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Gesellschaft / Kultur

Christina Blach

Ein empirischer Zugang zum komplexen Phänomen der Hochsensibilität

ISBN: 978-3-95935-262-8

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 208
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Inhalt des Buches beschäftigt sich mit dem Konstrukt der Hochsensibilität, die sich bei Personen wie folgt zeigt: gehemmtes Verhalten vor allem in neuartigen Situationen, eine offenere und subtilere Wahrnehmung, die in reizintensiven Situationen leicht zu Übererregung führen kann, eine intensivere zentralnervöse Verarbeitung von inneren und äußeren Reizen sowie damit einhergehende stärkere emotionale Reaktionen. In der Studie wurde überprüft, inwieweit Ängstlichkeit, Depression, Stress, Alter und Geschlecht die Hochsensibilität vorhersagen. Psychophysiologisch wurde getestet, ob hochsensible Personen eine stärkere Stressreaktivität und eine präzisere Herzwahrnehmungsfähigkeit aufweisen. Die ProbandInnen wurden mittels einer ins Deutsche übersetzten Version der Highly Sensitive Person Scale, TICS, Trait-Skala des STAI, BAI und BDI-II untersucht. Psychophysiologische Maße wurden im Rahmen eines EKGs mit dem Herzwahrnehmungstest und einem stressinduzierenden Reaktionstest erhoben. Die Ergebnisse lassen die Annahme zu, dass Hochsensibilität zwar ein mehrdimensionales, möglicherweise aber primär psychologisches Phänomen ist, das erst sekundär physiologische Wirkungen generiert.

