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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Es handelt sich bei diesem Buch um eine grundlegende Studie über den Umgang mit dem kulturellen Erbe in der SBZ/DDR wie dem gesamten Ostblock. Speziell wird die Romantik thematisiert, die aus dem sogenannten Erbekanon getilgt werden sollte. Dem haben sich Autoren wie etwa Günter Kunert, Gerhard & Christa Wolf, Franz Fühmann, Günter de Bruyn u.a. entgegengestellt, indem sie Romantiker in persona zu Literatur des 20. Jahrhunderts gemacht haben. In diesem Rahmen verfassten sie Gedichte, Erzählungen, Biographien, Essays etc. – hierin ist ein mutiger Emanzipationsakt gegen die gängige Kulturpolitik zu sehen, der mit persönlichen Risiken verbunden war, etwa der (offiziell nicht vorhandenen) Zensur oder gar dem Ausschluss aus dem Schriftstellerverband, der einem Berufsverbot gleich kam. Diese Themen werden speziell am Beispiel der Theorien und Arbeiten Georg Lukács‘ ausformuliert. Da die benannten Autoren allerdings auch im Westen rezipiert wurden, schützte sie oft ihr bekannter Name. Der Osten wollte sich diesbezüglich nicht weltöffentlich die Blöße geben, kulturelle Größen zu reglementieren. Ein weiterer Aspekt der Arbeit widmet sich der DDR-Germanistik, die letztlich entscheidenden Einfluss auf Lehrpläne an Schulen und Universitäten wie auch auf die Distribution von Literatur in den Verlagen der DDR hatte.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Menschheitsdämmerungen – Der Expressionismus und wie die DDR zu ihrem ästhetischen Dogma kam: Eine Analyse der geistig-kulturellen Situation in der SBZ (bzw. der noch jungen DDR) und ihrer spezifischen Ausrichtung in den Belangen Literatur und Tradition/Erbe kommt, wie bereits gezeigt wurde, nicht an Georg Lukács vorbei. Dargestellt wurde bisher u. a. Lukács‘ Position innerhalb der Gruppe derer, die theoriebildend von Einfluss waren. Die konkrete Situation in der Nachkriegszeit und die Kulturpolitik in der sowjetisch besetzten Zone, beides nicht ohne die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen und nicht ohne die Exilsituation deutscher Schriftsteller in Moskau genau zu erfassen, soll hier nun analysiert werden. Die Untersuchung bleibt auch hierbei nah bei Lukács, da er aus diesem Kontext nicht wegzudenken ist und da sich zudem bereits in den 30er Jahren in seinem Umfeld zentrale Begrifflichkeiten herausbildeten, die später für die Rezeption von derjenigen Literatur eine Rolle spielen sollten, die es nicht auf die Liste des offiziellen Klassiker-Kanons geschafft hatte. Beat Wyss fasst Lukács‘ Aktivitäten in Moskau wie folgt zusammen: Er wirkt hier als Beauftragter der Komintern für Literaturfragen betreibt Schulungsarbeiten unter den Exilschriftstellern ist Mitarbeiter am Moskauer Marx-Engels-Institut und seit 1938 Mitglied des Büros der Deutschen Sektion des Sowjetischen Schriftstellerverbands. Katrin Brenner verharmlost, wie schon im letzten Kapitel gezeigt wurde, den Einfluss, der Georg Lukács nach 1945 zukommt. Lukács galt zu dieser Zeit als sakrosankte Autorität der marxistischen Literaturwissenschaft, unangreifbar, sprach gleichsam katexochen. Seine Realismusvorstellungen und seine Kanonisierung des klassischen Erbes waren omnipräsent und gerade durch die auflagenstarke Distribution von eminentem Einfluss auf die Kultur- und Bildungspolitik der Gründungszeit der DDR. Ein gewichtiger Hintergrund für die massenhafte Verbreitung der Schriften von Georg Lukács in der noch jungen