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- Die kaiserlich-französischen Beziehungen 1641-1648: Ein Beitrag zur Diplomatiegeschichte des Westfälischen Friedenskongresses
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Westfälische Frieden im Jahr 1648 bildet eine wesentliche Zäsur in der Geschichte des europäischen Mächtesystems der Neuzeit. Insbesondere für den deutschen Raum wurden die Weichen bis zum Ende des Reiches gestellt. Die langwierigen und komplexen Verhandlungen zwischen den Kriegs- und Interessenparteien stellten eine bis dahin ungekannte diplomatische Leistung dar, die sich freilich immer auch an den Ausgängen der Kriegshandlungen orientierte. Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem Verhältnis der Gesandten des Kaisers Ferdinand III. und des französischen Königs Ludwig XIII. und seines Nachfolgers Ludwig XIV. In der Form ihres Handelns ließen diese sich in erster Linie von Präzedenz- und Repräsentationsfragen leiten, wie sie die kulturalistische Perspektive in die Geschichtswissenschaft eingebracht hat. Im Ergebnis entschieden jedoch stets handfeste politische und geostrategische Überlegungen über die Verhandlungsergebnisse.
Textprobe: Kapitel 2.3.1: Bayern als Faktor der französischen und kaiserlichen Politik: Zu Recht ist Bayern für die Hauptverhandlungsphase, besonders für das Jahr 1646, als pièce maîtresse der französischen Diplomatie im Hinblick auf den Kaiser, als Scharnier des kaiserlich-französischen Verhältnisses charakterisiert worden. Mit den Überlegungen eines Waffenstillstandes zwischen Frankreich und Bayern im Herbst 1645 traten die Beziehungen zwischen Paris und München in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges in ihre letzte Phase. Bereits seit den ersten kaiserlichen Erfolgen zu Beginn des Krieges hatte Richelieu versucht, Bayern als Partner gegen eine mögliche habsburgische Übermacht zu gewinnen. Beide katholischen Mächte schienen für ein Bündnis prädestiniert zu sein: Kurfürst Maximilian sorgte sich um seine Stellung im Reich, insbesondere um die gerade erlangte Kurwürde, und konnte sich von Frankreich darin Unterstützung erhoffen. Umgekehrt erwartete Frankreich, dass Bayern sich militärisch nicht auf der Seite des Kaisers gegen seine Truppen wenden und es in seinem Kampf gegen die habsburgische Universalmonarchie unterstützen werde. Im Jahr 1631 kam es im Vertrag von Fontainebleau zu einer Allianz, die aber angesichts des aktiven Eingreifens Frankreichs und damit einer völligen Veränderung der militärischen Lage vier Jahre später keine Auswirkungen hatte. Maximilian war enttäuscht, dass Richelieu Schweden den Vorzug gegeben hatte, unterhielt aber trotz heftiger Konfrontationen auf dem Schlachtfeld insgeheim diplomatische Kontakte nach Paris, welche ihm freilich keinen Vorteil verschaffen konnten. So kämpfte er weiter auf der Seite des Kaisers, bis er seine eigene Situation wieder als so bedrohlich empfand, dass er im Krisenjahr 1645 erneut mit Frankreich verhandelte. Hatte der Kurfürst seit längerem auf eine Klärung der französischen Satisfaktionsfrage gedrängt – schon der reichsständische Druck auf den Kaiser in den Jahren 1640/41 zur Aufnahme von Friedensverhandlungen war wesentlich von ihm ausgegangen – drohte er seinem Wiener Bündnispartner immer offener mit Separation, als die vereinigten schwedisch-französischen Truppen zur Jahreswende 1646 auf Bayern marschierten. So instruierte Maximilian seine beiden Gesandten Haslang und Krebs mit dem Ziel, einen sofortigen Waffenstillstand zu vereinbaren, die Pfalzfrage im bayerischen Sinn zu klären sowie zur Garantie der ersten beiden Punkte einen Friedensvertrag zwischen Kaiser und Frankreich zu befördern, wobei sie sich eher an die französischen Friedensbedingungen anlehnen sollten. Überhaupt ließ er sich auf eine enge Zusammenarbeit mit Paris ein und lieferte wohl auch interne Informationen aus dem kaiserlichen Lager wie Frankreich befürwortete er den Ausschluss Spaniens von Vereinbarungen über das Reich, was allerdings weniger auf eine antihabsburgische als auf eine dezidiert antispanische Politik, die im Reich keine Konflikte, welche dort im Interesse ausländischer Mächte ausgetragen wurden, mehr sehen wollte, zurückgeht. Die Ziele, die Maximilian mit seiner frankophilen Politik verfolgte, sind wohl vornehmlich in der Behauptung der eigenen Machtposition und der