Leseprobe

Textprobe: Theoretische Hintergründe des Konstrukts der Hochsensibilität: Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem Phänomen, dass es in jeder größeren Population eine bedeutsame Zahl an Personen gibt, die anscheinend mit überschießenden psychophysiologischen Reaktionen auf verschiedene (v.a. stärkere) Sinneseindrücke antwortet. Eine Reihe von psychophysiologischen Konstrukten befasst sich mit dem schillernden Phänomen der überschießenden Reaktion auf definierbare Reizsituationen bzw. auf externe Anforderungen (vgl. Neurotizismus , Resilienz , Stresstoleranz u.a.). Auch das Konstrukt der Hochsensibilität – verstanden als Persönlichkeitsdisposition – beschäftigt sich mit den Beobachtungen, die diesem Datenpool zuzurechnen sind. Die basale Forschungstätigkeit zu diesem Konstrukt stammt von Aron und Aron (1997), die die Begriffe highly sensitive persons und das dem zugrunde liegenden Temperamentsmerkmal sensory-processing sensitivity (SPS) prägten. SPS zeigt sich bei Personen durch gehemmtes Verhalten vor allem in neuartigen Situationen, eine offenere und subtilere Wahrnehmung, die in reizintensiven Situationen leicht zu Übererregung führen kann, eine intensivere zentralnervöse Verarbeitung von inneren und äußeren Reizen sowie damit einhergehende stärkere emotionale Reaktionen (Aron, Aron & Jagiellowicz, 2012). Aron und Aron (1997) entwickelten die Theorie der sensory-processing sensitivity auf Basis der folglich aufgelisteten Konstrukte, deren Aspekte auch bei hochsensiblen Personen zu sehen sind: Introversion und Neurotizismus (Eysenck 1957, 1967, 1981), Be-havioral Inhibition System (BIS Gray, 1981), low screening (Mehrabian, 1976, 1991), nondisinhibition/reflectivity (Patterson & Newman, 1993) sowie weak nervous system (Pavlov, 1927). Hochsensibilität ist nicht nur im Erwachsenenalter, sondern auch bei Kindern zu beobachten. Komponenten von folgenden Konstrukten, die sich auf das Kindesalter beziehen, sind gleichermaßen bei hochsensiblen Kindern beobachtbar. Diese wurden von Aron und Aron (1997) ebenfalls in der Entwicklung ihrer Theorie berücksichtigt: inhibitedness (Kagan, 1994), infant (innate) shyness (Cheek & Buss, 1981) und threshold of responsiveness (Thomas & Chess, 1977). Nun werden die Überlegungen, anhand deren Aron und Aron (1997) die Theorie der sensory-processing sensitivity erarbeiteten, diskutiert: Es gibt zwei Überlebensstrategien bei neuartigen Situationen, entweder Exploration oder eine stille Vigilanz, die zum Rückzug führen kann. Basierend auf den Forschungsarbeiten zu Introversion bei Erwachsenen (Eysenck, 1991), Hemmung bei Kindern (Kagan, 1994) und Schüchternheit bei Kindern und Erwachsenen (Cheek & Buss, 1981) gehen Aron und Aron (1997) davon aus, dass sensory-processing sensitivity die Grundlage für den Unter-schied hinsichtlich dieser Strategie ist. 15 bis 25 Prozent der Individuen einer Population reagieren auf die Konfrontation mit Reizen anders als die übrigen Populationsmitglieder (Kagan, 1994). Diese Strategien kommen nicht nur bei Menschen vor, sondern sind auch im Tierreich zu sehen. Aron und Aron (1997) berichten von zahlreichen physiologischen Unterschieden, die mit dieser Charakteristik assoziiert sind. Introvertierte zeigen im Vergleich zu Extravertierten z.B. eine andere Monoaminoxidase-Plättchen-Aktivität (Af Klinteberg, Schalling, Edman, Oreland & Asberg, 1987), experimentell induzierte Änderungen der Dopamin-Aktivität (Rammsayer, Netter & Vogel, 1993) und stärkere Aktivierung in der rechten Hemisphäre (Berenbaum & Williams, 1994). Koffein wirkt bei beiden Gruppen unterschiedlich, Analgetika und Koffein in Kombination verstärkt die Schmerzsensitivität bei Introvertierten, aber nicht bei Extravertierten (Haier, Reynolds, Prager, Cox & Buchsbaum, 1991). Introvertierte zeigen eine stärkere elektrodermale Labilität (Crider & Lunn, 1971). Ferner reagieren Introvertierte sensibler auf niedrige auditive Frequenzen (Stelmack & Campbell, 1974), auf Schmerzen (Barnes, 1975) und auf elektrokutane, olfaktorische so-wie visuelle Reizschwellen (Edman, Schalling & Rissler, 1979 Herbener, Kagan & Cohen, 1989 Siddle, Morrish, White & Mangan, 1969). Thomas und Chess (1977) beobachteten auch bei Kindern eine niedrige sensorische Reiz-schwelle. Kinder, die dieses Trait gemeinsam mit sozialem Rückzug aufwiesen, wurden als slow to warm up child bezeichnet. Kagan (1994) fand physiologische und kognitive Unterschiede zwischen gehemmten und ungehemmten Kindern, die folgend aufgezählt wer-den: weniger spontane Gespräche