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Gesellschaft / Kultur

Jana N. Hoffmann

Das neue Opernhaus in Beijing: Tradition in der Gegenwart

ISBN: 978-3-95935-188-1

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 47
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das zentrale Thema der Studie ist das neue Operngebäude in Beijing, die Nationaloper, welche 2007 eröffnet wurde. Das in China kontrovers diskutierte Gebäude wurde im Zentrum der Hauptstadt Chinas errichtet, in unmittelbarer Nähe zum Tian’anmen-Platz. Äußerlich wirkt die Nationaloper wie ein modernes westliches Gebäude, welches zudem von einem westlichen Architekten konstruiert wurde. Es scheint, dass mit der Nationaloper in Beijing der Versuch unternommen wurde, die musikalische Tradition des Westens in Form eines Monuments in einen ganz und gar chinesischen Kontext zu integrieren. Bei der Untersuchung des Bauwerkes unter Berücksichtigung architektonischer und soziokultureller Aspekte wird erkennbar, dass die chinesische Theaterbautradition hingegen vorhanden ist. In der Studie wird ferner gezeigt, inwiefern diese integriert bzw. umgesetzt wurde.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.1.1. Im Kontext des Stadtbildes: Geht man durch die Stadt Beijing und möchte die Gebäude beschreiben, so ist es schwer zu bestimmen, welche Bauwerke traditioneller chinesischer Architektur entsprechen und welche Einflüsse der westlichen Bauart entstammen könnten. Der Beobachter sieht ein Zusammenspiel von verschiedenen Kulturen. Doch der Beobachter sieht noch mehr. Anfang des 20. Jahrhunderts wollte China sich wandeln. Der Versuch, das Land mit Hilfe westlicher Einflüsse zu modernisieren, dauert bis heute an. Zunächst hat die Republikzeit auf Beijing eingewirkt. Dem folgte ein Einfluss sowjetisch-sozialistischer Art, und nach diesem Einfluss hält die Stadt für eine Präsentation einer fortschrittlichen Wirtschaft her. Es lässt sich sagen, dass jedes politisch veränderte Konzept eigene Bauwerke und bautechnische Veränderungen hervorgebracht hat: Die Republikzeit wurde repräsentiert durch die Umsetzung verschiedener westlicher Einflüsse. […]Peking wurde zu einer sich nach allen Seiten öffnenden Stadt. Die Stadtmauern wurden nach und nach abgetragen und durchgängige Verkehrswege wurden eingerichtet. Die Herrschaft Mao Zedongs drückte sich unter sowjetischem Einfluss durch Prestigebauten aus. In Zeiten der wirtschaftlichen Öffnung entstehen moderne bzw. hypermoderne Gebäude, die demonstrativ in die Zukunft weisen sollen, wie die neue Nationaloper in Beijing. Dies alles ist für den Besucher gleichzeitig präsent. Doch es soll noch ein genauerer Blick auf diese Veränderungen geworfen werden. Nach dem gerade beschriebenen Einwirken verschiedener Einflüsse könnte man meinen, dass das Beijing der Kaiserzeit vollends verschwunden sei. Ist dem wirklich so? Auch wenn auf den ersten Blick die kaiserliche Stadt Beijing nicht mehr zu erkennen ist, so ist dessen Gefüge in veränderter Form bis heute vorhanden. An dieser Stelle soll ein Blick in die Vergangenheit geworfen werden, um herauszufinden welche Elemente noch erhalten sind. Unter der Herrschaft Khubilai Khans wurden, nachdem er sich für diesen Ort als Hauptstadt entschieden hatte, die Grundlagen für Beijing gelegt. Bei dem Ausbau der Stadt folgte man der Städtebautradition aus der Zeit der Streitenden Reiche. Diese Tradition verlangte eine rechtwinklig angelegte Stadt, die von einer Stadtmauer, welche jeweils an allen vier Seiten drei Tore besitzt, umgeben wird. Die Straßen sollten gemäß den Himmelsrichtungen angelegt werden und im rechten Winkel zueinander stehen. Im Mittelpunkt der Stadt sollte ein Palast errichtet werden - die Verbotene Stadt […]. 5.1.2.2 Bedeutung des Platzes: Der Tian’anmen-Platz war ein Ort für wichtige Zeremonien. Eine der wichtigsten Zeremonien, die auf diesem Platz stattfanden, war die Inthronisierung des Kaisesers und die Zeremonie zur Geburt eines Thronfolgers. China rekrutierte seine Beamten durch ein Prüfungssystem. Die Prüfung der höchsten Stufe wurde alle drei Jahre innerhalb der verbotenen Stadt durchgeführt. Die Prüflinge gingen zu diesem Zweck im Osten durch das Chang an zuo men. Die Ergebnisse konnten sie außerhalb des Tores entgegennehmen. Hatte ein Prüfling Erfolg, so konnte er bis zur höchsten Stufe aufsteigen und bei der letzten Stufe durch dieses Chang an zuo men schreiten. So wurde dieses Tor auch Drachentor genannt, da es großen Ruhm versprach. Assoziierte man mit dem Tor im