- Sie befinden sich:
- Specials
- »
- disserta Verlag
- »
- Gesellschaft / Kultur
- »
- Die Erfindung der Schrift: Ägypten zur Zeit der 1. Dynastie
Gesellschaft / Kultur
» weitere Bücher zum Thema
» Buch empfehlen
» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 164
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Mit dem Übergang vom 4. zum 3. Jahrtausend v. Chr. trat Ägypten als Hochkultur erstmals in Erscheinung. In dieser Übergangszeit, der formativen Phase , liegen die Wurzeln einer Kultur, die fortan prägend für viele Kulturkreise in Nordafrika, Asien und Europa werden sollte. Mitverantwortlich dafür war die Schrift der alten Ägypter, die Hieroglyphen. Dieses Buch setzt sich mit dem erstmaligen Auftauchen von Hieroglyphen auseinander und konzentriert sich hierbei auf die kleinen Etiketten, welche an Waren des täglichen Gebrauchs angebracht waren. Diese sind dem Verstorbenen als Beigabe auf den Weg ins Jenseits mitgegeben worden. Auf den Etiketten finden sich frühe Formen von Hieroglyphen und erste Versuche komplexe historische Ereignisse in Schriftform zu fixieren. Diese Studie behandelt die Darstellungen auf Etiketten, die von nichtköniglichen Begräbnissen aus den Regionen Saqqara und Helwan stammen. Sie geben Aufschluss über wichtige Ereignisse und Rituale dieser Zeit.
Textprobe: Kapitel 6. Allgemeine Bemerkungen zu den Etiketten: Wie bereits erwähnt, stammen sämtliche Etiketten, die in dieser Studie untersucht wurden, aus der 1. Dynastie. Aber auch alle anderen Etiketten stammen aus der 1. Dynastie bzw. der Zeit der formativen Phase (Dynastie 0), d.h. es lassen sich keine Etiketten in eine frühere oder spätere Zeit datieren. Dies kann eigentlich nur bedeuten, dass sich das beschriebene Medium geändert hat. Da Schrift in zunehmenden Maße gebräuchlich wurde und der Nutzen dessen auch auf andere Aufgabengebiete ausgedehnt werden konnte, scheint es nur logisch, dass man von einem relativ schwer zu beschaffenden Medium wie Bein und Elfenbein dazu übergegangen ist andere Materialien zu benutzen. Ebenfalls ist in Betracht zu ziehen, dass die Täfelchen allesamt von sehr kleinem Format sind. Mit der sukzessiven Zunahme in punkto Quantität der Schriftverwendung und im Hinblick auf das zu beschreibende Medium, sind die Etiketten schlichtweg zu klein geworden, so dass man dazu übergehen musste sich nach größeren Schriftträgern umzusehen. Das belegt auch der erste, wenn auch unbeschriftete, Papyrus, der im Grab des Hemaka gefunden wurde. Weiterhin ist zu attestieren, dass sämtliche Objekte, die Schrift aufweisen und zu der hier besprochenen Zeit gehören, sämtlich aus funerären Kontexten stammen. Die Etiketten unterliegen auch einer gewissen Entwicklung. So sind die Etiketten vor Horus Den klar gegliedert und in Register unterteilt, unter seiner Herrschaft fällt die Aufteilung in Register allerdings weg. Das hängt bei den Festetiketten mit der Einführung der Jahresrispe am rechten Bildrand zusammen und überträgt sich, schon unter seiner Herrschaft, auch auf Etiketten, die kein Ereignis darstellen, sondern nur Produkt und/oder einen Namen nennen. Jedoch taucht die Verwendung der Jahresrispe am rechten Bildrand schon zur Zeit des Narmer auf. Ebenfalls ab Horus Den […] kann der Name des Besitzers durch eine Vertikale vom Produktnamen abgetrennt werden. Bei der Entwicklung der Etiketten kann man dennoch nach drei Phasen unterscheiden: Unterschiede liegen vor zwischen der Zeit vor Den, unter Den und der Zeit nach Den, wobei weiterhin königliche und private Öletiketten zu unterscheiden sind. Die Etiketten vor Den tragen noch keine Jahresrispe an der linken Seite. Sie sind in drei (unter Horus Aha) bzw. vier (unter Horus Djer) vertikale