DDR ist in der theoretisch-ästhetischen Sinnkrise der Nachkriegszeit zu sehen. Unpräzise war beispielsweise immer noch die Frage beantwortet, wie eine antifaschistisch-marxistisch-humanistische Literatur, die man ja erstrebte, konkret in deutscher Sprache nach 1945 aussehen sollte. Der sozialistische Realismus, der unter Stalin propagiert und auf dem 1. Allunionskongreß der Sowjetschriftsteller (1934) proklamiert worden war, bot sich hier mit seinem Theorem an, das inzwischen gefestigter auftrat, als noch 1934. Ebenso umstritten wie die Frage nach der richtigen Literatur war der Traditionsbezug für eine künftige Nationalkultur nach dem Faschismus, der, durch propagandistische Vereinnahmung, auch einem Teil der deutschsprachigen Literaturgeschichte einen nicht unerheblichen Schaden zugefügt hatte. Georg Lukács füllte diesbezüglich mit seinen bereits im Exil entstandenen Arbeiten eine Lücke. Die Attraktivität und Wirkungsweite seiner Schriften und Ideen erklärt Rainer Rosenberg wie folgt: Entscheidend für Lukács‘ Erfolg scheint mir aber gewesen zu sein, daß hier eine Sichtweise geboten wurde, die als marxistische Alternative zu der ‚bürgerlichen‘ Wissenschaft, von der man sich absetzen wollte, genommen werden konnte, und die doch einem Denken entsprang, dessen Strukturen vertraut waren. Man erhielt eine marxistische Alternative, ohne aus dem Dunstkreis der Geistesgeschichte heraustreten zu müssen, eine materialistische Ästhetik aus dem Geist des deutschen Idealismus. Allgemein kann man konstatieren, dass wesentliche Aspekte im ästhetisch-theoretischen Denken von Georg Lukács bereits vor dem Jahr 1945 manifest waren, die nun bereitwillig von den in Moskau geschulten Kadern um Walter Ulbricht und Johannes R. Becher in den sowjetisch-besetzten Teil Deutschlands importiert wurden. Diese Kader bestanden nicht nur aus zuverlässigen deutschen Genossen. Für den Wiederaufbau in der Besatzungszone entsandte die Sowjetunion zusätzlich speziell ausgebildete Kulturoffiziere, in der Regel Geisteswissenschaftler , die für einen forcierten und schnellen Wiederaufbau des kulturellen Lebens zuständig waren und den, sie zum Erstaunen vieler, teilweise, zumindest in der ersten – der ‘liberalen‘ Phase sowjetischer Kulturpolitik in der SBZ – bewältigen konnten. Dies wurde u. a. durch Wolfgang Leonhard tradiert: Womit aber mit Sicherheit niemand gerechnet hatte, ich auch nicht, war der verblüffend schnelle Aufbau eines kulturellen Lebens. Der Krieg war am 8. Mai zu Ende, und schon am 10. Mai gab es wieder Radiosendungen. Den Kulturfunktionären ging es hier nicht zuletzt auch um eine großangelegte Revision der Ressentiments, die durch die Nazi-Propaganda verbreitet wurden, die den Menschen russischer Abstammung gemeinhin auf ein kulturloses, primitives Individuum reduzierten. Der enorme kulturpolitische Aufwand der russischen Besatzungsmacht ist hierbei einerseits nicht mit dem der anderen zu vergleichen. Andererseits gingen von ihm auch wesentliche Impulse aus: Sie [die Kulturoffiziere – P. N.] waren der Meinung, das deutsche Volk und seine Soldaten müssten Goethe und Schiller vergessen haben und gaben im Rahmen ihrer Umerziehungspolitik für die Pflege des klassischen Erbes in Weimar die entscheidenden Impulse. Sie sorgten dafür, dass die Pflege des klassischen, humanistischen Erbes übrigens in auffälliger Verwandtschaft zum Schiller-Wort von der friedenstiftenden Rolle des deutschen Buches zu den bleibenden Essentials der SED-Kulturpolitik gehörte. Auf dem neu zu