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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Abb.: 27
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

ADHS gilt derzeit als die am häufigsten gestellte Diagnose in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass Therapien und Interventionen langfristig nur dann erfolgreich verlaufen können, wenn die Eltern als Erziehungsberechtigte die Interventionen unterstützen und ihr Kind auf diesem Weg begleiten. Dabei findet die Überlegung, inwieweit sich das Verhalten des betroffenen Kindes auf das psychosoziale Befinden der Eltern auswirkt, kaum Beachtung. Dies erscheint jedoch von zentraler Bedeutung, wenn man bedenkt, dass Eltern eine Schlüsselfunktion bei der Betreuung und Begleitung ihres Kindes einnehmen. Dieses Fachbuch beschäftigt sich mit den Herausforderungen, denen sich Eltern im Kontext der ADHS ihres Kindes zu stellen haben. Auf Basis des theoretischen Grundlagenwissens zu ADHS werden zunächst die Auswirkungen und darauf aufbauend die Schwierigkeiten und Ressourcen von Kindern, die von ADHS betroffen sind, erläutert. Davon ausgehend kann auf mögliche Herausforderungen und psychosoziale Belastungsfaktoren, die sich in diesem Zusammenhang für die Eltern ergeben können, geschlossen werden. Im empirischen Teil werden sowohl Eltern, deren Kind von ADHS betroffen ist, als auch Eltern ohne Kind mit ADHS mittels Fragebogen zu psychosozialen Belastungen befragt. Diese beiden Gruppen werden anschließend gegenübergestellt und damit die speziellen Belastungsfaktoren, die sich aufgrund der ADHS-Problematik des Kindes für die betroffenen Eltern ergeben, untersucht. Die Studie liefert interessante Erkenntnisse in einem bisher nur wenig erforschten Bereich. Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden anschließend mögliche Hilfestellungen und Unterstützungsangebote für Eltern aus Sicht der Sozialarbeit erläutert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 6. Belastungen von Eltern aufgrund von ADHS: […] Auf Basis der Literaturanalyse und aufgrund von Ergebnissen aus Studien werden im folgenden Abschnitt die Belastungen von Eltern im Kontext von ADHS erläutert. Dabei werden die Bereiche (1) Familienalltag (2) Erziehungsalltag (3) Partnerschaft (4) Soziale Kontakte und Unterstützung durch das soziale Umfeld (5) Psychische Gesundheit (6) Gesellschaftliche Bedingungen (7) Schulische Rahmenbedingungen und (8) Ängste und Sorgen der Eltern im Hinblick auf die Zukunft des Kindes behandelt, da diese als besonders bedeutend für die Thematik dieser Buches angesehen werden können. Kapitel 6.1. Familienalltag: Im Hinblick auf die Belastungen im Familienalltag sollte vor allem den Aspekten (1) familiäres Zusammenleben und (2) familiäre Beziehungen Aufmerksamkeit geschenkt werden. Im Zusammenhang mit dem familiären Zusammenleben wird anhand von zwei Studien aufgezeigt, wie belastend sich ADHS auch auf die Familienmitglieder auswirkt. Kendall (1998) schreibt in ihrer qualitativen Studie von einer starken Belastung der Eltern, deren Kind von ADHS betroffen ist und sieht dabei ein zentrales Problem in der Störung des Familienlebens durch die ADHS-Symptome. Es zeigte sich auch, dass Eltern, die diese Situation angemessen bewältigten, sich in einem langen Prozess des Reinvestierens anpassten. Sie übertrugen Verantwortung für das hyperkinetische Verhalten ihrem Kind, konzentrierten sich wieder auf sich selbst und hofften nicht mehr, dass sich die Situation normalisiert. Weiters untersuchte Kendall (1999) auch die psychosoziale Situation von Geschwistern von ADHS-Kindern und Jugendlichen und kam dabei zum Schluss, dass