Register eingeteilt. Betrachtet man nun die Täfelchen in ihrer chronologischen Abfolge, so wird man feststellen, dass sie einer Entwicklung unterliegen und mit der Zeit elaborierter werden, der auf ihnen zu findende Motivschatz wird reichhaltiger. Einige der Etiketten sind auch auf der Rückseite mit einer (Tinten-)Aufschrift versehen. Die anscheinend nur sporadisch auftretende Beschriftung der Rückseite lässt sich zur Zeit nicht systematisch erfassen. Die Verwendung von Etiketten aus Bein bzw. Elfenbein findet sich in Gräbern von Königen oder Personen mit einem hohen Status. Allein schon die Verwendung von Materialien wie Bein oder Elfenbein lässt darauf schließen. Allgemeinhin wird angenommen, dass diese Etiketten an Behältern angebunden waren, welche kostbares Öl beinhalteten bzw. an andere Gegenstände, die diese dann durch das Etikett, bzw. einer Zeile auf diesem, näher bestimmten. Für das berühmte Etikett des Hemaka (Kat.-Nr. 3-S) beispielsweise wird angenommen, dass es einst an einen Lederbeutel gebunden war, wie seine Ausgräber Walter B. Emery und Zaki Y. Saad bemerkten. Die Verwendung eines kostbaren Materials wie Bein oder Elfenbein für ausschließlich rein administrative Zwecke, welche in der Regel nur einen kurzen Zeitrahmen umfassen, halte ich für unwahrscheinlich. Da aber für einige Etiketten, kostbares Material, wie Bein, Elfenbein oder Ebenholz, letzteres musste erst aus dem Ausland herbeigeschafft werden, benutzt wurde, ist es eher wahrscheinlich, dass diese Texte etwas dauerhaftes ausdrücken sollten, etwas das für die Ewigkeit bestimmt war. Für die älteren Etiketten aus Abydos wird angegeben, dass sie einem administrativen Zweck gedient haben sollen, welcher Herkunft oder Spender bezeichnet. Gegen eine rein administrative Verwendung der Etiketten spricht meines Erachtens, dass die Administrative ganz andere Ansprüche an die Schrift stellt. Die Bezeichnungen müssen schnell reproduzierbar sein, um Waren etikettieren und registrieren zu können. Zu diesem Zweck wurden die Rollsiegel benutzt. Etiketten wären hierfür zu umständlich gewesen. Dass die Wahl auf Elfenbein und Bein als Hauptmaterialien für die Etiketten fiel, hängt auch wesentlich von der Dauerhaftigkeit und Festigkeit dieser beiden Ressourcen zusammen. Die hier zu besprechenden Etiketten unterscheiden sich deutlich von denen aus dem Grab U – j aus Abydos. These tags are different in type from those found in tomb U – j and much bigger . Das hängt damit zusammen, dass sich die Verwendung der Etiketten aus Saqqara/Helwan von einigen aus Abydos unterscheidet. Finden sich doch in Abydos viele Etiketten mit einer geringen Anzahl von Zeichen, so sind das Zeichenrepertoire und auch die Quantität auf den Etiketten von Saqqara/Helwan deutlich erhöht und sie sind ebenfalls lesbarer, wenn auch nicht immer leicht verständlich, geworden. Some of the smaller, earlier labels […] are simply records of the nature or origins of the grave goods to which they were attached, but some of the later labels, from the Early Dynastic royal graves at Abydos, employ a similar repertoire of depictions of royal acts in order to assigns the items in question to a particular date in the reign of a specific king.” Die ältesten uns bis jetzt bekannten Exemplare stammen aus Abydos vom Friedhof U, wobei die meisten davon wiederum aus dem dortigen Grab U-j stammen. Auf diesen Etiketten sind, bis auf eine Ausnahme und den Täfelchen mit ausschließlich Zahlzeichen darauf maximal bis zu drei Zeichen zu finden. Die größten, der dort erhaltenen Exemplare, wurden aus Bein gefertigt. In der Regel befinden sich die Durchbohrungen an der rechten oberen Ecke. Dabei nimmt Dreyer an, dass die Etiketten