bestellenden Feld deutscher Kulturpolitik kam Lukács Realismuskonzeption voll zum tragen. Schon vor Kriegsausbruch und vor seiner Wendung zum Marxismus war Lukács von der kathartischen Wirkung der Kunst überzeugt, wenn es denn um die richtige Kunst gehe. Wie diese Kunst auszusehen habe, könne man laut Lukács bei den Klassikern lernen. Das klassisch-humanistische Erbe der Deutschen wurde also von der Besatzungsmacht als Wiederanknüpfungspunkt progressiver deutscher Tradition betrachtet. Georg Lukács lieferte hierbei die theoretischen Grundlagen und so erklären sich auch die erstaunlichen Auflagen, die Lukács‘ Schriften nach dem Krieg in der SBZ erreichten. Hierauf verweist auch schon Caroline Gallée in ihrer umfangreichen Lukács-Studie, indem sie konstatiert, dass die Distribution und Rezeption […] von Lukács’ Werk insgesamt so gewaltig war, daß man leicht den Eindruck gewinnen kann, Lukács hätte seine Schriften speziell auf die literarische bzw. die gesellschaftspolitische Situation der DDR zugeschnitten, […] dabei vergißt [man – P.N.], daß diese zu einem Großteil bereits viel früher und vor allem vor einem anderen politischen Hintergrund entstanden waren. Letztgenannter Aspekt, der andere politische Kontext, erklärt zum Teil auch die Schärfe des Tonfalls, der nicht nur den älteren Texten von Georg Lukács aus den 1930er und 1940er Jahren abzulesen ist, sondern der auch von anderen Teilnemern der sogenannten Expressionismusdebatte geführt wurde, die nun in das Zentrum der Betrachtung gerückt werden soll. Sie bildete einen zentralen Rahmen für die Entwicklung zahlreicher Begriffsbestimmungen im Bereich der Ästhetik, die schon kurze Zeit später verbindlichen Charakter haben sollten. So sind etwa die Realismuskonzeption und der Erbekanon, die sich im Zuge dieser Debatte herauskristallisieren von eminenter Bedeutung für die kulturelle Vita der gesamten DDR und treten bereits in der so genannten Formalismus-Kampagne in der Frühphase der DDR erneut und unverändert wieder in das Zentrum der Auseinandersetzungen um den wahren sozialistischen Realismus, inklusive der Repressalien für die Kulturschaffenden, die sich dem entgegenstellten bzw. andere Vorstellungen vertraten. Robert Cohen bestätigt die Bedeutung, die der Expressionismusdebatte in der vorliegenden Arbeit zugesprochen wird: Die in der ED [=Expressionismusdebatte – P. N.] entwickelten Wertungsmuster spielten in den marxistischen Literaturdebatten in der DDR wie der Formalismus-Debatte, der Faustus-Debatte oder der Diskussion um den Bitterfelder Weg eine ebenso zentrale Rolle wie in den von der 1968er Bewegung ausgelösten marxistischen Literaturdebatten in der BRD. Der Realismus ist einer der zentralen Begriffe im Denken von Georg Lukács. Auffällig ist hierbei stets Lukács‘ antimoderne Grundhaltung, die entschiedene Abneigung, ja sogar Feindseligkeit den sogenannten offenen oder experimentellen Formen des künstlerischen Schaffens gegenüber. Bereits in den Jahren der Weimarer Republik setzte er sich intensiv mit diesem Thema auseinander, was sich u. a. auch an seinem Text Größe und Verfall des Expressionismus (1934) ablesen lässt, welcher der so genannten Expressionismusdebatte vorausging und bereits zentrale Motive seines späteren Denkens enthält. So thematisiert Lukács schon 1934 die Ideologie der deutschen Intelligenz in der imperialistischen Periode , bezichtigt den Expressionismus einer USP-Ideologie und konstatiert zudem, dass der Expressionismus neben anderen kulturellen Strömungen in den Faschismus