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Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In den letzten Jahrzehnten konnte auf Grund von immer neueren und detaillierteren Kenntnissen der Sportwissenschaft eine stetige Leistungssteigerung in beinahe allen sportlichen Disziplinen erzielt werden. Dafür ist aber nicht nur das Training alleine verantwortlich: Auch die Ernährung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Wichtigkeit der optimalen Ernährung in Bezug auf die Grundnährstoffe (Energieaufnahme und Energieverteilung, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) ist bereits weitläufig bekannt. Ebenfalls für den Sport interessant sind sogenannte ergogene Substanzen, also körpereigene Substanzen, in denen eine leistungssteigernde Wirkung vermutet wird. Viele Produzenten versprechen durch die Einnahme diverser Mittel eine enorme Leistungssteigerung, die durch ein Training alleine nicht zu bewältigen sei, ohne dabei in Konflikt mit der Dopingkontrolle zu kommen. Zielpersonen sind sowohl Leistungssportler, die damit ihre maximale Leistungsfähigkeit angeblich weiter erhöhen könnten, sowie Hobbysportler, die sich dadurch eine höhere Leistung bei gleichzeitig geringerem Trainingsaufwand versprechen. Diese Arbeit soll einen wissenschaftlichen Überblick über die einzelnen Substanzen liefern, von denen man eine Leistungssteigerung im Ausdauersport vermutet. Dabei soll eine objektive Beurteilung in Bezug auf deren Wirkung und Anwendung abgegeben werden.
Textprobe: Kapitel 8, Koffein: Koffein (C8H10N4O2, Molekulargewicht 194,2g/Mol), chemisch auch als 1,3,7-Trimethylxanthin bezeichnet, gehört chemisch-pharmakologisch zur Gruppe der Methylxanthinen. Es ist der Hauptwirkstoff des Kaffees und gilt schon seit Jahrhunderten als legal anregendes Genussmittel. 8.1, Vorkommen: Koffein ist neben der Kaffeebohne auch ein natürlicher Bestandteil des schwarzen und grünen Tees, der Mateblätter, der Guarana-Beere und der Kolanuss. Koffein gehört wie auch Theobromin und Theophyllin zu der Gruppe der Methylxanthine und zählt zu den ältesten Genuss- und Arzneimitteln der Welt. Der Anbau von Kaffeepflanzen war bis ins 17. Jahrhundert durch die Türkei monopolisiert. Davor stellte der aus China importierte Tee die hauptsächliche Quelle von Koffein dar (Mannhart, 2003). 8.2, Stoffwechsel: Koffein wird vom Körper nach oraler Einnahme schnell und praktisch vollständig aufgenommen. Die Konzentration im Blut steigt nach 15 Minuten an, die belebende Wirkung wird nach etwa 30 Minuten wahrgenommen und klingt innerhalb 3 bis 4 Stunden wieder ab. Der Wirkungsmechanismus läuft bekanntermaßen so, dass die Methylxanthine die Phosphodiesterase hemmen, welche cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) zu Adenosinmonophosphat (AMP) abbaut. Dadurch kommt es in der Leber wie im Fettgewebe zu einer gesteigerten Glykogenolyse zusammen mit einer Hemmung der Glykogensynthese, zu einer gesteigerten Glukoneogenese sowie zu einer Steigerung der ß-Oxidation der Fettsäuren und der Ketonkörpersynthese mit Freisetzung von Acetacatat und ß–Hydroxybutyrat (Löffler & Petrides, 2003). Der Abbau erfolgt hauptsächlich in der Leber, die Ausscheidung der Stoffwechselprodukte erfolgt über die Niere. Der Abbau wird mit Hilfe von Cytochrom P450 zu Paraxanthin (1,6-Dimethylxanthin), Theophyllin (1,3-Dimethylxanthin) und Theobromin (3,7-Dimethylxanthin) katalysiert, wobei alle drei Abbauprodukte biologisch aktiv sind. Die Geschwindigkeit der Ausscheidung ist individuell sehr verschieden. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft verdoppelt sich z.B. die Halbwertszeit. Neugeborene bzw. Säuglinge können Koffein noch nicht verstoffwechseln und müssen es unverändert ausscheiden. Bei Rauchern hingegen führen Inhaltsstoffe des Tabakrauchs zum beschleunigten Abbau von Koffein, so dass sie Koffein etwa doppelt so schnell eliminieren wie Nichtraucher. Die Hälfte der eingenommenen Koffeindosis ist nach 2 bis 10 Stunden (im Mittel 4 Stunden) ausgeschieden. (Elmadfa & Leitzmann, 1998) 8.3, Wirkung von Koffein auf den Organismus: Die pharmakologische Wirkung von Koffein ist dosisabhängig. Die Aufnahme von 50 - 200 mg (je nach Gewöhnung) wirkt beim Erwachsenen anregend und beseitigt Ermüdungserscheinungen, führt zu einer deutlichen Beeinflussung von Antrieb und Stimmung, der Lernprozess ist erleichtert. Intensität und Dauer der Wirkung hängen von der Ausgangslage ab, sie sind bei Ermüdung stärker ausgeprägt. Bei Mengen über 400 - 500 mg (auch das ist individuell sehr verschieden) werden unerwünschte Symptome (Herzrasen, Schlaflosigkeit) beobachtet. Hier die Wirkungen im Einzelnen (Schröder, 1999): 8.3.1, Zentralnervensystem (ZNS): Koffein wirkt auf alle Teile des ZNS erregend. Diese Wirkung beruht hauptsächlich auf der Funktion des Koffeins als Inhibitor einer cyclo-AMP-spezifischen Phosphodiesterase, wodurch die Umwandlung von cyclo-AMP in AMP verzögert wird, so dass letztlich die durch cyclo-AMP ausgelöste Adrenalinwirkung länger erhalten bleibt. Dies äußert sich in einer Erhöhung der geistigen Aufnahmefähigkeit, in einer Beseitigung von Müdigkeit sowie in einer gewissen Anhebung der Stimmungslage. Die Verbesserung von Lernvorgängen und Gedächtnisleistungen sowie eine Verminderung von Fehlreaktionen und eine Verkürzung von Reaktionszeiten konnten in psychomotorischen Tests nachgewiesen werden. 8.3.2, Vegetatives Nervensystem: Neben der Großhirnrinde werden durch Koffein auch die vegetativen Zentren des Hirnstamms erregt. Im Vordergrund steht die Wirkung auf das Atemzentrum. Diese Wirkung des Koffeins wird heute noch therapeutisch bei der Behandlung von Atemstörungen frühgeborener Kinder eingesetzt. 8.3.3, Herz, Kreislauf und Gefäße: Koffein steigert die Herzleistung in vielfältiger Weise. Auf die Blutgefäße wirkt es größtenteils erweiternd. Zusammen mit der erhöhten Herzleistung kommt es deshalb durch Koffein in den meisten Organen zu einer Zunahme der Durchblutung. Diese verbesserte Durchblutung des Großhirns wird mit als Ursache dafür angesehen, dass Koffein die Müdigkeit verscheucht, die Arbeitsleistung vorübergehend verbessert und die Stimmung hebt. Bei koffeinabstinenten Personen führt eine moderate Koffeinaufnahme zu einer systolischen und diastolischen Blutdruckerhöhung um ca. 10 mmHg, die etwa 3 Stunden anhält. Gegenüber dieser Wirkung entwickelt sich allerdings ähnlich wie gegenüber anderen Koffeineffekten innerhalb von 3 - 5 Tagen eine Toleranz, so dass Koffein dann nicht mehr zu einer Erhöhung des Blutdrucks führt. 8.3.4, Schlaf: Die Wirkung des Koffeins auf den Schlaf ist individuell sehr unterschiedlich. Sie hängt in hohem Maße mit einem Gewöhnungseffekt zusammen. 8.3.5, Nieren: Koffein steigert sowohl die Ausscheidung von Flüssigkeit (Diurese) als auch die von Elektrolyten. Verantwortlich dafür ist die verbesserte Nierendurchblutung und erhöhte glomeruläre Filtrationsrate sowie die Hemmung der Rückresorption von Kochsalz durch Koffein. 