aus den angefallenen Abfallprodukten, wie sie etwa für Möbelteile gebraucht wurden, angefertigt worden sind. Bis auf drei Etiketten, welche eine Beschriftung auf beiden Seiten tragen, sind sie nur einseitig beschriftet. Eine Lesung der Etiketten als Objektsbezeichnungen oder Qualitätsangaben schließt Dreyer aus und nimmt an, dass es sich um Herkunftsvermerke oder Kontrollangaben von den verschiedenen Verwaltungsinstanzen handelt. Für Etiketten mit nur einem Zeichen darauf kann Dreyer keine Lesungsvorschläge machen. Bei den Täfelchen mit Zahlzeichen stellt er jedoch fest, dass das Zeichen für ‚10’ nicht vorhanden ist und das es keine Zahlenangaben in dem Bereich zwischen ‚12’ und ‚100’ gibt. Als Interpretation gibt er an, dass es sich um Angaben handelte, die Stoffgrößen bezeichneten, wobei er zwischen vertikalen und horizontalen Strichen unterscheidet. Erstere würden die Zahl ‚1’ ausdrücken, letztere die Zahl ‚10’. Dies halte ich für wenig wahrscheinlich, da sich solch ein System des Zählens nicht in einer späteren Zeit wieder findet und die Gefahr einer Verwechslung zu groß wäre. Denn bei einer Unterscheidung zwischen Einern und Zehnern müsste man sich an einem Fixpunkt orientieren um eine Verwechslung auszuschließen. Selbst durch die Durchbohrung ist ein solcher Fixpunkt nicht gegeben. 6.1 Über die Produktangaben und deren Bedeutung: Dass die Produktangaben auf den Etiketten in direktem Zusammenhang mit dem Totenkult stehen, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, welchen Weg die Entwicklung der Etiketten genommen hat. Ausgehen möchte ich von der Tatsache, dass die Täfelchen in ihrer Funktion als Träger von ausführlichen Darstellungen zu klein geworden sind. Aus diesem Grund wurden andere Medien für die Beschriftung genutzt. So wurden einige Inhalte von Darstellungen der Etiketten auf die Grabwände übertragen. Die Grabdekoration der altägyptischen Privatgräber stellt die Wiedergabe der Totenkult-Handlungen dar. Diese sind in drei zentrale Komponenten gegliedert: der Opferempfang , der Opfertransport und die Opferherstellung . Die oftmals als sogenannte Szenen des täglichen Lebens bezeichneten Darstellungen bilden nichts anderes als die Wiedergabe der Opferherstellung. Eine andere Auffassung bezüglich der Produktangaben und deren Bedeutung äußerte 1963 Kaplony: Die annalistischen Etiketten nennen immer Oel. Er möchte daraus schließen, dass Öl zur Zeit der 1. Dynastie als Steuerabgabe gegolten hat. Oel als allgemeine Steuerabgabe, die von einer breiten Bevölkerungsmasse erhoben wird, ist gut vorstellbar, da es etwas besonders Kostbares und leicht aufzubewahren ist. Eine Schwierigkeit bietet sich nur, dass die Anpflanzung von Oel in Aegypten nicht üblich ist. Ist Oel allgemeiner Tausch- und Währungsgegenstand, so bedeutet das die Abhängigkeit von ausländischen Oel-Importen. Es mutet wie ein Rückschritt an, wenn nach einer vorübergehenden Periode, in dem das Gold und die Felder (mobiles und immobiles Kapital) eingeschätzt werden, im AR das Vieh den Haupteinschätzungsgegenstand bildet. Dem muss ich allerdings entgegenhalten, dass dies nicht für den Großteil der Bevölkerung gegolten haben kann, denn sie hätten dann erst bestimmte Produkte eintauschen müssen, welche für einen Warenaustausch mit vorderasiatischen Händlern relevant gewesen wären, um so an Öl zu kommen, welches sie wiederum als Steuerabgabe hätten abführen müssen. Dies erscheint mir zu umständlich, um von praktischem Nutzen sein zu können. Jedoch scheint es mir wahrscheinlich, dass dieses Öl bei Ritualen und Festen eine Rolle gespielt haben könnte, wie es einige der Etiketten ja glaubhaft machen, wenn sie rituelle Handlungen mit bestimmten Produkten nennen.