geführt habe bzw. diesen geistig vorbereitet habe. Der Expressionismus verkörpere laut Lukács, wie Thomas Anz es zusammenfasst: Form der extremen Abstraktion , Leere und Inhaltslosigkeit , fanfarenhafte Pathetik , er sei hysterisch überspannt und zeichne sich zudem durch eine Entfernung von den konkreten Problemen der Wirtschaft aus. Dies sind Züge Lukács‘scher Kritik, die sich auch später in der umfangreichen Studie Die Zerstörung der Vernunft (1953) wiederfinden lassen, über die Adorno abschätzig urteilte: Am krassesten wohl manifestierte sich in dem Buch ‚Die Zerstörung der Vernunft‘ die von Lukács‘ eigener. Solch bissige Kommentare und Angriffe, wie der von Adorno aus dem Jahre 1958, waren stetige Begleiter Lukács’scher Publikationen. So löste auch Größe und Verfall des Expressionismus heftige Diskussionen unter den Zeitgenossen aus und kann damit zu Recht als ein Vorläufer der bereits erwähnten Expressionismusdebatte gelten. Die Expressionismusdebatte, die vor allem von linken deutschsprachigen Intellektuellen (zum Teil selbst im russischen Exil) geführt wurde, ist nur vor dem historischen Hintergrund der 30er Jahre in der Sowjetunion zu verstehen. Nachdem die dialektisch-materialistische Methode der ‚Russischen Assoziation Proletarischer Schriftsteller‘ (RAPP) verworfen worden ist, wird in der Sowjetliteratur eine neue schöpferische Methode gesucht. Die ästhetische Orientierungssuche dieser Jahre ebnete den Weg für den sozialistischen Realismus, der bereits in den 30er Jahren in Russland zur Doktrin erhoben wurde. Diese konzeptionellen Kontroversen wirkten sich zwangsläufig auch auf die deutschsprachigen Intellektuellen aus, die sich damals im russischen Exil befanden. Diese die Entwicklung stalinistisch determinierenden und deformierenden Theoreme werden 1936 […] für die gesamte sich sozialistisch verstehende Literatur, damit auch für die deutschsprachige Exilliteratur, für verbindlich erklärt . Eine deutsche Realismusdebatte schloss sich der russischen an, wenngleich mit anderen Schwerpunkten und Gewichtungen. Auffällig ist, dass es sich bei diesen Auseinandersetzungen zunächst vor allem um literarische Debatten handelte, die bildende Kunst und die Musik spielten hierbei keine vergleichbare Rolle. Mit Hinweisen auf die Pariser Querelle du réalisme von 1936 und eine internationale Konferenz zum Thema Kunst und Realität, die 1934 unter der Schirmherrschaft des Völkerbundes in Venedig stattfand, deutet Bettina Englmann diesbezüglich auf die oft vernachlässigte Beobachtung hin, dass die Expressionismusdebatte keineswegs ein isoliertes Phänomen darstellt, das unter deutschsprachigen Intellektuellen in einer Exilzeitschrift ausgetragen wurde, vielmehr ist sie Bestandteil eines international geführten kunsttheoretischen Diskurses der 30er Jahre. Alfred Kurella, Kommunist, Schriftsteller und Literaturtheoretiker, kann als eigentlicher Auslöser der Debatte gelten. In Das Wort, einer Exilliteraturzeitschrift (1936-1939), die u. a. von Feuchtwanger und Brecht herausgegeben wurde, publizierte er im September 1937 unter dem Pseudonym Bernhard Ziegler den Artikel Nun ist dies Erbe zuende…, in dem er Lukács‘ These, der Expressionismus habe das von ihm so angefeindete Bürgertum tatsächlich niemals hinter sich gelassen, noch weiter radikalisiert. Zudem übernimmt er Lukács‘ These, der Expressionismus gehöre zu denjenigen geistigen Strömungen, die den Faschismus geistig ermöglicht und vorbereitet haben. Die Verschärfung bzw. Überspitzung dieser Aussagen, die