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- Der U-Boot Mythos in Deutschland: Ursachen, Gründe und Folgen
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Nur wenige Themen faszinieren in Deutschland so nachhaltig und generationsübergreifend wie das des U-Boot Krieges. Das Fernsehen bietet in zahlreichen Dokumentationen regelmäßige Einblicke in die gefahrvolle Welt des Unterwasserkrieges, beschreibt bilderreich Tauchexpeditionen zu versunkenen deutschen U-Booten an nahezu allen Küsten der Welt und versucht deren Schicksal und das ihrer Besatzungen zu klären. Lothar Günther Buchheim konnte seinen semi-biografischen Erlebnisbericht über eine selbst erlebte Feindfahrt eines U-Bootes im Zweiten Weltkrieg als Roman millionenfach verkaufen. Die Verfilmung durch Wolfgang Petersen bescherte den Kinos höchste Auslastungszahlen. Doch wie lässt sich dieser Erfolg erklären? Welche Faktoren sind in einer so grauenhaften Angelegenheit wie der des U-Boot-Krieges derartig wirkungsmächtig, dass sie eine solche Faszination bewirken können? Der Autor versucht die Mechanismen aus der heterogenen Masse der kriegerischen Auseinandersetzungen herauszuschälen, um sie historisch, sozial- und militärgeschichtlich sowie nicht zuletzt metaphorisch und psychologisch zu durchleuchten. Damit liefert diese Studie akribisch zusammengetragene Erklärungsansätze der ‚Faszination U-Boot’ – dem Knüppel des armen Mannes.’
Textprobe: Kapitel 3.3, Die ‘Waffe des Schwachen’: Das U-Boot passte aufgrund seiner Eigenart und Beschaffenheit als Kriegsgerät überhaupt nicht in die von Männlichkeit, Ehre, Ritterlichkeit und Zweikampf durchtränkte Vorstellungswelt der Militärs. Zudem war das Schlachtschiff das Projektionsobjekt für Potenz, Größe und Macht eines Staates. Die kleinen U-Boote konnten hier nicht wirklich mithalten. Auch vom technischen Aspekt aus betrachtet waren sie anfangs alles andere als eine ausgereifte Waffe. Durch ihre überraschenden Angriffe aus dem Hinterhalt, stets unter der Wasseroberfläche lauernd, wurde das U-Boot zu einer stetig präsenten Gefahr für alle gegnerischen Überwasserstreitkräfte. Diese Damoklesschwert - artige Bedrohung von unten machte es zu einem unabwägbaren Faktor, der tiefe Verunsicherung hervorrief. Daher wurde das U-Boot von seinen Gegnern häufig mit den Worten ‚hinterlistig’, ‚unfair’ und ‚feige’ belegt. Die Idee, sich unter Wasser - und damit unsichtbar - einem überlegenen Gegner zu nähern, um diesen aus dem Hinterhalt anzugreifen, machte aber auf der anderen Seite die entscheidende Faszination aus. Immer wieder zog diese Idee Menschen in ihren Bann, die sich oftmals nicht unbedingt auf der militärisch überlegeneren Seite wähnten. Bemerkenswert ist hierbei, dass die meisten der ersten Tauchboot-Entwürfe nicht aus dem Glauben an eine fortschrittlich–überlegene zukunftsweisende Technik entsprangen, sondern eher aus einer Art Ohnmachtgefühl gegenüber bestehenden Machtverhältnissen in der jeweiligen Zeit resultierten. So versuchte Robert Fulton 1797 in Frankreich, die dortige Obrigkeit von seiner These zu überzeugen, dass die englische Überlegenheit zur See mit Hilfe eines Unterseebootes, das er Nautilus taufte, - im wahrsten Sinne des Wortes - unterlaufen werden sollte. Interessanterweise stießen seine Ideen nicht nur auf die zu erwartenden technologisch begründeten Vorbehalte, sondern – auch nach einem Frontenwechsel in Großbritannien – beiderseits des Kanals auf grundsätzlich moralische Bedenken: ‘Die Kriegsführung unter Wasser sei zu heimtückisch und unehrenhaft, um sie im Namen des Staates ausüben zu lassen.’ Als im Jahre 1812 ein Bootsmann der Royal Navy öffentlich die Idee äußerte, dass eine französische Fregatte durch das unbemerkte Anbringen einer Sprengladung leicht versenkt werden könnte, wurde er wegen dieses Vorschlages, ‘der nicht mit den höchsten Traditionen Seiner Majestät Marine in Übereinstimmung steht’, sogar entlassen. Noch im Jahre 1902 schrieb ein britischer Beobachter, ‘daß das Unterseeboot eine ‚hinterlistige, unfaire und verdammt unenglische’ Waffe sei.’ Im Deutschen Kaiserreich, dessen Ideal einer Flotte sich am hochstilisierten englischen Vorbild orientierte, hatte das U-Boot zunächst ebenfalls keinen Platz. Der Ausdruck für wissenschaftlichen Fortschrittsglauben, technischen Genius, militärische Disziplin und deutsche Wertarbeit manifestierte sich im Panzerschiff, das eine direkte Metapher für jene Werte und Normen darstellte. Panzerstärke und Artilleriekaliber waren die bestimmenden Größen. Der ‘Kult der Offensive’ war es, der, dargestellt in den strategischen Offensivplänen der Mittelmächte, ausschließlich die Wahrnehmung der militärischen Führung prägte. Die vom RMA unter Tirpitz verfolgte Strategie in der Flottenpolitik war zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren ganz und gar auf den Bau von großen Überwasserstreitkräften konzentriert, deren grundsätzliche Vorgaben Scheerer folgendermaßen zusammenfasst: ‘Die wichtigsten Parameter, die den Gefechtswert eines Schiffes bestimmten, waren Panzerung, Armierung, Geschwindigkeit und Aktionsradius.’ In einer derartigen Symbolik der Stärke war für das ‚schwächlich’ anmutende U-Boot kein Platz. So polemisierte z.B. Georg Wislicenus über Frankreich und dessen Marine, dass dieses ‘sein Heil hauptsächlich in den Unterseebooten’ suche, ‘weil es im ritterlichen Kampf der Panzerriesen den dickhäutigen englischen Linienschiffen auf hoher See nicht mehr gewachsen sei.’ Diese Meinung drückt auch der erste im offiziellen Organ des Deutschen Flottenvereins ‚Die Flotte’ veröffentlichte Artikel über die Einführung des U-Bootes in die kaiserliche Marine aus. Unter der Überschrift Von den Unterseebooten der Gegenwart heißt es dort am Ende des Aufsatzes: ‘Schon nach diesen kurzen Zusammenstellungen wird verständlich sein, daß auch heute noch die Verwendungsfähigkeit des Unterseebootes als Kriegswaffe eine recht beschränkte ist. Dunkelheit und Seegang machen es nahezu völlig blind. Der kleine Aktionsradius erlaubt es ihm nicht, sich von seinem Stützpunkt weit zu entfernen. Das moderne Unterseeboot kann daher nur als unvollkommene Waffe angesehen werden, die nur unter bestimmten Bedingungen für bestimmte Zwecke, wie zur Belästigung einer blockierenden Flotte einige Aussichten auf Erfolg hat.’ In diesem ‚archaischen Militarismus’, bestimmt durch Werte einer ‚Tonnenideologie’ (Broelmann), war das filigrane und technisch hochsensible U-Boot nicht vorgesehen. Überhaupt stellte die Bevorzugung der elektrischen Sensor- und Steuerungstechnik vor der Stärke der Panzerung die Werte der Marine grundlegend in Frage. Im RMA fürchtete man sich fast schon vor der Elektrotechnik, die als ‚neue Herrin an Bord’ empfunden wurde. Entsprechend bestimmten auch nicht die Ingenieure oder Erfinder welche Art von Technik in Kriegsschiffe eingebaut werden sollte, sondern die Marine- und Seeoffiziere, welche sich durch ein heute eigentümlich anmutendes konservatives Technikverständnis auszeichneten. Bezeichnenderweise war entsprechend dieser Vorgaben einer Art ‚Überlegenheitskultur’ der Hochseeflotte das U-Boot erst mit Achtung bedacht worden, als seine Fähigkeit als Überwasserschiff anlässlich einer Sturmfahrt von U 1 um Jütland 1907 gezeigt und damit seine Seefähigkeit bewiesen hatte. Das U-Boot sollte dann im Verlauf des Ersten Weltkrieges, trotz und gerade auch wegen dieser anfänglichen Schwierigkeiten, einen schnell wechselnden Bedeutungs- und Wertegehalt erfahren. Vom Verteidigungsmittel des Strandes zur Offensivwaffe und von dort zum großräumig operierenden U-Kreuzer. Letzterer stellte wohl auch für die konservativen Militärs eine Art Teilbefriedigung ihrer Bedürfnisse nach Größe und Stärke von Kampfschiffen dar, deren Bau im Deutschen Kaiserreich 1898 mit der Verabschiedung des ersten Flottengesetzes durch den Deutschen Reichstag beschlossen wurde.
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