das bedeutsamste Problem der Geschwister die ständige Störung durch das Verhalten des von ADHS betroffenen Kindes war. ADHS stand im Mittelpunkt des Familienlebens, das von den Geschwistern als chaotisch und konfliktreich erlebt wurde. Die Geschwister sahen sich als Opfer der ADHS, aber vor allem der aggressiven Verhaltensweisen und fühlten sich aufgrund der ständigen Konflikte und des Eindringens des ADHS-Kindes in ihre Privatsphäre hilflos. Nach Meinung der Geschwister griffen die Eltern kaum ein, hatten wenig Verständnis für ihre Lage und bagatellisierten oft die Ernsthaftigkeit der Aggressionen. Gleichzeitig erwarteten Eltern von gesunden Geschwistern Betreuungsaufgaben zu übernehmen und das Geschwister mit ADHS zu beschützen und mit ihm zu spielen. Geschwister glaubten häufig die Eltern entlasten zu müssen, fühlten sich jedoch bei Entscheidungen im Kontext der ADHS ausgeschlossen. Sie sorgten sich zwar um das ADHS-Geschwister, aufgrund des schwierigen Verhaltens fiel es ihnen jedoch schwer sich dem Kind zuzuwenden. Die Geschwister vermissten ein normales Familienleben und eine Identität neben der als Geschwister eines ADHS-Kindes. Sie fühlten sich häufig übersehen und nicht ernst genommen. Die Mehrheit der Geschwister passt sich der Situation durch Vermeidung und Resignation an. Vor allem jüngere Geschwister bewältigen die Situation durch Vergeltung. Neben dem familiären Zusammenleben sind in Familien mit hyperaktiven Kindern auch häufig die familiären Beziehungen belastet. Käppler (2005) untersuchte in einer Studie die Familienbeziehungen bei hyperaktiven Kindern im Behandlungsverlauf und fand dabei interessante Unterschiede hinsichtlich der Identifikation des Kindes mit den Eltern und der Identifikation der Eltern mit dem Kind heraus. Hinsichtlich der Identifikation des ADHS-Kindes mit den Eltern zeigten die betroffenen Kinder bei Behandlungsbeginn gegenüber einer Vergleichsgruppe von unbelasteten Kindern, neben einer geringeren Selbstkongruenz ( ich bin so wie ich sein möchte ) auch eine geringere reale Identifikation ( ich bin so wie meine Mutter/mein Vater ) mit den Eltern. Interessante Aufschlüsse brachte jedoch der Blick auf die ideale Identifikation ( ich möchte so sein wie meine Mutter/mein Vater ), denn hier zeigte sich, dass die Vorbildfunktion des Vaters bei der Gruppe der ADHS-Kinder ebenso ausgeprägt war, wie bei der Vergleichsgruppe der unbelasteten Kinder. Dahingehend unterschieden sich AHDS-Kinder deutlich von Kindern mit anderen psychischen Diagnosen. Vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass hauptsächlich Burschen von einer ADHS betroffen sind, scheint dieser Punkt von zentraler Bedeutung zu sein und weist auf die Dringlichkeit hin, dass Väter vermehrt in die Behandlung integriert werden sollten. Im Behandlungsverlauf, in den auch ein Elternteil integriert war, nahm die Selbstkongruenz des betroffenen Kindes zu und es kam zu einer Annäherung des realen und des idealen Selbstbildes sowie des Sollbildes. Auch die reale Identifikation oder wahrgenommene Ähnlichkeit, sowohl mit beiden Eltern als auch mit Geschwistern, soweit diese vorhanden sind, nahm über den Behandlungszeitraum zu. Dies lässt auf ein insgesamt gewachsenes Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Familie schließen. Bedeutsame Veränderungen fanden dabei überwiegend zwischen der ersten und zweiten Phase statt und stabilisierten sich im weiteren Behandlungsverlauf […]. Kapitel 7.2. Durchführung der Erhebung: Nach Fertigstellung und Prüfung wurden die Fragebögen in Kooperation mit den teilnehmenden Einrichtungen an Eltern, deren Kinder von ADHS betroffen sind, ausgegeben. Um