und größerer Abstand mit fremden Erwachsenen und Gleichaltrigen im freien Spiel, weniger Spielen mit neuem Spielzeug, mehr ungewöhnliche Ängste, stärkere sympathische Reaktivität und Muskelspannung in den Stimmbändern, vermehrtes urinäres Noradrenalin und Cortisol im Speichel, stärkerer Blutfluss und stärkere EEG-Aktivität in der rechten Hemisphäre, vermehrt Koliken, Obstipation, Schlaflosigkeit und Reizbarkeit. Gehemmte Kinder zeigen auch mehr allergische Symptome (Kagan, Snidman, Julia-Sellers & Johnson, 1991). Viele ForscherInnen sehen diesen grundlegenden Unterschied als Extraversion/Introversion im Sinne der Big Five von McRae und John (1993). Eysenck (1957, 1967, 1981) stellte ein Persönlichkeitsmodell mit zwei Faktoren auf, einer-seits mit der bipolaren Dimension Extraversion-Introversion und der zweiten Dimension des Neurotizismus. Der Ängstlichkeit wird in diesem Modell kein eigener Faktor zugeteilt, sie wird mithilfe der beiden anderen Faktoren dargestellt. Die Ausprägung des Neurotizismusfaktors wird von der Erregungssensibilität des autonomen Nervensystems bestimmt. Hoch ängstliche Personen zeigen hohe Ausprägungen von Neurotizismus und Introversion und weisen ein leicht erregbares autonomes Nervensystem sowie eine hohe kortikale Erregung auf. Er prägte den Begriff der Inhibition, der Habituation und Sättigung von Stimuli oder Langeweile nach wiederholter Exposition eines Stimulus bedeutet. Da Introvertierte eine verlangsamte Inhibition zeigen, müssen sie sich vor Übererregung abschirmen. Extravertierte, die im Gegensatz dazu eine rasche Inhibition aufweisen, streben nach Vermeidung von Langeweile. Später wurde die Theorie revidiert, wobei Introvertierten eine Vermeidung von hohem Arousal zugeschrieben wurde. Die Messung von Introversion/Extraversion enthält die beiden Faktoren Geselligkeit und Impulsivität, wobei Impulsivität stärker mit den biologischen Faktoren korreliert. Aufbauend auf den Arbeiten von Eysenck (1957, 1967, 1981) stellte Gray (1981) eine alternative Theorie auf, in der die Faktoren durch Ausmaß an Ängstlichkeit und Ausmaß an Impulsivität ersetzt wurden. Das Behavioral Inhibition System (BIS Verhaltenshemmungssytem) und das Behavioral Activation System (BAS Verhaltensaktivierungssystem) stellen gemeinsam mit der Fight-oder-Flight-Reaktion die Gehirnsysteme dar, die emotionales Verhalten steuern und die neurologische Basis von Persönlichkeit darstellen. BAS ist mit aufsteigenden dopaminergen Bahnen und den cortico-striato-pallido-thalamischen Schleifen assoziiert (De Pascalis, Fiore & Sparita, 1996). Es ist der Ursprung für zielgerich-tetes Verhalten, positive Gefühle und Reaktionen auf konditionierte und unkonditionierte Belohnungssignale (Corr, 2002). Dieses System ist speziell bei Impulsiven (früher als neurotisch Extravertierte ) aktiv, bei Introvertierten hingegen wenig aktiv. BIS besteht aus Hippocampus, Septumkernen (septohippocampales System), den monoaminergen Affe-renten des Hirnstamms und der neokortikalen Projektion in den Frontallappen. Man geht davon aus, dass es sensibel auf Bestrafung, Nichtbelohnung und neuartige Stimuli mit einem erhöhten Erregungsniveau, einer vermehrten Aufmerksamkeit auf die Umwelt und mit einer Hemmung gleichzeitiger anderer Reaktionen reagiert. Ängstliche Personen weisen ein besonders aktives und sensibles BIS auf, das auf neue oder aversive Reize mit übertriebener Hemmung antwortet. Aktiv ist es bei neurotischen Introvertierten , die Gray als ängstlich bezeichnet, und wenig aktiv bei Extravertierten. BAS wird mehr durch Dopamin beeinflusst, BIS eher durch Serotonin. Die Aktivität des BIS wird von einem subjektiven Zustand begleitet, auf den man bei Bedrohung (Stimuli, die man mit Bestrafung oder Nichtbelohnung assoziiert) oder Ungewissheit und Neuartigkeit mit der Reaktion Stop, look, and listen, and get ready for action antwortet (Gray, 1991).

Über den Autor

Christina Blach wurde 1985 in Linz geboren. Während des Psychologie-Studiums an der Karl-Franzens-Universität Graz wurde sie mit dem biopsychosozialen Modell vertraut. Bereits in der Diplomarbeit spezialisierte sie sich auf die Psychophysiologie, was sie im Studium der medizinischen Wissenschaft an der Medizinischen Universität Graz weiterverfolgte. Die Autorin ist einerseits im Forschungsbereich und andererseits in der praktischen Arbeit als Klinische und Gesundheitspsychologin aktiv. Der Inhalt des Buches verknüpft Forschungsergebnisse mit Erfahrungen aus der praktischen Tätigkeit.

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