Osten positive Aspekte, so wurde das Tor im Westen mit negativem Inhalt verknüpft. Im Bereich des Tores war ein hohes Gericht angehalten, zweimal im Jahr Todesurteile zu prüfen. Im Herbst eines jeden Jahres wurden die Angeklagten zum Chang an you men gebracht und erwarteten dort ihr Urteil. Vielen dieser Urteile gingen grausame Folterungen voraus. Die meisten Urteile wurden vollzogen, sodass dieses Tor auch das Tigertor genannt wurde, da es kaum eine Chance gab, das Urteil zu überleben. Jedoch kam es vor, dass ein Angeklagter nicht für schuldig befunden wurde und derjenige sich im Herbst des nächsten Jahres wieder vor dem Tor einfinden musste. Die Regierungsabteilungen richteten sich ebenfalls nach den Himmelsrichtungen. Im Osten waren beispielsweise Gebäude der Verwaltung, der kaiserlichen Familie und der Ministerien angesiedelt. Im Westen befanden sich dagegen die militärischen Einrichtungen. Nicht umsonst sagte man im Volk damals, dass im Osten über das Leben der Menschen regiert wird und im Westen über den Tod. Umgeben von wichtigen Gebäuden, liegt der Tian’anmen-Platz wie das Herzstück der Macht vor dem Betrachter. Hier zeigt sich der symbolische Charakter bzw. die Identität des Platzes. Die Macht wird hier einerseits verheimlicht, da die Verbotene Stadt nicht zu betreten ist. Andererseits wird sie durch die eben beschriebenen Rituale nach außen gekehrt. Zudem verbildlichen die Inszenierungen auf diesem Platz das Verhältnis von Herrscher und Volk. Warum gerade der Osten für das Positive und der Westen für das Negative bestimmt war, hatte seine Gründe in der chinesischen Philosophie. Diese Philosophie besagte, dass alles, was sich im Universum ereignet, dem ständigen Wandel des Yin und Yang und den fünf Elementen unterworfen ist. Der Osten wird mit dem Leben bzw. mit dem Beginn des Lebens assoziiert. Er steht beispielsweise in Verbindung mit Frühling, Holz und Yang. Der Westen dagegen steht für das Ende des Lebens und wird beispielsweise verknüpft mit Herbst, dem Element Metall und Yin […]. 5.1.3 Der Tian’anmen-Platz des 20. Jahrhunderts: Im letzten Abschnitt wurde der Tian’anmen-Platz in der Kaiserzeit bzw. das Tian’anmen dargestellt. Im Folgenden wird sich mit den Veränderungen des Platzes in der Zeit des 20. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung soll untersucht werden, inwiefern der Platz heute noch Bedeutung besitzt. Nach dem Untergang der letzten Dynastie fand die Verbotene Stadt ebenfalls Verwendung und konnte dadurch erhalten bleiben. Auch wenn die Hauptstadt während der Republikzeit nach Nanjing verlegt wurde, so wurde dieses Zentrum in Beijng nicht zerstört. Der Tian’anmen-Platz blieb ebenfalls in seiner Form erhalten. Zwar wurde der Qianbulang, der sich seitlich des Aufganges befand beseitigt, das Mauerwerk hinter dem Korridor hingegen wurde nicht entfernt. Somit blieb auch die ursprüngliche Form des Ts erhalten Unter der Führung Mao Zedongs wurde die Hauptstadt wieder nach Beijing verlegt und Mao Zedong hatte maßgebliche Veränderungen mit der Stadt vor. Im Sinne seines politischen Konzepts einer grundsätzlichen Veränderung Chinas, sollte sich auch Beijing verändern. Gemäß dieser grundsätzlichen Veränderung sollte China wie ein weißes Blatt neu beschrieben werden. Alles Alte bzw. alles, was mit dem geschichtlich vorhergegangen Chinas zu tun hatte, sollte dabei zerstört werden. Die Frage war, wie sich das alte Beijing in eine repräsentative Hauptstadt des neuen China verwandeln konnte.

Über den Autor

Jana N. Hoffmann wurde in Kiel geboren. Sie studierte Sinologie und Musikwissenschaft in Heidelberg, Paris und Beijing und schloss das Studium mit Magistra Artium an der Freien Universität und Humboldt Universität in Berlin ab. Auslandsaufenthalte in diversen Ländern auf der ganzen Welt waren der Grund für diese interdisziplinäre Studie. Bereits im frühen Kindesalter genoss die Autorin eine musikalische Erziehung. Dem folgte eine intensive musikalische Bildung und Erfahrung in diversen Musikstilen (u.a. Klassik, Jazz, Klezmer) durch verschiedene Orchester (u.a. in Deutschland und Frankreich). Diese musikalischen Grundlagen, Besichtigungen von Opern weltweit, Praktika in Opernhäusern (u.a. in der Staatsoper Berlin) und die Mitarbeit an einem internationalen Gastspielprojekt in Zusammenarbeit mit der Stadt Beijing, dem Haus der Kulturen der Welt und der Komischen Oper Berlin motivierten sie dazu, die neue Nationaloper als Schwerpunkt der Studie zu setzen.

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