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- Familienzentren – von der Idee zum Konzept: Ganzheitliche Unterstützungsstrukturen für Familien entwickeln
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 160
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die frühe Bildung von Kindern ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus geraten, wenn es um die Frage geht, wie wir mehr Chancengerechtigkeit und soziale Durchlässigkeit in unserer Gesellschaft erreichen können. Die frühe Förderung von Kindern ist jedoch nur ein wichtiger Aspekt, der nötig ist, um ihnen eine bessere Lebensperspektive zu ermöglichen. Ein weiterer ist die außerordentliche Bedeutung des familiären Systems, das in Deutschland den Bildungsweg eines Kindes maßgeblich bestimmt. In der fachwissenschaftlichen Diskussion wird daher immer stärker betont, dass ein wirkungsvolles Konzept zur Verbesserung der Chancengerechtigkeit unserer Kinder beide Ansätze berücksichtigen und sich sowohl die bestmögliche Förderung der Kinder als auch die ganzheitliche Unterstützung von Familien und die Verbesserung des familiären Zusammenlebens zum Ziel machen muss. Auch in der Praxis ist diese Erkenntnis bereits angekommen, wie man an der Hochkonjunktur der Thematik Familienzentren erkennen kann. So gibt es bereits seit einigen Jahren in fast allen Bundesländern auf verschiedenen qualitativen und quantitativen Ebenen Bestrebungen, Zentren für Familien aufzubauen, auch wenn diese teilweise sehr unterschiedlich benannt werden. Die Ausgestaltung dieser Zentren ist sehr heterogen und die Entwicklung der Angebote richtet sich nur selten nach konkreten Standards, welche die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit sicherstellen. So gibt es zwar in einzelnen Städten und Bundesländern Förderprojekte, die teilweise bestimmte Qualitätsstandards bereithalten, Doch vielerorts geschieht diese Entwicklung noch ungesteuert und konzeptlos, da einzelne Einrichtungen spüren, dass sie sich an die veränderten Bedarfe der Familien anpassen müssen, ohne das nötige Know-how und die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu haben. Die Folgen können von der Überlastung der Teams bis hin zum Scheitern der einzelnen Projekte reichen. Die vorliegende Arbeit möchte daher einen Weg aufzeigen, wie sich Einrichtungen systematisch zu Familienzentren (weiter-)entwickeln können und ihnen konkrete Qualitätskriterien und Handlungsstrategien an die Hand geben, welche die Qualität und Professionalität der Arbeit sicherstellen und gleichzeitig eine flexible Ausrichtung an den jeweils unterschiedlichen Bedarfen und Strukturen der Sozialräume ermöglichen. Ziel dieser Arbeit soll es sein, einen praxisrelevanten Vorschlag für ein systematisches und qualitätsgeleitetes Vorgehen zur Entwicklung von Familienzentren zu entwerfen. Hierfür soll ein breiter Bogen gespannt werden von den theoretischen Grundlagen bis hin zur konkreten Entwicklung einer sozialraumbezogenen Konzeption.
Textprobe: Kapitel 3.5., Kooperation und Netzwerkarbeit: Das Familienzentrum als Knotenpunkt eines sozialräumlichen Gesamtnetzwerks für Familien In Kapitel 3.1. wurde bereits die Notwendigkeit genannt, dass Familienzentren in einem größeren Gesamtzusammenhang zu betrachten sind und ein systemischer, ganzheitlicher Blick an die Stelle einer rein einrichtungsbezogenen Sichtweise treten muss. Denn Familienzentren erfüllen eine wichtige Funktion in ihrem Sozialraum: Sie sind der Knotenpunkt eines sozialräumlichen Gesamtnetzwerks für Familien. Was genau ein Gesamtnetzwerk ausmacht, wie und von wem es gesteuert werden sollte und welche Rolle Familienzentren in diesem Zusammenhang einnehmen, soll im Folgenden näher erläutert werden. 3.5.1., Die Notwendigkeit einer Gesamtstrategie Im Praxisfeld der familienunterstützenden Dienste gibt es eine große Vielfalt an spannenden Angeboten, Konzepten und Programmen, sodass es in der Summe in vielen Regionen an unterschiedlichen Angeboten für Eltern, Kinder und Familien häufig nicht mangelt. In diesem ausdifferenzierten System unterschiedlicher Träger und Institutionstypen fehlt es jedoch insgesamt deutlich an Struktur und Verbindung der einzelnen Initiativen untereinander, sodass diese häufig aneinander vorbei arbeiten und wenig aufeinander bezogen sind. Viele Akteure agieren isoliert auf so genannten operativen Inseln und ihre Dienstleistungen werden funktions- und hierarchiebezogen zerstückelt. Die Versäulung der Angebotsstruktur, gegenseitige Abschottung, abgrenzende Zuständigkeiten und fehlende Transparenz zwischen den verschiedenen Ressorts, Trägern und Institutionen sind die Folge der mangelnden Kooperation und es kommt zu Kommunikationsschwierigkeiten, Widersprüchen, Interessensunterschieden und Informations-verlusten. Nicht zu Schweigen von den vermeidbaren, zusätzlichen