Christian Rother, M.A. wurde 1982 in Grimma geboren und hat das Studium der Ägyptologie 2010 erfolgreich abgeschlossen. Bei seinen Reisen nach Ägypten lernte er Land und Leute kennen und nutzte die Möglichkeit sich gründlich mit den antiken Denkmälern und dem Erbe des Landes auseinanderzusetzen. Erste praktische Erfahrungen bei Ausgrabungen sammelte Herr Rother bei Grabungen in Deutschland. Im Jahr 2007 nahm er an einer frühdynastischen Ausgrabung in Helwan teil, die von der Macquarie University Sydney getragen wurde. Daraufhin nahm er sich dem Thema der Gebrauchswarenetiketten der 1. Dynastie an, deren Untersuchung in diesem Band vorliegt. Darüber hinaus war er auch im Vorstand des Freundeskreises des ägyptischen Museums in Leipzig tätig.
weitere Bücher zum Thema
Manifest der okkulten Bewußtseinslehre. Genealogie der Moderne und Theokratie der Wissenschaft
ISBN: 978-3-95935-618-3
EUR 34,50
Nicht ohne die Familie. Junge Erwachsene mit Werkstattempfehlung am Übergang Schule – Beruf – Eine qualitative Studie zur beruflichen Qualifizierung auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt mit dem Persönlichen Budget gemäß SGB IX
ISBN: 978-3-95935-613-8
EUR 44,50
Akademisierung in der Pflege. Aktueller Stand und Zukunftsperspektiven
Unveränderte Neuausgabe
ISBN: 978-3-95935-596-4
EUR 49,90
Cannabispolitik – quo vadis? Plädoyer für eine gute Beziehungsarbeit mit Jugendlichen und gegen eine Legalisierung oder Liberalisierung der Droge Cannabis
Eine Streitschrift
ISBN: 978-3-95935-532-2
EUR 34,50
Prepare Yourself for the Chinese Language Proficiency Exam (HSK). Elementary Chinese Language Difficulty Levels
Volume I: HSK Levels 1 and 2
ISBN: 978-3-95935-503-2
EUR 39,90
Prepare Yourself for the Chinese Language Proficiency Exam (HSK). Intermediate Chinese Language Difficulty Levels
Volume II: HSK Levels 3 and 4
ISBN: 978-3-95935-505-6
EUR 44,90
Prepare Yourself for the Chinese Language Proficiency Exam (HSK). Advanced Chinese Language Difficulty Levels
Volume III: HSK Levels 5 and 6
ISBN: 978-3-95935-507-0
EUR 49,90
Schrift als Kommunikationsmedium in der Malerei des 20. Jahrhunderts
ISBN: 978-3-95935-501-8
EUR 55,00
Kohärenzgefühl, psychische Belastung und Nähe und Distanz in der physiotherapeutischen Einzelbehandlung
ISBN: 978-3-95935-495-0
EUR 49,50
Die Freiheit der Einbildungskraft. Von der ‚Spontaneität des Denkens‘ über die ‚Willensfreiheit‘ zur ‚ästhetischen Reflexionsfreiheit‘
Der Weg von Kant zu Schiller