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- Die Repräsentation des Anderen: Fremdheitserfahrungen und interkulturelle Beziehungen in der Modernen Literatur
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 144
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Kriege und Konflikte auf dieser Welt wurzeln nicht selten im Nicht-Verstehen des Anderen bzw. im offenen oder subtilen Rassismus. Interkulturelle Kompetenz scheint im 21. Jahrhundert – in einer globalisierten Welt – zur Schlüsselkompetenz zu werden, wenn mein Partner, mein Freund, mein Arbeitskollege oder mein Nachbar einem anderen Kulturkreis entspringt. Was passiert, wenn man das Eigene als Absolutum setzt, hat die deutsche Geschichte im Speziellen gezeigt, aber in anderen Formen wiederholen sich Verbrechen und menschliche Tragödien, wie der NSU-Prozess oder jegliche Formen von Terrorismus offenbaren. Diese Analyse stellt die Frage nach der Repräsentation des Anderen in der deutschen postmodernen Literatur am Beispiel des Romans Der Schlangenbaum von Uwe Timm. Wie kann man mit interkultureller Alterität umgehen? Die Hauptfigur des Romans, der Ingenieur Wagner, soll im Auftrag einer deutschen Firma in Südamerika eine Papierfabrik bauen und wird dort mit Korruption, Aberglaube, Dschungel, geflüchteten Alt-Nazis und einer Militärjunta konfrontiert. Der Schlangenbaum gewährt tiefe Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Strukturen Südamerikas und in die schwer durchschaubaren Beziehungen zur westlichen Welt. Aber er gewährt auch Einblicke in unsere Welt, wie wir mit dem Fremden umgehen – er wird zur Selbstaussage.
Kapitel 3, Entstehungsgeschichte und Handlungsraum des Schlangenbaums: Der Schlangenbaum erschien zuerst 1986 bei Kiepenhauer und Witsch in Köln. Die Arbeiten zum Schlangenbaum begann UWE TIMM (geb. 1940) aber schon in den frühen 80er Jahren. Im September 1981 verließ UWE TIMM mit seiner Familie München, um für die nächsten zwei Jahre in Rom zu leben und zu arbeiten. Dort begannen die ersten Arbeiten am Schlangenbaum. UWE TIMM ist seit 1969 mit der Deutsch-Argentinierin DAGMAR PLOETZ verheiratet und kennt daher den südamerikanischen Kontinent sehr gut. TIMM ist auch schon seit seiner Kindheit von Afrika und Lateinamerika fasziniert. In seiner Schulzeit verschlang er zahlreiche Trivialromane, die in und von exotischen Ländern handeln, und mit seinem Freund KLAUS MEYER spielte er an der Elbe, wo die beiden im Weidengestrüpp die Quellen des Orinoco suchten, die 1951 tatsächlich zum ersten Mal lokalisiert wurden. In seiner Studentenzeit in Paris besuchte TIMM Vorlesungen von LEVI-STRAUSS und er beschäftigte sich mit ethnologischen Studien. TIMM äußerte sich zu seiner Passion für Afrika und Südamerika wie folgt: ‚Erstens war für mich aus der Kindheit kommend dieser Wunsch nach Afrika und auch Lateinamerika sehr prägend, weil ich mit meiner damaligen Situation, etwa der sehr autoritären Erziehung, äußerst unzufrieden war. So gibt es sicherlich einen sehr tiefsitzenden Grund, in ein anderes Leben hineinzuschauen, das eine größere Möglichkeit der Freiheit und der Entfaltung der Sinne erschließt.‘ Im Gegensatz zu dem Roman Morenga (1978), der mit vielen zielgerichteten Recherchen in Namibia zustande gekommen ist und der einen Beitrag zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte in Afrika leisten sollte, hatte UWE TIMM nie den Plan, einen Roman zu schreiben, der in Südamerika spielt. Diesbezüglich äußert sich TIMM als Gastdozent in seinen Paderborner Poetikvorlesungen im Wintersemester 1991/92, dass es in den meisten Fällen nicht der Fall sei, dass der Autor sich seine Themen selbst auswähle, ‘sondern die Themen wählen sich den Autor, den Schriftsteller.’ So hat es sich auch mit dem Schlangenbaum verhalten: In mehreren Interviews berichtet UWE TIMM davon, dass er während einer seiner Argentinienreisen in einer kleinen argentinischen Stadt auf einen Überlandbus wartete und dort einen deutschen Ingenieur traf, der eine Papierfabrik baute, die im Sumpf versank. TIMM berichtet über dieses Treffen: ‘Ich habe mich nur eine halbe Stunde mit ihm unterhalten und bin dann weitergefahren. Aber es hat in meinem Kopf weitergewirkt und wollte, daß ein Roman aus ihm wird.’ Diese Begegnung, die TIMM als ‘sprechende Situation’ bezeichnet, führt er in einem anderen Interview noch etwas genauer aus: Denn dieser Ingenieur: ‚hatte eine Spanischlehrerin, die eines Tages verschwand, das war die Zeit der Diktatur von Videla und die Zeit derer, die da einfach verschwanden, und der Mann war aus seiner Bahn rausgeworfen worden, der war zwei Monate im Land und hatte alles hingeschmissen, der war ein anderer geworden, ein Fremder, der sah ziemlich abgerissen aus, aber es war ein Bauingenieur, der irgendwann mit seinem ganzen Beruf und mit seiner ganzen Sehweise, mit seiner Vorstellungsweise das nicht mehr in den Griff bekam.‘ Dieser Ingenieur bildet also den Hintergrund für die Figur Wagne. Durch TIMMS direkte Bezugnahme auf Videla (vgl. 6.1) wird deutlich, dass Der Schlangenbaum in Argentinien steht, auch wenn dies ihm Roman nie explizit erwähnt wird. Der Erzähler lässt Wagner zunächst an einen Ort in Südamerika reisen, den Wagner ‘im Atlas nicht finden konnte’ (23). Aber wenn der Leser den versteckten Hinweisen im Roman folgt, kann er das Land bzw. sogar die Provinz – auch ohne TIMMS Hinweis – relativ genau lokalisieren: Bereits am Anfang des Romans wird zumindest gesagt, das Wagner in der argentinischen Hauptstadt ‘Buenos Aires’ (7) umgestiegen ist, der Weg führt ihn mit dem Flugzeug weiter in eine nicht näher genannte Provinzhauptstadt, von der es ‘vier Stunden’ (12) Autofahrt bis zu der Stadt sind, wo die Baustelle liegt. Bei einem gemeinsamen Abendessen mit Luisa in einem Restaurant, bestellt Luisa Fisch, der aus dem ‘Parana’ (157), einem nicht weit entfernten Fluss, kommt. Der Parana fließt u. a. durch die nördlichen Provinzen Argentiniens. Später verirrt sich Wagner auf dem Rückweg von der Hauptstadt, wo er Luisas Verschwinden auf die Spur kommen will, zur Baustelle und beschließt die Iguazu-Wasserfälle zu besuchen, die an der argentinisch-brasilianisch-paraguayischen Grenze liegen (vgl. 240). Ein Lastwagenfahrer, der Wagner mitnimmt, nachdem ihm der Verteilerkopf gestohlen worden ist, spricht nur portugiesisch und missversteht den Namen der Stadt, wo die Baustelle liegt, zu der Wagner zurück möchte. Der LKW-Fahrer ist auf dem Weg nach Barracao (Brasilien), ‘einen Ort, der jenseits der Grenze lag’ (252). Aus den bisher genannten Hinweisen kann man schließen, dass sich Wagner in der nordargentinischen Provinz Misones befindet. LÜTZELER schließt wahrscheinlich aus dem Missverständnis zwischen Wagner und dem Lastwagenfahrer, dass Wagner, nach Barranqueras möchte, das sich ausgesprochen ähnlich anhört wie Barracao. Anders ließe sich LÜTZELERS Vermutung nicht begründen. Direkt nachweisen kann man Barranqueras im Text nicht. Allerdings kann man festhalten, dass sich Wagner im Norden Argentiniens befindet und dass die Baustelle sich entweder in der Provinz Misones befindet oder in der südlich angrenzenden Provinz Corrientes, in der Barranqueras liegt, falls LÜTZELERS Vermutung zutreffen sollte.
Björn Hochmann wurde 1983 in Hameln geboren. Er studierte von 2005-2009 Germanistik und Sportwissenschaft an der Universität Hannover und Bristol (UK). Seit Kindestagen fasziniert von anderen Ländern und Kulturen sowie durch zahlreiche Auslandsaufenthalte geprägt, legte Hochmann seinen Schwerpunkt während des Studiums auf die interkulturelle Germanistik. Heute arbeitet der Autor als Lehrer an einem Gymnasium für Deutsch, Politik und Sport.
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