Bedeutung für den Lernerfolg der Schüler auseinander.
Textprobe: Kapitel 2.2., Normalität und Abweichung: Die Erkenntnis, dass Schüler sich im Hinblick auf bestimmte Kriterien unterscheiden, ist nicht neu, wohl aber die Anerkennung von heterogenen Gruppen als Normalität. Hans Brügelmann geht davon aus, dass Heterogenität häufig als Streuung um oder Differenz zu gewünschten Normen angesehen wird. Unabhängig davon, ob es sich bei den Normen um besonders häufig vorkommende Eigenschaften, Normalverteilungen oder das Erreichen von vorgegebenen Ansprüchen handelt, beobachtet Brügelmann Auswirkungen dieser Sichtweise auf das Lernen in heterogenen Gruppen. Denn: ,bedeutet Heterogenität ‚Abweichung’ von einer Norm, bedeutet Integration Einbeziehung des ‚Andersartigen’, bedeutet Differenzierung ‚Sonder’behandlung gegenüber der Normgruppe’. Problematisch ist diese Sichtweise für Helma Lutz und Rudolf Leiprecht vor allem aufgrund der hierarchischen Beziehungen zwischen Norm und Abweichung. Wird Heterogenität im Sinne einer Abweichung vom Normalfall verstanden, besteht ein bipolares Verhältnis zwischen den beiden Einteilungen, wobei ein dominierender Pol und ein dominierter Pol existieren: beispielsweise im Verhältnis zwischen Heteround Homosexuellen. Aus dieser Sichtweise entstehen also negative Auswirkungen für Personen, denen Eigenschaften zugeschrieben werden, die von der Norm abweichen. Auch weil mit dieser Einstellung oft die Zielvorgabe einhergeht, die gesamte Gruppe an die Norm anzupassen – zu homogenisieren. Heterogenität ist im Bildungswesen jedoch nicht zu umgehen. Die traditionellen Eintellungen und Bewertungen von Heterogenität stehen vor der Herausforderung, sich verändern zu müssen, um einen produktiven Umgang mit Vielfalt zu entwickeln. Jeder Mensch ist einzigartig und in diesem Sinne anders als alle anderen. Der Umgang mit unterschiedlichen Schülern erfordert daher keine gleichsetzende, sondern eine unterscheidende Gleichberechtigung. Dann ,meint Heterogenität schlicht ‚Unterschiedlichkeit’, bedeutet Integration ‚Gemeinsamkeit’ und Differenzierung Raum für die ‚Individualität’ aller’. Auf der anderen Seite sind institutionelle Bildungsträger – und insbesondere die beufsbildenden Schulen – an normative Vorgaben gebunden. Ausbildende Unternehmen beklagen seit Jahren die mangelnde Ausbildungsreife von Schulabgängern und fordern einheitliche, länderübergreifende Bildungsstandards zur besseren Vergleichbarkeit und Steuerung der Qualität von Bildungssystemen. Diese Forderung steht zunächst im Widerspruch zu produktiven Methoden im Umgang mit Heterogenität. Die Einführung von Bildungsstandards beschreibt Geri Thomann in Bezug auf Heterogenitätskonzepte ironisch als paradoxe Forderung nach standardisiertem Umgang mit Vielfalt. Es handelt sich hierbei jedoch um ein aktuelles Spannungsfeld, mit dem sich Akteure der beruflichen Bildung auseinandersetzen müssen. Im Hinblick auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts sind Lehrer gefordert, möglichst klar festzulegen, was basale Lernziele sind, die alle Schüler zur Sicherung ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe erreichen sollen und in welcher Weise darauf aufbauend unterschiedliche Lernergebnisse akzeptabel oder sogar erwünscht sind, um auch spezifischen Ansprüchen an Fachkräfte entgegenkommen zu können. Kapitel 2.3. Relevanz von Heterogenität in der beruflichen Bildung: Das berufliche Bildungssystem ist durch Heterogenität besonders herausgefordert. Es ist unmittelbarer als andere Bildungsebenen an das Beschäftigungssystem geknüpft, in dem Heterogenität ebenfalls bedeutsamer wird. Gesellschaftliche, ökonomische und politische Effekte beeinflussen den Bereich der beruflichen Bildung in besonderem Maße, da diese an der Schnittstelle zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem operiert und insoweit zu zwei Seiten in einem engen Dependenzverhältnis steht. Um den Einfluss und die Bedeutung von Heterogenität im Bereich der beruflichen Bildung umfassend darstellen zu können, wird der Blick im Folgenden auf einzelne Handlungsebenen und Tätigkeitsfelder der beruflichen Bildung und ihre gegenseitigen Abhängigkeitsbeziehungen gerichtet. Die Wahrnehmung von Heterogenität auf Ebene des in Abbildung 1 dargestellten Makro- und Exosystems, das heißt auf Ebene des direkten und indirekten Schulumfelds, bestimmt den Umgang mit Vielfalt in be-rufsbildenden Schulen und im Unterricht. Auf der anderen Seite hat die Berücksichti-gung von Heterogenität auf Ebene des Mikro- und Mesosystems auch Einfluss auf die Bedeutung der Heterogenität in der Gesellschaftsstruktur und im Beschäftigungssystem.
Boris Wesemann wurde 1983 in Lübeck geboren. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Sein Studium der Wirtschaftspädagogik schloss der Autor 2011 mit dem akademischen Grad des Diplom-Handelslehrers erfolgreich ab. Bereits während seines Zivildienstes im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung begann Herr Wesemann sich mit individualisierten Lehr-Lern-Arrangements auseinanderzusetzen. Im nachfolgenden Studium konnte er sein Interesse und seine Kenntnisse in diesem Bereich praktisch und theoretisch vertiefen. In seiner Arbeit setzt er sich intensiv mit den Chancen und Herausforderungen des individualisierten Lernens im Bereich der beruflichen Bildung auseinander.
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