Erkenntnis, dass der Kaiser dabei nicht behilflich sein konnte, zu suchen. Andreas Kraus hat den gewagten Gedanken, Bayern habe selbstlos und im Sinne des Kaisers gehandelt, um durch eine Annäherung an Frankreich Einfluss auf dessen Politik zu nehmen und so einen Keil zwischen Paris und Stockholm zu treiben, in die Diskussion eingebracht. Tatsächlich ist der bayerischen Diplomatie schon früh unmissverständlich klar gemacht worden, dass Mazarin zur Aufgabe seines schwedischen Bündnisses nicht bereit war. Dennoch kam die französische Regierung gerade in Krisenzeiten immer wieder auf Bayern zu der seit den frühen 1620er Jahren bestehende Wunsch, den Kurfürsten in eine antikaiserliche Liga einzubeziehen, starb wohl erst kurz vor dem Ende der Friedensverhandlungen. So hoffte Mazarin im Jahr 1644, durch ein Bündnis mit Bayern die temporär fehlende schwedische Unterstützung auffangen zu können. Dagegen sprach sich aber vor allem Servien aus, der fürchtete, dass Maximilian nach einer Regelung der Pfalzfrage in seinem Sinn Frankreich nicht weiter in dessen Satisfaktionsansprüchen unterstützen würde. Hier zeigt sich deutlich, dass die Restitution der Kurpfalz, die ja einer der Auslöser des europäischen Konfliktes gewesen war, für Mazarin nur ein Machtmittel war Kraus spricht in diesem Zusammenhang sogar von Gleichgültigkeit. Einziges Ziel sei die Stärkung Bayerns gegen den Kaiser gewesen. Die 1645 zuwege gebrachte Annäherung ging somit von einer teilweisen Interessenkonvergenz, eben dieser Stärkung nämlich, aber auch von einer gewissen Pression aus, denn die bayerische Politik hatte keinen grundsätzlichen Impetus gegen die kaiserliche Herrschaft. Als Druckmittel setzte Frankreich die Forderung nach der Restitution aller bayerischen Erwerbungen seit 1618 ein militärisch drohte es München zwar nicht und versprach Anfang 1646 sogar, das bayerische Territorium so weit wie möglich zu schonen, obwohl es für die französischen Truppen der Hauptkriegsgegner war, während die Kaiserlichen mehr gegen Schweden kämpften. Dahinter stand allerdings weniger ein wirkliches Interesse an der bayerischen Integrität, sondern die Furcht, dass Schweden durch eine Einnahme Bayerns, die die französischen Truppen alleine nicht hätten bewältigen können, eine zu große Machtstellung erreichen würde. Hier treten komplizierte Abhängigkeitsverhältnisse und langfristige Planungen der einzelnen Fürsten hervor. Gerhard Immler interpretiert die französische Bayernpolitik letztlich auch als Mittel, um durch einen über Bayern vermittelten Frieden mit dem Kaiser gegenüber Schweden an Boden zu gewinnen umgekehrt verdankte Bayern seine erheblichen Kriegsgewinne eher der schwedischen Fürsprache und konnte somit weder an dessen zu schwachen Rolle noch an einer zu starken Position Frankreichs mit dauerhaftem Einfluss im Reichsverband interessiert sein. Der Kaiser verlor in diesem diplomatischen Spiel die Handlungshoheit das erwähnte Beispiel der Pfalz zeigt, dass er im Angesicht der Interessenkollision von spanischen, französischen und bayerischen Forderungen letztlich nur noch die Wahl hatte, einer Linie zu folgen, nachdem alle Kompromissbemühungen gescheitert waren. Dass es sich dabei um die bayerische, die zugleich eine französische Linie war, handelte, wird eingedenk seiner eigenen Abhängigkeit von den kurfürstlichen Truppen und der Einstellung aller spanischen Subsidien infolge dessen innerer Krise nur allzu erklärlich. Obwohl die kaiserliche Politik unter Trauttmansdorffs Führung sich für eine einvernehmliche Politik gegenüber Bayern ausgesprochen hatte, blieb das kaiserlich-bayerische Verhältnis in den Jahren 1646/47 äußerst instabil. Der Grund ist im bayerischen Drängen auf eine Lösung der Satisfaktionsfrage zu sehen, während Trauttmansdorff sich zunächst mit den Reichsständen vergleichen wollte und einer territorialen Satisfaktion ohnehin wenig aufgeschlossen gegenüber stand. Ihm blieb aber am Ende nur die Wahl, Bayern als Alliierten zu verlieren oder Frankreich weit reichende Zugeständnisse zu machen. Gerade im Umfeld der Verhandlungen über die Entschädigung Frankreichs im Sommer 1646, als Maximilian sich mit dem kaiserlichen Befehlshaber Leopold Wilhelm überworfen hatte und die militärische Situation sich weiter zugespitzt hatte, wurde Trauttmansdorff zum Entgegenkommen gezwungen. Kapitel 2.3.2. Die französische Satisfaktion: Der Zeitraum von