8.4, Ergogene Wirkung: Koffein wird im Sport seit über 100 Jahren eingesetzt. Erst seit den 1970er-Jahren werden gezielte Studien zur Untersuchung der leistungsverbessernden Wirkung durchgeführt. Die meisten Studien wurden unter Laborbedingungen durchgeführt. In Feldstudien konnten die positiven Effekte auf die Leistung nur begrenzt wiederholt werden (z.B. Ferrauti et al., 1997). Meistens wurde reines Koffein und nicht Kaffee eingesetzt. Es ist heute nicht gesichert, ob der Genuss von Kaffee denselben Effekt wie reines Koffein hat. Studien zeigen, dass der Plasmaspiegel von Koffein nach Einnahme von Koffein oder Kaffee in gleichem Masse steigt (z.B. Trice & Haymes, 1995). Jedoch konnte nur nach der Supplementierung mit Koffein ein Anstieg der freien Fettsäuren und des Adrenalins gemessen werden. Die Autoren schließen daraus, dass die vielen Begleitsubstanzen des Kaffees die Wirkung des Koffeins mit beeinflussen bzw. dass Koffein vielleicht nicht die einzige bioaktive Substanz im Kaffee sei. Graham et al. (1998) untersuchten 9 trainierte Läufer unter Einwirkung von Koffein in Wasser gelöst, von Kaffee und entkoffeiniertem Kaffee mit und ohne Zusatz von Koffein. Sie konnten feststellen, dass die Koffein- und Adrenalin-Konzentration nur bei Gaben von Koffein signifikant angestiegen ist. Auch die Leistung (bei 85% der VO2max bis zur Erschöpfung) hatte sich nur in der Gruppe mit Koffein, nicht aber bei der mit Kaffee verbessert. Aus dieser Studie ist auch ersichtlich, dass durch Zugabe von Koffein zu einem entkoffeinierten Kaffee die Leistung nicht gesteigert wird, obwohl die Konzentration im Blut ähnlich hoch war. Daraus lässt sich schließen, dass die Inhaltsstoffe des Kaffees die Aktivität des Koffeins beeinflussen bzw. sogar hemmen. Auch andere Nahrungsbestandteile können die Bioverfügbarkeit bzw. den Abbau von Koffein beeinflussen. Zum Beispiel können Lebensmittel wie Kreuzblütler oder Leguminosen sowie gegrilltes Fleisch den Abbau von Koffein beschleunigen. Das gleiche gilt auch für das Rauchen (Arnaud, 1993). Auch der Leistungszustand zeigt eine veränderte Koffein-Sensitivität. LeBlanc et al. (1984) sahen bei trainierten Individuen einen größeren Anstieg von Adrenalin und freien Fettsäuren in Ruhe. Leider wurden bei dieser Studie keine Vergleiche während oder nach einer Belastung getätigt. Dafür konnten Graham et al. (1991) eindrucksvoll in einer Einzelfallstudie an einem Marathonläufer der Weltklasse eine Leistungsverbesserung von 30 Minuten aufzeigen. Der Läufer konnte bei einem Test bis zur Erschöpfung mit Placebo 75 Minuten und mit Gabe von Koffein knapp 105 Minuten laufen. Die Autoren sehen darin zwar keine korrekt wissenschaftliche Absicherung des Ergebnisses, vermuten aber, dass eine ausdauertrainierte Muskulatur vielleicht empfindlicher auf Koffeingaben reagieren könnte. Bisher konnte kein geschlechtsspezifischer Unterschied in der Wirkung von Koffein festgestellt werden, obwohl die meisten Studien keinen direkten Vergleich der Geschlechter vornahmen. Lediglich Butts & Crowell (1985) versuchten in ihrer Studie einen eventuellen Unterschied festzustellen. Dabei kam zwar kein direkter Unterschied heraus, es entstand aber eine Theorie, dass Östrogen den ergogenen Effekt von Koffein senken könnte. Weitere Studien sind noch zur Absicherung dieser Theorie erforderlich. 