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- Ein Faden Freude, ein Faden Leid: Die Hofer und Bamberger Textilindustrie von 1800-1920 im Vergleich
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 168
Abb.: 33
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Diese Untersuchung stellt die Hofer und die Bamberger Textilindustrie von 1800 bis 1920 dar und vergleicht sie. Dazu wird zunächst ein Kurzüberblick über die Industrielle Revolution gegeben, die für Hof und Bamberg eine entscheidende Bedeutung hatte, da in diesem Zeitraum die ersten mechanischen Textilfabriken entstanden. Außerdem wird als Grundlage die Entwicklung der Textilgewerbe beider Städte von seinen Ursprüngen im 14. Jahrhundert bis etwa 1800 betrachtet. Gegenstand der Untersuchung sind dann die Gründungsumstände der Hofer und Bamberger Textilfabriken in den 1850er Jahren und die allgemeine Wirtschaftslage und -politik auf internationaler und nationaler Ebene von 1800 bis 1920 mit ihren konkreten Auswirkungen auf die Textilgewerbe beider Städte. Außerdem werde die technische Ausstattung und Entwicklung sowie die gefertigten Produkte, die Kapital- und Absatzverhältnisse der Fabriken sowie die Situation der Arbeiterschaft – das Arbeitsumfeld, die Lohnsituation und die Lebensbedingungen der Arbeiter – sowie die der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, der Gewerkschaften und der Arbeiterparteien berücksichtigt.
Textprobe: Kapitel 4, Die Hofer und Bamberger Textilindustrie von 1800 bis 1920: 4.1, Die Anfänge bis 1800: Die Keimzelle der Hofer Textilindustrie ist, nach Ansicht einiger Wissenschaftler, das Hofer Klarakloster. Laut Dietmar Trautmann verarbeiteten seit der Gründung des Klosters um 1287 dort Nonnen, die ‘Beghinen’ genannt wurden, Flachs und Wolle, anfangs nur für den eigenen Bedarf, später auch für die Stadt Hof und deren Umland. Das Kloster besaß ab 1359 eine Schäferei am Alsenberg. Arnd Kluge, der Hofer Stadtarchivar, geht deshalb davon aus, dass das Klarakoster möglicherweise den Ursprung des Hofer Textilgewerbes darstellt, da es eine enge Verbindung zu den damaligen Landesherren, den Burggrafen von Nürnberg und späteren Markgrafen von Brandenburg, hatte. Die Schäferei wurde im Laufe der Zeit systematisch ausgebaut, wohl als Instrument der Wirtschaftsförderung. Weiterhin erhielt der Klosterschäfer im Pachtvertrag die Auflage, eine Mindestzahl an Schafen zu halten, die den Bestand, den das Kloster benötigte, weit überragte, sodass selbiges aus dem Überschuss auch keinen finanziellen Nutzen ziehen konnte. Zudem produzierte die Alsenberger Schäferei eine Rohwollmenge von 1,5 bis 5 t jährlich, die zahlreiche Handspinner außerhalb des Klosters beschäftigte. Adelheid Weißer behauptet dagegen, dass die Klarissen aufgrund ihrer meist adligen Herkunft es nicht nötig hatten, zu weben oder zu spinnen, da die Frauen beim Eintritt in das Kloster diesem ihren Grundbesitz übertrugen. Weiterhin meint sie, dass es in Himmelkron ein Zisterzienserinnenkloster gab, aber nicht in Bamberg, Kulmbach und Hof. Auch Beghinen, die Trautmann nach ihrer Meinung fälschlicherweise das Hofer Klarakoster bewohnen lässt, gab es in Hof nie, sodass sie zu dem Schluss kommt, dass das Klarakloster nicht die Keimzelle des Hofer Textilgewerbes darstellt, sondern aufgrund der Wirtschaftsförderung durch den Landesherren die Spinner und Weber von außerhalb in Hof angesiedelt wurden. Die Nürnberger Burggrafen förderten in ihrem Territorium die Baumwollweberei und siedelten beispielsweise 1414 drei schwäbische Baumwollweber in Kulmbach an. Was war nun aber der Grund für die Entwicklung des Textilgewerbes in Hof? Drei Argumente können hier genannt werden: die Schafzucht, der Fernhandel und die mangelnden wirtschaftlichen Alternativen in der Region. Die Schafzucht wurde schon im 14. Jahrhundert durch die Burggrafen von Nürnberg, wie ich gerade dargelegt habe, gefördert. Zudem war Hof an das Nürnberger Fernhandelssystem angeschlossen und besaß so die Möglichkeit, aus fernen Ländern Rohstoffe zu importieren und fertige Produkte zu exportieren. Drittens war die Textilindustrie in Hof wirtschaftlich alternativlos: Hof besaß keinen Bergbau, eine wegen des rauhen Klimas nur schwach ausgeprägte Landwirtschaft, keine Flößerei und war auch kein Standort einer Residenz weltlicher oder geistlicher Würdenträger. 1432 gab es schon 40 Tuchmacher in Hof. Der älteste Beleg des Handels mit reinen Baumwollwaren in Oberfranken findet sich in einer Urkunde von 1402. 