Eltern für die Vergleichsgruppe zu finden und damit die Ergebnisse zwischen den Gruppen auch gut vergleichen zu können, wurde versucht, nach dem Einlangen der ersten 15 ausgefüllten Fragebögen der ADHS-Elterngruppe gezielt nach einer Vergleichs-Elterngruppe zu suchen. Insgesamt wurden 80 Fragebögen mit bereits adressierten Rückkuverts über die teilnehmenden Einrichtungen bzw. direkt an die ADHS-Elterngruppe ausgegeben. Mit einigen Einrichtungen wurde vereinbart, dass die teilnehmenden Eltern die Fragebögen eigenständig direkt retournieren, mit anderen wurde vereinbart, dass die Retourkuverts in der Einrichtung gesammelt werden und anschließend abgeholt bzw. per Post übermittelt werden. Der Fragebogen wurde auch dahingehend adaptiert, dass es möglich war, die Fragen mittels eines Word-Dokuments zu beantworten und per E-Mail zu übermitteln. Nach Kenntnis der ersten ausgefüllten Fragebögen der ADHS-Elterngruppe zeichneten sich gewisse soziodemografische Merkmale ab, die dann als Grundlage für die Suche nach einer Vergleichs-Elterngruppe dienten. Erreicht wurden diese Eltern über Bekannte, Verwandte, Nachbarn, Freunde, Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen, die dann in weiterer Folge den Fragebogen wieder in ihrem Umfeld an entsprechende Personen weiterleiteten. Insgesamt wurden auf diese Weise 40 Fragebögen mit bereits adressierten Retourkuverts an die Vergleichs-Elterngruppe ausgegeben. Auch dieser Fragebogen wurde dahingehend adaptiert, dass er anhand eines Word-Dokuments beantwortet und so per E-Mail übermittelt werden konnte. Viele Mütter bzw. Väter der Vergleichs-Elterngruppe nutzten diese Möglichkeit und beteiligten sich auf diese Weise an der Befragung. Kapitel 7.3. Stichprobenbeschreibung: Die vorliegende Untersuchung beruht auf insgesamt 58 Fragebögen. Dabei gehören 27 Fragebögen zur ADHS-Elterngruppe und 31 Fragebögen zur Vergleichs-Elterngruppe. Von den 58 befragten Personen sind 49 Mütter und 9 Väter. Bei der Gegenüberstellung der beiden Elterngruppen zeigte sich jedoch, dass das Geschlechtsverhältnis innerhalb der jeweiligen Gruppen annähernd gleich ist und die Gruppen somit gut vergleichbar sind. Die hohe Beteiligung der Mütter spiegelt die Realität wider, wonach auch heute noch der Großteil der Mütter die Agenden ihrer Kinder vertritt. Das Alter der Eltern reicht von 27 bis 57 Jahren. Der Mittelwert der Befragten aus der ADHS-Elterngruppe liegt bei 38,9 Jahren, während er bei der Vergleichs-Elterngruppe bei 38,2 liegt und damit annähernd gleich ist. Da lediglich Eltern schulpflichtiger Kinder an der Befragung teilnahmen, bewegt sich das Alter der Kinder zwischen 6 und 15 Jahren. Der Mittelwert der Kinder mit ADHS liegt bei 9,3 sowie bei 9,7 bei Kindern ohne ADHS und ist somit gut miteinander vergleichbar. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Anzahl der Personen, die im Haushalt der Familie leben […].

Über den Autor

Mag. (FH) Monika Bachinger, geboren 1973, ist diplomierte Sozialarbeiterin. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Kinder- und Jugendhilfe war sie für das Angebot Schule und Sozialarbeit (SuSA) in oberösterreichischen Schulen tätig. Dabei konnte sie immer wieder die Lebensrealität von Kindern, die von ADHS betroffen sind, und ihren Familien kennenlernen. Als ausgebildete ADHS-Elterntrainerin und Sozialarbeiterin berät und unterstützt sie nunmehr Eltern und Familienangehörige bei der Diagnose ADHS/ADS des Kindes in der Beratungsstelle Perspektive des Familienkompetenzzentrums Linz.

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ISBN: 978-3-95935-596-4
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