8.4.1, Koffein und aerobe Leistungsfähigkeit: In der Vergangenheit wurde die Verbesserung der Fettsäureoxidation und der Glykogen sparende Effekt, der vermutlich nur während der ersten 15 Minuten unter Belastung eintritt, als Hauptmechanismus der Leistungsverbesserung durch Koffein angesehen. Während eine gesteigerte Lipolyse nachgewiesen werden konnte, gelang es bis heute nicht zu zeigen, dass auch vermehrt freie Fettsäuren als Energieträger verbraucht werden (respiratorischer Quotient [RER] veränderte sich nicht). Neuere Studien (z. B. Greer et al., 2000 oder Graham et al., 2000) untersuchen nun auch den Effekt bei kürzeren Belastungen zwischen 1 Minute und 30 Minuten, wo die Entleerung der Glykogenspeicher nicht der limitierende Faktor sein kann. Koffein scheint auch bei kurzen Leistungen einen positiven Effekt zu haben. Der Mechanismus ist nicht klar. Diskutiert wird, dass die Ermüdung verzögert eintritt, da einerseits unter Koffeinsupplementierung das Ionengleichgewicht verbessert (z.B. verlangsamter Kaliumanstieg im Plasma) und andererseits das Zentralnervensystem stimuliert wird. Nach Mannhart (2003) wird aus diesen Gründen Koffein bei Belastungen, die mehr als 1 Minute dauern, leistungsförderndes Potenzial zugeschrieben und als A-Supplement eingestuft. Somit kann bei gesunden, nicht mangelernährten, trainierten Menschen bei adäquater Anwendung und Dosierung eine direkte (schnell eintretende) positive Leistungsbeeinflussung erwartet werden. In den vorliegenden Studien wurde entweder die Zeit bis zur Erschöpfung bei einer vorgegebenen Leistung oder die Zeit, die zum Absolvieren einer vorgegebenen Distanz benötigt wurde, gemessen. Beide Studienanordnungen mit Belastungsumfängen von etwa 30 Minuten stellten in beinahe allen Studien eine verbesserte Ausdauerleistung bezüglich der effektiven Laufzeit oder der Zeit bis zur Erschöpfung fest. Auch wenn in dem einen Versuchsdesign die Probanden bis zur Erschöpfung ausbelastet wurden, ist anzunehmen, dass die Glykogenreserven innerhalb einer halben Stunde nicht vollständig aufgebraucht werden. Ein Nachweis des glykogensparenden Effekts kann deshalb mit diesem Design nicht bestätig werden. Greer et al. (2000) konnten herausfinden, dass nach 30minütiger Belastung bis zur Erschöpfung die Glykogenreserven noch bis zu 50% erhalten blieben. Jackman et al. (1996) konnten ebenfalls die ergogene Wirkung von Koffein bestätigen, dies aber nicht auf einen eventuellen glykogensparenden Effekt zurückführen, sondern sahen die Leistungsverbesserung auf Grund der vermehrt ausgeschütteten Katecholamine, vor allem von Adrenalin. Zu diesem Ergebnis kamen auch Graham & Spriet (1995) sowie Greer et al. (1998 und 2000) oder Graham et al. (2000). Sie alle sehen den Anstieg des Adrenalins als einen der wichtigsten Faktoren für die aerobe Leistungssteigerung.
MMag. Walter Kraus, geboren in Kärnten, lebt seit 1999 in Wien, ist leidenschaftlicher Ausdauersportler und hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Nach Beendigung der Beamtenkarriere studierte der Langstreckenläufer Sportwissenschaften und Ernährungswissenschaften. Bereits während des Studiums begleitete er die ersten Hobbysportler. Auch Spitzenläufer wurden von ihm zu neuen persönlichen Bestzeiten geführt. 2005 gründete er die Firma ‘Runtasia’, die professionelle und vor allem persönliche Trainingsbetreuung für ambitioniert trainierende Läufer anbietet. Seit September 2010 leitet er das Trainings- und Aktivzentrum ‘in-Form’ im 7. Wiener Bezirk auf der Mariahilfer Straße. Im Januar 2011 startete der Autor den Runtasia Infokanal (http://runtasia.info), in dem er seither wöchentlich einen Bericht zu Themen wie Laufen, Training, Ernährung und Gesundheit veröffentlicht. Seit Anfang 2013 bietet er eine spezielle Lauftrainerausbildung an, in der er seine Philosophie und sein Know-how an Laufbegeisterte und Trainer weitergibt.
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