1432 siedelten sich drei Kulmbacher Schleierweberinnen, die der Landesherr nach Hof geschickt hatte, dort an, was die obige These Adelheid Weißers unterstützt. Tuche wurden aus Wolle, Schleier aus Baumwolle hergestellt. Schleier (auch ‘Schlöre’ oder ‘Stauchen’ genannt) waren Umschlagtücher aus weißer, reiner Baumwolle, die etwa 3 m lang waren. Die Schleierweberei war im Verlagssystem organisiert, und meist gingen Bürgersfrauen, Dienstboten und im Nebenerwerb auch Handwerker und Krämer dieser Tätigkeit nach. Den Arbeitsprozess begann der Wollenmacher, der die Wolle mit Ruten schlug, um sie zu lockern, und sie dann anschließend in einem zweiten Arbeitsgang, dem sog. ‘Kratzen’, entwirrte. Danach verspann der Spinner auf einem Rocken - später auf dem Spinnrad - die Wollfasern zu einem Garn, was anschließend dem Weber übergeben wurde, der daraus einen Schleier fertigte. Abschließend wurden die Schleier noch gebleicht. Im Laufe der Zeit kam die Schleierweberei zu großer Blüte und übertrumpfte auch die Tuchmacherei, da erstere eine bessere Verdienstmöglichkeit darstellte. Die Tuchmacherei entwickelte sich aber trotz der lokalen Konkurrenz ebenfalls stark. Die Schleier wurden in großer Menge exportiert: sie wurden auf Jahrmärkten und Kirchweihen in der Umgebung verkauft, fanden aber auch auf großen Messen in Frankfurt, Naumburg, Nürnberg und Leipzig Absatz. In kurzer Zeit geriet die Schleierweberei jedoch in eine ernste Krise. Schlechte Qualität der Ware und eine enorme Überproduktion hatten negative Folgen und beschädigten den Ruf des Gewerbes. Eine weitere Ursache war wohl die Verselbständigung der Weber um 1550: sie sagten sich von den Verlegern los, kauften die Baumwolle unabhängig ein und verkauften ihre Schleier direkt an die zünftigen Händler, ohne den ‘Umweg’ über die Verleger zu nehmen. Damit gingen sie natürlich ein hohes Risiko ein: zwar ermöglichte ihnen diese Methode bei guter Konjunktur einen besseren Verdienst allerdings fertigten sie die Schleier auch auf eigene Rechnung an und liefen Gefahr, sie nicht verkaufen zu können. Zudem durften die Schleier nur an die Händler verkauft werden, die aufgrund ihrer monopolartigen Stellung die Preise festsetzen konnten und so indirekt die Oberhand über die Produktion weiterhin innehatten. Um die Missstände wie die Qualitätsverschlechterung der Ware zu beheben, wurde 1558 die erste Schleierhändlerordnung erlassen: sie legte z.B. eine Handelsbeschränkung fest und eine ständige Tuchschau, die die Qualität und den Verkauf der Ware überwachen sollte. Mädchen, die die Schleierweberei erlernen wollten, mussten das Hofer Bürgerrecht besitzen, der Höchstlohn für einen Schleier durfte 9 Pfg. (Pfennig) und die Jahresproduktion eines Händlers durfte 60 Schock nicht überschreiten. Die erste Schleierhändlerordnung konnte die Krise partiell eindämmen, allerdings mussten die Bestimmungen noch verschärft werden: in einer nachfolgenden Ordnung von 1567 wurde die Jahresproduktionsmenge für Handwerker von 60 auf 24 Schock begrenzt. Dies musste eingeführt werden, da viele Handwerker aus anderen Branchen die Schleierweberei nebenberuflich betrieben und damit eine zu große Konkurrenz für die etablierten Schleierweber darstellten. Um 1590 erreichte die Schleierweberei ihren Höhepunkt, danach verschlechterte sich die Lage extrem, da sich der allgemeine Kundengeschmack änderte und Schleier nicht mehr so gefragt waren. Der 1618 ausgebrochene Dreißigjährige Krieg versetzte der Schleierweberei schließlich den Todesstoß, da auch Hof von Truppenbelagerungen und Plünderungen nicht verschont blieb. Viele Einwohner kamen ums Leben, und die wenigen übriggebliebenen Schleierweber konnten ihre Ware nicht mehr veräußern.
Fabian Fuchs, M.A. wurde 1987 in Hof/Saale geboren und besuchte dort die Waldorfschule. Von 2007 bis 2013 studierte er in Bamberg im Hauptfach Geschichte, wo er sich auf Mittelalterliche, Neuere und Neueste Geschichte spezialisierte und im Nebenfach Politikwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre. Schon seine Bachelorarbeit verfasste er über die Geschichte der Hofer Textilindustrie, da er einen geschichtlichen Aspekt seiner Heimatstadt Hof/Saale beleuchten wollte. Auf Anregung seines Betreuers und durch das wachsende Interesse an der Bamberger Stadtgeschichte knüpfte er an das Thema seiner Bachelorarbeit an und verfasste das vorliegende Buch mit einem historischen Vergleich der Textilindustrien Hof und Bamberg.
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