Kosten, die durch Angebotsdoppelungen und Überschneidungen sowie durch fehlende Synergieeffekte verursacht werden. Darüber hinaus wird die Lösung komplexer, multidimensionaler Problemlagen, die eine umfassende und differenzierte Gesamtreaktion erfordert, durch die Konzentration auf isolierte Einzelansätze verhindert. (Vgl. Stange 2012c: 31 ff. Diller & Schelle 2009: 26) Ein weiteres Problem ist die Unübersichtlichkeit der verschiedenen Angebote und die daraus resultierende Orientierungsunsicherheit vieler Familien. Sie finden sich in dem unübersichtlichen Angebotssystem nur schlecht zurecht und finden entweder gar nicht oder nur mit großem Aufwand oder Glück das Angebot, das sie tatsächlich brauchen. Allein diese Umstände können für viele Hilfesuchende eine Hürde darstellen, die zum Abbruch oder gar zur Verhinderung der Suche führt, insbesondere dann, wenn Sprachbarrieren eine Orientierung zusätzlich erschweren. Doch nicht nur den Familien, auch den einzelnen familienunterstützenden Akteuren fehlt es häufig an einer Gesamtübersicht und Kenntnis der möglichen Angebote vor Ort, sodass Familien oftmals nicht umfassend und bedarfsgerecht beraten und weitervermittelt werden können. So entstehen Fehleinschätzungen der unübersichtlichen Lage, die wiederum zu Fehlentscheidungen und -handlungen sowie zur Wahl falscher Strategien und Methoden führen. (Vgl. Stange 2012c: 31 ff.) Das Kernproblem dieser Situation ist, dass das Gesamtsystem in seiner Struktur, sowie in seiner Rechtslage für viele Akteure schwer zu durchschauen ist, da die rechtlichen und finanziellen Einzelsysteme und Akteure sehr heterogen, schwer verständlich und wenig aufeinander bezogen sind. (Vgl. Stange 2012c: 31 ff.) Bereits in den 1980er und 90er Jahren wurden Vernetzung und Kooperation als Erfolgskriterien für effektives Arbeiten verstanden und eine systematische Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren angeregt und auch in der wissenschaftlichen Diskussion herrscht Konsens über die Bedeutung des Kooperationsgedankens. Durch eine systematische Kooperation sollen ,[...] die Verinselung der einzelnen Angebotssäulen gelockert und die unterschiedlichen Stärken der Einrichtungen gemeinsam genutzt werden können’ (Diller & Schelle 2009: 26). In der Praxis haben diese Erkenntnisse jedoch noch keine Breitenwirksamkeit erreicht und die Erwartungen der 80er und 90er Jahre wurden nicht flächendeckend umgesetzt. Nach wie vor herrscht ein starkes Säulendenken vor mit einer Fixierung der Akteure auf die jeweils eigene Säule (Jugendhilfebereich – Kita-Bereich – Schule – Sozialhilfesystem). (Vgl. Stange 2012c: 31 ff. Diller & Schelle 2009: 26) Die dargestellte Situation macht deutlich, dass es regionale Gesamtstrategien braucht, welche die verschiedenen familienunterstützenden Angebote im Sozialraum koordinieren und aufeinander abstimmen sowie Synergien zwischen den Aktivitäten der einzelnen Institutionen, Einrichtungen und Dienste ermöglichen. Die kreative Nutzung ganzheitlicher Erkenntnisse und integrierter Handlungsstrategien sowie die Bündelung von Ressourcen und deren gegenseitige intelligente Nutzung lassen mittelfristige (finanzielle) Entlastungen entstehen, wie Stange in seinem Plädoyer für intelligentere Netzwerkstrukturen und Gesamtkonzepte deutlich macht: ,Wir haben ja bereits alles, was wir brauchen! Wir müssen auch nicht zusätzliche Kosten verursachen, können im Gegenteil Kosten sparen. Wir müssen 'lediglich' intelligente Netzwerkstrukturen und Gesamtkonzepte aufbauen und steuern, die sich zu einer Kommunalen Bildungs- und Präventionskette von 0 – 18 (27) verdichten!’ (Stange 2012d: 526) Wichtig dabei ist, dass die Gesamtkonzepte optimal an die lokalen Bedingungen angepasst sind und eine maßgeschneiderte Profilbildung stattfindet. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Strukturen und Problemlagen vor Ort genau analysiert werden müssen und darauf aufbauend gemeinsam entschieden werden sollte, was das Wichtige und Richtige ist. Die gesamte Vielfalt und Widersprüchlichkeit des Feldes muss geordnet und in einen Gesamtzusammenhang gebracht werden. (Vgl. Stange 2012d: 519) Da nicht davon auszugehen ist, dass sich die strukturellen Verhältnisse der Teilsysteme zueinander fundamental ändern lassen, muss eine nachhaltig zu verankernde Netzwerkstrategie entwickelt werden, welche die Kooperationen und Beziehungen der einzelnen Teilsysteme zueinander in markanter Weise weiterentwickelt. Wichtige Voraussetzungen für ein gelingendes Zusammenspiel der einzelnen Akteure, Einrichtungen und Institutionen sind eine Kultur der Wertschätzung und Anerkennung sowie die Formulierung von und die Fokussierung aller Beteiligten auf gemeinsam geteilte Ziele und auf das zu entwickelnde Gesamtkonzept. (Vgl. Stange 2012c: 31 ff.)
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