sich auch schon bei Lukács finden lassen, löste hierbei die eigentliche Debatte aus. Teilnehmer dieser literarästhetischen Auseinandersetzung sind neben Lukács und Kurella Autoren wie Ernst Bloch, Heinrich Vogeler, Herwarth Walden, Gustav von Wangenheim, Rudolf Leonhard, Anna Seghers und indirekt auch Bertolt Brecht und Hanns Eisler. Festhalten lässt sich hierbei, dass der Expressionismus als literaturgeschichtliche Epoche einerseits zu diesem Zeitpunkt keine aktuelle Rolle mehr gespielt hat. Andererseits lässt sich feststellen, dass es sich beim augenscheinlichen Thema des Expressionismus nur um den Aufhänger für die eigentlichen Themen der Debatte handelt. Vereinfachend könnte man die Grundtendenzen der Kontroverse mit Realismus contra Moderne überschreiben. Man muss hierbei jedoch auch die Erbethematik berücksichtigen, die in der marxistischen Ästhetik auch und gerade durch Lukács und Kurella, der als gescheiterter Maler selbst auf eigene Anfänge im Expressionismus zurückblicken kann , hier weiter geführt und gestaltet wurde. Alle Züge in der Literatur, die diesen Kanonikern als nichtrealistisch oder avantgardistisch galten, wurden hier holzschnittartig der Moderne zugerechnet, die man ob ihrer Dekadenz in Form und geistiger Haltung negierte. Die (wie auch immer geartete) Moderne wird hierbei den Klassikern und dem bürgerlichen Realismus des 19. Jahrhunderts gegenübergestellt und muss so schließlich, entlarvt als dekadent und formalistisch, um die Existenzberechtigung in sich marxistisch gebenden Lehrbüchern bangen. Auch warf denn Alfred Kurella alias Bernhard Ziegler den Expressionisten vor allem die Mittäterschaft bei der Auflösung des klassischen Erbes vor . Letztlich sind dies Spitzfindigkeiten, denn Kurella lag weniger eine großangelegte Revision des Expressionismus‘ am Herzen als vielmehr die Propagierung eines am Modell der offiziellen sowjetischen Kulturpolitik ausgerichteten sozialistischen Realismus und die Diffamierung aller davon abweichenden künstlerischen Verfahren als ‚Formalismus‘ . Lukács hingegen kommt in seiner Kritik zurück auf den Begriff der Dekadenz, den er zuerst in seinem Essay Nietzsche als Vorläufer der faschistischen Ästhetik (1934) entwickelt hatte und deren Begrifflichkeit auch in seiner Studie Marx und das Problem des ideologischen Verfalls breit ausgearbeitet ist. Die Dekadenz, darauf weist Robert Cohen hin, sei bei Lukács eher als eine politisch-historische , denn als eine ästhetische Kategorie gedacht. In älteren Kritiken, die Lukács Anfang der 30er Jahre in der Linkskurve, dem Organ des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller Deutschlands, veröffentlichte, richtete er sich offen gegen die Reportageform, die Montage und das Dokumentarische als ästhetische Stilmittel für den realistischen Roman. In der Expressionismusdebatte geriet nun neben den besagten Formen literarischen Ausdrucks auch die Dekadenz erneut in das Zentrum der Kritik von Georg Lukács. Exemplarisch projiziert Lukács seine Kriterien der Dekadenz auf den Expressionismus, der für Lukács alle wesentlichen Bestimmungen der Dekadenz erfüllt: Verarmung des Inhalts, Überbetonung der Form, Unfähigkeit, den Zusammenhang der dinglichen Realität zu gestalten, Verwechselung von Erscheinung und Wesen.

Über den Autor

Peter Nusche, M.A., ist 1980 in Lübben (Spreewald) geboren und lehrt Literatur-, Geistes-, und Kulturgeschichte an der Leibniz Universität Hannover, wo er studiert hat.

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