Januar bis September 1646, in dem der Kaiser und Frankreich über die Satisfaktionsfrage verhandelten, gilt als wichtigster und bestimmender Abschnitt für die Beziehungen zwischen beiden entsprechend intensiv hat sich die Forschung mit ihm befasst. Im Streit um das Elsass kulminierten tatsächlich die zentralen inhaltlichen Anliegen der Kriegsparteien: für Frankreich das sicherheitspolitische Bedürfnis, die Habsburger von seiner Ostgrenze zu vertreiben und seine Eroberungen zu saturieren, für den Kaiser die Behauptung seines übergeordneten europäischen Rangs und seine Verpflichtung gegenüber Spanien, dessen niederländische Besitzungen mit dem Elsass verloren gehen mussten. So überrascht nicht, dass sich die Verhandlungen trotz großer Einigkeit letztlich doch ein Dreivierteljahr hinzogen, da die zu klärenden Rechtsfragen äußerst präzise behandelt wurden unterbrochen wurden sie zudem von Juni bis August 1646 durch Verstimmungen auf beiden Seiten: Frankreich empfand die durch das kaiserliche Angebot nicht entwirrte Rechtssituation als unbefriedigend, während angesichts dieser Reaktion bei Trauttmansdorff der erwähnte Unmut, das Thema überhaupt mit Ziel eines Abschlusses verhandeln zu müssen, wieder durchbrach. Der kaiserliche Hauptbevollmächtigte hatte bereits in einer geheimen Zusatzinstruktion vom Oktober 1645 carte blanche erhalten, um neben dem Elsass als territorialer Einheit auch die Festung Breisach und das sie umgebende Breisgau in französische Herrschaft zu verfügen. Damit lagen seine Möglichkeiten deutlich über dem, was die Franzosen zunächst annahmen, erhalten zu können. Durch ihre informellen Kanäle erfuhren sie jedoch bald davon und beharrten seitdem auf ihren Maximalforderungen. Die Fronten verhärteten sich, weil Trauttmansdorff trotz einer eigenen Elsassinstruktion vom März 1646 nicht zur Verhandlung bereit war. Obwohl sechs von sieben kaiserlichen Räten in Wien sich für eine umfassende Satisfaktion Frankreichs ausgesprochen hatten, verfocht er weiter die Meinung des siebten Rates, seine eigene, indem er Frankreich auf den letzten Platz seiner Verhandlungsreihenfolge setzte, um dessen Forderungen, welche den kaiserlichen Besitz am ehesten berühren würden, niedrig zu halten. Nachdem mit Bayern die wichtigste Stütze für einen zuerst herzustellenden Reichsfrieden verloren war, versuchte er, mit Schweden zu einer Einigung zu kommen. Als auch diese Option scheiterte, legten die kaiserlichen Gesandten im April 1646 schließlich ein ernsthaftes Satisfaktionsangebot vor. Trauttmansdorff war weiterhin nicht bereit, seine Möglichkeiten voll auszuschöpfen dennoch erfüllte das kaiserliche Angebot bis auf eine Regelung in Bezug auf die Festung Breisach und das Breisgau im Hinblick auf die territoriale Satisfaktion die im Januar 1646 bekannt gegebenen französischen Forderungen, die nach einer Zusatzinstruktion für die französischen Gesandten vom 23. November 1645 mit Schweden abgestimmt worden waren. Damit hatte der Kaiser trotz seiner schwierigen Situation das Ziel, kein Angebot vorlegen zu müssen, zumindest für den Hauptstreitpunkt, das Elsass, erreicht er hoffte nunmehr auf die Unterstützung der betroffenen Reichsstände. Seine Verhandlungsstrategie konnte so reaktiv bleiben, stand aber in Abhängigkeit von Bayern. Das eigentliche Ziel des Angebots vom 14. April 1646, das gesamte habsburgische Elsass an Frankreich abzutreten, ging daher auch mehr in die Richtung, durch einen Waffenstillstand die bayerischen Forderungen zu erfüllen und den Kurfürsten als Verbündeten zu behalten. Da die französischen Gesandten offenbar über die Möglichkeiten Trauttmansdorffs informiert waren, versuchte er nicht länger, das Elsass wenigstens in Teilen für den Kaiser zu retten. Umstritten ist dagegen, inwiefern er die unklaren Rechtsverhältnisse zugunsten seines Herrn auszunutzen und die Franzosen damit zu täuschen trachtete.
Martin Bock M.A., geb. 1981 in Frechen, studierte Geschichte, Politik und Französisch in Bonn. Anschließend arbeitete er als Archivar in Neuss und seit 2010 als Kulturreferent bei einer großen Stiftung in Frechen. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen über die Geschichte Frechens und seiner Umgebung vorgelegt und beschäftigt sich im Rahmen eines Dissertationsprojektes mit der Geschichte des Kölner Domkapitels im 16. Jahrhundert.
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